Protocol of the Session on April 6, 2017

Dieser Jahreswirtschaftsbericht, die Pressekonferenz dazu und einige andere PR-Aktionen der letzten Tage machen den Versuch, auch Sie ganz persönlich, Herr Duin, von der Entwicklung im Land abzukoppeln.

Aber eine Textstelle in diesem Jahreswirtschaftsbericht, den ich mit Interesse gelesen habe, war dann schon entlarvend. Da schreiben Sie zum Tariftreue- und Vergabegesetz:

„Schließlich verdeutlicht das gute Beispiel des Tariftreue- und Vergabegesetzes, wie es der Landesregierung zuletzt gelungen ist, … die bürokratischen Belastungen für Unternehmen … deutlich zu reduzieren.“

(Heiterkeit von der CDU)

Erstens wollen wir eines feststellen: Dieses Tariftreue- und Vergabegesetz, dieses Sondervergabegesetzt Nordrhein-Westfalen, haben Sie erst eingeführt.

(Beifall von der CDU und der FDP – Dietmar Brockes [FDP]: So ist es!)

Dann haben die alle gesagt: Das bringt nichts. Bei allen Anhörungen haben Ihnen alle, die das haben wollen, gesagt, sie könnten keinen Beweis liefern, dass weniger Kinderarbeit oder irgendetwas auf dieser Welt besser geworden wäre.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Das wer- den Sie doch nie belegen können!)

Ich war in den Anhörungen dabei, Frau Abgeordnete Kraft, die Sie dazwischenrufen,

(Zuruf von Dietmar Bell [SPD])

Sie nicht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Keiner konnte uns den Beweis liefern, dass irgendwas besser geworden wäre.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Selbst nach den Änderungen haben die, die in der Wirtschaft betroffen sind, gesagt: Diese Veränderungen haben nichts gebracht.

(Michael Hübner [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)

Weit hinter den Versprechungen zurückgeblieben! Aber schön ist die Formulierung „zuletzt“. Da sieht man Ihr jahrelanges Ringen, die zähen Grabenkämpfe um diese Klitzekleinigkeit,

(Zuruf von Marc Herter [SPD])

die Sie dann am Gesetz ändern dürfen, die klitzekleinen Ecken, die Sie abfeilen durften, das zähe Ringen um diese Änderung am Tariftreue- und Vergabegesetz haben dann zuletzt am Ende doch Erfolge gezeitigt. Sie sind vor die Pumpe gelaufen bei Herrn Priggen zum Thema „Marktgesetz“. Sie haben es angekündigt, Sie durften es nicht machen. Sie sind vor die Pumpe gelaufen bei Herrn Remmel jetzt beim Thema „Spionageverordnung“ zur Veröffentlichung von Anlageplänen im Internet.

Sie hatten keine Unterstützung für einen eigenen, hier im Plenum an diesem Ort angekündigten eigenen Entwurf zur Energiewende mit nordrhein-westfälischer Handschrift – bis heute nichts vorgelegt.

Man hört ja so einiges über Ihre Zukunftspläne, was immer da dran ist. Ich wünsche Ihnen alles Gute dabei, aber eins ist klar: Die Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen braucht einen Neuanfang –

(Beifall von der CDU und der FDP)

im Übrigen nicht wegen der Zahlen, nicht wegen Statistiken, nicht wegen irgendwelcher Werte, die sich so oder so entwickeln. Wir sind es den Menschen in diesem Land schuldig. Wir sind es den Arbeitslosen schuldig. Hätte sich die Arbeitslosigkeit in NordrheinWestfalen so entwickelt wie in den anderen Bundesländern, wären 90.000 Menschen in diesem Land weniger arbeitslos. Seit 2010 ist die Arbeitslosigkeit im übrigen Bundesgebiet dreimal so schnell zurückgegangen wie hier in Nordrhein-Westfalen. Wir sind es den Schülern schuldig, die unter Unterrichtsausfall leiden. Kein Land gibt so wenig Geld pro Schüler aus wie Nordrhein-Westfalen. Wir sind es den Kommunen schuldig.

(Zurufe von der SPD)

Sie haben umverteilt von den angeblich reichen Kommunen im ländlichen Raum in die armen Städte. Das Ergebnis: Jetzt sind alle arm.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD – Zuruf von der SPD: Keine Ahnung, aber große Klappe! – Glocke)

Wir sind es den Menschen schuldig, deren Sicherheitsgefühl Sie verletzt haben mit Ihrer desaströsen Innenpolitik.

(Zurufe von der SPD)

Und wir sind es leider immer mehr armen Kindern in diesem Lande schuldig.

