Protocol of the Session on February 16, 2017

Nach der Lektüre der Überschrift fällt mir natürlich – wie vielen Kolleginnen und Kollegen wahrscheinlich auch – spontan eine ganze Reihe von Bereichen ein,

in denen eine einheitliche Matrikelnummer Sinn machen könnte. Die BAföG-Ämter fordern sie zum Beispiel, um Hochschulwechsler damit schneller zuordnen zu können. Auch Hochschulstatistiker haben daran ein Interesse, damit sich Studienverläufe besser erklären lassen.

Derlei sinnvolle Ziele werden aber in dem Antrag nicht benannt. Die von der antragstellenden Fraktion aufgeworfenen Problemkreise werden in der Praxis oftmals bereits gelöst. Eine Chipkarte für alles braucht keine landesweite Matrikelnummer. Der Antrag fand deshalb auch bei den Sachverständigen keine Zustimmung.

Datenschutzrechtliche Bedenken sind in dem Expertengespräch ebenfalls massiv erhoben worden.

Das Konstrukt eines landesweiten Vorlesungsverzeichnisses, bei dem sich Studierende die besten Kurse, Seminare und Vorlesungen aller Hochschulen im Rahmen einer fiktiven übergeordneten Studienordnung selbst zusammenstellen, stieß auf wenig Gegenliebe. Das würde unser Hochschulsystem komplett umkrempeln, eine Vielzahl neuer Probleme schaffen und wenig Nutzen stiften.

Das nahezu einhellige Expertenecho lautete: Zu ineffektiv; zu teuer; brauchen wir nicht.

Das haben die Hochschulen in der Anhörung sehr überzeugend dargelegt. Unzählige Systeme müssten aneinander angepasst, synchronisiert und miteinander kompatibel gemacht werden. Das wäre ein enormer Aufwand – auch finanziell.

Eine landesweite Matrikelnummer und insbesondere dieses NRW-weite Vorlesungsverzeichnis machten Investitionen erheblichen Umfangs erforderlich, die angesichts des geringen zusätzlichen Nutzens aus unserer Sicht nicht zu rechtfertigen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, setzen wir das vorhandene Geld lieber klug für Investitionen in die WLAN-Netze, in die digitale Lehre, in Glasfaser oder zur Verbesserung der Betreuungsrelation ein. Wir haben im Bereich der Hochschul- und Wissenschaftslandschaft ja genügend Herausforderungen.

Mit sinnvollen Maßnahmen lässt sich für unsere Studierenden und Wissenschaftler wirklich einiges erreichen. Die CDU-Fantasterei bedeutet jedoch aus unserer Sicht keinen Mehrgewinn. Wir Freien Demokraten stimmen deshalb dem Antrag der CDU auch nicht zu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegen Freimuth. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Dr. Paul.

(Ministerin Svenja Schulze: Jetzt bin ich ein- mal gespannt!)

Vielen Dank. – Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Es ist eigentlich alles gesagt. Ich habe daher für meinen Beitrag heute eine etwas besondere Form gewählt, die sowohl der Jahreszeit als auch dem Antrag angemessen ist. Sie ist vor allem auch Ausdruck gegenüber Herrn Dr. Berger; denn – wie der Spanier sagt – es braucht echt Cojones, um hier so einen Antrag zu stellen.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Da sehen Sie mal!)

Das also ist des Pudels Kern. / Der Kasus macht mich lachen. / Da reiten hinaus der Union ihre Recken / von ihrer schwarzen Burg, das Neuland entdecken. / Voran Ritter Berger von der langen Gestalt, / seine Hände er in die Mähne krallt / von seinem Zossen, den er Rosi nannte. / Und aus Berlin winkt fröhlich Angie, die Tante. / Durch seinen Knappen Sancho Laschet beflankt, / er nun hinaus in das Neuland wankt, / zu kämpfen um das Digital, / doch manches gerät dabei zur Qual.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Hat nun, ach! Philosophie, Wirtschaft und Medizin, / und vielleicht auch Theologie durchaus studiert, mit heißem Bemühn.

