Protocol of the Session on December 1, 2016

Wir mahnen und warnen hier seit Jahren, endlich maximal konsequent mit allen Mitteln des Rechtsstaats gegen radikalen Islamismus vorzugehen. Aber in der Umsetzung geschieht bislang weiterhin zu wenig.

(Beifall von Angela Freimuth [FDP])

Nehmen Sie die Einbrüche! Nehmen Sie die Geldautomatensprengungen – auch eine Never-EndingStory! Auch hier haben wir enorme Steigerungen bei geringer Aufklärungsquote. Anwohner von Geldautomaten müssen mittlerweile sogar um Leib und Leben fürchten, wie jüngst der Vorfall bei einer Sprengung eines Automaten an einer Tankstelle gezeigt hat.

Oder nehmen Sie die unerträgliche Situation im Hambacher Forst! Erst gestern wieder gab es dort brutale Angriffe auf Mitarbeiter.

(Zuruf: Unsäglich!)

Ich frage Sie: Hat das Land den systematischen Gewalteskalationen von radikalen und brutalen Berufsdemonstranten wirklich nichts entgegenzusetzen? Wie lange wollen wir da eigentlich noch zuschauen?

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Oder zum Thema „Gewalt gegen Polizeibeamte und Rettungskräfte“: Jahrelang haben Sie hier nichts gemacht. Immer wieder haben wir Gegenmaßnahmen angemahnt.

Das zum Schluss: Da hilft auch keine Woche des Respekts quasi kurz vor knapp, kurz vor der Wahl. Seit drei Jahren war die Woche des Respekts angekündigt. Jetzt hat sich die Landesregierung endlich bewegt. Aber leider ist das Ganze zudem mit massiven Übergriffen gegen Beamte in Düren und Krefeld gestartet.

Meine Damen und Herren, wir brauchen Respekt und Rückhalt für unsere Beamten, aber nicht nur eine Woche kurz vor der Wahl. Wir brauchen 52 Wochen des Respekts im Jahr. Wir brauchen 52 Wochen Unterstützung für unsere Beamten im Jahr.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir brauchen jedes Jahr 52 Wochen mehr Sicherheit in Nordrhein-Westfalen. Und all das haben Sie die letzten Jahre verschlafen. Deswegen kommen viele der zum Teil auch richtigen Maßnahmen leider erst mit diesem Haushalt und damit sehr deutlich zu spät. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Lürbke. – Für die grüne Fraktion spricht Frau Schäffer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lürbke, Sie werfen uns vor, Politik im Hinblick auf die Wahl zu machen. – Was war denn die Rede von Ihnen oder die von Herrn Kruse? – Wahlkampf pur! Sie zeichnen Zerrbilder über Einbruchskriminalität, über Salafismus. Sie werfen uns Untätigkeit im Hambacher Forst vor.

Herr Lürbke, waren Sie eigentlich schon mal im Hambacher Forst? Haben Sie schon mal mit den Kollegen von der Aachener Polizei gesprochen? Wir haben dort Anfang des Jahres eine Ermittlungskommission eingerichtet. Auch die Gesamtzuständigkeit liegt mittlerweile beim PP Aachen. Uns Untätigkeit vorzuwerfen und Zerrbilder über die innere Sicherheit zu zeichnen, finde ich unverantwortlich und unhaltbar.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Uns vorzuwerfen, wir wären verantwortlich für bundesweite, zum Teil auch internationale Entwicklungen wie den gewaltbereiten Salafismus, das finde ich absolut unredlich. Das ist faktenfrei. Ich finde es unmöglich, dass Sie solche Zerrbilder zeichnen. Es wäre besser gewesen, Sie hätten zum Haushalt geredet und keine Wahlkampfrede gehalten.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will mich im Weiteren an den Einzelplan 03 halten, in den ich direkt mit der Polizei einsteigen will. Da wird deutlich: Wir investieren in die Sicherheit des

Landes Nordrhein-Westfalen, und zwar erhöhen wir wieder die Einstellungsermächtigung für die Kommissaranwärterinnen und -anwärter auf ein Rekordhoch von 2.000 Stellen.

