Protocol of the Session on March 22, 2013

(Zurufe von den PIRATEN: Wir bedauern das auch!)

Ich gehe nicht davon aus, dass Sie damit etwas am Hut haben. Aber auch das ist eine Form von – ich sage mal – Anbiederung dieser pseudodemokratischen Strukturen, gegen die man sich intensiv zur Wehr setzen muss. Ich gehe davon aus und hoffe, dass Sie darauf die richtigen Antworten haben.

Meine Damen und Herren, diese Pro-NRW-Leute schaukeln sich und damit auch den religiösen Fundamentalismus wechselseitig hoch. Da werden gegenseitig Vorurteile munitioniert, und das führt dazu, dass wir an den Rändern unserer Gesellschaft eine ganz böse, integrationsfeindliche und ausländerfeindliche Stimmung bekommen. An der Stelle müssen wir dann auch dem rechten Rand in unserer Gesellschaft die Stirn bieten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch ein kleiner Ausflug zum Thema „NPD-Verbot“. Ich glaube, wir müssen den Rechtsschein, der von einer Verfasstheit einer Partei ausgeht, diesen Gruppierungen entziehen. Wir müssen denen die materielle Basis entziehen. Das gilt sowohl im Bereich des Vereinsrechts für salafistische Vereine als auch gerade und insbesondere für Parteien im rechten Spektrum. Die gehören verboten und in kein Parlament.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich will versuchen, ein paar Fäden wieder zusammenzubinden.

Herr Stamp, das Thema „NPD“ ist ein aktuelles. Es hat in dieser Debatte eine Bedeutung gehabt. Ich möchte dazu gern noch zwei Sätze sagen.

Die letzte Rechtsprechung zu Parteienverboten in Deutschland ist 60 Jahre alt.

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Die Verfassung gibt uns eine Möglichkeit, ein solches Verbotsverfahren anzustreben. Ich glaube, es ist auf Grundlage von sehr vernünftigem Material an der Zeit, dass eine wehrhafte Demokratie, ein Rechtsstaat prüft, ob ein solches Verbot von einem Verfassungsgericht bestätigt wird oder nicht.

Was mir ganz wichtig ist, Herr Stamp – da kann man jetzt unterschiedlicher taktischer Auffassung sein –: Ich glaube nicht, dass der Schaden bei einem Scheitern größer wäre als das Jubeln der NPD jetzt schon, dass die Bundesregierung sich nicht traut, einen solchen Antrag zu stellen. Aber was wir hier festlegen, ist eine menschenverachtende Ideologie der NPD. Sie bereitet den Nährboden für gewaltbereiten Extremismus, und sie ist nicht nur eine Dummheit. Darum ging es mir, Herr Stamp.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Ja, das glaube ich auch.

Das Zweite, was uns einen sollte …

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Herr Stamp, ich laufe nicht Gefahr, Sie missverstanden zu haben. Ich will jedoch einen Akzent Ihres Redebeitrags vielleicht in eine andere Richtung schieben.

Ja, ich glaube, es gibt Moscheevereine, die keine klare Abgrenzung zum Salafismus in der Deutlichkeit, wie wir sie vielleicht erwarten würden, haben. Aber das ist die absolute Minderheit.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Ja natürlich! Das ist die absolute Minderheit!)

Im Übrigen organisieren sich Salafisten nahezu gar nicht über Moscheevereine, sondern über ihr eigenes Netzwerk, über die sozialen Medien, über das Internet. Dort findet übrigens auch die Radikalisierung statt. Deshalb brauchen wir die Moscheeverei

ne im Boot, um junge Menschen über die Gefahr dieser Ideologie aufklären zu können. Wenn wir sie im Boot halten wollen, sollten wir nicht auf die wenigen zeigen, die vielleicht nicht die Abgrenzung haben, die wir erwarten, sondern wir sollten auf die zeigen, die klar sagen: In unserem Moscheeverein hat Salafismus nichts zu suchen. – Mit denen sollten wir Kooperationen eingehen und dagegen arbeiten.

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Ich wollte das nur noch einmal klarstellen, Herr Stamp. Ich habe nur versucht, das Ganze in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Der vorletzte Punkt ist das Thema „Ausweisung“. Wir werden politischem Extremismus, religiösem Extremismus nicht dadurch begegnen können, dass wir ihn durch Ausweisung exportieren – um es deutlich zu sagen. Wir gehen hin und verlagern Probleme des Nationalstaats Deutschland in andere Staaten.