(Heiterkeit von Ministerin Svenja Schulze)

Da steht er nun mit der Union im Chor! / Und ist so klug als wie zuvor; / heißt Magister, heißt Doktor gar / und ziehet schon im siebzehnt Jahr / herauf, herab und quer und krumm / den Landtag an der Nase herum – / und sieht, dass wir nichts wissen können! / Das will ihm schier das Herz verbrennen. / Zwar ist er gescheiter als all die Laffen, Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen; / ihn plagen keine Skrupel noch Zweifel, / er fürchtet sich weder vor Schulze noch Teufel. / Dafür ist ihm auch alle Freud entrissen. / Einheitliche Matrikelnummern, das müsst Ihr wissen, / hätt er gern für alle Unis gesehen. / Nun geht er unter mit Fahnen, die wehen; / denn eine Anhörung zeigt es klar und deutlich: / Universalmatrikeln, die passen heut nicht. / Die Computer, diese Rechenmaschinen, / sortieren längst alles – fleißig wie Bienen; / denn die Tabellen und die Datenbanken / können rasch mit Zahlen flanken. / Drum heißt es in der Konsequenz / ohne Bits und Bytes und Konferenz: / Partikeln hier und Matrikeln dort schon / der Antrag muss an ein anderes Örtchen. / Die digitale Revolution ist längst Realität, / die der Kreis der Union leider gar nicht versteht. / Wir rufen „ Servus, goodbye und muh“ zur Digitalkompetenz der CDU.

(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Nun schließ ich das Kapitel der Reimerei / und ende ganz friedlich mit leisem: Auwei!

Ich denke, es ist klar geworden: Wir werden den Antrag ablehnen. – Danke.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Gereimt hat er wohl fein. / Trotz allem, es muss sein: / Die Rede ist vorbei – oh wei, oh wei! / Jetzt spricht die Regierung des Landes geschwind. / Ministerin Schulze hat das Wort. / Das weiß zwar nicht jedes Kind, / aber die Landtagspräsidentin. – Danke schön.

(Beifall von allen Fraktionen und der Regie- rungsbank – Heiterkeit von Ministerin Svenja Schulze)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für eines ist dieser Antrag wirklich gut: Er setzt unglaublich viel kreatives Potenzial frei.

(Zuruf von Dr. Joachim Paul [PIRATEN])

Vielen Dank für diese wunderbaren Reime.

Trotzdem: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen brauchen keine Nachhilfe in Sachen Digitalisierung von der CDU. Sie sollten sich einmal genauer ansehen, was in den Hochschulen in NordrheinWestfalen inzwischen alles schon passiert. Eigentlich könnten Sie das auch schon wissen; denn wir haben im Landeshochschulentwicklungsplan diesen Punkt ganz ausführlich diskutiert und auch gute Ziele für die Hochschulen festgelegt, die wir erreichen wollen.

Übrigens: Wo finden Sie die erste hochschuleigene Cloud nach deutschem Recht? Mit Sciebo natürlich in Nordrhein-Westfalen! Das hat diese Landesregierung auf den Weg gebracht – genauso wie Digitale Hochschule NRW. Das ist ein Zusammenschluss aller Hochschulen in Nordrhein-Westfalen, die sich mit rechtlichen Fragen, mit Forschung und Lehre sowie mit Infrastruktur auseinandersetzen. Auch diese Einrichtung aller Hochschulen in NRW unterstützt die Landesregierung sehr gerne.

Die einheitliche Matrikelnummer, die die CDU uns hier vorschlägt, ist – dazu haben die Sachverständigen schon genügend gesagt – einfach nicht sinnvoll. Das ist nichts, was die Hochschulen weiterbringt. Ich will nur noch einmal zwei Argumente hervorheben, die die Expertinnen und Experten betont haben.

Erstes Argument: So etwas ist nach geltendem Recht überhaupt nicht möglich. Wir müssten die Autonomie der Hochschulen doch sehr deutlich einschränken, um das möglich zu machen. Eine Einschränkung der Hochschulautonomie ist mit dieser Regierung nicht zu machen, sehr geehrte CDU. Was Sie da wollen, ist einfach nicht möglich.

