Protocol of the Session on November 10, 2016

Deswegen können wir dem Antrag nicht zustimmen. – Danke schön.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Alda. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Sommer.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren im Saal und natürlich auch im Stream! Ich nehme eines vorweg: Vom Inhalt her finde ich den Antrag gut und unterstützenswert. Ich lege meiner Fraktion durchaus nahe, den Antrag positiv zu bescheiden.

Allerdings habe ich vom heutigen Tag und auch aus den letzten vier Jahren immer wieder im Ohr: Liebe Piraten, warum stellt ihr diesen Antrag im Landtag?

(Heiterkeit von Minister Rainer Schmeltzer)

Das ist doch gar nicht die richtige Ebene.

(Beifall von Simone Brand [PIRATEN])

Jetzt schaue ich mir diesen Antrag an. Es geht um das Betriebsverfassungsgesetz. Das wird wo geregelt? Richtig, im Bundestag.

Dazu betrifft es, weil Sie die Verschärfung von Strafgesetzen haben wollen, auch das Strafgesetzbuch. – Bundesebene.

Wir Piraten sind da nicht vertreten. Wer ist da vertreten? – Zum Beispiel die SPD, die Grünen übrigens auch.

Dann betrifft das den Bereich der Arbeitsministerin. Wer stellt aktuell die Arbeitsministerin? – Die SPD.

Ich frage mich schon ein bisschen: Was macht das jetzt hier? Richtig: Wahrscheinlich konnten Sie sich entweder in der lustigen GroKo oder innerparteilich nicht durchsetzen. Deshalb muss das jetzt hier aufschlagen.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Wahrscheinlich sowohl als wie auch!)

“Sowohl als wie auch“, wie man im Ruhrgebiet sagen würde; vielen Dank, Kollege.

Ich finde das im Endeffekt sogar gar nicht schlimm. Aber, liebe SPD- und liebe Grünen-Fraktion, ich

möchte nie wieder von Ihnen vorgehalten bekommen, wir stellten irgendeinen Antrag auf der falschen Ebene.

(Beifall von den PIRATEN)

Das haben Sie mit dem Antrag komplett herausgeworfen.

Kommen wir zum Union Busting. Zum einen möchte ich hier klarstellen: „Union Busting“ meint in den USA grundsätzlich die Arbeitsrechtsbewegung. Da ist es egal, ob das innerbetrieblich – das wäre bei uns der Betriebsrat – oder überbetrieblich – das wären bei uns Gewerkschaften – ist. Allerdings müssen wir in unserer Gesetzgebung Betriebsrat und Gewerkschaften auseinanderhalten.

Fangen wir erst einmal mit dem relativ Einfachen, den Betriebsräten, an. Das sind die Arbeitnehmervertretungen in den Unternehmen und Betrieben. Hier wir Union Busting nicht als Busting, also als Zerstören einer vorhandenen Struktur, gelebt, sondern da wird hauptsächlich versucht, erst einmal die Gründung eines Betriebsrats zu verhindern. Wir haben das aktuell verstärkt in sozialen und IT-Bereichen, die bis jetzt meinten, ohne Betriebsrat auskommen zu können.

Herr Kollege Preuß, ich nenne etwas ganz Konkretes. Wenn sich dort ein Wahlvorstand bildet, um eine Betriebsratswahl einzuleiten, wird von der Geschäftsleitung erst einmal eine Umfrage gestartet, ob die Mitarbeiter lieber einen Betriebsrat nur für einen einzigen Betrieb oder einen Konzernbetriebsrat oder sonst etwas hätten. Da wird abgelenkt, wie es nur geht. Da wird verzögert, wie es nur geht. Das ist eine ganz schlimme Sache. Da müssen gesetzliche Lücken geschlossen werden – allerdings tatsächlich auf Bundesebene.

Das waren Ausführungen zum Betriebsrat und damit zum innerbetrieblichen Bereich. Das war einfach.

Kommen wir zur gewerkschaftlichen Ebene. Da möchte ich ein konkretes Beispiel bringen, das viele vielleicht gar nicht auf dem Schirm haben, was uns aber alle betroffen hat.

2014/2015 hatten wir eine große Auseinandersetzung der kleinen GdL mit der großen Deutschen Bahn, Deutsche Bahn, Eigentümer übrigens Bundesebene – aber gut, egal, ich lasse das.

Da gab es tatsächlich eine Beratungsfirma für die Deutsche Bahn, nämlich Allen & Overy, die bekannt ist und auch auf ihrer Homepage dafür geworben hat, dass sie Union Busting betreibt. Ein staatseigenes Unternehmen beauftragt diese Firma bei einer Auseinandersetzung, nur um ein konkretes Beispiel zu nennen. Herrn Weselsky von der GdL kennt noch jeder. Wer weiß den Namen des Menschen, der die Verhandlungen für die Bahn geführt hat?

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Weber!)

Keiner. Das war Herr Homburg, nicht schlimm.

[Josef Hovenjürgen [CDU] und Peter Preuß [CDU]: Weber!)

Nein, das war hinterher Herr Homburg. Medienauswertung: Der Name Weselsky ist zehnmal öfter in den Medien genannt worden als der Name des Menschen der Deutschen Bahn, der die Verhandlungen geführt hat. Das muss man sich einmal vorstellen.

Wir müssen also nicht nur an der Stelle der gesetzlichen Regelungen eingreifen, wir müssen auch bei den gesellschaftseigenen Unternehmen zusehen, dass das nicht passiert. Wir müssen also vor unserer eigenen Haustür kehren, und damit fangen wir dann bitte an.

