Protocol of the Session on December 2, 2016

Wir alle wissen – dafür sind wir auch dankbar –, was in den Kommunen an Integrationsarbeit geleistet wird. Wir wissen, was dort im Bereich der Unterbringung und im Bereich der Erstversorgung geleistet worden ist. Das haben wir alle gemeinsam nur schaffen können, weil die Kommunen und vor allem das Ehrenamt vor Ort so stark waren. Dafür sind wir sehr dankbar.

(Beifall von der FDP und der CDU – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Deswegen ist es auch wichtig, dass die Kommunen für die Integrationsarbeit, die dort vor Ort geleistet wird, jetzt entsprechend ausgestattet werden. Dazu gehört es auch, dass Bundesmittel, die für das Land und die Kommunen vorgesehen sind, dann auch anteilig an die Kommunen weitergegeben werden. Unsere Kritik an Rot-Grün ist, dass das eben nicht passiert.

Ich sage aber auch in Richtung der antragstellenden Fraktion der CDU, dass sie es sich an dieser Stelle zu einfach macht, indem sie sagt: 100 % der Mittel winken wir jetzt an die Kommunen durch. – Denn das ist nicht der eigentliche Sinn dieser Integrationspauschale, die ja für Land und Kommunen gedacht ist.

Wir haben hier ja über den Integrationsplan verhandelt. Wir haben ihn abgelehnt, weil wir uns in wesentlichen Punkten Dinge anders gewünscht haben.

Natürlich ist beispielsweise unsere Kernforderung nach einer erweiterten Schulpflicht für Flüchtlinge bis zu einem Alter von 25 Jahren auch mit Kosten für das Land verbunden. Das können wir nicht negieren.

Deswegen würden wir uns einen überarbeiteten Integrationsplan wünschen, der auch klarer definiert, was die Aufgaben der Kommunen sind und was die Aufgaben des Landes sind, um zukünftig auch dafür zu sorgen, dass die Kommunen auskömmlich alimentiert werden, damit sie die Integrationsarbeit, die ja vor allem vor Ort geschieht, dann auch entsprechend umfassend gestalten können.

Wir haben Ihnen das noch einmal ausführlich in unserem Entschließungsantrag dargelegt.

Bei der Abstimmung über den Antrag der CDU werden wir uns enthalten, weil wir grundsätzlich der Meinung sind, dass natürlich ein Teil dieser Gelder an die Kommunen gehen muss, aber nicht 100 %. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Für die Piratenfraktion hat nun Herr Sommer das Wort.

Einen wunderschönen guten Tag! Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Tribüne und natürlich im Stream! Integration ist wichtig, extrem wichtig. Ich denke, das können wir alle unterschreiben. Integration wird in den Kommunen geleistet. Auch das können wir alle unterschreiben. Sie wird vor Ort geleistet. Es muss entsprechendes Geld dafür vorhanden sein, aber natürlich auch entsprechendes Knowhow.

Kollege Dr. Stamp hat gerade schon den Integrationsplan angesprochen. Auch wir waren mit dem hier vorgelegten Integrationsplan nicht zufrieden und hätten uns da erheblich mehr gewünscht. Demensprechend tun wir uns jetzt schwer damit, zu sagen: Wir möchten diesen Integrationsplan direkt mit der Weiterleitung der Gelder aus dem Bund unterstützen.

Ich denke, dass wir diese Gelder nutzen müssen, um das, was in diesem Integrationsplan fehlt, noch nachzubessern. Das sind Deutschkurse ab dem ersten Tag. Das sind auch Kurse und Integrationsbemühungen für Menschen, die in Ihren Anträgen gar nicht auftauchen. Es geht nämlich nicht nur um anerkannte, sondern auch um geduldete Personen.

Wir haben hier in diesem Land und auch in der gesamten Bundesrepublik geduldete Personen, die teilweise schon Jahrzehnte bei uns leben. Auch diese Menschen verdienen eine Integration. Darum kommen wir nicht herum. Wir können nicht immer so tun, als würden wir sie in den nächsten zwei Tagen abschieben – und dann sind sie doch 20 Jahre bei uns.

Das ist das Gegenteil von Integration. Genau dies fördert Parallelgesellschaften. Es fördert Unzufriedenheit – sowohl bei denjenigen, die wir außen vor lassen, als auch bei denjenigen, die schon immer hier leben.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Dr. Stamp, jetzt komme ich zu Ihrem Antrag. Viele der darin enthaltenen Punkte finde ich extrem unterstützenswert und würde ich direkt so unterschreiben.

