Protocol of the Session on November 29, 2012

(Beifall von der CDU und der FDP – Wider- spruch von der SPD und den GRÜNEN)

die Freiheit von Wissenschaft und Forschung torpediert.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Wären Sie mal AStA-Vorsitzender gewesen! Dann würden Sie anders mit den Menschen umge- hen! – Weitere Zurufe)

Die vorgelegten Eckpunkte des angestrebten Hochschulentmündigungsgesetzes sind Ausdruck dieses Denkens.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Kader kennen grundsätzlich die Wahrheit und wollen diese, ihre Wahrheit durchdrücken.

(Widerspruch von der SPD)

Genauso handelt auch Frau Svenja Schulze. Aus ideologischen Gründen will sie ihre Kaderdenke den Hochschulen aufdrücken.

(Beifall von der CDU – Widerspruch von der SPD und den GRÜNEN sowie von Minister- präsidentin Hannelore Kraft)

Sie glauben mir nicht? Ich werde es Ihnen belegen. Denn was in einem Gesetz nur indirekt zum Ausdruck kommt, wird an anderer Stelle umso deutlicher. In einem von ihr persönlich verfassten Artikel in der Sonderbeilage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 30.10.2012 fordert Frau Svenja Schulze mit Nachdruck – ich zitiere – einen „Kulturwandel in Wissenschaft und Forschung“.

(Zustimmung von der SPD)

Zunächst spricht sie davon, dass der Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen mit seinen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen – ich zitiere wieder – „auf europäischem Spitzenniveau“ wissenschaftliche Exzellenz bildet. Da hat Sie recht.

(Karl Schultheis [SPD]: Wo ist das Prob- lem? – Gegenruf von Nadja Lüders [SPD]: Das Kaderdenken! – Heiterkeit von der SPD)

Unsere Hochschulen konnten durch das bundesweit anerkannte Hochschulfreiheitsgesetz mit der notwendigen Autonomie ihre Arbeit auf ein exzellentes Niveau steigern.

(Beifall von der CDU – Sigrid Beer [GRÜNE]: Du solltest bei Schule bleiben, Klaus! – Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Sigrid Beer, wenn Frau Löhrmann ein solches Grundverständnis von Schule hätte, wie es Frau Schulze in ihrem Artikel in der „FAZ“ offenbart, hätte es keinen Schulkonsens in NordrheinWestfalen gegeben.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Doch man reibt sich verwundert die Augen; man mag es nach dieser Einleitung kaum glauben, was die weiteren Ausführungen betrifft. Denn sie sind ein eklatanter Widerspruch, das exakte Gegenteil zu den einleitenden Bemerkungen. Man wundert sich gerade auch deshalb, weil Frau Svenja Schulze

(Karl Schultheis [SPD]: Sie meinen aber die Ministerin, oder?)

den Wissenschaften Vorschriften machen will. In den Wissenschaften sollten allerdings Exaktheit und klare Begrifflichkeiten die Grundlage des Arbeitens und Forschens sein.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Es geht um gesell- schaftliche Verantwortung! Das ist doch Quatsch!)

Das dürfte man von einer angeblichen Wissenschaftsförderungsministerin auch wohl erwarten.

Frau Svenja Schulze ist trotz Exzellenz unzufrieden mit den wissenschaftlichen Leistungen, die die Wissenschafts- und Forschungslandschaft in NordrheinWestfalen hervorbringt. Denn Frau Schulze behauptet, Wissenschaft und Forschung in NordrheinWestfalen zeichneten sich durch das – ich zitiere – „stereotype Anwenden sogenannter ,klassischer‘ Instrumentarien“ aus.

Offensichtlich ist noch viel schlimmer, dass die Wissenschaften – ich zitiere erneut aus dem Artikel – „dem Mainstream einer Forschungsphilosophie“ folgten. Nebenbei bemerkt: Man fragt sich, was eigentlich ein solcher Mainstream ist, dem alle Wissenschaften folgen.

(Zuruf von den PIRATEN: Das kann ich Ihnen sagen!)

Nicht nur, dass an einer Universität viele unterschiedliche Fächer mit jeweils unterschiedlichen Methoden und Ausrichtungen arbeiten, die ihrem Forschungsgegenstand nach gar keinen vergleichbaren Ansatz haben können.

