Protocol of the Session on September 15, 2016

dass Freifunk weit mehr ist, als einfach nur kostenloses Internet bereitzustellen.

Es bietet trotz alledem einen Mehrwert für alle. Es bietet denjenigen, für die der Zugang zum Netz nicht möglich ist, weil sie ihn sich nicht leisten können, die Chance auf digitale Teilhabe. Ich denke da ganz besonders an das letzte Jahr, in dem es viele Initiativen aus der Freifunkbewegung gab, die in einer durchaus angespannten Situation die Internetversorgung in den Geflüchteteneinrichtungen gewährleistet haben. Sie haben da eine große und wichtige Arbeit geleistet und ich bin dafür sehr dankbar.

Das ist nur ein sehr illustratives Beispiel dafür, dass digitale Teilhabe heute eine zentrale Gerechtigkeitsfrage ist und dass diejenigen, die an ihrer Verwirklichung mitwirken, Unterstützung verdient haben.

Wir wollen uns heute deshalb auf den Weg machen. Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht. Wir fordern die Landesregierung auf, eine Initiative auf Bundesebene zu unternehmen, die die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk zum Ziel hat.

Dafür ist es vernünftig, verschiedene Instrumente vorzuschlagen – nicht allein die Abgabenordnung, auch wenn der Kollege Lamla sie gerade sehr ausführlich durchgegangen ist. Wir stellen in unserem Antrag sehr vernünftige Instrumente vor, mit denen die Landesregierung auf Bundesebene und im Länderkreis auf dieses Ziel hinarbeiten kann.

Wenn uns das gelingt, dann haben wir die Chance, dass wir heute noch einen weiteren Beitrag leisten und es ein guter Tag für Freifunk und für digitale Teilhabe wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön, Herr Bolte. – Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Stein.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer! Zunächst möchte ich Stellung zum Antrag der Piraten beziehen. Wir haben ja insgesamt drei Anträge vorliegen. Sie, liebe Piraten, fordern immer wieder die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für vielerlei Gebiete, heute für den Bereich „Freifunk“, letztes Mal war es der Bereich E-Sports. Da frage ich mich schon, was als Nächstes kommt.

Sie begründen Ihre Forderung in Ihrem Antrag damit, dass insbesondere der Bildungscharakter im Vordergrund stünde. Belege liefern Sie allerdings in Ihrem Antrag nicht. Die bleiben sie schuldig. Natürlich mag es auch bei Freifunkinitiativen um Bildungsinteressen gehen, aber dass diese nicht zwangsläufig im Vordergrund stehen, wird dadurch klar, dass Freifunk ja einfach erst einmal den Zugang zum Internet darstellt.

(Marc Olejak [PIRATEN]: Nein, gerade nicht!)

Über Freifunk wird eben dann das Internet generell genutzt. Dadurch ist die Nutzung nutzerabhängig. Die User – schaut man sich Analysen an – nutzen das Internet aber überwiegend für die Bereiche „Social Media“ und „Shopping“ sowie für Musik- und Videostreamingdienste.

Richtig ist, dass der Freifunk bürgerlich und freiwillig organisiert und realisiert wird. Daher möchten wir uns an dieser Stelle auf jeden Fall für das vielseitige bürgerliche Engagement der freiwilligen Helferinnen und Helfer bedanken.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Olejak?

Ja, gerne.

Vielen Dank, Herr Kollege. – Reine Neugierde: Welche Freifunk-Community erhebt Daten über die Verwendung und Nutzung der angebotenen Dienste?

Diese Frage müssten Sie sich in erster Linie selbst stellen, denn in Ihrem Antrag schreiben Sie ja, dass ein Bildungscharakter im Vordergrund steht. Das müssen Sie auch belegen. In § 52 Abs. 2 gibt es in der Tat diesen Bestand, dass die Gemeinnützigkeit hergestellt werden kann, falls der Bildungscharakter im Vordergrund steht. Nur kann man das ja nicht einfach nur behaupten. Da muss ja ein Nachweis vorhanden sein.

(Beifall von der CDU)

Jetzt möchte ich kurz auf den Antrag der FDP eingehen: Freifunk und Journalismus in einen Topf zu werfen, erscheint mir sehr gewagt, Herr Nückel. Wir können gerne über eine mögliche Gemeinnützigkeit des Journalismus diskutieren, nur muss dann vielleicht auch ein etwas anderes Verfahren gewählt werden.

(Thomas Nückel [FDP]: Haben wir ja gewählt!)

Es ist suboptimal, einen Erschließungsantrag auf den Weg zu bringen. Vielleicht ist es sinnvoll, noch einmal speziell im Ausschuss darüber zu diskutieren und das nicht mit einem kurzfristigen Entschließungsantrag bestimmen zu wollen.