Aber die Schulpflicht bis zum Alter von 25 Jahren passt nicht. Wenn wir uns da auf ein Schulrecht einigen könnten, wäre ich sofort dabei. Eine Pflicht macht nämlich vielfach keinen Sinn. Dann müssten wir zumindest Ausnahmen für diejenigen vorsehen, bei denen sie keinen Sinn macht. Sonst müsste beispielsweise ein 23-Jähriger, der vielleicht schon eine Ausbildung absolviert hat und direkt als Kfz-Mechaniker anfangen könnte, hier in die Schule gehen. Da würde die Schulpflicht greifen. Das wollen wir nicht. Ich kann mir eigentlich auch nicht vorstellen, dass Sie das wollen.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Insofern sollten wir uns auf ein Schulrecht einigen. Dann sind wir d’accord.

Dem Antrag der CDU kann ich gar nichts abgewinnen. Selbst wenn Sie jetzt sagen, dass Sie für das Jahr 2016 alles durchleiten wollen, machen Sie für 2017 und 2018 wieder einen Eiertanz; denn dann soll es für jeden Flüchtling pauschal 1.000 € geben.

Mit diesen Pauschalen läuft es nicht so gut. „Pauschal“ ist das, was im technischen „universal“ ist. Es passt nie. – Mit diesen Pauschalen können wir am Anfang arbeiten und sagen: Ihr bekommt einen gewissen Geldbetrag, um eine gewisse Leistung zu bringen. Aber wir müssen das hinterher nachträglich trotzdem noch ordentlich abrechnen. Denn bei jeder Kommune funktioniert die Integration im Detail doch etwas anders – egal was für einen tollen Integrationsplan wir hier auch immer machen.

Dementsprechend macht es keinen Sinn, jetzt zu sagen: Wir leiten einfach mal alles durch, im nächsten Jahr gibt es pro Kopf 1.000 € und im übernächsten Jahr noch einmal 1.000 €. Und wenn die Zahl der Antragsteller bzw. Berechtigten unter 434.000 liegt, geht das alles wieder – und zwar ohne jede Zweckbindung – in den Landeshaushalt. Das steht in Ihrem Antrag, macht aber keinen Sinn. Dementsprechend kann ich meiner Fraktion wirklich nur sagen: Lehnt das ab! Es ist sinnfrei; es ist keine Lösung; das hilft niemandem.

Lassen Sie uns weiter an einem sinnvollen Integrationsplan arbeiten, an den Add-ons, die im aktuellen Integrationsplan fehlen. Das sind folgende Punkte: Qualifikation weiter anpassen; Sprachbarrieren ab dem ersten Tag abbauen; Arbeit ermöglichen – so schnell wie möglich –; Schulrecht und keine Schulpflicht; und lassen Sie uns die Geduldeten dazunehmen und nicht nur diejenigen berücksichtigen, die hier direkt ihre Anerkennung bekommen!

Dann sind wir d’accord. Dann haben wir eine Lösung für die Zukunft, die allen hilft, sowohl den Geflüchteten wie auch den Menschen hier. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Sommer. – Jetzt hat die Landesregierung das Wort. Der Finanzminister, Herr Dr. Walter-Borjans, spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt hier drei Argumentationsstränge: ein absolut realer und nachvollziehbarer; zwei dagegen sind glatt absurd.

Der erste, nachvollziehbare Argumentationsstrang lautet: Ja, unsere Kommunen leisten eine hervorragende Arbeit bei der Aufnahme, der Unterbringung, der Versorgung und auch der Integration von Flüchtlingen.

Unsere Kommunen haben nicht nur durch diese Aufgabe eine enorme finanzielle Belastung, sondern

auch durch viele Gesetze, die in Berlin beschlossen werden und auch die Haushalte in den Kommunen belasten. Ich war selbst Kämmerer einer Stadt und weiß, in welchem Umfang die Kommunen dadurch belastet sind, dass es gesetzliche Vorgaben gibt. Und die kommen im Regelfall nicht aus Düsseldorf, sondern aus Berlin.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU: Vom Land!)

