Einen Monat später, am 16. August 2012, weist der Finanzminister ebenfalls in einer Pressemitteilung ausdrücklich darauf hin, dass auch die Steuer-CDKäufe dieses Instrument nicht ungültig machen. Dort heißt es: „Die Regeln über die strafbefreiende Selbstanzeige gelten auch nach Datenankäufen.“
Und vor etwas über einem Monat, am 14. März 2013, lautete eine Pressemitteilung Ihres Hauses, Herr Minister:
„Bürgerinnen und Bürger, die Steuern hinterzogen haben, können sich selbst anzeigen und damit eine Strafverfolgung vermeiden.“
Sie werben seit Langem offensiv für dieses Instrumentarium. Und jetzt soll das alles über Nacht des Teufels sein. Das ist keine glaubwürdige Politik.
Meine Damen und Herren, wenn wir hier bei Glaubwürdigkeit sind: Wer hat denn, bevor die jetzige schwarz-gelbe Bundesregierung im Amt war, elf Jahre lang Finanzpolitik in Deutschland verantwortet? Das waren doch SPD-Finanzminister. Was hat denn Herr Eichel im Jahr 2003 gemacht? Da gab es einmal pauschal 25 %, nach allem anderen ist nicht mehr gefragt worden! Das ist doch Ihre Gesetzgebung gewesen, meine Damen und Herren!
Deshalb sagen wir, dass es Sinn macht, sich sachgerecht mit dem Steuerabkommen mit der Schweiz auseinanderzusetzen, nach der Bundestagswahl auf eine Versachlichung der Debatte zu hoffen und nüchtern zu prüfen, was an dieser Stelle noch geht. Wir halten entsprechende Regelungen für wünschenswert, auch wenn sicherlich bei vielen Details noch das eine oder andere nachzuverhandeln ist.
Das, was auf dem Tisch lag, ist bei einem Bemessungskorridor von 21 bis 41 % der Vermögenssubstanz und nicht nur der Erträge nicht nur nichts gewesen, denn es enthielt ein garantiertes Mindestaufkommen und die Möglichkeit, jährlich 650 Stichproben zu machen. Da lag also schon einiges auf dem Tisch, was man sinnvollerweise prüfen sollte.
Ein Letztes: Zu einer ehrlichen Debatte gehört auch, Herr Finanzminister, dass Sie hier beim Thema „Transparenz und Steuerflucht ins Ausland“ mal darüber aufklären, wie es eigentlich mit den Aktivitäten der früheren Landesbank WestLB aussah. Was hat die eigentlich in ihrer Niederlassung Luxemburg gemacht? Wie waren die Aktivitäten in OffshoreSteueroasen? Dazu findet man sehr interessante Anlegerinformationen im Internet, die auf die Spur zu den Cayman Islands weisen.
Ich glaube, zu einer ehrlichen Debatte gehören all diese Punkte dazu. Es sollte nicht nur Rosinenpicken an einer Stelle geben, wo man sich selbst eine hohe Emotionalisierung verspricht. Diese ehrliche Debatte wollen wir führen.
Wertes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer hier auf der Tribüne! Liebe Menschen im Stream! Um es gleich vorwegzunehmen – wir haben das hier heute schon in eigentlich allen Redebeiträgen gehört –: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Steuerhinterziehung ist eine Straftat und gehört rigoros verfolgt.
Insofern ist der Fall Hoeneß nicht so einfach zu entschuldigen. Dass er Steuern hinterzogen hat, davon müssen wir nun ausgehen, wenn die Medienberichte stimmen. Er hat ja umgehend bereitwillig Steuern in Millionenhöhe nachgezahlt. Insofern gibt es dort auch klare Indizien.
Wer jetzt aber behauptet, es sei gut, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz gescheitert sei, der sollte zumindest zur Kenntnis nehmen, dass die Nachzahlung im Fall eines existierenden Steuerabkommens, wie es von der Bundesregierung vorgeschlagen worden ist, viel höher ausgefallen wäre, als nun geschehen.
Wem es also ehrlicherweise um die Staatseinnahmen geht, der sollte dieses Thema nicht hämisch populistisch für den Wahlkampf ausschlachten.
„Der Fall Hoeneß zeigt, anonymisierte Pauschalamnestien gegen Abschlagszahlungen sind und bleiben der falsche Weg...“
Diese Annahme bleibt zunächst unabhängig davon, ob wir das schlecht oder gut finden, jeden Beweis schuldig. Ein Steuerabkommen mit der Schweiz würde alle Schwarzgeldkonten und alle legalen Konten gleichermaßen betreffen – ohne Ausnahme. Im jetzigen Zustand trifft es hingegen mal den einen, mal den anderen. Herr Witzel hat es gerade „Kommissar Zufall“ genannt. Mit Steuergerechtigkeit hat das meiner Meinung nach nun wirklich nicht viel zu tun.
