Das heißt: Sie gehen unabhängig von den Haushaltsmitteln, die gekürzt sind, hin und sagen: Die Schülerinnen und Schüler aller PTA-Schulen in Nordrhein-Westfalen sollen die Mittel, die heute von der Kammer bezahlt werden, noch obendrauf selber finanzieren. Sie machen also das Gegenteil von dem, was Sie hier versuchen, den Menschen zu suggerieren. Sie helfen den Schülerinnen nicht, sondern Sie bringen sie in eine absolut schwierige Situation, und zwar an allen Schulen in NordrheinWestfalen.
Deswegen ist das, was Sie tun, ein ganz gefährliches, polemisches Spiel mit dem Feuer. Ich warne Sie davor, an der Stelle diese Diskussion weiterzuführen. Aber vielleicht haben Sie ja deswegen die
dritte Lesung beantragt, damit Sie sich bis morgen noch darüber schlaumachen und das nachvollziehen können, was wir Ihnen die ganze Zeit schon deutlich sagen.
Ja, ich wollte schon inhaltlich dazu fragen. Frau Ministerin, wenn Lehrverträge geschlossen worden sind von Schülerinnen – und das habe ich eben gesagt – mit 200 € Selbstbeteiligung, und durch diesen Wegfall sich die Kosten jetzt auf 295 € erhöhten – an diesen vier besagten Schulen, die zurückgetreten sind, weil die Leistungen nicht mehr erbracht werden können –: Ist es denn falsch, dass die Schülerinnen die Finanzierung nicht mehr bekommen?
Emanzipation, Pflege und Alter: Alle Schülerinnen, die sich derzeit in einer PTA-Ausbildung an einer Schule befinden, die finanziert wird, bekommen ihre Ausbildung weiterhin mit Landesmitteln finanziert. Wir haben ja auch Schülerinnen an Schulen, die gar nicht mit Landesmitteln finanziert sind. Aber alle, die heute finanziert werden und im ersten Ausbildungsjahr sind, werden auch im zweiten Ausbildungsjahr finanziert.
Wir haben gleichzeitig – was Sie ja beklagt haben – alle Schulen schon im Januar darüber informiert, dass wir mit dem Haushalt die Finanzierung einstellen wollen, damit die Schulen und die Schulträger genau wissen, auf welcher Grundlage sie perspektivisch die neuen Klassen, die im September dieses Jahres beginnen, bilden und vor welchem Hintergrund sie neue Verträge für neue Ausbildungen abschließen. Deswegen haben wir die Schulen im Januar frühzeitig informiert.
Für diejenigen, die mit dem ersten Ausbildungsjahr erst nach der Sommerpause dieses Jahres starten werden, für diesen ersten neuen Jahrgang haben wir gesagt, dass wir die Landesfinanzierung nicht mehr übernehmen. Aber das sind nicht die PTASchülerinnen, die sich in der Ausbildung befinden und unten vor der Tür gestanden haben.
Das, was Sie jetzt mit der Ablehnung der Gesetzesänderung bewirken würden – wie gesagt, um die 73 € geht es heute nicht; darüber haben wir zum
Haushalt diskutiert –, ist, dass all die Schülerinnen den Kammeranteil unabhängig von ihrem bestehenden Vertrag noch obendrauf bezahlen müssten. Denn Sie wollen ja, dass die Kammern nicht die gesetzliche Ermächtigung bekommen, dass sie sich selber freiwillig beteiligen dürfen, sondern Sie wollen an der Stelle, dass die Kammern in Gänze aus der Finanzierung aussteigen. Das betrifft dann alle Schüler.
Wenn wir uns jetzt noch mal angucken, wie es mit dem Schulgeld in Nordrhein-Westfalen ist, dann sehen wir, dass wir schon heute eine breite Spanne an unterschiedlichen Finanzierungen haben. Wir haben Schulen, an denen das Schuldgeld 120 € beträgt, die, wenn sie die 73 € zusätzlich übernehmen würden, also bei 193 € lägen. Wir haben aber auch Schulen, die 305 € nehmen und dann bei über 370 € lägen. Genau für 370 € haben wir allerdings auch eine Schule, die überhaupt keine Landesmittel bekommt, die heute existiert, die sich damit heute selbst finanzieren kann.
Also: Das An-die-Wand-Malen, dass alle PTASchulen schließen müssten, dass wir keine PTAAusbildungen mehr hätten, ist mit dem, was schon heute faktisch die Lage in Nordrhein-Westfalen ist, überhaupt nicht begründbar.