Die Frage ist: Wie ernst nimmt es denn der Bund bzw. der Bundesfinanzminister – den Sie von der Opposition so oft loben – mit seiner Aufgabe? Er sitzt auf seiner Kasse und sagt: „Für mich ist die schwarze Null das Entscheidende, und ihr müsst gucken, wie ihr zurechtkommt!“ – Und alles, was er gibt, gilt als Gnade. – Und wenn man sagt: „Das reicht nicht, weil du dich nicht an den Kosten beteiligst, die ihr mitverursacht habt bzw. die aufgrund von Bundesentscheidungen zustande gekommen sind“, dann ist es die Undankbarkeit der Länder.

Interessanterweise – das wird ja häufig auch berichtet – sind es im Regelfall 16 Länder, die dann ganz unabhängig von der parteipolitischen Färbung sagen: Bund, was du da machst, geht nicht. – Das belastet die Länder in einer Weise, wie sie es nicht tragen können. Und es belastet die Kommunen in einer Weise, wie sie es nicht leisten können.

Für Herrn Schäuble gibt es dann Mitleidsbekundungen. Wenn aber das gleiche Spiel auf der nächsten Ebene passiert, weil die Länder unter Druck kommen und natürlich die Kommunen aller Farben sagen: „Wir brauchen jetzt Hilfe vom Land“, dann ist es nicht Undankbarkeit, sondern auf einmal ein Problem des Landesfinanzministers und nicht ein Problem, das die Kommunen haben. Der Landesfinanzminister ist dann nicht etwa derjenige, mit dem man Mitleid haben muss. Der hat dann angeblich zugeknöpfte Taschen.

An das Problem kann man nicht in der Weise herangehen, dass man versucht, den Landeshaushalt zum Schwamm zu machen, weil der Bundeshaushalt nicht leistet, die Kommunen aber die Lasten haben.

Ich komme jetzt zum Vorwurf, das Bundesgeld werde dann nicht weitergegeben; der Bund leiste ja. – Das ist an Absurdität wirklich nicht zu überbieten.

(Beifall von der SPD)

Wie kann jemand, der 1,8 Milliarden € in seinen Haushalt bekommt und dann 2,8 Millionen € weitergibt, vom Bund etwas zurückbehalten? Das muss mir mal jemand vorrechnen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das Land gibt 160 % dessen, was der Bund leistet, an die Kommunen weiter, und zwar für Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge.

(Beifall von der SPD)

Man sollte, wenn man für die Kommunen mehr verlangt, so ehrlich sein zu sagen: Dann müssen es mehr Landesmittel sein. – Mehr Bundesmittel können es ja nicht sein, weil die ja vollständig weitergegeben werden.

Sie alle kennen – ich habe das schon gesagt – die übergreifende Forderung der Länder nach einer mindestens hälftigen Bundesbeteiligung, und zwar nicht an dem, was der Bund im Mittelmeer macht, sondern in Bezug auf das, was Länder und Kommunen an sachlichen Aufgaben leisten. Das fällt in die finanzielle Verantwortung des Bundes, weil es sich um Aufgaben handelt, die durch internationale Krisen auf unser Land zukommen.

Dazu sagen wir – und nicht nur wir in Nordrhein-Westfalen – ganz klar: Es ist keine Bitte an den Bund, 50 % zu zahlen, sondern das ist ein Angebot. Es ist ein Angebot, dass wir das, was durch internationale Konflikte ausgelöst wird und sich bei uns auswirkt, zur Hälfte mittragen wollen. Und dazu stehen wir auch.

Herr Minister, …

Ich möchte jetzt erst einmal weiterreden.

Im Landeshaushalt stehen für diese Aufgaben 4,6 Milliarden €. Das sind Kosten, die das Land nicht beeinflussen kann, wenn es seine Verantwortung ernst nimmt. Und das tun wir. Die Bundesbeteiligung an diesen Kosten lag im Juni noch bei rund 20 %. Dann hat es zwei Ministerpräsidentenkonferenzen gegeben. Die eine hat beschlossen, was der Bund für die Kommunen gibt. Es versteht sich von selbst, dass das zu 100 % an die Kommunen geht.

Die zweite Ministerpräsidentenkonferenz hat – Sie sollten den Beschluss nicht nur lesen können, sondern auch lesen und verstehen wollen – darüber gesprochen, was der Bund, um ein Stück hin zu diesen 50 % zu kommen, den Ländern gibt. Es steht so im Beschluss; bitte nachlesen! Der Bund schafft es jetzt immerhin – mit dem, was er jetzt spitz abrechnet und an Integrationspauschale an die Länder zu deren Entlastung – wörtliches Zitat – gibt, auf 38 %, aber nicht auf 50 % zu kommen.