(Beifall von der CDU)

Wir sind es auch den Eltern schuldig, die seit Jahren auf bessere Kindergärten warten. Die Probleme all der Menschen, um die Sie sich nicht gekümmert haben, ließen sich viel einfacher lösen, wenn das Geld da wäre. Das Geld wäre da, wenn wir das Wirtschaftswachstum gehabt hätten wie die übrigen Länder.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Seit 2010 hätten wir jedes Jahr viereinhalb Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen gehabt, viereinhalb Milliarden Euro mehr pro Jahr – für das Land und für die Kommunen. Wenn man sich diese Zahl einmal vor Augen führt als das, was sie ist, eine Riesenchance, dann wird auch klar, wie sehr Sie sich mit Ihrer Wirtschaftspolitik an den Sorgen der Menschen und an den Chancen, es besser zu machen, versündigt haben in den letzten Jahren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ihre Wirtschaftspolitik war ambitionslos, ideenlos, mutlos und deshalb am Ende auch erfolglos. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 28 % weniger Wachstum seit 2010. Und das ist nicht gottgegeben, wie Sie dann immer dazwischenrufen. Von 2005 bis 2010 hatten wir fast 15 % mehr Wachstum als der Bundesschnitt. Fast 15 % mehr Wachstum! Wo sind jetzt Ihre Zwischenrufe? Sie wissen, dass es damals so gewesen ist, meine Damen, meine Herren. Ihnen fehlte die richtige Prioritätensetzung. Ihnen war alles andere wichtiger als Wirtschaftswachstum. Das ist die Wahrheit!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie wollten Vorreiter sein beim Klimaschutz und legen damit die Axt an den Beginn unserer langen Wertschöpfungsketten, wo in der Regel energieintensive Industrien stehen. Und Gott weiß, die Energieintensiven haben es schon schwer genug, aber Sie müssen natürlich immer noch einen draufsetzen. Ist uns gedient, wenn die Stahlindustrie am Ende unser Land verlässt, wenn der Stahl demnächst nur noch aus China und Indien kommt? Da werden 38 % mehr CO2 pro Tonne Stahl ausgestoßen. Eigentor in Sachen Klimaschutz und die Jobs bei uns wären weg. Sie wollen Vorreiter sein beim Umweltschutz und nehmen den Mittelständlern in den Wachstumsregionen den notwendigen Raum für Wachstum.

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Bedanken Sie sich bei Herrn Remmel, wenn Sie schon dazwischenschimpfen, Frau Kraft. Bedanken Sie sich bei Herrn Remmel.

70 % der Menschen im Saarland haben gesagt, die Grünen setzen inzwischen den Umweltschutz über die Interessen der Menschen. Das haben die Grünen geschafft. Inzwischen empfinden die Menschen Umweltschutz und ihr eigenes Wohlergehen als Gegensatz. Weil Sie es übertrieben haben! Und deswegen auch solche Ergebnisse. Sie wollen, dass sich der Wolf in diesem Land wieder wohlfühlt, ich will, dass Menschen, die Arbeitsplätze schaffen, sich in diesem Land wieder wohlfühlen. Das ist der Unterschied!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir brauchen eine neue Balance zwischen Umwelt und Naturschutz auf der einen Seite und der Chance auf wirtschaftliche Stärke auf der anderen.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Das ist über- haupt kein Gegensatz, null Gegensatz!)

Sie wollen Vorreiter sein bei der Political Correctness. Sie haben sich mit Ihrer Personalpolitik einen Knoten in die Beine gegendert und sind darüber gestolpert

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Marc Herter [SPD])

Sie wollen politisch korrekte Auftragsvergaben der öffentlichen Hand und nerven in Wahrheit nur Handwerker und Kommunen.

Wir wollen Vorreiter sein beim Wirtschaftswachstum, wir wollen Vorreiter sein beim Abbau der Arbeitslosigkeit, wir wollen Vorreiter sein bei der Bekämpfung der Kinderarmut, und wir wollen Vorreiter sein bei der Digitalisierung unseres Industriestandortes. Das werden wir schaffen mit drei Antworten. Wir jammern nicht über den Strukturwandel, wir schimpfen nicht auf Berlin und Brüssel und jammern über etwas, was in Brasilien passiert. Als Erstes packt man sich mal an die eigene Nase. Das Wirtschaftsministerium muss wieder für die Themen der Wirtschaft zuständig sein – und nicht nur Bittsteller bei anderen Ministerien.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Landesplanung und Energiepolitik gehören zurück ins Wirtschaftsministerium, Innovation, Digitalisierung, Breitband dazu. Dann eine Entlastungsoffensive: Bürokratieabbau.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Sondervergabegesetz TVgG, Hygieneampel, Klimaschutz ist alles menschengemacht, alles hier entstanden und kann auch hier wieder abgeschafft werden, und wir werden es wieder abschaffen.