(Thomas Nückel [FDP]: Tun wir er schon seit zwei Jahren!)

SPD und Grüne behaupten in ihrem Antrag, dass das CDU-geführte Bundesministerium der Finanzen die Freifunk-Community nicht schätze. Liebe SPD, liebe Grüne, die Rechtslage lässt sich nicht nach Gutdünken anwenden. Ich bin mir sicher, auch das Bundes

ministerium der Finanzen schätzt bürgerliches Engagement genauso wie wir alle hier, und dass die Befolgung der Rechtslage Ihrer Auffassung nach einer Geringschätzung von Engagement gleichkommen soll, Herr Vogt, lässt eine gewisse Selbstgerechtigkeit in Ihrem politischen Handeln und Denken erahnen.

(Beifall von der CDU)

Das Bundesministerium der Finanzen ist zu einer nachvollziehbaren und seriösen Rechtsauffassung gekommen und leistet dieser Folge. Wir sollten hier lieber miteinander diskutieren, über welche anderen Wege eine adäquate Förderung des Freifunks noch geschehen kann.

Nicht zuletzt möchte ich darauf verweisen, dass gestern von unserem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker vorgetragen wurde – ich zitiere –:

„Wenn der Netzausbau allen zugutekommen soll, heißt das auch, dass es keine Rolle spielen darf, wo man lebt oder wie viel man verdient. Wir schlagen heute vor, bis 2020 die wichtigsten öffentlichen Orte jedes europäischen Dorfes und jeder europäischen Stadt mit kostenlosem WLANInternetzugang auszustatten.“

Die nordrhein-westfälische CDU-Fraktion ist bereit, hierfür einen konstruktiven Beitrag zu leisten. Die heute gestellten Anträge lehnen wir aus den genannten Gründen ab. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU – Lukas Lamla [PIRATEN]: Ohne rot zu werden!)

Vielen Dank, Herr Stein. – Für die FDP spricht nun Herr Nückel.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht schwer, Gutes zu tun. Manchmal ist es vielleicht schwer, zu wissen, was gut ist. Aber wenn man das dann herausgefunden hat – jeder entscheidet sich anders – und gemeinnützige Arbeit macht, dann braucht man Rechtssicherheit. Das ist im Grunde das Problem, und deswegen ist es schon richtig, dass sich beispielsweise die Piraten in ihrem Antrag auf die Abgabenordnung fokussieren.

Der Katalog der Tätigkeiten, die als gemeinnützig anerkannt werden können, ist freilich sehr lang: Förderung von Bildung, Wissenschaft, Kunst, Kultur, Tier- und Pflanzenzucht, Modellflugzeugbau, Kleingärtnerei. Der Katalog ist allerdings nicht in Stein gemeißelt.

Für die FDP-Fraktion ist es daher selbstverständlich, dass man Normen wie die Abgabenordnung regel

mäßig überprüft und aktualisiert; denn die Gesellschaft entwickelt sich weiter, und insbesondere die technologische Entwicklung vollzieht sich rasend. Der Takt wird immer dichter, und das verändert ebenso rasch gesellschaftliche Basics.

Insofern entwickelt sich auch ehrenamtliches Engagement weiter. Deswegen begrüßen wir die Anliegen der hier vorliegenden Anträge, den Katalog gemeinnütziger Tätigkeiten zu erweitern. Die FDP-Fraktion unterstützt und schätzt auch die zahlreichen engagierten Freifunker und ihre Initiativen in NordrheinWestfalen. Deshalb ist es auch wichtig und richtig, Freifunkinitiativen für ihr Engagement und ihre freiwillige Leistung, die ohne Gewinnerzielungsabsicht erbracht wird, anzuerkennen und den Status der Gemeinnützigkeit zu ermöglichen.

Es überrascht uns allerdings ein wenig, dass SPD und Grüne plötzlich so offenherzig mit der Ergänzung des Gemeinnützigkeitskatalogs umgehen. Das finden wir zwar gut, aber wir diskutieren – und das ist die Verbindung zum gemeinnützigen Journalismus – seit mehr als zwei Jahren über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit der journalistischen Recherche; denn diese sollte aus unserer Sicht ebenso selbstverständlich in § 52 Abs. 2 der Abgabenordnung aufgenommen werden. Der Journalismus steht – das haben wir schon in verschiedenen Diskussionen hier im Haus betont – im Zuge des Wandels der Medienlandschaft vor großen Herausforderungen. Insbesondere bei lokaler oder regionaler Berichterstattung ist die Meinungsvielfalt bedroht, die Finanzierung von aufwendigen journalistischen Recherchen wird immer schwieriger.