Daher fordere ich, dass man sich nun wirklich um ein neues Steuerabkommen bemüht, gerne mit nicht anonymisierten Nachzahlverfahren, am besten auf gesamteuropäischer Ebene – das würde auch der Schweizer Botschafter, Herr Guldimann, gerne sehen –, um dem Fiskus ein bestmögliches Ergebnis zu verschaffen.
Öffentlichkeitswirksame Pranger, Scheiterhaufen 2.0, Belohnung von Denunziantentum, wie wir es hier gerade erleben – das alles halte ich persönlich für den absolut falschen Weg.
Auch das sei hier noch einmal klargestellt: Steuerhinterziehung muss selbstverständlich verfolgt und verhindert werden, und zwar rigoros. Klar ist jedoch auch, dass Uli Hoeneß dieselben Rechte hat wie jeder andere Bürger.
Zumindest mir – ich hoffe, nicht nur mir – drängt sich die Frage auf, wie die Causa Hoeneß überhaupt an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Ich habe nicht den Eindruck gewonnen, dass Herr Hoeneß diese Information freiwillig an die Presse weitergegeben hat. Wo bliebe in diesem Fall das Recht auf informationelle Selbstbestimmung? Wo ziehen Regierungen bei schützenswerten Interessen auch potenzieller Straftäter und Steuerhinterzieher die Grenzen? Hoeneß könnte doch gleich
In diesem Zusammenhang möchte ich überhaupt nicht verheimlichen, dass wir schon damals bei den Steuer-CD-Ankäufen vor fehlendem Datenschutz gewarnt haben. Jetzt zeigt sich unabhängig davon, ob Hoeneß-Daten auf einer CD sind oder nicht, dass in der Folge eines gescheiterten Steuerabkommens weiterhin der Weg der strafbefreienden Selbstanzeige gewählt wird und der Schutz der persönlichen Daten nicht gewährleistet ist. Das haben wir kritisiert.
Daher möchte ich einfach mal untersucht wissen, wie diese Information von wem an die Öffentlichkeit getragen worden ist. Vielleicht erfahren wir dazu ja noch mehr.
Datenschutz ist ein hohes Gut. Dafür stehen wir ein. Es ist absolut ernst zu nehmen, auch wenn es in dieser polemischen Debatte zum vorliegenden Fall unpopulär sein mag.
Ein bisschen Polemik kann ich aber auch. Stellen wir doch auch mal fest, dass sich Peer Steinbrück in seiner Zeit als Bundesfinanzminister höchstpersönlich von Hoeneß hat beraten lassen. Das haben wir ja gerade auch schon gehört.
Laut Steinbrück-Sprecher – das war den Medien zu entnehmen – ging es dabei aber gar nicht um Steuer- oder Finanzangelegenheiten. Aha! Der Bundesfinanzminister lässt sich in seinem Ressort von Uli Hoeneß, dem potenziellen Steuerhinterzieher, beraten – aber es geht nicht um die Themengebiete seines Ressorts.
Ja nun, aber heute ist es so. Er hat da aufs falsche Pferd gesetzt; so ist es nämlich. Auch mit seiner Kavallerie hat er aufs falsche Pferd gesetzt. Sein Motto ist wahrscheinlich: Regieren mit Tieren.
Worum ging es denn dann in den Gesprächen? Da bleibt Herr Steinbrück Antworten schuldig. Es scheint mir auch wenig glaubwürdig, wenn man jetzt erfährt, worüber da nicht beraten worden ist. Das ist auch gar nicht die Frage. Die Frage ist doch: Worüber wurde beraten? – Da muss Peer Steinbrück Antworten liefern.
Höchst interessant ist ja auch der Umstand, dass Uli Hoeneß, wie wir regelmäßig aus Talkshows und Interviews erfahren dürfen, nicht gerade zu denen gehört, die sich für mehr Staat einsetzen, sondern eher für weniger. Das liegt wohl auch an seiner unternehmerischen Expertise. Das möchte ich hier jetzt auch nicht politisch bewerten.
Aber das Wahlprogramm der SPD – da kommen wir doch nicht drum herum – mit Steinbrück an der Spitze, das jetzt gerade vorliegt, fordert doch deutlich mehr Staat.
Jetzt müssen wir noch mal festhalten: Der Bundesfinanzminister seinerzeit ließ sich also von einem natürlich erst heute bekannten potenziellen Steuerhinterzieher, der für weniger Staat eintritt, beraten. Und eine Legislaturperiode später tritt dieser Bundesfinanzminister als Kanzlerkandidat für eine Partei an, die mehr Staat fordert. Das geht für mich einfach nicht zusammen. Das ist nicht glaubwürdig. Da sieht man, dass Ihr Kanzlerkandidat schlichtweg ein Wendehals ist.