Sie wollen ein weiteres konkretes Beispiel, ganz konkret zum Bürokratieabbau und zu Belastungen? Gerne, Herr Minister; ganz konkret! Wir konnten es gestern leider nicht debattieren. Aber ich sage es Ihnen hier so, wie ich es immer wieder gerne sage: Schaffen Sie das Tariftreue- und Vergabegesetz ab.
Nach Angaben dieser Regierung kostet dieses Gesetz die Kommunen 20 Millionen € und mehr sowie die Wirtschaft 20 Millionen € und mehr. Und Sie haben noch nicht einen konkreten positiven Effekt dieses Gesetz nachweisen können. Das Gesetz ist überflüssig. Es belastet. Schaffen Sie es ab.
Sie wollen konkrete Beispiele: Schaffen Sie die Hygieneampel ab. Fast alle Experten haben in der Anhörung deutlich gemacht: Das ist mehr eine Täuschung. Das ist eine ideologische Symbolpolitik. Das führt die Verbraucher in die Irre. Das belastet die Betriebe, gerade die kleinen Betriebe im Handwerk. – Schaffen Sie die Hygieneampel ab. Sie täuscht lediglich Verbrauchersicherheit vor. Weg damit!
Ein weiteres ganz konkretes Beispiel: Sie haben entgegen der fast einhelligen Empfehlung der Experten …
… die Gebühren für Regelkontrollen im Lebensmittelbereich eingeführt. Die Lebensmittelkontrolleure haben gesagt: Das wollen wir nicht; die Gebühren schaden mehr, als sie nützen. – Schaffen Sie sie ab. Es ist eine konkrete Belastung. Das sage ich Ihnen ganz konkret.
Herr Minister, ein letzter Punkt: Sie haben industriepolitische Leitlinien vorgelegt. Sie stellen sie am Montag einer breiten Öffentlichkeit vor – jetzt, kurz vor Ende der Legislaturperiode. – Okay; geschenkt.
Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. – Schauen wir uns die konkreten industriepolitischen Leitlinien an, die der grüne Koalitionspartner in der Infrastruktur, im Luftverkehrsbereich, in allen Bereichen bereits konterkariert. Legen Sie sie dem Kabinett vor. Lassen Sie sie im Kabinett beschließen. Dann werden wir Ihnen hier …
Vielen Dank, Herr Kollege Bombis. – Nur für Ihre persönliche Statistik: Die Überziehung der Redezeit hat jetzt 1:15 Minuten betragen. Natürlich werden alle anderen Fraktionen genauso großzügig behandelt. – Das gilt als Erstes für den ersten Redner der CDU-Fraktion, Herrn Kollegen Wüst.
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Bestandsaufnahme des IW Köln ist ein erneuter Hilferuf der Wirtschaft unseres Landes an die Politik, endlich das Steuer herumzureißen. Der Wirtschaftsminister hat hier vor zwei Tagen – ich will einmal anerkennend sagen: eher pflichtschuldig – die übliche Augenwischerei betrieben: Die Lage sei gut, die Konjunktur sei robust, alles sei in Ordnung, wir seien auf gutem Weg – was man vonseiten der Regierung eben erzählt, wenn man nicht mehr weiterweiß; denn er weiß in Wahrheit viel, viel besser, wie die Lage draußen im Land ist und wie die Lage bei den Menschen ganz konkret ist.
Von 2000 bis 2010 lag das Wirtschaftswachstum 39 % unter dem Bundesschnitt. Dann kam das Nullwachstumsjahr 2015: Platz 16 von 16. Jeder hat es gesehen. Wir haben hier mehrfach darüber diskutiert. Das gilt auch für das erste Halbjahr dieses Jahres. Dann folgte ein im Bundesschnitt 10 % stärkeres Wachstum als hier bei uns in Nordrhein-Westfalen.
Unser Wachstum ist immer noch deutlich hintendran – und das in einem Land, in dem das nicht in Stein gemeißelt ist. In der Zeit von 2005 bis 2010 lag das Wachstum der Wirtschaft Nordrhein-Westfalens 14 % über dem Bundesschnitt. Es geht also. Man muss nicht immer den 50 Jahre währenden Strukturwandel bemühen, um die Defizite von heute zu erklären, wenn man zwischendurch fünf Jahre hatte, in denen es funktioniert hat, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Ganz konkret: Arbeitslosigkeit. Hätten wir in den letzten Jahren eine Entwicklung wie die übrigen Bundesländer gehabt, wäre die Zahl der Arbeitslosen in Nordrhein-Westfalen um 100.000 gesunken. 100.000 Menschen hätten Arbeit, wenn wir uns so entwickelt hätten wie der Rest der Republik.
In den letzten zwei Jahren sind fünf Ruhrgebietsstädte in die Top Ten der Städte mit den schlechtesten Lebensbedingungen in Deutschland aufgestiegen – allein in den letzten zwei Jahren. Ihre Wachstumsschwäche kommt sowohl bei den Menschen – bei den Arbeitslosen; bei denen, die keine Ausbildungsstelle kriegen – als auch bei den Städten und Gemeinden an.
