Protocol of the Session on April 7, 2017

Zweites Beispiel. Was beim CO2 für die Stahlindustrie gilt, gilt im Grunde auch für Chemie und Pharma. Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat zwischen 1990 und 2015 ihre Produktion um mehr als 60 % erhöht. Diese Entwicklungen gingen jedoch keinesfalls zulasten des Klimas. Der absolute Energieverbrauch sank in demselben Zeitraum um 19 %, der Treibhausgasausstoß, Herr Hübner, um rund 49 %. Darüber hinaus liefert die Chemie zahlreiche innovative Produkte und Lösungen, um den Treibhausgasausstoß in der eigenen Produktion sowie in anderen Sektoren zu reduzieren, gar ihn zu vermeiden. Darüber hinaus investieren sie in Grundlagenforschung, zum Beispiel in Speichertechnologien und in flexible Stromnetze.

Der Chemiestandort Nordrhein-Westfalen bildet mit einem Umsatz- und Beschäftigungsanteil von etwa einem Viertel am Bund das Rückgrat der chemischen Industrie Deutschlands. Das sind 100.000 Beschäftigte, meine Damen und Herren.

(Michael Hübner [SPD]: Aha!)

Die Chemie ist eine Querschnittsindustrie und hat damit wesentliche Bedeutung für eine industrielle Wertschöpfung und natürlich für ihre Wertschöpfungsketten. Die chemische Industrie ist mit anderen Industriebranchen eng verknüpft. Rund 70 % aller von der chemischen Industrie hergestellten Stoffe gehen in die industrielle Weiterverarbeitung. Auch hier gilt also: Wer mit falscher Klimapolitik den heimischen Standort schwächt, Arbeitsplätze und Wertschöpfungen stört, Produktionsverlagerungen ins Ausland provoziert, der schadet nicht nur dem Klima,

sondern er gefährdet Arbeitsplätze und Wohlstand in unserem Land, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Damit komme ich zur Energieversorgung. Wir befinden uns mitten in der Energiewende. Der Grundkonsens hierfür ist sowohl in der Gesellschaft als auch in den Unternehmen vorhanden. Erst kürzlich hatten wir dazu ein Gespräch mit IHK-Vertretern. Nach deren Aussage geht es ihren Mitgliedern wesentlich um die Gestaltung der Energiewende, also wie Wertschöpfung erhalten und ausgebaut werden kann. Hierfür brauchen wir vor allen Dingen eine sichere und bezahlbare Energieversorgung.

Versorgungssicherheit gibt es aktuell nur mit konventionellen Energieträgern, das heißt, auch mit Braunkohle. Ja, das ist nicht die klimafreundlichste Energie. Das wissen wir, und wir verschließen davor nicht die Augen. Aber unsere Bürger, unsere Industrie, wir alle brauchen Versorgungssicherheit. Diese leisten die volatil erneuerbaren Energien leider noch nicht zuverlässig zu jeder Tages-, Nacht- und Jahreszeit. Man denke nur an die prekäre Versorgungslage im Januar, als es kalt, dunkel und windstill war, als alle – zum Glück– noch vorhandenen Notreserven inklusive von Braunkohle, Steinkohle und Gaskraftwerken aktiviert werden mussten und dennoch die Stromversorgung Spitz auf Knopf stand. Da haben wir die konventionellen Energieversorger mehr als dringend gebraucht, meine Damen und Herren.

Wir haben uns als Politik und als Gesellschaft nach dem GAU in Fukushima für den Ausstieg aus der Kernenergie und die Energiewende entschieden. Dazu stehen wir. Wir wollen und werden in den kommenden Jahren die noch laufenden deutschen Kernkraftwerke abschalten. Deshalb brauchen wir für unsere Versorgungssicherheit, die als Industriegesellschaft in unserem ureigensten Interesse ist und sein muss, für eine gewisse Zeit weiter die kommerziellen Energieerzeuger, also auch die Kohleverstromung. Schließlich wollen wir nicht von Gaslieferungen aus Putins Russland abhängig sein. Und wir haben Braunkohle hier im Land.

Sie ist der einzige verfügbare heimische Energieträger, der ohne aktuelle Subventionierung auskommt – ein Faktor, der angesichts der für unser Land mehr als schädlichen Verschuldungspolitik dieser rot-grünen Landesregierung nicht unterschätzt werden darf. Außerdem sind unsere Braunkohlekraftwerke um ein Vielfaches sauberer und effizienter als die in anderen Weltregionen.

Daraus folgt für uns – die CDU NRW –, wir werden sowohl die Erneuerbaren als auch die konventionelle Energieversorgung mit Bedacht weiterentwickeln. Ausstiegsszenarien aus der konventionellen Energieversorgung, die sich allein an Jahreszahlen orientieren, lehnen wir ab. Der Umstieg auf erneuerbare Energien, der Strukturwandel des Kraftwerkparks

muss mithilfe marktwirtschaftlicher Anreize umgesetzt werden.