Damit die Kosten für die Schülerinnen nicht in zu hohem Maße ansteigen und damit auch für diejenigen, die heute an sehr schulgeldhochpreisigen Schulen die Ausbildung machen, die Möglichkeit besteht, die Kosten niedriger zu halten, wollen wir den Kammern die Möglichkeit geben, sich noch stärker als heute an der Finanzierung zu beteiligen. Denn diejenigen, die Sie immer geißeln, die eine hochqualifizierte Ausbildung haben, die das Studium finanziert bekommen haben, können sich, wenn sie hinterher im Berufsleben stehen, wenn sie eine gutgehende Apotheke oder einen auskömmlichen Job in der Pharmaindustrie haben, über die Kammerbeiträge an der Ausbildung der PTA beteiligen.
Das ist sozial gerecht und nicht sozial ungerecht. Da werden genau diejenigen zur Kasse gebeten, die ein Auskommen haben. Damit werden sie die neuen Schülerinnen, die sie perspektivisch bei ihrer Arbeit in ihrer Apotheke unterstützen, mitfinanzieren.
Unabhängig davon möchte ich gerne – und das schon seit Längerem – mit den Apothekern und Apothekerinnen über die Reform und über die Weiterentwicklung des PTA-Berufs reden. Natürlich kann man dabei auch über das duale System und andere Möglichkeiten reden. Dazu bin ich jederzeit gerne bereit. Den Dialog werden wir fortsetzen.
Aber das hat mit dem, was wir hier im Heilberufsgesetz machen, nämlich der Ermöglichung der finanziellen Beteiligung, nichts zu tun. Schauen Sie es sich genau an. Dann hätten Sie den Redebeitrag, den Sie heute gehalten haben, nicht gehalten.
Danke schön, Frau Ministerin Steffens. – Wir sind am Ende der Debatte. Da wir uns noch innerhalb der neu vereinbarten Abstimmungspausenzeit befinden, werden wir über den Gesetzentwurf und den Änderungsantrag jetzt nicht abstimmen. Die Abstimmung erfolgt nach 14 Uhr. Wir setzen das hiermit aus.
Mit der Abstimmung wird dann bekannt gegeben, dass die dritte Lesung morgen stattfindet. Ich setze das Verfahren jetzt aus – so ist es zwischen den Fraktionen vereinbart –, und dann wird nach 14 Uhr, nachdem entsprechend abgestimmt wurde, coram publico verkündet, wie es weitergeht.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Der Ihnen vorliegende Antrag der Fraktion der Piraten zur Frage der Verhinderung der Verschlechterung der Prozesssituation für Rechtsuchende durch die Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts ist ein sozialer Antrag. Wir gehen – das möchte ich direkt zu Anfang ausführen – davon aus, wir hoffen, dass dieser Antrag nach den Beratungen im Ausschuss eine sehr breite Mehrheit im Plenum finden wird.
Der Antrag bezieht sich auf das, was man früher einmal als Armenrecht bezeichnete. Prozesskostenhilfe ist eine Sonderform der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege. Sie bietet Hilfe zum Lebensunterhalt in besonderen Lebenslagen. Betroffene sind auf Rechtsschutz angewiesen, den sie ohne diese Leistungen nicht erhalten könnten. Der Zugang zu Gerichten und zu Beratungen in Rechtssachen würde ihnen möglicherweise verwehrt.
Gegen den geplanten Gesetzentwurf der Bundesregierung, des Bundesministeriums für Justiz im Besonderen, gegen den sich unser Antrag richtet, gibt es grundlegende verfassungsrechtliche Bedenken. Vor allem im Hinblick auf die geplante Eigenbeteiligung von Bedürftigen an den Prozesskosten gibt es erhebliche Bedenken, die es noch auszufüllen
gilt. Es werden Beträge von ohnehin geringen Einkommen abgeschöpft, die das Existenzminimum sichern sollen. Das wollen wir durch unseren Antrag vermeiden, indem wir uns gegen diesen Gesetzentwurf stellen.
Erstens. Der Gesetzentwurf mangelt daran, dass eine unzureichende Analyse des Ausgabenanstiegs durch die Länder erfolgt ist.
Zweitens. Er krankt an Unverhältnismäßigkeit der Einsparungen im Vergleich zu den Auswirkungen, besonders im Bereich des Familienrechts.
