Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kruse, nicht nur die Redezeit war abgelaufen, sondern ich glaube, auch die Amtszeit der CDU als Opposition in diesem Lande ist aufgrund dieser Müdigkeit Ihres Beitrages schon lange abgelaufen. Das wollen wir hier mal deutlich sagen.
Nicht nur dass Sie eine alte, zu anderen Haushalten vorgetragene Rede wiederverwenden – das fände ich persönlich ja schon unangenehm –: Sie schaffen es auch noch, tatsächlich zu manchen Themen vermeintliche Aussagen der Regierungsfraktionen hinzuzufügen und diese Aussagen falsch darzustellen.
Wenn Ihnen das Thema „Kennzeichnungspflicht“ so wichtig ist: Betroffen sind 5 % der eingesetzten Beamten in Nordrhein-Westfalen. 95 % tragen bereits Namensschilder, Kennzeichnungen oder Dienstausweise. Wenn das für Sie der Untergang des Abendlandes ist, werden wir das überleben.
Unsere Maßnahmen, die Sie ja durchaus gut finden, aber jetzt nicht ordnungsgemäß gelobt haben, nämlich den Einsatz von Bodycams, den Ausbau der Videoüberwachung, die Frage des Schmerzensgeldanspruches und der Strafverschärfung, haben wir in Ihren Vorschlägen abgelehnt, weil die nicht zielführend waren.
So umgesetzt – wenn man der Innenpolitik besser folgen würde, wüsste man das, Frau Kollegin –, wie wir es jetzt vorhaben, sind die Maßnahmen richtig. Beim Schmerzensgeld zum Beispiel nehmen wir die Tarifbeschäftigten mit. Die waren Ihnen nämlich ziemlich wurscht.
Aber meine Redezeit ist mir viel zu schade dafür, mich am Wortbeitrag des Kollegen Kruse abzuarbeiten. Denn der von uns hier zu beratende Haushalt 2017 hat mit fast 8,3 Milliarden € nicht nur eine große Investitionssumme, sondern ausnahmsweise, glaube ich,
freuen sich über diesen Einzelplan 03 mal alle in diesem Land. Warum, werde ich Ihnen gerne erklären.
Wir haben 138 Millionen € mehr beim Personal, davon allein 77 Millionen € mehr bei der Polizei. Wir haben 967 neue Planstellen, davon 822 bei der Polizei und 35 beim Verfassungsschutz. Mit unseren 2.000 Neueinstellungen bei der Polizei, festgeschrieben bis 2023, stellen wir fünfmal so viele Polizeianwärterinnen und -anwärter ein, als es Ihnen in Ihrer Regierungszeit gelungen ist. Das ist mal eine Art, wie man innere Sicherheit in diesem Land stärkt.
Nordrhein-Westfalen ist – weil ja immer gerne der Vergleich herbeigezogen wird – Spitzenreiter bei der Ausbildung von Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärtern. Im Vergleich sowohl zu allen anderen Ländern als auch zum Bund ist das ein Maßstab für innere Sicherheit.
In dieser Botschaft von der Verstärkung des Haushalts 2017 ist die Ergänzungsvorlage noch gar nicht enthalten, denn mit der Ergänzungsvorlage nehmen wir weitere 53 Millionen € in die Hand. Das sind 236 weitere Stellen für die Bekämpfung von Cybercrime, für IT/Terrorabwehr und auch zur Umsetzung des E-Government-Gesetzes.
Diese Maßnahmen sind so vorbildlich und begrüßenswert, meine Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen, dass es Ihnen weder im Innenausschuss noch im Haushalts- und Finanzausschuss und im Unterausschuss Personal gelungen ist, das irgendwie zu kritisieren. Da haben Sie nur herumgemäkelt, anstatt einfach zu sagen: Das ist eine gute Maßnahme! Wir stimmen dieser Ergänzungsvorlage zu! – Das hätte Ihnen gut angestanden, um die Gemeinsamkeit, die Sie beschwören, Herr Kollege Kruse, den Menschen in Nordrhein-Westfalen einmal deutlich zu machen. Wir stehen zu diesen Stärkungen der inneren Sicherheit. Diese sind der richtige Weg nicht nur für das Jahr 2017.
Im Übrigen stärken wir mit den vorgenannten Stellen und dem Geld nicht nur das Personal, sondern nehmen auch 55 Millionen € mehr für sächliche und investive Ausstattungen bei der Polizei in die Hand.
Ich könnte Ihnen im gleichen Maße und auch mit der gleichen deutlichen Botschaft etwas zur Verteilung der FlüAG-Mittel, zu Investitionen im Asyl-Kapitel für freiwillige Rückkehr oder auch zu den 9,5 Millionen € zur Verstärkung der sozialen Beratung von Flüchtlingen erzählen. Aber man kann es sich einfach machen:
Was diese Regierung, dieser zu Recht gelobte Minister und diese Regierungsfraktionen für die innere Sicherheit in unserem Land und im Einzelplan 03 bewegen, das war gut, das ist gut, und das wird auch
Bei der Frage der Stärkung des CIO in Verbindung mit dem E-Government-Gesetz komme ich zu den Änderungsanträgen und gleich auch gerne zu Ihrem Änderungsantrag, den ich ja noch nicht kenne, Herr Kollege Kruse.