(Zuruf von Andreas Bialas [SPD])

Wir haben die Stellen kontinuierlich erhöht. Ihre Zahl lag im Jahr 2010 in einem schwarz-gelben Haushalt noch bei 1.100. Wir sind mittlerweile bei 2.000. Wir haben die Einstellungszahlen von Anfang an kontinuierlich erhöht und eben nicht erst zum Ende der Legislaturperiode.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Angesichts der angespannten Sicherheitslage legen wir noch mal eine Schippe drauf. Das kann man so offen sagen: Angesichts des internationalen Terrorismus haben wir eine veränderte Sicherheitslage, auf die wir reagieren.

Durch neue Herausforderungen haben wir eine Arbeitsverdichtung bei der Polizei. Auch der Demografiefaktor spielt bei der Polizei wegen der vielen anstehenden Pensionierungen eine Rolle. Deshalb ist es richtig, dass wir die Polizei stärken. In der Ergänzungsvorlage legen wir mit der Verstärkung im Bereich „Cybercrime“ noch mal was drauf. Das sind genau die richtigen Antworten auf die Herausforderung, vor der die Polizei momentan steht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch im Bereich des Verfassungsschutzes legen wir beim Personal noch einmal drauf. Gerade wir Grüne haben immer gesagt: Wir wollen die Sicherheitsbehörden personell so ausstatten, dass sie ihre Arbeit gut machen können. Wir wollen sie personell gut ausstatten, anstatt den Sicherheitsbehörden immer wieder neue Befugnisse zu geben. – Das tun wir hier. Ich finde, dass dies angesichts der massiven Zunahme rassistischer und rechtsextremer Gewalt in unserem Land, angesichts des Zulaufs zur verfassungsfeindlichen salafistischen Szene und angesichts der besorgniserregenden sprunghaften Zunahme linker Gewalt und linker Straftaten im letzten Jahr die richtige Antwort ist, die wir hier geben.

Die FDP behauptet ja immer wieder, dass „Wegweiser“ unterfinanziert sei. Die CDU hingegen würde das Beratungsprojekt „Wegweiser“ am liebsten direkt abschaffen.

(Zuruf von Theo Kruse [CDU])

Ich will noch einmal sagen, dass wir in NordrheinWestfalen „Wegweiser“ gut ausstatten. Zum Glück ist durch die Veröffentlichung des Innenministeriums erstmals öffentlich geworden, wie viel wir eigentlich in „Wegweiser“ stecken. Wenn man sich die Zahlen für den Verfassungsschutz einmal anschaut – für die Angelegenheiten des Verfassungsschutzes sind 4,12 Millionen € veranschlagt und für „Wegweiser“ 4,57 Millionen €, also für „Wegweiser“ sogar mehr als

für den Verfassungsschutz –, dann kann man nicht davon sprechen, dass „Wegweiser“ unterfinanziert wäre. Im Gegenteil: Wir werden „Wegweiser“ weiter ausbauen und das Personal in den Beratungsstellen aufstocken. Das ist auch gut so.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber es sorgen ja nicht nur Polizei und Verfassungsschutz in unserem Land für Sicherheit, sondern es sind auch die über 120.000 Angehörigen der Berufsfeuerwehren und der freiwilligen Feuerwehren in unserem Land. Für diese Arbeit gebühren ihnen unsere Anerkennung und unser Respekt.

Im Jahr 2017 wird das Projekt „Feuerwehrensache“ in die letzte Phase, in das letzte Jahr gehen. Wir haben dann insgesamt 5 Millionen € für „Feuerwehrensache“ ausgegeben. Ich finde, dass es nach wie vor ein gutes Projekt ist. Ich war bei vielen Veranstaltungen und habe leider die Kollegen von CDU und FDP bei jeder Veranstaltung, bei der ich war, vermisst. Ich glaube, Sie waren auf keiner dieser Veranstaltungen.

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Ganz ge- nau! – Marc Lürbke [FDP]: Auf den Veranstal- tungen, auf denen ich war, waren Sie auch nicht!)

