Protocol of the Session on December 14, 2016

dafür mit erheblichen Mehrkosten, aber ohne Mehrwert. Alle nordrhein-westfälischen Landräte lehnen die Einführung einer Beigeordnetenverfassung auf Kreisebene ab, und die CDU-Fraktion schließt sich hier an.

Eine Bemerkung noch zum Rückholrecht des Kreistages: Kreistage haben heute bereits ein Rückholrecht, nur nicht bei Geschäften der laufenden Verwaltung. Das Rückholrecht besteht auch jetzt schon bei Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Wir reden hier über die Angelegenheiten der täglichen Verwaltungsarbeit, und wir reden nicht über spektakuläre Großvorhaben oder dergleichen Dinge. Da kann sich der Kreistag heute schon mit allen Dingen beschäftigen, die er für richtig hält.

Und auch wenn Sie – Herr Dahm hat es vorhin angedeutet – in Ihrem Änderungsantrag vom 9. Dezember das Rückholrecht einschränken, also einen Schritt in die richtige Richtung machen, so geht das in der Summe längst nicht weit genug.

Wir halten es daher bei unserem Fazit mit Prof. Oebbecke, der sagt: Es handelt sich um eine schlechte Gesetzgebung ohne sachlichen Grund.

(Beifall von der CDU)

Das Gesetz zur Stärkung des Kreistages ist ein Eingriff ohne Not in die Aufgaben und Zuständigkeiten der Landräte und Kreistage und gefährdet die Funktion und Arbeit der Kreise. Wir lehnen den Gesetzentwurf daher ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Thönnissen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Krüger.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Frau Thönnissen, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Zunächst einmal sollten Sie sich vor Augen führen: Wir arbeiten weiter an dem Thema „Stärkung der kommunalen Demokratie“. Wir haben in diesem Jahr das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung eingebracht und auch hier verabschiedet.

Wir haben deutlich gemacht, dass wir nicht nur die Arbeitsbedingungen auf der Ebene der kreisfreien Städte und der Gemeindevertretungen der kreisangehörigen Gemeinden in den Räten verbessern wollen, sondern wir haben auch deutlich gemacht, dass wir die Arbeitssituation in den Kreistagen verändern wollen. Es ist überhaupt nicht einzusehen, weshalb die Kreistage wesentlich weniger Rechte haben sollen, als wir sie heute in den kleinsten Gemeinden mit 4.000 oder 5.000 Einwohnern haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Selbstverständlich ist es so – deswegen haben wir in diesem Zusammenhang keine Begeisterungsstürme vonseiten der Landräte erwartet – … Man kann die weibliche Form hier nicht gebrauchen; denn es gibt ja keine Landrätinnen, aber das ist ein anderes Thema.

(André Kuper [CDU]: Doch, Frau Eva Irrgang!)

In Nordrhein-Westfalen? – Danke für die Information. Selbstverständlich ist es so, dass, wenn man in die Kompetenzen der Hauptverwaltungsbeamten eingreift, das nicht unbedingt zur Zufriedenheit der beteiligten Personen ausgeht. Das hat natürlich auch die Anhörung gezeigt.

Wenn wir, wie Christian Dahm ausgeführt hat, die Allzuständigkeit des Kreistages hier noch einmal festschreiben, das Rückholrecht bei Geschäften der laufenden Verwaltung festschreiben, den Kreisausschuss abschaffen, die Bildung eines Hauptausschusses verpflichtend einführen und den Kreistagen die Option einräumen, zum einen Wahlbeigeordnete zu bestellen und zum Zweiten aber auch den Zuschnitt der Dezernate vorzunehmen, dann geht das natürlich mit Macht- und Kompetenzverlusten der Landräte einher. Es mag sein, dass das möglicherweise 20, 30, 40, 50 Jahre lang gut funktioniert hat, aber es spricht nicht dafür, hier Situationen herzustellen, in denen die Kreistage in ihren Rechten schlechter behandelt werden als die Gemeindevertretungen von großen und kleineren Gemeinden, überhaupt nicht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn Sie vor diesem Hintergrund, Frau Thönnissen, von Konflikten sprechen, macht das deutlich, wie Sie zum Thema der kommunalen Selbstverwaltung stehen. Auch in der Anhörung ist deutlich gemacht worden, dass die Landräte in ihrer Weisheit maßgebend

sind. Der Kreistag hat sowieso nicht viel zu sagen. Wir wollen keine Diskussionen, wie man sie möglicherweise in Stadträten erlebt, so mein Eindruck aus der Anhörung.

Schauen Sie sich einmal die Aufgabenbereiche der Kreise an. Vornehmlich handelt es sich um überörtliche Aufgaben. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich einmal die Verbandsversammlungen der beiden Landschaftsverbände anzuschauen. Auch dort werden vornehmlich überörtliche Aufgaben erfüllt. Selbstverständlich haben diese auch Rechte, die mit den Rechten von Ratsvertretern in Gemeindevertretungen vergleichbar sind.

Insofern war es höchste Zeit …

Herr Kollege Krüger, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage, ich vermute, bei Herrn Kollegen Deppe. Ist das richtig? – Ja.

Gerne.

Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Frage zulassen. Ausweislich Ihrer Biografie im Handbuch des Landtags kommen Sie aus einer Großstadt, einer kreisfreien Stadt. Halten Sie es für richtig, jemandem von uns, aus den Kreisen, der seit Jahrzehnten in der Kreispolitik tätig ist, erzählen zu müssen, wie man vernünftige Kreispolitik macht, zumal die Ergebnisse in den Landkreisen in der Regel für die Bevölkerung deutlich positiver ausfallen als in einer Stadt, zum Beispiel in der, aus der Sie kommen?