Aus diesem Grund hatte die FDP-Fraktion im Juli 2014 vorgeschlagen, die Anerkennung von Journalismus als gemeinnützige Tätigkeit zu ermöglichen.

Gerade vonseiten der Regierungsfraktionen waren jedoch einige Vorbehalte zu hören, dass es nicht so leicht sei, die Abgabenordnung zu ändern, obwohl bei jeder Gelegenheit die Medienvielfalt beschworen wird. Man hat sich grundsätzlich skeptisch gezeigt, ob man das technisch hinbekomme, obwohl die Anhörung – wir haben auch noch ein zusätzliches Expertengespräch dazu geführt – das sehr positiv bewertet hat und wir auch aus den journalistischen Organisationen, Herr Vogt, immer die Nachfragen bekommen: Wann ist es denn so weit? – Eigentlich hatte nur ver.di Skepsis geäußert, aber das lag auch daran, wie sich nachher herausstellte, dass sie wohl das falsche Papier gelesen hatten.

Ich gehe davon aus, dass Sie Ihre Skepsis nun überwunden haben und SPD und Grüne der Gemeinnützigkeit von Journalismus nicht im Wege stehen wollen. Daher schlagen wir in unserem Entschließungsantrag vor, über eine Bundesratsinitiative die Anerkennung sowohl des gemeinnützigen Journalismus

als auch die Aktivitäten der Freifunkinitiativen zu ermöglichen. Nicht mehr und auch nicht weniger fordern wir hier an dieser Stelle.

Ich bitte um Zustimmung für unseren Entschließungsantrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Nückel. – Jetzt spricht Herr Schwerd, fraktionslos.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freifunker! Michael Meister, seines Zeichens Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, liegt falsch. Er hat auf eine Kleine Anfrage im Bundestag erklärt, dass Freifunk nicht gemeinnützig sei, unter anderem weil die Bereitstellung von Internetzugängen von kommerziellen Anbietern erfolge. Das ist gleich auf mehreren Ebenen falsch.

Herr Meister weiß nämlich ganz offensichtlich nicht, was Freifunk ist und welchen Zweck dieser hat. Er glaubt, Aufgabe des Freifunkes sei es, offene und kostenlose Internetzugänge bereitzustellen. Das ist es aber nicht alleine – Herr Vogt hat es auch mehrfach an dieser Stelle so dargestellt; denn dafür braucht es gar keinen Verein und auch keine Freifunk-Router. Sie können an Ihrem eigenen Router zu Hause einfach ein Gastnetzwerk einrichten, dieses ohne Verschlüsselung freigeben, und schon haben Sie einen freien und kostenlosen Internetzugang. Das ist es nicht.

Freifunk-Router haben eine entscheidende zusätzliche Eigenschaft, nämlich das sogenannte Meshing. Sie bauen von sich aus Verbindungen zu anderen Freifunk-Routern auf und kommunizieren direkt untereinander. Es entsteht ein eigenes Datennetz in Bürgerhand. Teilnehmer an diesem Netz können sich gegenseitig Dienste im Netz bereitstellen und untereinander kommunizieren. Ein Internetzugang ist dazu eigentlich gar nicht notwendig. Freifunk ist also die Errichtung solcher Bürgerdatennetze, die Bereitstellung von Plattformen, die alle nutzen können, also ein Stück Gemeineigentum.

Freifunk hat einen starken sozialen Charakter, er stellt nämlich Internetzugänge für diejenigen bereit, die sich sonst keinen leisten könnten, beispielsweise in Geflüchtetenheimen oder sozialen Brennpunkten. Freifunk hilft, die digitale Spaltung in unserer Gesellschaft zu schließen.

Kollege Stein, hören Sie einmal genau zu, wie es sich mit dem Bildungscharakter von Freifunk verhält. Da geht es nämlich um die Mitglieder des Vereins; die Aktiven, die sehr viel über den Aufbau und Betrieb von Netzwerken lernen. Für sie steht der Bildungs

charakter ganz klar im Vordergrund. Freifunker werden zu gefragten Netzwerkexperten. Und natürlich hat Freifunk positive Auswirkungen auf den Fremdenverkehr, auf die Attraktivität unserer Städte. Sie sehen, Freifunk ist so viel mehr als irgendein Internetzugangsanbieter.

Übrigens auch in seiner Argumentation liegt der Staatssekretär falsch. Eine Aktivität verliert doch nicht automatisch deswegen ihren gemeinnützigen Charakter, wenn im gleichen Bereich auch kommerzielle Anbieter unterwegs sind. Niemand käme auf die Idee, die Gemeinnützigkeit eines Vereins infrage zu stellen, dessen Mitglieder Alte und Kranke besuchen und betreuen, nur weil es auch kommerzielle Pflegedienste gut.