Dabei geht es zum Beispiel um die Frage: Wie sichern wir in der Fläche ein wohnortnahes umfassendes Schulangebot? Dazu haben wir im Schulkonsens und in den Schulgesetzen, lieber Herr Kaiser, bestimmte Parameter festgelegt. Wir waren uns darüber einig, dass es sinnvoll ist, darüber insgesamt zu sprechen. Wenn ich jetzt einen Parameter verändere, hat das Auswirkungen auf ganz viele andere Dinge. Deswegen ist es aus meiner Sicht falsch, jetzt isoliert eine solche Entscheidung zu treffen, ehe man eine Gesamtevaluation der Entwicklung über sechs Jahre – so lange gibt es die neuen Sekundarschulen – durchgeführt hat. Diese Zeit sollten wir uns nehmen.
Ich habe den Schulkonsens so verstanden, dass das, was wir uns da vorgenommen haben, nämlich zum Beispiel die Absenkung der Klassenfrequenzrichtwerte in den Gymnasien, in den bestehenden Gesamtschulen und in den Realschulen von 28 auf 26, eine festgeschriebene Zielsetzung ist, soweit wir dafür demografische Effekte haben. Die erste Stufe setzen wir schon um. Das bindet allein 1.500 Stellen.
Ich habe gedacht, dass für uns – für die drei Parteien, die das unterschrieben haben – die weitere Umsetzung dieses Plans bis 2023 Priorität hat. Wenn Sie da jetzt etwas verändern, mindert das die Möglichkeit, diese prioritären Ziele umzusetzen. Das muss man wissen, wenn man das tut. Deswegen habe ich mich gewundert, dass Sie im Schulausschuss sozusagen leichtfertig diesem Antrag, der ein Problem beschreibt, zugestimmt haben, ohne die Folgen und die Auswirkungen, die eine Zustimmung beinhaltet, zu beachten. Sie haben diese Bedenken – ich sage es etwas salopp – einfach über Bord geworfen. Das war doch unsere Diskussion im Schulausschuss.
Ich fände es richtig, eine Gesamtverständigung im Hinblick auf die Fragen vorzunehmen: Was passiert mit dem Schulsystem? Wo muss man über eine Zweizügigkeit diskutieren? Was ist mit den Teilstandorten? Denn das stellt sich doch im Großen und Ganzen sehr unterschiedlich bzw. sehr differenziert im Land dar. Das möchte ich hier einmal zur Gesamtthematik feststellen.
Frau Ministerin, der Vorteil des Antrages der FDP besteht darin, dass er ein Konzept fordert und allgemein bleibt. Daher kann man die Parameter, die im Schulkonsens vereinbart sind, durchaus auch zum Hintergrund der Überlegungen machen.
Ich habe in meiner Argumentation darauf hingewiesen, dass man – zurückgreifend auf das, was der VBE herausgefunden hat – über die Frage nachdenken muss: Macht es Sinn, bei den Sekundarschulen mit zweizügigen Dependancen zu arbeiten? Oder ist im Einzelnen nicht vielleicht auch darüber nachzudenken, dass man gleich zweizügige Sekundarschulen macht. Das würde den Schulkonsens als solchen nicht infrage stellen, würde aber vielleicht an mancher kommunalpolitischen Klippe erheblich leichter
zu Lösungen führen. Da ist die Chance, wenn man das Bisherige auswertet und entsprechend berücksichtigt.
Daher frage ich: Könnten Sie einer solchen Idee nahekommen, dass man sagt, es gibt den Grund, nachzujustieren, ohne alles infrage zu stellen?
Sehr geehrter Herr Kaiser, ich bin der Meinung, dass es richtig ist, den Zeitpunkt abzuwarten, den wir für eine Gesamtevaluation festgelegt haben, bei der alle Fragen, um die es geht, berücksichtigt werden müssen. Es sollte nicht eine einzelne Frage vorweg schon einmal als gesetzt dargestellt werden.
Nachdenken kann man über alles Mögliche, aber wir müssen doch die anderen fragen. Frau Pieper, Herr Weiß, Frau Beer und Frau Schmitt-Promny haben angesprochen, dass man überlegen muss: Was ist im Lichte von sechs Jahren Auswertung als Reaktion angemessen?
Da ist diese Frage eine von ganz vielen, die mindestens so gewichtig sind wie zu sagen: Man nimmt die Frage heraus, und zu der legt man schon etwas fest, bevor man sich fragt, welche Auswirkungen das auf die andere Zielsetzung des Schulkonsenses hat. – Deswegen halte ich es vor diesem Hintergrund einer Gesamtbetrachtung nicht für zielführend, diesen Antrag vorab zu beschließen.
Er kann in die weiteren Diskussionen einfließen. Dann kann diskutiert werden, ob es vielleicht viel bessere Antworten gibt.
Dann möchte ich Folgendes sagen: Herr Kaiser, Sie haben gesagt, der Schulkonsens habe nicht die Schulform des längeren gemeinsamen Lernens enthalten.
Den Begriff, okay. – Dann bin ich froh, denn ich habe mit Herrn Röttgen am Rande der Bundesversammlung gesprochen. Er findet es immer noch richtig, was wir damals verabredet haben, dass wir nämlich gesagt haben: Die Gesamtschulen sind Teil der Schullandschaft, und die Sekundarschulen sind Teil der Schullandschaft. Diese Entwicklung schauen wir uns an.
