Protocol of the Session on February 28, 2013

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich finde es ausgesprochen schade, dass es gestern nicht zu der ursprünglich angesetzten Debatte zum Antrag der CDU „Unser Land braucht Entwicklung – Anforderungen an die Novelle der Landesplanung“ gekommen ist.

Einigen der in diesem Antrag formulierten Anforderungen hätte ich durchaus zustimmen können; zum Beispiel dass sinnvolle Ansiedlungen nicht an fehlender Fläche scheitern dürfen und dass es intelligenter Methoden zur Ausweisung neuer Flächen bedarf.

Andererseits haben Sie, Herr Dr. Bergmann, sowie die anderen Kolleginnen und Kollegen von der CDU

der Versuchung nicht widerstehen können, eine Konfliktlinie zur Landesregierung an diesem Thema aufmachen zu wollen.

Es geht Ihnen anscheinend vornehmlich darum, ein Versagen der Landesregierung zu konstruieren. Sie kritisieren, dass die Landesregierung offensichtlich nicht in der Lage sei, die von ihr seit beinahe drei Jahren angestrebte Novellierung der Landesplanung vorzunehmen. Dieser Vorwurf nimmt der Ernsthaftigkeit der von Ihnen formulierten Ansprüche leider deutlich die Wirkung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte an dieser Stelle insbesondere auf die umfassenden Ausführungen der Staatskanzlei im Rahmen der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 16. Januar verweisen, die allen Beteiligten vorliegen sollten. Diese machten deutlich, dass die Staatskanzlei auf einem guten Weg ist.

Die Landesregierung wird in den nächsten Wochen, sobald das Ressortabstimmungsverfahren beendet ist, den Kabinettsbeschluss zur Durchführung des Beteiligungsverfahrens fassen. Das gesamte Beteiligungsverfahren selbst ist, wie Sie wissen, auf rund zwölf Monate angelegt, sodass davon auszugehen ist, dass nach Auswertung aller Stellungnahmen der Gesamt-LEP in der zweiten Jahreshälfte 2014 beschlossen werden kann.

Dass die Ressortabstimmung aktuell noch nicht abgeschlossen ist, ist dem Anspruch geschuldet, dass es aus fachlicher und sachlicher Sicht unbedingt notwendig ist, zu einem Regelwerk zu kommen, das einem hohen Anspruch auf Rechtssicherheit der getroffenen Vorgaben gerecht wird.

Es hakt eben nicht an unüberwindbaren Problemstellungen in der Sache, wie Sie von der CDU es herbeizureden versuchen, sondern es ist das mühsame Arbeiten an rechtssicheren Texten und Formulierungen, die später gegebenenfalls einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung standhalten

müssen.

Sie selbst führen aus, dass die Oberverwaltungsgerichte Teile des LEP aus 1995 und des LEPro für nicht wirksam erklärt haben und verlangen von der Staatskanzlei zu Recht die Sicherstellung von Planungs- und Investitionssicherheit.

Der rot-grünen Koalition kommt es darauf an, für die auf rund 15 Jahre angelegte Wirkungsdauer des LEP eine nachhaltige, soziale und wirtschaftlich ausgewogene Entwicklung des Landes durch verbindlich und konkret formulierte Grundsätze und Ziele sicherzustellen.

Für die Umsetzung dieses Ziels muss gelten: Qualität in der Aufstellung vor Schnelligkeit in der Verabschiedung.

(Vorsitz: Präsidentin Carina Gödecke)

Im Einzelplan 02 sind die Ausgaben für die Landesplanung mit insgesamt 2,12 Millionen € veranschlagt. Dieser Aufschlag in Höhe von 50.000 € gegenüber dem Ansatz von 2012 ist dem Umstand geschuldet, dass nach Kabinettsbeschluss für das Beteiligungsverfahren zusätzliche Vervielfältigungsausgaben anfallen werden, die der qualitativen Öffentlichkeitsbeteiligung dienen. Die Notwendigkeit dieser Ausgaben sollte fraktionsübergreifend unstrittig sein. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Goldmann. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Kollege Marsching.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Herr Dr. Bergmann, danke für die neue Rede. Beim letzten Mal hatte ja Herr Schmitz geredet. Ein wenig hatte ich befürchtet, dass wir uns wieder über unpünktliche Haushalte oder so etwas unterhalten müssten. Es freut mich außerordentlich, dass Sie über Landesplanung geredet haben und wir jetzt Stoff zum Diskutieren haben.

Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, was die Notwendigkeit der Landesplanung und der Aktualisierung des Landesentwicklungsplans angeht. Die ist wirklich lange überfällig. Ich werde nachher noch ein passendes Beispiel hierzu nennen.

Ich verstehe die Aussagen von Herrn Ellerbrock so, dass die FDP ebenso wie die CDU konstruktiv an diesem Prozess teilhaben möchte.

Zum Thema „Beteiligung“ möchte ich noch eine Anmerkung machen: Wie wäre es, wenn man nicht nur das Parlament beteiligt, sondern als Ausnahme auch einmal einen Teil der betroffenen Bürger mit ins Boot holt?

Herr Ellerbrock, es ist nicht lange her – von daher ist es vielleicht verständlich –, aber ein bisschen erinnerte mich Ihre Rede von heute an die letzte Rede. Ich habe sie mir nebenbei angeschaut; ich habe das Protokoll am Platz liegen. Einen Großteil der Rede hätte man einfach wiederholen können.

Ich verstehe, dass Sie vor allen Dingen von der Landesregierung Aussagen zu einzelnen Punkten fordern. Wie wäre es denn, wenn Sie einfach einmal die Bereitschaft, konstruktiv mitzuarbeiten, ganz klar herausstellen, sich klar positionieren und sagen: „Diesen Landesentwicklungsplan müssen wir zusammen auf ein solides Fundament stellen“?

Ich verstehe Ihre anderen Aussagen so, dass Sie genau dies wollen, und hoffe, dass wir das gemeinsam hinbekommen. Außerdem hoffe ich, dass meine Fraktion meiner Beschlussempfehlung folgt. Ich empfehle meiner Fraktion, dass sie sich bei diesem

Teil enthält und dass wir an dem Landesentwicklungsplan noch weiterarbeiten.

Eines ist klar: Ein Landesentwicklungsplan, der mit den Worten beginnt: „Das Land Nordrhein

Westfalen steht am Ende des 20. Jahrhunderts vor neuen und großen Herausforderungen“, kann nicht mehr aktuell sein und muss unbedingt überarbeitet werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Marsching. – Für die Landesregierung spricht jetzt Frau Ministerin Dr. Schwall-Düren.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nordrhein-Westfalen ist ein sehr dicht besiedeltes Land. Entsprechend dicht sind die konkurrierenden Ansprüche um die Nutzung des Raumes.

Zugleich müssen naturräumliche Gefährdungen und Restriktionen berücksichtigt werden, beispielsweise Überschwemmungsgebiete, die von Bebauungen freizuhalten sind, oder Grundwasservorkommen, die zur Trinkwasserversorgung gesichert werden müssen.

Deswegen ist in NRW eine dezidierte Steuerung der Raumnutzung besonders wichtig. Das drückt sich im Übrigen auch darin aus, dass die Raumplanung in den 1920er-Jahren im Ruhrgebiet erfunden wurde und dass die Ministerpräsidentin die Landesplanung in der letzten Legislaturperiode wieder in die Staatskanzlei zurückgeholt hat.

Inhalt der nachhaltigen Landesplanung sind übergreifende Ziele und Grundsätze. Das ist kein Formelkompromiss, Herr Ellerbrock. Es gibt Ziele, die klar beschrieben werden können, und Grundsätze, auf denen aufbauend Landesplanung erfolgen muss, und zwar zur räumlichen Struktur des Landes, zur Kulturlandschaftsentwicklung und zum Klimaschutz sowie für bestimmte Sachbereiche; beispielhaft will ich Siedlungsraum, Freiraum, Infrastruktur und Verkehr, Rohstoffversorgung sowie Energieversorgung nennen.

Meine Damen und Herren, angesichts dieser Spannbreite können Sie sicher ermessen, dass hier viel Abstimmungsbedarf besteht und dass dieser Abstimmungsbedarf auch einen Zeitaufwand erfordert. Deswegen ist unser zentrales Projekt, einen einheitlichen Landesentwicklungsplan zu erstellen, damit in Zukunft das Planungssystem in NRW rechtssicherer, einfacher und übersichtlicher wird. Abgesehen von der materiellen Neuausrichtung müssen gestiegene Anforderungen an verbindliche, aber auch rechtssichere Festlegungen erfüllt werden.

