Protocol of the Session on November 30, 2016

Wenn man einfach erkennt, dass ein Weg, den man vor Jahrzehnten eingeschlagen hat, Herr Brockes, nicht der richtige ist, dann kann man ihn auch frühzeitig beenden.

(Zurufe von der FDP)

Frau Kollegin Brems, Entschuldigung, dass ich Sie jetzt schon unterbreche. Herr Kollege Hovenjürgen würde Ihnen gerne eine Frage stellen.

Ja, natürlich.

Bitte schön.

Danke, Frau Brems, dass Sie dies gestatten. – Frau Brems, halten Sie es denn für eine verlässliche Politik, wenn Sie eine

Leitentscheidung auf den Weg bringen, die dann durch Sie selbst auf Ihren Parteitagen wieder infrage gestellt wird?

Herzlichen Dank, Herr Hovenjürgen. Irgendwie habe ich ja damit gerechnet, dass etwas kommt, was in so eine Richtung geht. Ich sehe keinen einzigen Entschluss und Beschluss eines Grünen-Parteitags, der die Leitentscheidung von Garzweiler II in diesem Jahr zurücknimmt – auf keinen Fall.

Ehrlich gesagt, kann ich nachvollziehen, dass man angesichts der Klimapolitik unserer angeblichen Klimakanzlerin und der Klimapolitik dieser Großen Koalition, die nach Marrakesch zu einer Klimakonferenz ohne jegliches Gepäck in der Hand fährt, angesichts der Tatsache, dass jahrelang nichts passiert, obwohl man immer etwas ankündigt, und angesichts der Tatsache, dass die erneuerbaren Energien kaputt gemacht werden, irgendwann einmal sagt: Dagegen müssen wir etwas Klares setzen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir sagen hier ganz klar, wie es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weitergehen soll. Wir brauchen nämlich einen sozialverträglichen, aber eben auch ambitionierten Ausstieg aus der Kohle.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dafür braucht es Strukturhilfen auch für das Rheinische Revier. Mit der 1 Million € für den Strukturwandel in diesem Haushalt – diesen Betrag haben wir ja deutlich erhöht – und den 250.000 € für den Aufbau eines Museums zur Geschichte der Braunkohle in Nordrhein-Westfalen wird der Grundstein für neue Entwicklungen im Revier gelegt.

Es ist wichtig, sich jetzt darüber Gedanken zu machen, wie die Region sich weiterentwickeln kann – nicht erst dann, wenn der Kohleausstieg längst besiegelt ist und das allerletzte Kraftwerk dann auch geschlossen ist.

Das Rheinische Revier – da gehört das dazu, was wir an vielen Stellen auch gehört haben, finde ich – hat eben entscheidende Vorteile. Da passt es einfach nicht, dass es auch an dieser Stelle immer wieder schlechtgeredet wird. Wir haben hier genau die Zeit, um Entscheidungen zu treffen und den Wandel zu gestalten. Das Rheinische Revier hat auch sehr gute Voraussetzungen.

Als Forschungsstandort hat das Rheinische Revier mit einer Vielzahl von Hochschulen und Universitäten, zum Beispiel der RWTH und der Fachhochschule in Aachen, dem Forschungszentrum Jülich, der FH Mönchengladbach sowie den Universitäten und Hochschulen in Köln, einiges zu bieten. Hier besteht die Möglichkeit, Forschung und Wirtschaft noch weiter zu verzahnen.

Gerade in Jülich wird – sowohl im Forschungszentrum als auch auf dem FH-Campus – an zukunftsweisenden Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien, der Netze und der Speichertechnologien geforscht.

Die RWTH mit ihrem hervorragenden Ruf als Technische Hochschule bietet hier auch weitere Chancen für die ganze Region. Diese sollten wir nutzen und sie nicht immer kleinreden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn wir uns diese Aspekte angucken, dann geht es auch darum, dass neben der Forschung auch die alten, zurzeit noch genutzten Kraftwerksstandorte zu Gewerbegebieten weiterentwickelt werden. Wir alle wissen doch, wie lange Planungsverfahren dauern können. Deshalb müssen wir jetzt anfangen, wo das Ende der Kohleverstromung im Rheinischen Revier begonnen hat, den Grundstein für die Weiterentwicklung der Gebiete zu legen, damit die Region auch wirklich eine Chance und eine Perspektive hat, wenn die Kraftwerke dann wirklich vom Netz gehen.