Wir als Regierungsfraktionen werden mit einem Änderungsantrag zu zwei Punkten eine Verstärkung herbeiführen, indem wir weitere 500.000 € – zu drei mal 2 Millionen – im Bereich E-Government-Gesetz zur Verfügung stellen, um gerade kleine Kommunen auf ihrem Weg zu unterstützen, die E-Akte, das E-Government, die Modernisierung ihrer ITStruktur für die Bürgerinnen und Bürger umzusetzen. Das wissen Sie schon aus unserem Entschließungsantrag zum E-Government-Gesetz. Das ist eine wichtige Unterstützung, die wir mit Geld unterlegen.
Der zweite Punkt – das hat mich wirklich erstaunt –: Kollege Kruse, kaum, dass wir über einen Änderungsantrag 1,8 Millionen € zum Thema „Feuerwehr“ in die Hand nehmen – wir stellen jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt auf Antrag einen Mannschaftswagen mit Werbematerial fürs Ehrenamt, für Kinder- und Jugendfeuerwehren, für die Feuerwehr im Allgemeinen zur Verfügung –, kaum, dass diese Botschaft bei Ihnen angekommen ist, dass die Regierungsfraktionen neben vielen anderen Maßnahmen, die wir schon gemacht haben, vor Ort die Feuerwehren unterstützen, fordern Sie einfach das Zehnfache – ich kenne Ihren Antrag noch nicht –: 20 Millionen statt 2 Millionen mehr! Jede Feuerwehr in jeder Stadt bekommt 50.000! – Das ist ja offensichtlich Ihr Verlangen für die nächste Woche.
Und dankbarerweise haben Sie gerade gesagt, Sie wollten die Pauschale erhöhen. – Ich will den Feuerwehren hier im Land erklären, was das bedeutet. Das bedeutet, dass, falls Ihr Antrag durchkäme, 20 Millionen € mehr verteilt würden – über die Pauschale. Dann müssten Sie erst einmal festschreiben, dass die Gelder nicht nach einem Schlüssel, sondern nach dem Motto, 50.000 pro Feuerwehr und Stadt, verteilt werden. Dabei wünsche ich Ihnen viel Spaß. Außerdem geht das Geld als pauschale Zuweisung ohne Zweckbindung an die Kommunen. In Städten, die um ihre Haushalte kämpfen, werden diese 50.000 € überall ankommen, nur nicht bei der Feuerwehr.
Da freue ich mich über unsere Mannschaftswagen. Denn einen solchen Mannschaftswagen, den kann man anfassen. Da kann man sich reinsetzen. Den kann man fahren. Und hinten auf den acht Plätzen sitzen acht Kinder und Jugendliche und sagen: Das ist mal eine Stärkung der Arbeit vor Ort. – Ich betone übrigens ausdrücklich, weil Sie das ja schon vor Ort
erzählen: Unsere 1,8 Millionen € für die Stärkung der Feuerwehr kommen nicht aus der Feuerschutzsteuer, sondern es wird frisches neues Geld sein, dass wir extra für diesen Zweck zur Verfügung stellen.
Ich habe bereits ausgeführt, dass sich alle über den Einzelplan 03 freuen. Da will ich zumindest auf einen Umstand hinweisen, der gerne untergeht. Ausnahmsweise – trotz dieser vielen Verstärkungen im dreistelligen Millionenbereich – freuen sich sogar die Haushaltspolitiker über den Einzelplan 03, denn im Verhältnis zu diesem Jahr geben wir im kommenden Jahr 550 Millionen € weniger aus. Ich sage mal so: Das ist die eierlegende Wollmilchsau. Deswegen werden Sie Verständnis haben, dass wir mit Begeisterung und Freude, aber auch mit Respekt vor der anstehenden Verantwortung und den Aufgaben auf dem Feld der inneren Sicherheit dem Einzelplan 03 in den weiteren Beratungen zustimmen werden. – Besten Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Stotko, gestatten Sie mir den Kommentar: Ich würde mich mit dieser Lobhudelei nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, denn zur Wahrheit gehört doch – insofern verwundert das ein wenig –: In den Nachtragshaushalten und in diesem Haushalt 2017 ist plötzlich all das möglich geworden, was von SPD und Grünen die letzten Jahre immer pauschal verweigert worden ist. Das gehört doch zur Wahrheit dazu!