(Beifall von der CDU)

Sie müssen nicht glauben, dass ich meine Erfahrungen ausschließlich aus meiner Heimatstadt Dortmund, einer kreisfreien Stadt, wie alle wissen, heranziehe. Selbstverständlich haben wir in diesem Zusammenhang mit unseren Vertretern in den Kreistagen selbst eine Vielzahl von Gesprächen geführt; diese haben das übrigens auch eingefordert. Nicht ohne Grund ist das seinerzeit

(Beifall von den GRÜNEN)

zwischen SPD und Grünen so vereinbart worden. Wir haben hier nämlich einen Handlungsbedarf gesehen.

(Zuruf von den GRÜNEN: So ist das!)

Sie machen sich zum Bock der Landräte, wir machen uns zum Anwalt der Kreistage. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Krüger. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Nückel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss auch gestehen: Ich bin Kreisfreier, aber vielleicht kann ich mit dem Hinweis darauf, dass ich bestimmt acht Jahre journalistisch in Kreistagen sitzen musste,

(Minister Rainer Schmeltzer: Musste!)

um anschließend darüber zu berichten, meine Berechtigung unterstreichen, zu diesem Thema reden zu dürfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Gesetz zur Stärkung des Kreistages wird die Kreistage ohne Zweifel politischer machen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Kritiker sagen zwar – Frau Thönnissen hat das gerade unterstrichen –, es bestehe kein Handlungsbedarf, manche gehen sogar so weit, zu sagen: Ist doch alles bewährt, deshalb sollte man auch keinen Buchstaben ändern.

Doch dass die Kreise nun mittlerweile in unseren Breiten auf eine rund 200 Jahre währende Geschichte zurückblicken können, hat vielleicht auch damit zu tun, dass die Kreisordnungen von Reformern immer wieder mal neuen Zeiten angepasst worden sind. Nicht mehr und nicht weniger kann das heute zu Verabschiedende auch sein.

(Beifall von der FDP)

Wir Freien Demokraten haben das Gesetz bereits sehr früh nach Einbringung mit unseren Kommunalpolitikern in den Kreisen, in den Gremien der Vereinigung der liberalen Kommunalpolitiker, diskutiert. Eine große Mehrheit der Teilnehmer in diesen Runden hat das Gesetz positiv gesehen, und deshalb stimmen wir dem Gesetz heute auch zu.

Zweifel vonseiten der kommunalen Spitzenverbände, dass durch dieses Gesetz Verfahrensverzögerungen in den Kreisverwaltungen drohen, wurden, so finden wir, durch den im Kommunalausschuss eingebrachten Änderungsantrag ausgeräumt.

Damit ist auch klargestellt, dass die eröffnete Allzuständigkeit der Kreistage nur dann gilt, wenn Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung betroffen sind. Wenn ein Kreistag Aufgaben an sich ziehen will, die der Landrat bzw. die Kreisverwaltung als untere staatliche Aufsichtsbehörde ausübt, ist das eben nicht möglich, und diese Regelung ist auch richtig so.

Wichtig ist uns: Die Option der Kreistage zur Wahl von Beigeordneten als Wahlbeamte stärkt die Position der Kreistage. Das setzt auch Anreize für Experten aus der Wirtschaft, als Quereinsteiger in die Ver

waltungsspitze gewählt werden zu können. Die Möglichkeit zur Wiederwahl stärkt sicherlich auch insgesamt die Motivation der Beigeordneten.

Die Möglichkeiten der Kreistage werden durch das Gesetz stärker den Möglichkeiten der Räte in den Städten und Gemeinden angeglichen. Das kann auch das kommunalpolitische Engagement in den Kreistagen attraktiver machen. Dieses Ziel unterstützen wir Liberale.

(Beifall von der FDP)

Anders als das kürzlich hier mit den Stimmen von CDU und Grünen beschlossene sogenannte Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, das schon in einigen Teilen eher eine Stärkung der großen Fraktionen darstellte und das die FDP aus diesem Grund auch abgelehnt hat, gibt das heute behandelte Gesetz tatsächlich Anlass zu der Hoffnung, dass die Kreise stärker politisch agieren und damit hoffentlich auch mehr Menschen dafür gewonnen werden können, sich um ein Mandat im Kreistag zu bewerben.

(Beifall von der FDP)

Insgesamt ist das Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung, weil es Kreistage und Stadt- und Gemeinderäte angleicht. Als FDP gehen wir diese Richtung deshalb auch wenige Monate vor der Landtagswahl ohne ideologische Scheu mit. – Ich bedanke mich.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Herrmann.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden vorhandene und fest definierte Rechte des Kreistages ersatzlos abgeschafft. Der Kreisausschuss, eines von drei Organen der bisherigen Kreisordnung, verschwindet einfach. Mit der Einführung von Wahlbeamten, den Beigeordneten, werden bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden Folgekosten in Millionenhöhe erzeugt. Schließlich zahlen diese durch die erhöhten Umlagen die Mehrkosten, die den Kreisen durch die Beigeordneten entstehen.

Warum eine Anpassung der Kreisordnung Nordrhein-Westfalen an die Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen notwendig oder sachlich geboten sei, haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, bisher nicht schlüssig darlegen können. Auch Ihre Ausführungen eben, Herr Dahm, haben nichts dazu beigetragen, warum da eine Notwendigkeit besteht. Zur Begründung wurde an anderer Stelle immer wieder auf Ihren Koalitionsvertrag