Da bringt es einfach nichts, so zu arbeiten, wie Sie das hier machen, liebe FDP und liebe CDU. Nur mit „Augen zu und durch“ kommen wir hier nicht weiter.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die von dem Tagebau und den Kraftwerken betroffenen Kommunen sollten doch schon heute beginnen können, sich neu aufzustellen, Konzepte zu entwickeln und notwendige Maßnahmen zu ergreifen, die ihnen den Übergang in eine Nach-Kohlezeit ermöglichen.

Klar ist auch, dass neben den Braunkohletagebauen und den Kraftwerken auch die Steinkohlekraftwerke bei einem wirklichen Kohleausstieg geschlossen werden müssen. Auch hier werden wir uns für eine sozialverträgliche Ausgestaltung einsetzen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Hovenjürgen, Sie haben eben von einer Geisterbahn gesprochen. Sie sind hier auf dem Weg einer energiepolitischen Geisterbahn. Ich sage Ihnen ganz klar: Steigen Sie aus dieser energiepolitischen Geisterbahn aus, und erkennen Sie an, dass wir Nordrhein-Westfalens Energiezukunft ohne Kohle jetzt gestalten müssen.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Nur so gelingt der Strukturwandel, den angeblich alle wollen. Daher bin ich froh, dass wir die Mittel hierfür im Haushalt 2017 erhöhen und somit zukunftssichere Impulse setzen – auch für die nächsten Jahre und Jahrzehnte.

(Beifall von den GRÜNEN und Hans-Willi Körf- ges [SPD])

Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Für die Piraten spricht Herr Dr. Paul.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich kann es mir nicht verkneifen, noch eine kleine Anmerkung zu machen, weil mir das eben gerade wieder aufgefallen ist.

Herr Minister, niemand nimmt es Ihnen übel – ganz im Gegenteil: das wird von Ihnen erwartet –, wenn Sie sich mit dem Bundesland Nordrhein-Westfalen identifizieren. Das sollte aber nicht dazu führen, dass Sie diesen rhetorischen Kniff anwenden und der Opposition unterstellen, sie würde das Land schlechtreden.

(Beifall von den PIRATEN und der FDP)

Selbst Herrn Brockes würde ich das nicht unterstellen, obwohl er alles andere als mein politischer Freund ist. Wir reden hier über die Regierung und nicht über das Land.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Ich sage an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich: Wir haben ein tolles Land mit vielen fleißigen Menschen. Nur: Denen sollte man auch ihre Chancen geben. Dafür müssen Sie die Rahmenbedingungen festlegen. Also bitte nicht mehr in diese rhetorische Ecke! Ich finde das nicht schön. – Danke.

(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die Landesregierung spricht jetzt der Minister noch einmal.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich die kurze Zeit nutzen, um jeweils zu reagieren.

Herr Paul, darüber brauchen wir uns gar nicht zu streiten. Dann sind wir uns ja doch einig. Ihrer Rede war das ursprünglich nicht so zu entnehmen.

Weil Sie über Rhetorik sprechen, möchte ich aber daran erinnern, dass Sie Sätze gesagt haben wie – ich habe einmal einen davon mitgeschrieben –: Wir brauchen mehr junge Leute mit frischen Ideen.

(Zuruf von Kai Schmalenbach [PIRATEN])

Sehr geehrter Herr Dr. Paul, da ist so viel Inhalt drin, dass er sich mit Händen kaum greifen lässt.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD – Heiterkeit von den GRÜNEN – Zuruf von Kai Schmalen- bach [PIRATEN])

Sehr geschätzter Herr Bombis, Sie müssen mir nicht vorschreiben, wann ich zu lächeln habe oder wann nicht. Aber ich habe bei Herrn Brockes genau hingehört. Er hat gesagt: Die Unternehmen sind trotz der Landesregierung gut. Bei Breitband und Digitalisierung muss noch ein bisschen mehr gemacht werden.

(Dietmar Brockes [FDP]: Nein, nein! Anders im LEP! Naturschutzgesetz weg! – Gegenruf von Dietmar Bell [SPD] – Gegenruf von Dietmar Brockes [FDP])

Herr Bombis, wenn Sie sich dann hierhin stellen und noch einmal fünf Minuten brauchen, ohne eine einzige neue inhaltliche Forderung zu präsentieren, lächele ich.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Diet- mar Brockes [FDP]: Sie weigern sich, zuzuhö- ren!)

Herr Minister Duin, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Schmalenbach von den Piraten würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Aber ja.

(Nadja Lüders [SPD]: Ganz frisch jetzt! Ganz frische Ideen! – Weitere Zurufe)