Das ist aber nur unzureichend möglich, da die reellen Mittelausgaben der Hochschulen eben nicht abgebildet werden. Hinzu kommen wettbewerbsorientierte, leistungsorientierte Mittelvergaben, die die Hochschulen noch zusätzlich unter Druck setzen und Gewinner und Verlierer produzieren. Das wurde uns damals von vielen Seiten bestätigt. Passiert ist nichts.
Auch wurde im gleichen Antrag eine Vereinheitlichung bzw. eine sinnvolle Zusammenfassung der vielschichtigen Berichte der Hochschulen angeregt. Passiert ist auch da nichts, obwohl die Hochschulen dieses ebenfalls für sinnvoll erachtet haben.
Die Landesregierung – ich muss es noch einmal sagen, mache allerdings keinen Rap daraus – ist halbherzig und mutlos. Nehmen wir das sogenannte Hochschulzukunftsgesetz. Man könnte abschweifen und die politische Sprache kritisieren: Was für eine erbärmliche Tautologie! Hochschule hat immer mit Zukunft zu tun. Für Schwarz-Gelb gilt dasselbe: Hochschule hat immer mit Freiheit zu tun. Das steht im Grundgesetz, Art. 5, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.
(Beifall von den PIRATEN – Mehrdad Mosto- fizadeh [GRÜNE]: Die Schuldenbremse steht auch im Grundgesetz!)
Ich weiß. Das ist ein Rechenfehler, Reinhart/Rogoff – soll ich Ihnen das bei Gelegenheit noch einmal explizieren? Vielleicht melden Sie eine Kurzintervention an, dann habe ich die Gelegenheit dazu.
(Thomas Nückel [FDP]: Machen wir eine Vorlesung! – Gegenruf von Michele Mar- sching [PIRATEN]: Kann er auch machen, kein Problem! – Gegenruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Keine Angst!)
Die nordrhein-westfälischen Hochschulen haben in den letzten Jahren einen Paradigmenwechsel vollzogen. Durch die vermehrte Ausrichtung nach wirtschaftlichen Wettbewerbskriterien – man kann immer fragen, wie sinnvoll das in der Wissenschaft ist – wurden die Hochschulen vor große Herausforderungen
Dabei ist nachgerade die wissenschaftliche Autonomie nicht gefördert worden, da durch das Hochschulfreiheitsgesetz neue Steuerungselemente geschaffen wurden, die dem aktuellen Stand modernen und Innovationsmanagements in keiner Weise entsprechen. Starre Top-down-Steuerung durch nicht verfassungskonforme und demokratisch legitimierte Hochschulräte hat die bisherige ministeriale Fachaufsicht ersetzt.
Gleichzeitig wurde durch die Personalhoheit der Hochschulen und der damit einhergehenden Dienstaufsicht sowie des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auf Bundesebene prekärer Beschäftigung in der Lehre Tür und Tor geöffnet. Eines der eigentlichen Ziele des Hochschulfreiheitsgesetzes, der Bürokratieabbau, wurde nur im Ministerium erreicht. Die Hochschulen haben ihrerseits einen eigenen Bürokratieapparat aufbauen müssen, der sie in manchen Fällen von ihrem eigentlichen Auftrag, nämlich Forschung und Lehre, abhält.
Professorinnen und Professoren beklagen zu Recht, dass sie mehr und mehr Drittmittel einwerben müssen und dass diese Akquise sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Das ist der chronischen Unterfinanzierung geschuldet. Ich will dabei wirklich nicht in Abrede stellen, dass der Etat gestiegen ist. Dabei bemüht sich die Landesregierung; das ist anzuerkennen. Aber es reicht eben nicht.
Warum zitiere ich diesen Text aus einem Entschließungsantrag von uns Piraten? Weil durch das Hochschulzukunftsgesetz das Hochschulfreiheitsgesetz in seinem neoliberalen New-Public-Management-Geist weiterbesteht. Die Landesregierung war da halbherzig und mutlos.
Apropos Mutlosigkeit: Ein Synonym dafür ist das Hilfspflaster des Hochschulzukunftsgesetzes, der Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen. Die Mutlosigkeit, dem New-Public-Management wirklich etwas konstruktiv-innovativ Neues entgegenzusetzen, drückt sich immer noch in den Befristungen an den Hochschulen aus. Das ist nach unserer Auffassung höchst innovationshemmend und daher wissenschaftspolitisch unverantwortlich.
Wir bleiben dabei: Erstens. Die Verankerung des Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingen, der im Rahmen des Hochschulzukunftsgesetzes festgelegt wurde, ist keine wirkliche Verpflichtung zur Verbesserung der Beschäftigungsverhältnisse.
Zweitens. Durch den Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen wurde kein NRW-Standortvorteil für die Beschäftigten geschaffen, da es sich lediglich um eine Absichtserklärung handelt, die arbeitsrechtlich nicht durchsetzbar ist.