Das finde ich schade; denn ich bin der Meinung, dass wir die Freiwilligen in den Feuerwehren mehr unterstützen müssen. Deshalb haben wir auch noch einmal einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt, weil wir die Freiwilligen bei den Feuerwehren brauchen. Das erkennen wir auch an.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir brauchen aber auch das Ehrenamt in der Flüchtlingshilfe. Die Finanzierung der Unterbringung und der Versorgung der Flüchtlinge ist ja auch in diesem Jahr wieder ein großer Bereich im Einzelplan 03. Für uns ist klar, dass wir für die Flüchtlinge mehr brauchen als nur ein Dach über dem Kopf. Daher unterstützen wir die Geflüchteten in den Landeseinrichtungen und vor Ort durch Beratungsangebote. Wir stärken insbesondere schutzbedürftige und traumatisierte Flüchtlinge durch ein Netz aus psychosozialen Behandlungszentren. Hierfür nehmen wir durch einen Änderungsantrag der Fraktion noch einmal 5 Millionen € zusätzlich in die Hand. Wir erhöhen den Gesamtetat in diesem Bereich auf über 42 Millionen €. Auch das ist eine gute Sache und ein richtiges und wichtiges Anliegen.

(Beifall von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE] und Monika Düker [GRÜNE])

Auch den Bereich des E-Governments bringen wir in Nordrhein-Westfalen voran. Wir schaffen Bürgernähe, Transparenz und mehr Beteiligung. Wir haben für die Umsetzung des E-Government-Gesetzes Geld und Stellen eingeplant. Im Einzelplan des In

nenministeriums sind es knapp 25 Millionen € zusätzlich an Sachmitteln. Durch die Ergänzungsvorlage werden 51 neue Stellen geschaffen. Wir werden auch die Kommunen durch einen Änderungsantrag zur dritten Lesung weiter unterstützen. Damit werden wir unser Versprechen einlösen und konkrete Unterstützungsleistungen für die Kommunen auf den Weg bringen.

Ich finde, dass alle von mir vorgetragenen Punkte gut und wichtig sind. Wir als grüne Fraktion unterstützen natürlich den Einzelplan 03 im Haushalt 2017 und werden ihm zustimmen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Kollege Herrmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! So viel „Cyber“ war noch nie. Ganze 27 Mal taucht das Wort in der Ergänzungsvorlage zum Haushalt auf. Viele Millionen Euro werden dafür verpulvert. Wofür genau? Da hüllt sich die Landesregierung in Schweigen. Zu unseren Fragen nach dem Konzept gab es nur die üblichen Antworten: Darknet, allgemeine Gefahrenlage – nichts Konkretes.

Konkret war dagegen das Routerproblem der Telekom vom Wochenende. Dazu diskutieren wir hier im Landtag seit September dieses Jahres den Antrag der Piratenfraktion „Digitale Gefahrenabwehr – Sicherheitslücken entdecken und schließen“. Sicherheitslücken müssen in der Tat geschlossen werden, damit sie nicht von Geheimdiensten oder Crackern weiter genutzt werden können. Das wäre etwas, für das Sie Geld ausgeben sollten, nein, sogar müssen. Aber ich bin relativ sicher, dass unser Antrag abgelehnt werden wird. So wird das nichts mit der „Cybersicherheit“. Mehr Geld für „Cyberüberwachung“, wie hier im Haushalt aufgeführt, ist die falsche Antwort.

Weitere Maßnahmen, die hier im Haushalt finanziert werden, wie der Ausbau der Videoüberwachung bieten ebenfalls keine Lösung, weil sie keinerlei nachweisbaren Effekt auf die Aufklärung von Straftaten oder die Verurteilung von Tätern haben.

Ich dachte eigentlich, es könnte nicht schlimmer kommen. Aber als ich gestern die Berichterstattung von der Innenministerkonferenz gesehen habe, war klar: Doch, es geht immer noch ein bisschen mehr. Die ganze Konferenz war offensichtlich im Überwachungsrausch.

So fügen sich dann tatsächlich die „Cyber“-Puzzlestückchen hier im Haushalt zu einem Bild zusam

men: deutschlandweite zentralisierte Datensammlungen und Abfragemöglichkeiten für Polizei und Verfassungsschutz. Was ist schon das Trennungsgebot im Zeichen der ständigen Bedrohung? Wieder erfolgt eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung: jetzt auch WhatsApp und Skype. Hat Ihnen niemand gesagt, dass Sie dafür den Netzverkehr analysieren müssen? Wir kriegen dann also Deep Packet Inspection per Gesetz. Danke an die Herren Überwachungsminister!