Denn klar ist, durch einen überhasteten Ausstieg aus der konventionellen Energieerzeugung und nationale Alleingänge werden wir das Weltklima nicht retten, dafür aber die Grundlage für unseren Wohlstand riskieren. Wir stehen daher zum Energieträger Braunkohle, um eine sichere und bezahlbare Stromversorgung zu garantieren.

Auch Datteln 4 brauchen wir für die Versorgungssicherheit in der Übergangszeit der Energiewende, in der wir uns zurzeit befinden. Anfang des Jahres haben wir die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des hocheffizienten Kohlekraftwerks Datteln 4 durch die Bezirksregierung Münster ausdrücklich begrüßt.

Die rot-grüne Landesregierung dagegen hat jahrelang alles darangesetzt, dieses für nordrhein-westfälische Interessen wichtige Kraftwerksprojekt zu stoppen.

(Zuruf von der SPD)

Datteln 4 ist mittlerweile ein Synonym für rot-grüne Verhinderungspolitik geworden.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Dabei wird das Kraftwerk mit einer Nettoleistung von 1.050 MW und Fernwärme für über 100.000 Haushalte im Rahmen der Energiewende einen unverzichtbaren Beitrag für die stabile Energieversorgung in Nordrhein-Westfalen leisten. Mit einem Gesamtwirkungsgrad von bis zu 60 % wird Datteln 4 darüber hinaus eines der effizientesten Kohlekraftwerke weltweit sein.

Dennoch versuchen die Grünen weiterhin, den Bau mit Auflagen, die kein Unternehmen der Welt erfüllen kann, zu verhindern. Umweltminister Remmel spielt seit Jahren mit dem BUND über Bande. Das zeigt auch die Ausweitung der Klagerechte. Hier zeigt sich, Ideologie steht über interessengerechter Sachpolitik.

Ich wiederhole daher noch einmal: Der Klimawandel hat eine globale Dimension. Deshalb setzen wir auf europäische und globale Klimapolitik, und deshalb sind wir gegen nationale Alleingänge bei den CO2- Minderungszielen.

Hierbei setzen wir auch auf den Emissionshandel. Der Emissionshandel funktioniert in Europa. All das, was wir darüber hinaus in Deutschland bzw. NRW einsparen, dürfen etwa Polen, Franzosen, Tschechen mehr ausstoßen. Dem Klima ist damit in keiner Weise geholfen. Deshalb wollen wir den Emissionshandel auf eine andere, möglichst alle Erdteile umfassende Betrachtung ausweiten.

Sie selbst haben das so ausgeführt, Herr Minister. Da sind wir an dieser Stelle sogar einer Meinung.

Denn nur dann helfen wir dem Klima wirklich, weil wir dann signifikante Emissionsminderungen auch in den Schwellenländern erreichen. Nur so schaffen wir im Übrigen auch gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen für alle, ohne unsere heimische Industrie einseitig zu belasten.

Wir setzen uns auch für die Verwirklichung eines europäischen Energiemarktes ein. Beispielsweise kennzeichnen Widersprüche, Ungleichzeitigkeiten leider auch heute noch den europäischen Energiemarkt. Während weltweite und europäische Klimaschutzziele ausgegeben werden, verfolgen europäische Staaten nationale und regionale Klimaschutzziele, die nur selten aufeinander abgestimmt sind. Manche Staaten setzen auf eine völlige Umstellung des Energiesystems auf erneuerbare Energien. Andere verfolgen auch langfristig die Idee eines Energiemixes oder halten gänzlich an atomaren oder fossilen Energieträgern fest.

Nur eine vertiefte europäische Integration in der Energiepolitik kann hier Abhilfe schaffen. Wir wollen die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes für Energie, eine europäische Koordination der nationalen Beiträge zum Klimaschutz, eine Verständigung auf einen miteinander abgestimmten Energiemix sowie die Angleichung von technischen und kommerziellen Handelsregeln.

Nicht nur beim Klimaschutzgesetz, auch beim Klimaschutzplan 2015 des Bundes hat die rot-grüne Landesregierung versagt. Frau Kraft hat nach Aussage von Frau Hendricks bereits sehr früh allen ursprünglichen Vorschlägen der Bundesumweltministerin – man höre und staune – zugestimmt.

Gemeinsam mit den Gewerkschaften und den Wirtschaftsverbänden ist es der CDU NRW gelungen, die voreilige und planlose Beschleunigung eines Kohleausstiegs zu verhindern.

Zudem konnten wir erreichen, dass die geplante Kommission sich nicht nur mit den Fragen des Klimaschutzes, sondern auch mit der Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Industrien und den Folgen für die Arbeitsplätze befasst. Den betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmern im Rheinischen Revier wollen wir damit wirtschaftliche Perspektiven eröffnen. Dieser Kampf für die Industriearbeitsplätze in NordrheinWestfalen war mühsam, weil er ohne die Unterstützung der Landesregierung und der Ministerpräsidentin geführt werden musste.

(Beifall von der CDU)

Zum Abschluss möchte ich noch einen letzten Punkt aufgreifen, der ebenfalls symbolisch für die rot-grüne Verhinderungspolitik in diesem Land steht. 2016 gab es einen neuen traurigen Rekord in NRW. Nie zuvor waren die Staus länger als in diesem Jahr. Mit rund 388.000 km war die Summe aller Staus in NordrheinWestfalen 2016 länger als die Entfernung zwischen

Erde und Mond. Damit hat die Staulänge in unserem Bundesland im wahrsten Sinne des Wortes astronomische Dimensionen angenommen.