(Karl Schultheis [SPD]: Was für eine Er- kenntnis!)

Schon die Forschungsphilosophie zweier unterschiedlicher Forscher in demselben Fach, beispielsweise in der Germanistik, ist unterschiedlich. Das sollte Frau Schulze als Germanistin sicherlich wissen. Doch davon will Frau Svenja Schulze nichts wissen.

(Karl Schultheis [SPD]: Meinen Sie die Minis- terin?)

Vielmehr folgt nun der Frontalangriff auf Wissenschaft und Forschung,

(Zuruf von Minister Johannes Remmel)

denn sie – ich zitiere erneut – erwartet „anderes von den Wissenschaften“. Sie fordert einen Kulturwandel. Diese Argumentation muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die Wissenschaftsministerin dieses Landes ist zufrieden mit der Exzellenz, die unsere wissenschaftlichen Einrichtungen in den letzten Jahren hervorgebracht haben.

Was wäre bei einer solchen Einsicht politisch zu tun? Als Ministerin müsste sie die Hochschulen und Institute weiter in dieser Arbeit unterstützen.

(Nadja Lüders [SPD]: Das tun wir!)

Aber nein, sie will einen Wandel, einen „Kulturwandel“. Das bedeutet bekanntlich einen tiefgreifenden und grundsätzlichen Wandel.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Es geht um gesell- schaftliche Verantwortung!)

Anders ist der Begriff „Kultur“ in diesem Zusammenhang nicht zu verstehen – es sei denn, Frau Schulze wüsste nicht um die Bedeutung des Begriffs „Kultur“, was wir natürlich nicht infrage stellen.

Durch diese grundsätzliche Änderung im Wissenschaftsverständnis sollen Forschungsergebnisse möglich sein, die – ich zitiere erneut – andere Disziplinen und auch die Gesellschaft wesentlich öfter und stärker einbeziehen.

Mit anderen Worten: Frau Schulze will Wissenschaft und Forschung in eine bestimmte Richtung lenken und ihnen vorschreiben, was und wie sie zu arbeiten haben.

Wie weit nun das staatsgläubige Kaderdenken von Frau Schulze geht, wird dann endlich deutlich: Denn entsprechend diesem kulturell gewandelten Verständnis von Wissenschaft und Forschung, das der breiten Öffentlichkeit ein Mitspracherecht zugesteht, will die Wissenschaftsministerin auch zukünftig ihre finanzielle Förderung ausrichten. Das ist aber der sogenannte goldene Zügel und das Gegenteil von dem, was bei unseren Hochschulen für Qualität und Exzellenz gesorgt hat.

Wir wissen nun, was Frau Schulze mit ihrem „Hochschulentmündigungsgesetz“ beabsichtigt: die massive Beschneidung der wissenschaftlichen Freiheit im Sinne ihres Funktionalismus und Kaderdenkens. Es geht ihr um Gängelung im Sinne einer besserwisserischen Ideologie.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Frau Schulze, Ihnen ist ein anderes Denken fremd. Sie wollen die Hochschulen an die Kandare nehmen.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren, trotz aller Gelassenheit mit Blick auf die langfristige Perspektive: Für den Augenblick wird mir angst und bange um die Freiheit von Forschung und Lehre in NordrheinWestfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Karl Schultheis [SPD]: Eben waren Sie noch ge- lassen!)

Ihre Redezeit!

Ich bin gleich fertig. – Sollte sich dieser Wandel so vollziehen, wie es Frau Schulze formuliert, so lässt dieses „Hochschulentmündigungsgesetz“ Schlimmstes befürchten. Wir kommen weg von einer Kultur hin zu einer bevormundenden Kultur. Davor mögen wir bewahrt werden. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaiser. – Herr Kollege Kaiser, da Sie auch schon länger dem Landtag von Nordrhein

Westfalen angehören, wäre ich Ihnen sehr verbunden, würden Sie, wenn Sie die Ministerin meinen, sie mit Ministerin anreden, und würden Sie, wenn Sie die Abgeordnete Schulze meinen, sie mit dem Namen anreden.