Im Übrigen – ich habe versucht, das deutlich zu machen – ist Ausweisung ein völlig stumpfes Schwert, weil die Mehrzahl der Salafisten Deutsche und ganz viele unter ihnen übrigens deutsche Konvertiten sind und von daher genauso wie andere deutsche Extremisten nicht ausgewiesen werden können. Aufgrund unserer Verfassung ist dies in diesem Fall auch nicht möglich.

Letzter Punkt. Ich finde, wir sollten die Debatte in die Richtung führen, dass wir den Sicherheitsbehörden alles, was es an Instrumentarien zur Bekämpfung des Extremismus gibt, auch an die Hand geben, rechtlich wie materiell, aber der eigentliche Widerstand gegen Extremismus durch Charakter, durch Haltung und Vermittlung von Werten immer aus der Mitte der Gesellschaft kommen muss. Hierbei sollten wir alle ein gutes Beispiel sein. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt eine Wortmeldung des Kollegen Schittges.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer bei allen Beiträgen aufmerksam zugehört hat, der kann nur sagen, dass es bei diesem Thema mehr an Gemeinsamkeiten gibt, als man es erwarten konnte. Herr Kollege Körfges, ich danke Ihnen ausdrücklich, dass Sie noch einmal das Wort zu diesem Thema ergriffen haben.

Die Menschen erwarten auch, dass wir im Parlament Gemeinsamkeiten herausarbeiten, unabhängig von der Frage, ob eine 27-Jährige mit dem gefühlten Lebensverständnis einer 50-Jährigen hier auftritt

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

und Bekundungen zu diesem Thema abgibt, die ich – ich sage es ganz offen – nicht verkraftet bekomme.

(Reiner Priggen [GRÜNE]: Sie können doch nicht so tun, als ob Gemeinsamkeiten …)

Frau Kollegin Velte, Sie haben mir gutgetan mit Ihrer Ansprache. Das will ich Ihnen offen sagen. Man merkt, auch aus Ihrer Fraktion gibt es Ansätze von Gemeinsamkeiten, die wir gut verarbeitet bekommen und die die Menschen verstehen.

Aber mit Blick auf das Thema „NPD-Verbot“ darf ich Ihnen Folgendes sagen: Ich bin engagiert dagegen; bin es immer gewesen. Ich habe damals die SRPVerbotskartei mitbekommen. Ich habe das „Erwachsenwerden“ der NPD in den 1969er-Jahren mitbekommen. Ein schlimmer Vorgang!

Was die Demokratie beim Extremismus abgearbeitet hat, das macht mich stolz mit Blick auf die Ordnung, die wir haben. Ich habe das gestern Abend noch auf einer Veranstaltung gesagt.

Meine Damen und Herren, ich war dabei, als die NPD in Krefeld auftrat und die Medien Sorge hatten, dass sie die Fünfprozenthürde bei der Bundestagswahl 1969 überschreiten würde. Ich war selbst in dem Saal in der Königsburg und bin rausgeschmissen worden, nachdem ich eine Frage gestellt habe. Ich habe mit Stolz gesehen, dass die NPD dann bei der Landtagswahl 1970 richtig verloren hat. Aber ein Verbot kam schon damals für mich nicht infrage, weil ich der Auffassung war: Das bekommt diese Ordnung hin.

Sie werden immer wieder feststellen, dass es ein Aufflackern von Extremismus gibt, rechts oder links. Den abzuarbeiten, das hat die Gesellschaft verstanden, und das ist die Demokratie nach meinem Verständnis wert.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich sage Ihnen: Klar, das Thema lässt sich nicht ausweisen. Das ist überhaupt keine Frage. Vier Fünftel der extremistischen Salafisten sind mit einem deutschen Pass ausgestattet, sodass sich das nicht abschieben lässt.

Es ist ein – wenn Sie so wollen – importiertes Phänomen, das wir ausreichend diskutieren müssen. Wir müssen ein waches Auge bei diesem Thema haben. Herr Minister, vermittelnd waren Sie dabei, wenn auch diese erste politische Auseinandersetzung zu diesem Thema hier im Parlament den einen oder anderen in seiner Ansprache etwas überborden lässt. Gemeinsamkeiten gibt es genug. Ich kann nur empfehlen, das nach außen zu tragen. Das müssen die Menschen hören.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Das müssen die Menschen vermittelt bekommen. Deshalb sage ich Ihnen ein Dankeschön für alle Ansätze, die vermittelnden Charakter haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schittges. – Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

2 Reform der Ausrichtung des Verfassungs

schutzes NRW und des Verfassungsschutzgesetzes NRW konsequent umsetzen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2119

In Verbindung mit:

Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen