Protocol of the Session on November 28, 2012

Wir haben uns seit 2010 das kommunale Finanzierungsdelta genau angeschaut. 2,5 Milliarden betrug es nach Ihrer Verantwortungszeit. 2,5 Milliarden!

Wir haben im Rahmen des Hartz-IV-Kompromisses dafür gesorgt, dass die Bundesregierung den Kommunen in Nordrhein-Westfalen über die Grundsicherung im Alter rund 1 Milliarde zusätzlich zur Verfügung stellen muss. Von den 2,5 Milliarden haben wir darüber 1 Milliarde abgedeckt.

Wir haben im GFG Verbesserungen in der Summe erreicht, die im GFG 2013 auflaufend 323 Millionen betragen werden.

Wir haben 300 Millionen in das GFG 2010 eingefügt.

Das, was wir hier seit 2010 auf den Weg gebracht haben, war wirklich eine große historische Leistung. Das können Sie auch mit dem Redebeitrag, den Sie hier gerade erbracht haben, nicht einfach vom Tisch wischen.

(Beifall von der SPD)

Sie haben hier ja gerade den Konflikt zwischen den kreisangehörigen Städten aufgemacht. Sie kommen aus einer kreisangehörigen Stadt. Ich dachte immer, dass Sie besser informiert sind, da Sie sich im Städte- und Gemeindebund um die Finanzpolitik gekümmert haben. Ich habe immer den Eindruck gehabt, dass die Kollegen im Städte- und Gemeindebund relativ ordentlich gearbeitet haben. Dass Sie dann nicht anerkennen wollen, dass wir seit der ifoKommission enorme Verbesserungen auf den Weg gebracht haben, die hier einen großen Konsens gefunden haben, macht es umso schlimmer. Der große Konsens besteht darin, den Soziallastenansatz in die GFG-Systematik hineinzubringen. Das gelingt uns ja auch.

Weil wir kommunalfreundlich sind und kommunalfreundlich bleiben wollen, gelingt es uns auch in diesem Jahr, eine einmalige Abmilderungshilfe für diese von Ihnen vorgeworfenen Verwerfungen im GFG zur Verfügung zu stellen: in einer Größenordnung von 70 Millionen €. Dass das kein leichter Schritt ist – Sie haben gerade die Haushaltsdebatte verfolgt –, dass der Gesamthaushalt auf Kante genäht ist, wissen Sie auch. Von daher darf man loben, aber nicht in der Art und Weise kritisieren, wie Sie hier den Versuch gemacht haben. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Hübner. – Für die grüne Fraktion hat sich noch einmal Herr Mostofizadeh zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur einige kurze Bemerkungen möchte ich noch machen. Bei Herrn Witzel habe ich heute zum ersten Mal vernommen, dass die FDP es anerkennt, dass es einen Zusammenhang zwischen den Kommunalfinanzen und dem Haushalt des Landes gibt. Das hat Herr Engel

fünf Jahre lang bestritten. Er hat immer gesagt, die Kommunen müssten ihre Hausaufgaben machen und ihren Haushalt in Ordnung bringen. Das hat dazu geführt, dass Innenminister Wolf, der für die kommunalen Finanzen fünf Jahre zuständig war, die Kommunen stranguliert hat, wo es nur ging, und gesagt hat: Wenn ihr das nicht in Ordnung kriegt, ist das euer Problem.

Und einen zweiten Punkt finde ich sehr, sehr beeindruckend, Herr Kollege Witzel. Sie haben hier heute erneut, nachdem Sie das schon in der letzten Debatte um den Haushalt – also in der zweiten Lesung – vorgetragen haben, gesagt, dass es den größten Skandal beim BLB überhaupt gegeben hat, und das dann in Zusammenhang gesetzt mit einer Privatisierung von Landesgesellschaften.

Herr Kollege, soll ich Ihnen mal sagen, was beim BLB passiert ist? Egal, ob der privat wäre, eine GmbH, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder sonstwie aufgestellt: Sie, FDP und CDU, haben als Landesregierung wider besseres Wissen Aufträge an ein Unternehmen herausgegeben und Geld verbrannt, damit sich Herr Rüttgers und andere Politiker 2010 in Duisburg an den Hafen stellen und Schaufeln schwingen konnten.

Das war der Hintergrund. Das hat nichts mit der Privatisierung zu tun. Den Skandal werden wir aufklären. Wir werden Ihnen nachweisen, dass Mitglieder des Kabinetts trotz besseren Wissens Entscheidungen getroffen haben, die das Land mindestens zweistellige, wenn nicht sogar dreistellige Millionenbeträge gekostet haben. Das ist Ihr Vermächtnis, Herr Kollege Witzel.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege Kuper, zur Kommunalfinanzierung: Sie sprechen von einem Finanztsunami im Zusammenhang mit der Inklusion. – Herr Kollege Kaiser und andere Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wollen Sie die Inklusion noch, oder wollen Sie die Umsetzung ad absurdum führen, sie blockieren oder vielleicht sogar hintergehen? Wollen Sie Ihren Kollegen Optendrenk, Laumann und anderen widersprechen, indem Sie sagen: „Haushaltskonsolidierung interessiert uns nicht, egal was passiert, das Land kann immer nachschießen; jede Forderung, die die Kommunen oder Dritte stellen, ist zu befriedigen und mit Millionenbeträgen auszufinanzieren“?

Damit sind Sie absolut unglaubwürdig und nicht an der Seite derjenigen, die das Ganze umsetzen wollen. Sie sind populistisch und machen sich vom Acker.

Das finde ich angesichts des Schulkompromisses und der vielen guten Punkte, die im Schulbereich miteinander vereinbart worden sind, nicht nur sehr schade, sondern das ist in dem zentralen Feld der Landespolitik auch ein Bruch guter Kompromisse und guter Fortschritte, die wir in Nordrhein-West

falen in den letzten drei Jahren zustande bekommen haben.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)

Die letzten zwei Punkte: Herr Kollege Kuper, Sie sind neu im Parlament, aber sicherlich nicht unkundig; davon gehe ich aus. Sie werden verfolgt haben, was in den letzten Jahren in Sachen Kommunalfinanzierung passiert ist. Ich rufe es noch einmal kurz in Erinnerung: Das Verfassungsgericht hat entschieden, dass der U3-Belastungsausgleich zulasten der Kommunen verfassungswidrig gewesen ist. Das Landesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Einheitslastenausgleich zulasten der Kommunen verfassungswidrig war.

Wir alle wissen, dass Rot-Grün im Landeshaushalt strukturell zusätzlich 700 Millionen € für die Kommunen bereitgestellt hat. Dazu kommen die beiden eben genannten Tatbestände. Insofern stehen sich die Kommunen um 1 Milliarde € besser als vorher. Sie können sich ganz lange hinten anstellen, was die Leistungen gegenüber den Kommunen betrifft.

Es sind Erfolge zu verzeichnen, wenn auch auf niedrigem Niveau. Die Pro-Kopf-Ausgaben der Kommunen haben sich stabilisiert. Unsere

schlimmste Stadt, Oberhausen, ist im bundesweiten Ranking der hoch verschuldeten Städte nicht mehr Schlusslicht.

Einen weiteren Punkt will ich FDP und CDU mit auf den Weg geben: In der zweiten Stufe des Stärkungspaktes werden wir im Jahr 2014 die schwierige Aufgabe haben, die Kommunalfinanzierung, also eine Solidaritätsumlage, auszufinanzieren. Werden Sie sich da genauso verhalten wie beim Länderfinanzausgleich und so tun, als wenn finanzstarke Kommunen nichts mit der Solidarität gegenüber anderen Kommunen zu tun haben, oder werden Sie sich konstruktiv an der Debatte beteiligen? Ich fürchte, auch dort werden Sie sich vom Acker machen, sich nicht konstruktiv beteiligen. Das werden wir für Sie erledigen müssen.

Aber dann – das ist die Konsequenz daraus – verabschieden Sie sich endgültig von einer soliden Haushalts- und Finanzpolitik sowie der Solidarität der Gemeinschaft zwischen Land und Kommunen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Abruszat.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Hübner hat eben etwas Richtiges gesagt:

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Ach ja?)

Wir lesen das GFG heute zum fünften Mal. – Die Meinungen, die Argumente scheinen in der Tat

ausgetauscht zu sein. Daher würde ich gerne einige generelle Ausführungen machen und ein paar Fragen an uns alle richten, nämlich:

Wie würden wir als Landesgesetzgeber die Finanzierung unserer 400 Kommunen im Land ausgestalten, wenn wir jetzt zum ersten Mal vor der Aufgabe ständen, wenn wir nicht einfach eine bestehende Systematik fortschreiben würden? Würden wir dann das Gemeindefinanzierungsgesetz 2012 exakt so strukturieren, wie es jetzt vor uns liegt? Welche Parameter wären für uns wichtig? Welche Maßstäbe sind bei der Kommunalfinanzierung unabdingbar und für alle Fraktionen des Hauses unstreitig?

Für uns Freie Demokraten kann ich sagen: Es geht um drei Eckpfeiler; vielleicht, Herr Kollege Hübner, kommen wir an der Stelle auch zusammen. Die Gemeindefinanzierung muss auskömmlich, gerecht und nachvollziehbar sein.

Meine Damen und Herren, ist das GFG 2012 wirklich auskömmlich? – Der Kollege Martin Börschel hat vorhin in seiner Haushaltsrede betont:

8,4 Milliarden €, eine tolle Leistung. – Ich habe beim letzten Mal schon gesagt: Die Tatsache, dass wir Rekordsteuereinnahmen haben, ist keine Leistung der Landesregierung und der Koalition, sondern dem Fleiß der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen im Land geschuldet, Herr Kollege Börschel. Das heften Sie sich bitte nicht an die Brust.

(Beifall von der FDP und der CDU – Martin Börschel [SPD]: Sie hätten als Erstes den Verbundsatz gesenkt!)

Der Kollege Hübner hat gesagt: Die Regierungen vor 2005 und ab 2010 waren kommunalfreundlich und haben alles richtig gemacht. – Ich will nicht in das Landesarchiv greifen und genau nachschauen, Herr Kollege Hübner, wer den Verbundsatz von 28,5 auf 23 % gesenkt hat.

(Martin Börschel [SPD]: Das sollten auch ge- rade Sie lassen!)

Die Diskussion können wir gerne führen. Das waren Sie damals in der Alleinregierung. Also lassen Sie die Vergangenheitsbetrachtung sein und uns lieber nach vorne schauen: Was können wir insgesamt tun, um die Lage der Kommunen zu verbessern?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Anstatt die Lage schönzureden, haben Sie zumindest den Stärkungspakt Stadtfinanzen erwähnt. Zu dessen Stoßrichtung stehen wir. Ich bin gespannt, Herr Kollege Mostofizadeh, wie wir dann im Verhältnis zwischen Land und Kommunen über eine Art Länderfinanzausgleich, den Sie hier im Kleinen beworben haben, sprechen. Ich wusste nicht, dass Sie solch ein Verfechter des Länderfinanzausgleichs sind. Das kann – jedenfalls nach Auffassung der Freien Demokraten in diesem Haus – keine Blau

pause für eine gelungene Kommunalfinanzierung sein.

(Beifall von der FDP und Lutz Lienenkämper [CDU])

Meine Damen und Herren, ich habe eingangs gefragt: Ist eine Gemeindefinanzierung gerecht, oder wie muss sie gerecht ausgestaltet sein? – Gerechtigkeit ist ein hehres Ziel, philosophisch betrachtet möglicherweise ein nie erreichbarer Idealzustand. Dennoch sind ein angemessener unparteiischer Ausgleich der Interessen und der Verteilung der Gelder notwendig. Damit werden eigentlich erst die Chancen für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen ermöglicht.

Dieses Ziel können wir beim GFG 2012 nicht erkennen.

Ich habe es an anderer Stelle schon gesagt: Der Soziallastenansatz wird mit einem Faktor von 15 gewichtet. Nach dem Ergebnis der Anhörung wäre ein Faktor von 7 für die insgesamt anfallenden Sozialkosten kostendeckend gewesen.

Deswegen sage ich: Im GFG fehlt es an der notwendigen Fairness in der Frage der interkommunalen Verteilung von Geldern.

Ich habe eingangs die Frage gestellt: Muss ein GFG auch nachvollziehbar oder – wie wir es heute neumodisch formulieren würden – transparent sein?

Meine Damen und Herren, im GFG wimmelt es nur so von Stellschrauben, Verteilungssystemen, Parametern, Sonderregelungen, Einflussnahmen und vielem anderen mehr. Das führt dazu, dass diejenigen, die ganz konkret davon betroffen sind, das GFG eben nicht mehr nachvollziehen können. Und wer etwas nicht nachvollziehen kann, wird es auch nur schwerlich akzeptieren.