Drittens. Er erfordert einen Mehrbedarf im Personalhaushalt der Justiz, was gerade für das Land Nordrhein-Westfalen – wenn wir bedenken, wie es mit der Personalsituation im Allgemeinen und in der Justizverwaltung im Besonderen, vor allem in Gerichten, aussieht – sehr problematisch sein dürfte.
Erstens: unzureichende Analyse des Ausgabenanstiegs. Der Gesetzesvorschlag soll Kosten einsparen, die in den letzten Jahren anscheinend angestiegen sind. Tatsächlich ist es so – so haben es auch viele Experten auf Bundesebene bereits gesagt –, dass die Zahl an einkommensschwachen Menschen zugenommen hat. Dementsprechend stieg auch der Hilfebedarf im Bereich der Prozesskostenhilfe. Diese Steigerung ist durchaus akzeptabel.
Wir sagen: Eine der reichsten Nationen der Erde, ein Rechtsstaat wie die Bundesrepublik Deutschland sollte sich dies zumal dann leisten können, wenn er sich zudem noch Sozialstaat nennt.
Die Landesregierung hat angegeben, dass die Zahlen zur Prozesskostenhilfe in NRW seit 2006 stagnieren bzw. rückläufig sind. Somit bleibt die Entwicklung der Ausgaben deutlich hinter dem Anstieg der Gruppe einkommensschwacher Menschen zurück. Auch dies verstärkt den Eindruck, Herr Minister, dass die Prozesskostenhilfe jedenfalls nicht so wesentlich gestiegen ist, dass eine Begrenzung dieser Ausgaben unausweichlich erscheint.
Zur Unverhältnismäßigkeit der Einsparungen im Vergleich zu den Auswirkungen im Familienrecht: Da wirkt es sich ganz besonders aus; denn berücksichtigt man die Höhe der Prozesskosten, könnten jedenfalls viele einkommensschwächere Menschen überhaupt keine Prozesse mehr führen, egal, ob im Scheidungsrecht, Sorgerecht oder bei den Unterhaltungsleistungen etc.
Berechtigte Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung müssten unterbleiben, nicht nur im Familienrecht, sondern auch im Verwaltungsrecht, im Sozialrecht und im Arbeitsrecht. Auch dies sind, wie der
Rechtsstaat insgesamt, Säulen unserer Republik. Und dieses hat man zu beachten, und darauf sollte unser Augenmerk gerichtet sein.
Das im Entwurf vorliegende Gesetz, gegen das wir uns wenden, ist ein Rückschritt gegenüber allen bisherigen Regelungen und unseres Erachtens, möchte ich fast sagen, auch ein Nachteil für unseren Rechtsstaat. Dieses gilt es zu vermeiden. Es gibt darüber hinaus einen Mehrbedarf im Personalhaushalt der Justiz.
Im Entwurf werden die Maßnahmen damit begründet, dass dadurch missbräuchlicher Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe entgegengewirkt werden soll.
Missbräuche sind allerdings gar nicht belegt. Es existiert nur ein Generalverdacht gegen alle Antragsteller, und davon geht dieser Gesetzentwurf aus. Dagegen müssen wir uns im Sinne des Rechtsstaats verwahren. Denn es sind Prüfungsmöglichkeiten vorhanden. Rechtspfleger haben es zu prüfen, Richter haben es zu prüfen. Das ist bereits das tägliche Geschäft an den Gerichten.
Es mag durchaus sein, dass man den Prüfungsmaßstab etwas erhöhen oder vielleicht nur etwas besser hinschauen sollte; denn ich persönlich habe in der Anwaltschaft oder auch in Prozessen die Erfahrung gemacht, dass manchmal die Prüfung hinter der Wirklichkeit zurückbleibt, was nicht unbedingt nur eine Zeitfrage und nicht eine Frage des Personals ist, sondern unter Umständen auch eine Frage der Ausbildung. Da wären wir dann jedoch auf einem anderen Feld.
Unabhängig von der Generalverdachtsfrage gibt es natürlich gemäß dem Entwurf einen erhöhten Personalaufwand. Dieser erhebliche Personalaufwand ist selbstverständlich auch mit weiteren Kosten verbunden. Diese Kosten sind im Gesetzentwurf überhaupt nicht erwähnt. Das heißt, man setzt sich damit überhaupt nicht auseinander, wobei wir auch da wieder bei der Analyse des Kostenanstiegs wären.