Die Ministerpräsidentin kommt. Wir werden sie befragen – von mir aus bis morgens um fünf, wie Herr Dr. Stamp das angekündigt hat. Das können wir gerne machen. „Bis in die Nacht hinein“, war Ihre Formulierung in Ihrem Pressestatement. Wir bringen die Zeit mit, und im Übrigen nicht nur, weil wir nicht der neuen Landtagsperiode angehören, sondern weil wir es ebenso für wichtig halten, das zu tun.
Als Letztes, Herr Kollege Sieveke, noch mal zur Bestätigung: Ich habe gesagt, Sie haben nur eine Frage an den Sachverständigen zu seinem Vertragsverhältnis gestellt. Genauso habe ich es gesagt. Schauen Sie ins Protokoll!
All die Fragen, die Herr Laschet heute hier gestellt hat, haben Sie nicht gestellt, weil Sie die Antworten gar nicht interessieren. Ihnen geht es nur um Wahlkampf und Bohei, und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind damit am Schluss der Aktuellen Stunde.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass wir jetzt zu einer etwas ruhigeren Debatte finden. Das, was die Bürgerinnen und Bürger in der Aktuellen Stunde gerade eben hörten, ist eigentlich etwas, was sie nämlich nicht wollen. Sie wollen Aufklärung, aber nicht diese Schlachten!
Kapitol in Rom für die Bundesrepublik die Römischen Verträge gezeichnet. Sie sind die Geburtsurkunde unserer Gemeinschaft auf dem Fundament von Frieden, Vielfalt und Marktwirtschaft. Sie setzen die Grundsteine für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Reise- und Niederlassungsfreiheit, die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs und die Freiheit des Kapitalverkehrs.
Uns in der CDU ist es ausgesprochen wichtig, hier noch einmal unsere Position in Nordrhein-Westfalen deutlich zu artikulieren. Am 25. März 1957 schafften die Römischen Verträge für den noch jungen Frieden der Nachkriegsjahre eine dauerhafte Grundlage. Dieser Friede hält nun über 70 Jahre. In der heutigen Zeit, in der wir leben, sehen wir, wie Ordnungen weltweit zerbrechen und wie um uns herum immer mehr Konflikte entstehen, die jedes Jahr weit über 170.000 Menschen das Leben kosten.
Vor diesem Hintergrund haben die Worte Konrad Adenauers kein Jota an Aktualität verloren. Ich zitiere:
„Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“
Welchen Platz hat Nordrhein-Westfalen in der europäischen Familie? Mit den Römischen Verträgen waren neben Italien unsere direkten Nachbarn Belgien und die Niederlande sowie in unserer unmittelbaren Nähe Frankreich und Luxemburg die ersten Partner der Bundesrepublik. Diese Länder waren im Zweiten Weltkrieg von Deutschland besetzt.
Nach den beiden Kriegen, nach Rheinlandbesetzung und Ruhrfrage, war der Gründungsakt von Rom für Nordrhein-Westfalen vor allem Aussöhnung und Nachbarschaftsprojekt. Von daher hat sich die europäische Idee für den Alltag in Nordrhein-Westfalen besonders konkretisiert – als großes Glück bis heute mit 100.000 Grenzpendlern, die jeden Tag bei uns arbeiten, 1,6 Billionen € Bruttoinlandsprodukt mit dem Beneluxraum, 20 % des Außenhandels allein mit den Nachbarn sowie vertiefter Partnerschaft in unseren vier Euregios.
In seiner Amtszeit als Bundespräsident hat Joachim Gauck daran erinnert, dass wir Europäer für unsere Gemeinschaft und ihre Identität keinen Gründungsmythos haben, keine Entscheidungsschlacht, keine gemeinsame Revolution. Die Würdigung der Römischen Verträge macht uns aber bewusst, dass es auch ohne einen solchen Mythos in der Kriegsfolge kaum ein Gründungsdokument geben dürfte, das mehr Errungenschaften mit sich brachte.
Nach 1954 hat das französische Parlament die Europäische Verteidigungsgemeinschaft abgelehnt. Die Verhandlungen auf der Grundlage des Spaak-Berichtes waren hochkompliziert. Es gab den Argwohn,
dass das französische Atomprogramm für uns auf deutscher Seite gefährlich sei. Frankreich hatte Angst vor dem Ausverkauf seiner Wirtschaft. Für EWG und EURATOM gab es bestimmt keine europäische Euphorie. Hätte man damals ein Referendum durchgeführt, hätte sich die Nachkriegszeit ganz anders entwickeln können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten heute vier Anträge. Ich denke, dass die Intentionen nicht so weit auseinanderliegen. Der Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen nimmt Bezug auf die gegenwärtige große Krise, die unsere Gemeinschaft erlebt. Sie ist auf den Brexit und die Flüchtlingsströme innerhalb der EU zurückzuführen. Das ist eine große Herausforderung. Europa muss – das ist richtig – auf die geopolitische Situation genau umgekehrt reagieren.