Wir wollen den Weg im Dialog gehen. Das Erarbeitungsverfahren erfordert die Einbeziehung aller Kommunen, zahlreicher weiterer Beteiligter und der allgemeinen Öffentlichkeit. Wir wollen das Internet nutzen, und zwar die Möglichkeit einer elektronischen Onlinebeteiligung. Um das seriös machen zu können, brauchen wir sechs Monate. Das schließt natürlich nicht aus, dass auch Landtagsabgeordnete sich schon in dieser Phase an der Onlinekonsultation beteiligen. Ich kann aber selbstverständlich zusichern, dass ein Kabinettsbeschluss, der unter Einbeziehung aller Gesichtspunkte, die uns geliefert werden, gefasst wird, dann auch dem Landtag zugeleitet wird.

Meine Damen und Herren, was die Inhalte betrifft, will ich nur auf drei Aspekte eingehen.

Der Klimaschutz ist schon genannt worden. Sämtliche räumlichen Planungen sind darauf auszurichten, dass Klimaverträglichkeit und Energieeffizienz optimal umgesetzt werden können. Das gilt für viele Bereiche, selbstverständlich auch für die Energieerzeugung.

Ich will in diesem Zusammenhang auch gerne kurz auf das Kraftwerk Datteln eingehen.

Frau Ministerin, entschuldigen Sie bitte, dass ich Ihren Redefluss unterbreche. Der Kollege Ellerbrock möchte Ihnen aber gerne eine Zwischenfrage stellen.

Bitte schön, Herr Ellerbrock.

Frau Ministerin, Sie sagten eben, Sie würden den Kabinettsbeschluss dann dem Plenum zur Verfügung stellen. Das wäre ein Missverständnis. Ich hatte angeregt, dass der LEPEntwurf, der dem Kabinettsbeschluss zugrunde liegt,

(Dietmar Bell [SPD]: Fragen!)

dem Plenum zur Verfügung gestellt wird – nicht der Beschluss. Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie das eigentlich so meinten?

Das ist damit gemeint, Herr Ellerbrock.

Kurz zum Kraftwerksstandort Datteln: Der Regionalverband Ruhr führt derzeit ein Regionalplanänderungsverfahren durch. Nach Vorlage dieses Planes kann die Verbandsversammlung dann eine Entscheidung über den endgültigen Inhalt der Regionalplanänderung und einen möglichen Antrag auf ein Zielabweichungsverfahren treffen. Sollte der RVR dies tun, wird von der Landesplanungsbehör

de in der Staatskanzlei zu prüfen sein, ob das Regionalplanänderungsverfahren die Grundzüge der Planung im aktuell geltenden LEP von 1995 berührt und ob eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist.

Die Entscheidung über das Zielabweichungsverfahren erfolgt dann im Benehmen mit dem Wirtschaftsausschuss des Landtages. Sie sind also dabei. Im Augenblick können wir aber den konkreten Inhalt der Planänderung und des möglichen Antrags für das Zielabweichungsverfahren natürlich nicht vorhersagen.

Ich komme zum Landesentwicklungsplan zurück. Die nachhaltige Raumordnung wird zukünftig im Rahmen des rechtlich Möglichen ihren Beitrag dazu leisten, dass Klimaschutzziele auch in der Raumordnung berücksichtigt werden.

Das gilt zum Beispiel für die Windenergie. Dort wollen wir im Dialog mit den Menschen den Ausbau mit regional- und landesplanerischen Mitteln voranbringen.

Das gilt auch für das wichtige Thema einer flächensparenden Siedlungsentwicklung. Der neue LEP soll in der Tat dazu beitragen, dass der Flächenverbrauch für Siedlungs- und Gewerbeflächen zulasten der Landwirtschaft und des Freiraums von derzeit 15 auf 5 ha pro Tag und langfristig auf null zurückgeführt wird. Das ist dringend notwendig, meine Damen und Herren. Schon 1995 wurde in einer Enquetekommission des Deutschen Bundestages, deren Mitglied ich war, skizziert, welche verheerenden Probleme entstehen, wenn wir dieser Entwicklung nicht Einhalt gebieten. Wir brauchen hier die Innenentwicklung und die Wiedernutzung von Brachflächen. Sie müssen Vorrang haben.