Da kommen jetzt drei Dinge zusammen, nämlich ein schlimmes Ereignis wie die Vorkommnisse in der Silvesternacht – das bei anhaltend schlechter Presse – und dann zufällig das Wahljahr 2017. Plötzlich geht all das, was bisher mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt worden ist. Das zeigt doch, dass man bisher einfach nicht wollte, obwohl es sehr wohl gegangen wäre.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier muss man nach den Motiven fragen. Geht es Ihnen in der Sache wirklich um mehr Sicherheit für die Bürger, um besseren Schutz für unsere Beamten oder um eine bessere Stimmung im Wahljahr 2017? – Mein Fazit zu diesem Haushaltsentwurf gleich zu Beginn: viele gute Ansätze, aber schlechte Motive, die dahinterstecken.
Anstatt all Ihre Energie dafür einzusetzen, durch die Umsetzung des Demografieberichts endlich eine Entlastung der Polizei von Aufgaben herbeizuführen und wirksam den Schutz unserer Polizeibeamtinnen
und Polizeibeamten zu verbessern, wird lieber die Kennzeichnungspflicht eingeführt. Herr Kollege Kruse hat gerade darauf verwiesen. Das zeigt durchaus Ihre merkwürdige Prioritätensetzung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben selbst am 13. Januar dieses Jahres nach den Silvesterereignissen die Devise ausgelobt: Wo Vertrauen verloren gegangen ist, müssen wir es zurückgewinnen.
Deswegen will ich deutlich sagen: Wir erwarten als FDP-Fraktion – das erwarte ich auch ganz persönlich von Ihnen, obwohl ich mitunter regelmäßig enttäuscht werde – dennoch, dass ein Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen sein Amt besonders sensibel und gründlich ausübt und stets den Überblick hat, was in seinen nachgeordneten Behörden in zentralen Thematiken geschieht. Aber gerade das erfolgt doch offenbar mangels nachhaltiger eigener Fach- und Dienstaufsicht bis heute nur unzureichend.
Ihr Job wäre es, Kriminalität zu bekämpfen. Aber Ihnen gelingt oftmals kaum der Kampf gegen die eigenen Zahlen und Statistiken. Zuletzt haben Sie sich doch in einer ganzen Serie von falschen Zahlen verheddert: von offenbar frisierten Kriminalitätsstatistiken bis hin zu geschönten Bilanzen im Zusammenhang mit dem Blitzmarathon.
Noch letzte Woche lieferten Sie mir, Herr Minister, falsche Zahlen zu den Verfahren betreffend die Silvesterübergriffe und korrigierten diese erst auf kritische Nachfrage von Medien. Die Korrektur erfolgte – wohlgemerkt – auch über die Medien. Dass Ihnen schon bei diesem zentralen Thema der Überblick fehlt, ist bezeichnend.
Bezeichnend finde ich auch das Demokratieverständnis gegenüber dem Parlament, wenn Fragen von Abgeordneten falsch beantwortet werden und die Richtigstellung nur über die Presse erfolgt, anstatt dies auch dem Abgeordneten zukommen zu lassen. Das hätte ich mir gewünscht. – Sie schütteln mit dem Kopf.
Aber es passt ins Bild und reiht sich in eine Serie von Pannen und Offenbarungseiden ein, die belegen, dass wir in Nordrhein-Westfalen einen Innenminister haben, der offenbar das Prinzip der „blinden Führung“ auch bei sich selbst praktiziert.
Ein paar Beispiele – wir haben ja einiges abgefragt –: Sie können als Innenministerium noch nicht einmal sagen, wie viele Polizeibeamte aktuell für den Dienst in den Kreispolizeibehörden zur Verfügung stehen. Ihr eigener Experte, Herr Weibler, war darüber sichtlich schockiert.
Dann haben wir gefragt: Wie viele Schwerpunkteinsätze gibt es eigentlich gegen Einbrecher in Nordrhein-Westfalen? – Ihre Antwort: Wir haben keine Ahnung, keinen Überblick.
Zum Einbruchsradar: Sie haben gar keinen Überblick über die Wirksamkeit bzw. darüber, wie viele Bürger auf die entsprechenden Internetseiten der Polizei zugreifen.
Wir haben nachgefragt, wie viele Verfahren gegen illegal trotz Passentzugs ausgereiste Islamisten durchgeführt wurden. – Ihre Antwort: Wir haben keine Ahnung.
Wir haben gefragt, welche koordinierten Maßnahmen es nach den Anschlägen von Paris und Brüssel mit der Bundespolizei auf den Zufahrtsstraßen nach Nordrhein-Westfalen gab. – Die erschreckende Antwort: gar keine.
Aber wenn es nur das wäre! Auch da hat Herr Kruse schon einige Beispiele genannt. Nehmen wir nur die ganzen innenpolitischen Baustellen! Ihre Bilanz ist doch verheerend: die Zahl der Rocker seit 2010 vervierfacht, die Zahl der Salafisten versechsfacht. Nordrhein-Westfalen mutiert zur Islamisten- und Salafistenhochburg.
Wir mahnen und warnen hier seit Jahren, endlich maximal konsequent mit allen Mitteln des Rechtsstaats gegen radikalen Islamismus vorzugehen. Aber in der Umsetzung geschieht bislang weiterhin zu wenig.