Der Intention des Antrages und auch den Vorschlägen in den Anträgen stimmen wir selbstverständlich trotzdem zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Sommer. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Schmeltzer das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Vielleicht einmal kurz zur Interpretation dieses Antrages, so wie ich ihn lese: Herr Kollege Sommer, der Landtag fordert die Landesregierung auf, zu prüfen, wo es Lücken gibt. Diese Prüfung steht, wenn überhaupt, dann diesem Bundesland als Mitbestimmungsland Nummer eins zu, weil wir nämlich hier in Nordrhein-Westfalen das Land mit den meisten Betriebsräten sind. Ich denke, diese Prüfung werden wir auch genauso durchführen, wie dieser Antrag es vorsieht. Dann werden wir natürlich die entsprechenden Wege einleiten, damit eben Lücken geschlossen werden.

Das sogenannte Union Busting und das sogenannte Union Bashing sind eben keine Randphänomene. Ganz im Gegenteil, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die systematische Bekämpfung und Unterdrückung von Arbeitnehmervertretern und ihren Mitgliedern ist nach einer gerade erschienenen Studie des WSI, der Hans-Böckler-Stiftung, gang und gäbe.

So wurden zum Beispiel von 835 im Bereich der IG BCE und der IG Metall erstmals durchgeführten Betriebsratswahlen über 16 % seitens der Unternehmen behindert. Wie wurden die Betriebsratswahlen gestört?

(Zuruf)

Das liegt nicht in der Natur der Sache der Auseinandersetzung, lieber Herr Kollege Herr Preuß. Das würde ich gerne einmal an Ihrer Stelle in den Reihen

der CDA diskutieren, wie Sie das gerade definiert haben.

Wie wurden Sie gestört? – In 71 % der Fälle durch Einschüchterung von Kandidatinnen und Kandidaten, in 66 % der Fälle durch die Verhinderung der Bestellung eines Wahlvorstandes, in 43 % der Fälle durch Unterstützen eines dem Arbeitgeber nahestehenden Kandidaten, in 20 % der Fälle wurden Kandidatinnen und Kandidaten sogar gekündigt. In einem Drittel der Fälle ist die Betriebsratswahl tatsächlich aus Sicht der Arbeitgeber erfolgreich verhindert worden.

Aber auch gegen gewählte Betriebsräte gibt es Störungen in erheblichem Umfang, zum Beispiel durch Versuche, Betriebsratsmitglieder zum Rücktritt zu drängen oder durch gezieltes Mobbing, durch Kündigung oder Begehren, die Arbeitsverträge aufzulösen. Etwa die Hälfte der Arbeitgeber nimmt sogar bei ihren Störungen externe Hilfe durch Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen in Anspruch.

Wer kennt sie nicht, die vielerorts angebotenen Fachseminare mit Titeln wie „Die Kündigung von Unkündbaren“? Die gesetzliche Hürde, Betriebsräte dürfen nur außerordentlich, das heißt mit wichtigem Grund, gekündigt werden, ist offenbar schnell genommen. Dieser falsche Eindruck soll eben in solchen Seminaren vermittelt werden.

Ich sagte es eingangs schon: Nordrhein-Westfalen ist das Land der Mitbestimmung. Wir sind besorgt über diese Entwicklung und unternehmen gemeinsam mit anderen Akteuren wie den Gewerkschaften alles, um diesem Gebaren Einhalt zu gebieten. Natürlich, Herr Kollege Sommer, finden sich die Gewerkschaften auch im § 119 Betriebsverfassungsgesetz wieder, sodass nicht nur die Betriebsräte dort angesprochen sind.

Frühzeitiges Aufgreifen dieses Themas erfolgt zum Beispiel in der Landesinitiative „Faire Arbeit – Fairer Wettbewerb“. Im Rahmen des Projekts „Fair im Betrieb“ werden von Union Busting Betroffene beraten und unterstützt. Und es erfolgt die Analyse zu den Erscheinungsformen und Hintergründen von Union Bauting und auch die Erarbeitung gezielter Handlungsstrategien zur Eindämmung von Union Busting.

So müssen wir uns angesichts der vorgenannten besorgniserregenden Zahlen zum Beispiel mit der Frage beschäftigen: Wieso kommen nur so wenige Fälle von Missachtung der Informationsrechte der Betriebsräte und des systematischen Union Busting bei dem für die Verfolgung von Strafverstößen zuständigen Bezirksregierungen und Staatsanwaltschaften an? – Und genau dies gilt es zu untersuchen und zu prüfen, wie es der Antrag vorsieht.

Die bisherigen Zahlen, soweit sie erhoben wurden, gehen selbst über mehrere Jahre gerechnet in NRW von einer eher kleinen einstelligen Fallzahl aus. Aber

jede einzelne Fallzahl, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine zu viel, weil das Betriebsverfassungsgesetz klar formuliert: Ist zu wählen, wenn … – So wurde es eben schon einmal dargelegt.

(Beifall von Dietmar Bell [SPD])

Die zuständigen Behörden sind für eine Verfolgung von Verstößen auf Hinweise bzw. auf einen Strafantrag von Betriebsräten oder Gewerkschaften angewiesen. Alle eingehenden Hinweise bzw. Strafanträge werden sachgerecht und adäquat bei den Staatsanwaltschaften in aller Regel durch besonders erfahrene Staatsanwälte in Sonderabteilungen bearbeitet.

Die Landesregierung wird sehr wohl im Sinne der Antragsteller weiter prüfen, inwieweit gesetzliche Regelungslücken bestehen, und gegebenenfalls auch Reformbedarfe identifizieren. Insbesondere wird geprüft werden, inwieweit die bestehenden Straftatbestände in § 119 des Betriebsverfassungsgesetzes zum Schutz gegen Behinderung oder Störung der betrieblichen Mitbestimmung strukturelle Defizite aufweisen und wie diese gegebenenfalls behoben werden können.