Wenn Frau Gebauer beklagt, dass die eine oder andere Sekundarschule nicht überall die gleiche Menge an Anmeldezahlen hat und dass sie das deswegen kritisiert, bitte ich Sie, darauf zu schauen, wie sich die Verbundschulen entwickelt haben. Deren Zahl ist nämlich sehr viel schneller zurückgegangen. Sie haben sich vielfach freiwillig in eine Gesamtschule oder in eine Sekundarschule umgewandelt, weil der Gedanke des längeren gemeinsamen Lernens von den Eltern in Nordrhein-Westfalen sehr gut angenommen wird und weil es richtig ist, die Schulentwicklung in Nordrhein-Westfalen dem Elternwillen folgen zu lassen.
Deswegen kommt es aus meiner Sicht auf eine Gesamtbetrachtung und Weiterentwicklung in der nächsten Legislaturperiode an und nicht auf eine isolierte Entscheidung auf Grundlage dieses FDPAntrags. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Schule und Weiterbildung empfiehlt in Drucksache 16/14023, den Antrag Drucksache 16/13693 abzulehnen. Wir stimmen ab über den Antrag selbst und nicht über die Beschlussempfehlung. Ich darf also fragen, wer dem FDP-Antrag zustimmen möchte. – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der fraktionslose Kollege Stüttgen. Wer enthält sich der Stimme? – Die Piratenfraktion. Damit stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 16/13693 abgelehnt ist.
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Piratenfraktion der bereits auf ihren Auftritt wartenden Frau Kollegin Pieper das Wort. Bitte.
Herr Präsident! Bereits in der Tarifrunde 2015 haben wir zur Problematik der Gehälter der angestellten Lehrerinnen und Lehrer ei
nen Antrag gestellt. Nun laufen wieder Tarifverhandlungen. Wir halten es für notwendig, dass sich auch der Landtag mit dieser Thematik beschäftigt.
Wir hätten den damaligen Antrag im Grunde genommen unverändert einreichen können, denn die Probleme gibt es weiterhin. Es hat sich im Wesentlichen nichts geändert. Dies wurde von der Schutzgemeinschaft angestellter Lehrerinnen und Lehrer in der vergangenen Woche noch einmal dargelegt und war auch in den Zeitungen nachzulesen.
Was ist das Problem? – Rund 20 % der Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen sind keine Beamten. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind das 38.843 laut der amtlichen Schuldaten für das Schuljahr 2015/2016. Mittlerweile ist die Zahl wahrscheinlich noch höher bedingt durch die aktuell zunehmende Einstellung von Seiteneinsteigern, die mangels Staatsexamen nicht verbeamtet werden können.
Frau Schäffer wies heute Morgen im Rahmen der Debatte über Gewalt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst darauf hin, dass wir in NRW keine Beschäftigten erster und zweiter Klasse gebrauchen können. Leider müssen wir feststellen: Genau dies haben wir bei Lehrerinnen und Lehrer zurzeit. Dort gibt es nämlich Beschäftigte erster und zweiter Klasse.
Diese Kolleginnen und Kollegen sehen auf ihren Kontoauszügen weiterhin Monat für Monat deutlich weniger als ihre verbeamteten Tischnachbarn im Lehrerzimmer. Sie erhalten auch erheblich bescheidenere Ruhestandsbezüge. Dabei haben sie genau dieselben Aufgaben. Dies führt zu berechtigtem Unmut in den Schulen, dem endlich ein Ende gesetzt werden muss – gerade in Zeiten, in denen wir über die enorme Belastung der Kolleginnen und Kollegen vor Ort sowie über fehlende Lehrerinnen und Lehrer debattieren.
Gleich werden sicherlich wieder Gründe bemüht, warum dies so ist auch nicht einfach geändert werden kann. Ein Zeichen zu setzen und zu sagen: „Das ist nicht gerecht und darf so nicht bleiben“, ist wichtig für die Betroffenen vor Ort.
Laut SchaLL NRW betragen die Unterschiede bei den Nettogehältern bis zu 500 € monatlich. Zudem erzielen angestellte Lehrerinnen und Lehrer eine bis zu 1.000 € geringere Rente verglichen mit den Pensionen ihrer verbeamteten Kolleginnen und Kollegen.
Da es letztes Mal angesprochen wurde, sage ich: Wir wollen auf keinen Fall Einfluss auf die laufenden Tarifverhandlungen ausüben. Das ist nicht unser Job. Da sollten wir uns auf keinen Fall einmischen. Deshalb werde ich diese Tarifverhandlungen nicht diskutieren oder bewerten; ich habe das gerade gesagt. Ich möchte nur, dass dieser Landtag feststellt, dass
es so nicht weitergehen kann, dass das keine Gerechtigkeit ist, sondern dass etwas unternommen werden muss.
Wir wollen in den Ausschüssen aber einige Fragen klären, falls möglich auch zu den Folgen eines Tarifabschlusses 2017. Es würde mich freuen, wenn am Ende der Beratungen der Landtag einen Beschluss fasst, der ein Zeichen für ein gerechteres Gehalt setzt, auch für die tarifbeschäftigten Lehrerinnen und Lehrer. – Vielen Dank.