2012 gab es 161.000 Staukilometer. Die Staukilometer in Nordrhein-Westfalen haben sich also deutlich mehr als verdoppelt und damit auch der im Stau generierte Ausstoß von Treibhausgasen. Laut Zahlen des LANUV hat der Verkehr in NRW 2014 einen Anteil von 11,4 % an der CO2-Emission des Landes. Hier könnte man doch mal ansetzen und die Emissionen durch Neu- und Ausbau des Straßennetzes reduzieren.

Stattdessen hat Rot-Grün den Planungs- und Bauhochlauf, den die CDU-geführte Vorgängerregierung bei dem Bundesfernstraßenbau in ihrer Amtszeit erzielt hatte, abrupt gestoppt und die Planungen massiv zurückgefahren.

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

In der Folge konnten Bundesmittel im zweistelligen Millionenbereich nicht abgerufen werden. Sie flossen in andere Bundesländer, wie zum Beispiel nach Bayern.

(Michael Hübner [SPD]: Thema verfehlt!)

Es gibt noch heute keinen Masterplan, wie rund 14 Milliarden € vom Bund bis 2030 verbaut werden sollen. Das geht auch zulasten der vielen Pendler. Bundesweit steigen die Zahlen der Pendler. 2015 pendelten bundesweit 60 % aller Arbeitnehmer zum Job in eine andere Gemeinde. Im Jahr 2000 waren es noch 53 %.

Herr Hübner, das ist übrigens ein Beleg dafür, dass man den Menschen auch vor Ort, da, wo sie wohnen, Arbeitsplätze generieren sollte, um Pendeln und Fahren zum Arbeitsplatz auf ein Minimum zu reduzieren. Arbeit vor Ort, wo Menschen leben, ist ein Maßstab, an dem Sie sich messen lassen müssen.

(Beifall von der CDU)

Herr Remmel, wenn Sie Treibhausgase senken wollen, dann schreiben Sie endlich Ihre verblendete Ideologie ab, und lassen Sie zu, dass in NRW wieder Straßen gebaut werden! Damit ist dem Klima und vielen Pendlern in NRW mehr geholfen als mit Ihrer falschen Klimapolitik und Berichten von einer Weltklimakonferenz, die erst in einem halben Jahr stattfinden wird. Sie, Herr Minister, haben die Zukunft dann hinter sich, glaube ich. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hovenjürgen. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Meesters.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt von der verkehrspolitischen Debatte, die wir gerade geführt haben und die ich von ihren Ableitungen her etwas skurril fand, Herr Hovenjürgen, wie ich sagen muss, wieder auf das Thema kommen, über das wir hier sprechen. Es geht um die Weltklimakonferenz, die in Nordrhein-Westfalen stattfindet.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte meine Rede im Gegensatz zu Herrn Hovenjürgen natürlich nicht nur an Herrn Hübner richten, sondern an alle hier im Plenum, wobei natürlich auch Herr Hübner angesprochen ist. Aber ich hatte schon den Eindruck, dass Sie persönlich da etwas abzuarbeiten hatten.

(Heiterkeit und Beifall von Michael Hübner [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im November, wir haben jetzt schon mehrfach gehört, wird die Weltklimakonferenz COP 23 in Bonn und damit in unserem schönen Bundesland Nordrhein-Westfalen stattfinden. Erlauben Sie mir, an dieser Stelle zu sagen: in unserem schönen, starken und innovativen Nordrhein-Westfalen, auf das wir alle stolz sein können und stolz sein sollten.

Es ist gut, dass die Welt in Bonn zu diesem Thema Station macht; denn wir geben mit unserer Klimaschutzpolitik ein Best-Practice-Beispiel und stehen für erfolgreiche Klimaschutzpolitik in einem starken Industrieland.

Vom 6. bis zum 17. November wird die Welt im World Conference Center unter der Präsidentschaft der Fidschi Inseln den Blick auch auf unsere Region werfen. Das wurde gerade angesprochen. Das ist ein wichtiges Signal für uns als Nordrhein-Westfalen und für uns in Deutschland; denn gerade in den letzten Wochen und Monaten ist uns leider vor Augen geführt worden, dass es im Kampf gegen den Klimawandel immer wieder Rückschläge gibt. Wenn wir etwa nach Amerika schauen – genauer: in die USA –, so müssen wir erkennen, dass die meist ohnehin nur begrenzten Anstrengungen der Vergangenheit unter dem neuen Präsidenten Donald Trump nun konterkariert werden. Er will mit seiner primitiven Kohlepolitik von gestern zurück in die Zukunft. Aber sein Energiepopulismus wird nicht funktionieren; denn – ich zitiere –:

„… warum sollten die Manager der Stromkonzerne, die sich seit Jahren darauf einstellen, schmutzige Kraftwerke durch weniger schädliche zu ersetzen, jetzt ihre Strategie ändern?“