Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Körfges, Frau Güler, natürlich gibt es hier unterschiedliche Anträge, und das ist auch richtig so, weil wir offensichtlich auch unterschiedliche Auffassungen darüber haben, wie man mit der Propaganda der Erdogan-Administration umgehen muss.
Ich finde es sehr enttäuschend, dass wir hier drei Reden gehört haben, und keiner der Rednerinnen und Redner ist darauf eingegangen, dass unsere unmittelbaren Nachbarn, die Niederländer, Charakter gezeigt und das Einreiseverbot durchgesetzt haben. Das war das, was wir erwartet hätten und was auch seitens der Bundesregierung notwendig gewesen wäre.
Es ist gerade angesprochen worden: Es geht nicht um ein Türkei-Bashing. Wir sind mit der Türkei und mit dem türkischen Volk befreundet. Es ist ein NATOPartner, ein Verbündeter. Ich sage auch ganz persönlich: Nachdem ich Ende der 80er-Jahre wochenlang das Land bereist habe, habe ich eine ganz besondere Beziehung zu diesem Land entwickelt. Die Herzlichkeit und die Gastfreundschaft, die wir auch hier unter den Mitbürgern erleben, sind einzigartig und großartig. Deswegen ist es für uns völlig klar, dass diese Freundschaft nicht zur Disposition steht.
Aber gerade wenn es um Freundschaft geht, muss man unter Freunden auch sagen dürfen, dass bestimmte Dinge nicht gehen. Und es geht nicht, dass hier Regierungsvertreter einreisen und unsere Meinungsfreiheit dafür ausnutzen, um Rechtsstaat und Demokratie in der Türkei zu beschneiden oder kaputt zu machen.
Da hat die Bundesregierung – und das müssen die Kolleginnen und Kollegen der CDU nun leider ertragen – lange laviert, was im Übrigen auch für den Koalitionspartner gilt, die Sozialdemokraten. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Regierungserklärung am 9. März gesagt:
„Innerhalb des bei uns geltenden Rechts und der bei uns geltenden Gesetze halten wir in der Bundesregierung deshalb auch Auftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland weiterhin für möglich, sofern und solange sie ordnungsgemäß, rechtzeitig und mit offenem Visier angekündigt sind und dann auch tatsächlich genehmigt werden können. Ich werde mich weiter mit ganzer
Kraft dafür einsetzen, dass wir unsere Grundwerte so leben können und so leben, wie wir das für richtig halten, denn sie machen unsere Art und unser Leben aus.“
Meine Damen und Herren, die Auftritte türkischer Regierungsvertreter zur Abschaffung der Demokratie in der Türkei machen nicht die Art und Weise unseres Zusammenlebens hier in der Bundesrepublik aus. Das möchte ich eindeutig für die Freien Demokraten sagen.
Das hat ja das Bundesverfassungsgericht in diesen Tagen auch ausdrücklich bestätigt. Deswegen muss ich ganz ehrlich sagen: Wir möchten von dieser Stelle aus den Niederlanden unsere ausdrückliche Solidarität erklären. Mark Rutte hat Charakter gezeigt. Wir sind froh, dass die demokratischen Kräfte und auch unsere Freunde von der VVD bei den Wahlen in dieser Haltung bestätigt worden sind.
Das zeigt im Übrigen auch, wie ein souveräner Umgang mit Populisten aussieht: klar in der Sache, ohne Ressentiments, proeuropäisch und mit Blick auf die Verteidigung unserer gemeinsamen Werte.
Herr Körfges, Sie haben sich gewünscht, dass wir Ihrem Antrag beitreten. Wir hätten uns umgekehrt eine andere Klarheit gewünscht.
An die Adresse der Kolleginnen und Kollegen der CDU kann ich nur sagen: Die Verantwortung an die Kommunen zu delegieren, finde ich ganz schwach.
Völlig grotesk ist, dass Sie für die Erklärung, dass Herr Erdogan hier unerwünscht sei, den sozialdemokratischen Außenminister adressieren. Wenn Sie das Ihrer eigenen Bundeskanzlerin nicht mehr zutrauen, ist das fast das Hissen der weißen Fahne. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Tribüne und zu Hause! Ich muss mit dem Wortbeitrag und dem Antrag der CDU anfangen, der leider erst heute hereinkam. Sie haben lange daran geschrieben, um Unterschiede herauszuarbeiten. Leider zeigt der Antrag,
dass das Ziel nicht ist, einen vernünftigen Gegenantrag zum rot-grünen Antrag oder zum FDP-Antrag zu stellen, sondern noch einmal eine Tonalität aufzulegen, die ganz klar in Richtung einer eigenen Zielgruppe geht.
In der Rede wurde gerade gesagt, man dürfe nicht einfach nur gegen die Türkei schimpfen. Aber es kommt in einem solchen Antrag immer auf die Tonalität an. Wenn ich lese, dass jede Veranstaltung, die der Vorbereitung des Referendums dient, sorgfältig geprüft und nötigenfalls verboten werden soll, dann ersehe ich daraus, dass es die CDU nicht so mit der Meinungsfreiheit hat.
Denn „jede Veranstaltung“ meint auch Veranstaltungen – wir haben vorgestern darüber geredet – von eingebürgerten türkeistämmigen Deutschen, die sich zusammentun, um über dieses Referendum zu reden und auch gegen dieses Referendum zu reden. Da ist Ihr Antrag viel zu unscharf. Die Meinungsfreiheit darf nicht eingeschränkt werden.