Zweites Argument: Man hat den Eindruck – das wundert mich etwas –, dass die CDU überhaupt nicht mitbekommen hat, was sich inzwischen auf Bundesebene getan hat. Auch auf Drängen von NordrheinWestfalen hat die Bundesregierung im März letzten Jahres das Hochschulstatistikgesetz geändert. Jetzt wird es eine einheitliche Studienverlaufsstatistik für ganz Deutschland geben. Das heißt, dass man anonymisiert verfolgen kann – somit ist auch der Datenschutz gewährleistet –, welchen Studienverlauf die Studierenden gehen, ob sie die Hochschule wechseln, welche Abbrecherquoten wir haben. Das ist alles mit diesem neuen Hochschulstatistikgesetz nun möglich. Die Hochschulen sind im Moment sehr intensiv dabei, die neuen Anforderungen umzusetzen. Insofern gibt es überhaupt keinen Bedarf für eine einheitliche Matrikelnummer.

Ich kann also den Expertinnen und Experten nur zustimmen: Dieser Antrag ist wirklich nicht notwendig und überflüssig. Die Hochschulen in NordrheinWestfalen sind da deutlich weiter. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache an dieser Stelle.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Innovation, Wissenschaft und Forschung empfiehlt in Drucksache 16/14130, den Antrag Drucksache 16/12829 abzulehnen. Deshalb stimmen wir jetzt über den Antrag selbst und nicht etwa über die Beschlussempfehlung ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CDU-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Die SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die Piraten und die FDP. Enthaltungen? – Keine. Mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ist damit der Antrag der CDUFraktion abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe auf:

7 Schließungswelle von Förderschulen stop

pen – Konzept zur Sicherung eines erreichbaren Förderschulangebots entwickeln

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/14008

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/14235

Ich eröffne die Aussprache. Frau Kollegin Gebauer hat für die antragstellende Fraktion der FDP das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Geist der UNKonvention hat die möglichst autonome Lebensgestaltung für Menschen mit Behinderungen zum Ziel. Wer diesen richtigen und großen Anspruch wirklich ernst nimmt, der muss auch Wahlmöglichkeiten sichern. Wer einseitig ein einziges inhaltliches Konzept als allein seligmachend zu erzwingen sucht, der handelt in meinen Augen gegen diesen Geist der UNKonvention.

Wir haben hier unter Rot-Grün und unter dieser Ministerin zurzeit eine beispiellose Schließungswelle von Förderschulen zu verzeichnen. Seit Ihrer Amtsübernahme ist die Zahl der Förderschulen bereits um 200 gesunken, und die Schließungen werden weitergehen, wie auch 35 auslaufende Förderschulen zeigen.

Ja, es ist klar und richtig: Natürlich sinkt im Inklusionsprozess die Zahl der Förderschulen, und auch für Förderschulen – das sage ich ganz deutlich – müssen Mindestgrößen gelten. Aber dieser jetzige Kahlschlag ist unverantwortlich.

(Beifall von Christof Rasche [FDP])

Gerade im ländlichen Raum werden die Entfernungen immer größer. Die Förderschulen werden immer unerreichbarer, und die Wahlrechte für Eltern laufen leer. Um es gleich vorwegzunehmen: Daran ändern auch die Teilstandort- und Verbundregelungen nichts.

Sie, die Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den Grünen, haben frühzeitig deutlich gemacht, dass Sie nur scheinbar die Wahlrechte der Eltern in Nordrhein-Westfalen akzeptieren. Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die mehrfache Aussage einer SPD-Kollegin, dass die Zahl der Förderschulen sogar viel langsamer sinke als erwartet.

Diese Situation sehen Experten allerdings ganz anders. VBE, GEW, lehrer nrw und der Verband Sonderpädagogik haben sich wiederholt kritisch geäußert. Von den Elternverbänden möchte ich gar nicht erst sprechen.