Die Fluchtbewegungen auf der Welt, die Situation bei unseren Freunden in den USA, die unerträgliche Provokation der türkischen Regierung, die dauerhaft gefährliche Lage in der Ukraine, die russischen Ambitionen mit dem Bruch der Helsinki-Akte: Das alles unterstreicht Europas existenzielle Wichtigkeit. Der Schlusssatz von Berlin vor zehn Jahren hat nicht an Gültigkeit verloren: „Wir sind zu unserem Glück vereint“. – Das hätte der jetzige Jubiläumsgipfel in Rom nach meiner Überzeugung auch noch deutlicher machen müssen.
Vor diesem Hintergrund haben wir unseren Antrag auf das Glück und die Wohlfahrt konzentriert, für die die Römischen Verträge das Auslösungszentrum dafür sind, dass wir entschlossen auch hier in Nordrhein-Westfalen dafür sorgen wollen, dass es weitergeht, dass wir uns über die vielen Tausend jungen Menschen bzw. Bürgerinnen und Bürger freuen, die jetzt – ob in Düsseldorf, Frankfurt, Warschau, Rom oder London, wo es sogar 25.000 waren – auf die Straße gehen, für Europa kämpfen und sagen, wie wichtig es ist, dass wir hier unseren Frieden und unsere Einheit behalten. Die jungen Menschen zeigen Begeisterung für unsere Gemeinschaft und für die Grundsätze der Humanität, auf denen auch ihre Zukunft beruht.
An diesen Stolz und diese Zuversicht möchten wir anknüpfen – in Erinnerung an den Mut vor allem von Robert Schuman und Konrad Adenauer, von Charles de Gaulle, von Altiero Spinelli, Jean Monnet und auch von De Gasperi.
Auf dem Tisch liegt jetzt das EU-Weißbuch von JeanClaude Juncker mit den fünf Szenarien. Das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit wird künftig sicher eine stärkere Rolle spielen. Natürlich müssen wir in Deutschland intensiv daran mitwirken.
Auf der anderen Seite können Deklarationen Europa nicht retten. Europa lebt vom Mitmachen, Kennenlernen, Austausch, Verstehen und Entgrenzung. Hier war Nordrhein-Westfalen – und das muss unser Bundesland im Herzen der Gemeinschaft auch bleiben –
immer ein Beispiel für das enge, gute Miteinander über unsere Landesgrenzen hinweg – nach Benelux, im Regionalen Weimarer Dreieck –, und zwar an der Seite der jungen Europäerinnen und Europäer.
Diese lebendige Gemeinsamkeit ist Voraussetzung, damit die EU ihre beiden großen Versprechen weiter halten kann – Frieden und Wohlstand –, und sie ist die Voraussetzung für die wichtige neue Legitimation im globalen Zeitalter, nämlich die Interessen und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu verteidigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für den neuen Landtag werde ich nach 27 Jahren nicht mehr kandidieren. Deshalb möchte ich diese letzte Rede auch zum Anlass nehmen, um mich, auch wenn es manchmal deftige und heftige Auseinandersetzungen gab, für die immer gute Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg zu bedanken.
Die Überzeugungen, die den Landtag in Sachen Bonn/Berlin und für Europa verbinden, waren mir immer besonders wichtig. Ich denke, dass die vier vorliegenden Anträge in eine gute, richtige Richtung gehen. Bei all den Unterschieden in Nordrhein-Westfalen haben wir, wenn es zum Schwur kam, immer gemeinsam für Europa votiert. – Vielen Dank für Ihr Zuhören.
Vielen Dank, Freifrau von Boeselager. Auch ich möchte mich bei Ihnen sehr herzlich für Ihren langjährigen Einsatz bedanken, für 27 Jahre Landtagsarbeit in NordrheinWestfalen, insbesondere für Ihr europapolitisches Engagement,
das Sie als überzeugte Bürgerin des Rhein-SiegKreises und der Stadt Bonn immer sehr glaubwürdig zum Ausdruck gebracht haben. – Herzlichen Dank für Ihre parlamentarische Arbeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der März 2017 war ein ganz besonderer Monat in der Geschichte der Europäischen Union. Wir haben 60 Jahre Römische Verträge gefeiert. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Aber Großbritannien hat am 29. März nach § 50 den Antrag auf Austritt aus der Europäischen Union gestellt.
Das sind schon bewegende Momente, wenn man über die Europäische Union nachdenkt. Es sind 60 Jahre einer Erfolgsgeschichte, einer guten Geschichte für die Menschen innerhalb der Europäischen Union.
Nun stehen wir vor dem Brexit. Wir stehen vor der Frage, ob Rechtspopulisten in Europa bei Wahlen gewinnen. Die Wahlen in den Niederlanden haben gezeigt: Es ist nicht einfach. Geert Wilders hat dort keinen Erfolg gehabt.
Das kann man durchaus beklatschen, aber wir wissen noch nicht, wie die Wahlen in Frankreich ausgehen. Das muss uns allen Sorgen machen. Die Europäische Union steckt wahrlich in der schwersten Krise seit ihrer Existenz.