Drittens. Die Entscheidung im neuen Hochschulzukunftsgesetz, das Personal nicht in den Landesdienst zurückzuversetzen, war falsch
und stellt im Sinne des Grundsatzes der Verbesserung von Beschäftigungsbedingungen keine Weiterentwicklung dar.
Mutlosigkeit zeigt sich auch an den viel zu späten Bemühungen, im Bereich der Digitalisierung an unserer Hochschullandschaft etwas zu tun.
Wir nehmen zwar wohlwollend zur Kenntnis, dass Sie mit Ihrem Änderungsantrag endlich dem Thema nähergekommen sind, allerdings ist NRW bei den Veröffentlichungen über Open Access immer noch weit im Hintertreffen.
So wurde in der Sachverständigenanhörung zu unserem Antrag sehr schnell klar: Ohne offene Ohren für das wichtige Thema Open Access steuert NRW direkt ins wissenschaftliche Abseits. Die Landesregierung muss umgehend die Informationsversorgung der Wissenschaft und Bevölkerung ausweiten, beschleunigen und sichern.
Die Landesregierung verpasst die Chance, auf den rollenden Open-Access-Zug aufzuspringen, der sich unter anderem in Dänemark, in Großbritannien und in der Schweiz bereits in voller Fahrt befindet.
Im innerdeutschen Vergleich steht Nordrhein-Westfalen bereits auf dem Abstellgleis. Die letzte Landesinitiative liegt über ein Jahrzehnt zurück.
Open Access entspricht dem Grundgedanken einer offenen und freien Wissensgesellschaft. Nur damit können wir garantieren, keine Fortbildungspotenziale zu verschenken. Die Zeit ist reif, die monopolartigen Verlagsstrukturen aufzubrechen.
Um rechtliche und technische Hürden abzubauen und das Angebot der digitalen Verfügbarkeit drastisch auszubauen, muss die Landesregierung Forschungsinformationssysteme fördern und Publikationsfonds aufbauen. Zudem ist eine bessere Vernetzung der Hochschulen notwendig. Passiert ist da reichlich wenig. Denn, wie gesagt, die Mutlosigkeit hat regiert.
Gleiches gilt im Übrigen für die Bezahlung des Praxissemesters. Dazu werden wir uns Anfang des Jahres die Praktiker ins Haus holen. Sie werden Ihre sogenannte Evaluation der Praxissemester an der Wirklichkeit spiegeln. Auch hierbei war die Landesregierung mutlos.
Alles in allem gibt es kein gutes Zeugnis für eine Landesregierung und kein gutes Signal für die Wissenschaftslandschaft in NRW. Wir hätten uns etwas Besseres gewünscht. Aber wir helfen auch gern weiter schieben. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Nun hat die Landesregierung das Wort. Es spricht die Ministerin, Frau Schulze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 06 wächst: 45 % mehr als 2010. 8,4 Milliarden € sind so viel wie noch nie in der Geschichte unseres Landes.
Liebe FDP, liebe CDU, Sie können hier noch so viele Rechentricks versuchen – diese Summe bekommen Sie erst einmal nicht weg. Sie bleibt Fakt.
Sehr geehrte Frau Freimuth, wenn Sie immer auf der BAföG-Entlastung herumreiten, sage ich Ihnen: Ja, wir zünden eine Kerze für die 200 Millionen € an, die der Bund uns jetzt gegeben hat. Das machen wir alle gern.
Aber dann müssen wir für unseren Finanzminister NoWaBo mindestens ein ganzes Kerzenmeer im Kölner Dom anzünden, denn er hat uns 3 Milliarden € mehr gegeben. Wie viel mehr Kerzen sollen wir denn dafür noch anzünden?
Dieser Einzelplan ist ein klares politisches Zeichen und keine Selbstverständlichkeit. Wir setzen in Nordrhein-Westfalen auf Bildung und auf Forschung. Wir setzen auf die Innovationskraft unserer Hochschulen. Wir setzen auf moderne Hochschulen und auf moderne Unikliniken.
Frau Freimuth, ich finde es ein starkes Stück, dass Sie die Qualität unserer Hochschulen bezweifeln. Das ist wirklich ein starkes Stück!
Ich finde es geradezu eine Unverschämtheit, dass Sie bei der Leistung, die die Hochschulen erbringen, bei der Forschungsleistung, bei der Attraktivität, die sie für Studierende haben, das alles in Zweifel stellen. Das weise ich in aller Deutlichkeit zurück!
6,4 Millionen € für Hochschulen und Unikliniken – das ist ein ganz klares Zeichen für unsere Hochschullandschaft. Wenn Sie versuchen, unsere Hochschulvereinbarung kleinzureden, dann reden Sie doch zunächst mal mit den Unirektoren, mit den Rektoren der Fachhochschulen. 250 Millionen € aus den Hochschulpaktmitteln zu verstetigen, 80 Millionen € aus anderen Mitteln – das ist eine riesige Summe Geld, mit der die Hochschulen jetzt planen können.