Die Basis für Wachstum ist in arbeitsteiligen Ökonomien eine gut funktionierende Verkehrsinfrastruktur.
Wegen fehlender Planungen haben Sie 80 Millionen € im Jahr 2015 erst gar nicht mehr genommen. Wegen fehlender Planungen haben Sie aus dem Dobrindt-Paket 128 Millionen € bekommen, also nicht einmal ein Viertel dessen, was diesem Land nach Königsteiner Schlüssel zugestanden hätte.
Als hätte ich darum gebeten, hat eben jemand gesagt: „Das ist doch Ihre Schuld gewesen“. Weil Sie immer erzählen: „Da wurde vorher nicht ordentlich gearbeitet; da wurden Stellen abgebaut“, habe Ihnen einmal die Planungsstände zum Bauvolumen bei den Bundesfernstraßen mitgebracht. Unter Rot-Grün gab es da nicht viel. Dann kam Schwarz-Gelb. Als Rot-Grün erneut drankam, ging es wieder runter.
Wie soll vor diesem Hintergrund Ihre Geschichte stimmen? Ihre Geschichte stimmt nicht. Es liegt nicht daran, dass bei Straßen.NRW ein paar Stellen abgebaut wurden, weil in der schwarz-gelben Regierungszeit externe Planer die Arbeit gemacht haben. Damit hat man es geschafft, das Geld so abzurufen wie vorher nicht und nachher auch nicht.
Ich kann Ihnen aber sagen, woran es liegt. Man muss nur in die Protokolle gucken. Da ist zu lesen, dass der grüne Staatssekretär Horst Becker am 5. Mai 2011 gesagt hat, es werde lediglich noch das geplant, was in näherer Zeit umgesetzt werden könne. Der grüne Verkehrspolitiker, der Kollege Klocke, legt nach, es gebe keine Notwendigkeit für weitere Planung.
Dann kam das Geld vom Bund. Und jetzt stehen Sie da wie die begossenen Pudel und nehmen bei 400 km Stau an einem normalen Novembermorgen Zigtausend Menschen in Geiselhaft für Ihre vermurkste Verkehrspolitik, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Sie hatten schlicht keine Lust. Nun ist das mit der Lust ja so eine Sache. Manchmal nützt ein bisschen Motivationstraining, manchmal ein freundlicher Tritt in den Hintern. Viel schlimmer als „keine Lust“ ist: keine Ideen.
Nordrhein-Westfalen gibt 25 Millionen € aus den GRW-Mitteln an den Bund zurück. Zusammen mit der Kofinanzierung wären das 50 Millionen €, die man in die Wirtschaftsförderung des Landes stecken
könnte. Damit könnte man zum Beispiel Breitbandanschlüsse in Gewerbegebieten unterstützen. Hier verzichten Sie auf 50 Millionen € für mehr Wachstum, mehr Wohlstand und mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze.
Das hat uns interessiert. Wir haben das Wirtschaftsministerium bzw. die Landesregierung um Auskunft gebeten. Die erste Antwort war, mit Blick auf den Haushalt könne man die Kofinanzierung nicht gewährleisten. Nun bin ich mit der festen Maxime aufgewachsen, dass Armut keine Schande ist. Aber in der Politik ist Armut Ausweis fehlender Prioritäten.
Noch schlimmer ist aber die zweite Antwort. Sie lautete, es gebe keine Ideen, was man mit den zusätzlichen Mitteln der Wirtschaftsförderung machen könne. Bei Nullwachstum keine Ideen zu haben, wie es besser wird, ist eine Bankrotterklärung der Wirtschaftspolitik in diesem Land, meine Damen und Herren.
Wenn man keine Ideen hat, wie man die Wirtschaft stimulieren kann, dann könnte man wenigstens zusätzliche Belastungen zurücknehmen. Höchste Steuern bei niedrigstem Wachstum? Das ist nicht schlüssig. Das kapiert jeder.
„Weg mit den höchsten Gewerbesteuersätzen und der automatischen Gewerbesteuererhöhung“ wäre also ein Baustein.
„Weg mit den zusätzlichen Auflagen durch das Tariftreue- und Vergabegesetz“ wäre ein weiterer Baustein.
Der Kollege Bombis hat die Hygieneampel schon genannt. Wie sinnvoll ist denn ein Gesetz, in dem bürokratische Dokumentationsmängel höher bewertet werden als über den Tisch der Bäckerei laufende Mäuse, verehrte Kolleginnen und Kollegen?
Ein Landesentwicklungsplan, der den Namen nicht verdient, weil er kein Entwicklungsplan, sondern ein Verhinderungsplan ist, wird hier noch zu diskutieren sein.
Am Ende bleibt: lustlos in der Verkehrspolitik, ideenlos in der Wirtschaftspolitik und daher erfolglos zum Schaden der Menschen in unserem Land. Das muss aufhören, verehrte Damen und Herren.