Gerade wurde gesagt, man dürfe nicht, wie von der FDP gefordert, tatsächlich das Einreiseverbot für türkische Regierungsmitglieder fordern. In Ihrem Antrag steht: Der Landtag unterstützt die Bundesregierung in ihrer Haltung, dass die Einreise unerwünscht sei. – Gerade wir in Deutschland sollten wissen, dass man sich der Anfänge erwehren muss und dass man Despoten nicht darum bittet, dass sie nicht hier auftreten,
sondern dass man klare Kante zeigt und ganz klar sagt: Ihr seid und eure Auftritte sind hier nicht erwünscht. Deswegen schließen wir euch aus. – Und nicht: Wir bitten euch darum, nicht hierhin zu kommen.
Meine Damen und Herren, der FDP-Antrag hat uns recht gut gefallen. Er zeigt klare Kante. Nur eine Sache habe ich in dem Antrag vermisst, Herr Kollege Dr. Stamp, nämlich nur einen einzigen Satz zur Solidarität mit den in der Türkei inhaftierten Menschen.
Das ist ein bisschen wenig. So sehr ich auch die Grundrichtung verstehe, so sehr ich für die Solidarität, die einen Satz später ausgedrückt wird, mit den Niederlanden bin – wie da die Gewichtung ist und wer da wie solidarisch ist, ist immer schwer zu sagen – und so sehr ich die Tonalität gut finde, fehlt mir am Ende ein Bekenntnis dazu, warum wir das überhaupt machen und warum wir türkische Regierungsmitglieder hier nicht sprechen und auftreten lassen sollen.
Denn – ich komme noch einmal auf die CDU zurück – wir haben am Mittwoch hier gehört, dass das Problem mit den Türken hier darin bestehe, dass sie sich nicht einbürgern lassen wollten. Deswegen geben wir ihnen nicht das kommunale Wahlrecht, weil wir sonst bald die AKP hier sitzen hätten. Der wichtigste Punkt – das Signal muss von hier gesendet werden – ist: Nicht jeder Türke ist AKP-Türke, und nicht die ganze Türkei ist eine AKP-Türkei.
Das ist der wichtigste Hintergrund. Wenn wir über Türken reden, reden wir nicht über eine homogene Masse, sondern wir reden von Menschen, die für Erdogan sind, die gegen Erdogan sind, die das Präsidialsystem gut finden – sogar in Deutschland, wo sie unsere Vorteile der Meinungsfreiheit, des offenen Journalismus, der demokratischen Mitbestimmung usw. haben. Sogar hier können Menschen dafür sein, dass es in einem anderen Land ein anderes Regierungssystem gibt.
Ich bin – das ist der Punkt, und deswegen stimmen wir dem rot-grünen Antrag zu; übrigens, Herr Kollege Körfges muss man nicht auf jedem Antrag stehen, den man gut findet – aus der Kirche ausgetreten. Das heißt, ich muss mich nicht mehr so sehr an die christlichen Werte halten. Eine Demokratie muss nicht immer die andere Wange hinhalten, sondern kann irgendwann ganz klare Kante zeigen und sagen: So nicht! Mit euch nicht! Das ist hier unerwünscht! Werbung für ein System, das die Demokratie abschafft, ist hier unerwünscht. Wir wollen AKP-Türken nicht bei Wahlkampfauftritten in der Bundesrepublik und in unserem Land Nordrhein-Westfalen haben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und am Stream! Die Türkei ist auf dem besten Wege in einen totalitären Führerstaat. Der Putschversuch im Sommer letzten Jahres wurde als letzte Legitimation genutzt, das Land gleichzuschalten. Die Massenentlassungen von Beamten, Lehrern, Professoren, Richtern, das Verbot kritischer Zeitschriften und Fernsehsendern, systematische Verhaftungen von Journalisten und
Dabei werden Entlassungs- und Verhaftungslisten abgearbeitet, die sehr viel länger bestehen. Das alles weckt ungute Erinnerungen aus der Zeit der Machtergreifung im Deutschland der 30er-Jahre.
Die Entschließung von SPD und Grünen, über die wir heute abstimmen, enthält verurteilende Worte. Das ist gut. Gehandelt wird aber nicht. Wie auf der Bundesebene bleibt es bei einer lauen Verurteilung, die Herrn Erdogan nicht im Mindesten tangieren wird. Wo sind denn die konkreten Maßnahmen? Warum isoliert man dieses Regime nicht? Warum setzt man Verträge nicht aus? Warum stellt man Finanzhilfen nicht ein? Wie ist es denn mit befristeten Einreiseverboten oder Kontensperrungen für den Erdogan-Clan oder Regierungsmitglieder? Ich darf daran erinnern, dass diese SPD hier Mitglied der Bundesregierung ist. Sie muss die Bundesregierung hierzu nicht auffordern, sie könnte es einfach machen.
Die Unterwerfungsgesten der Bundesregierung bei der Armenien-Resolution des Bundestages und im Fall Böhmermann jedenfalls waren einfach nur peinlich. Man lässt sich mit einem unsäglichen Flüchtlingsabkommen erpressen, mit dem man Hunderttausende geflüchteter Syrer aus der EU heraushalten will, und pampert dafür das Regime mit Millionenbeträgen – noch ein Grund, dieses scheußliche Abkommen umgehend zu beenden.