drohende Überschuldung ernsthaft gefährdet ist und deshalb ein solcher Eingriff vom Landesgesetzgeber „zumutbar“ ist – wortwörtlich.
Ich darf noch einmal daran erinnern: In elf von 13 Flächenländern gibt es eine Solidaritätsumlage. Das hat damit zu tun, dass die Spreizungen der Finanzkraft zwischen den Kommunen in den einzelnen Bundesländern deutlich differieren, so auch in NordrheinWestfalen.
Im Jahre 2010 hat es in erheblichem Umfang Kommunen gegeben, die überschuldet waren. Ein solcher Zustand war für uns als Landesregierung nicht weiter hinnehmbar. Wir haben diesen Stärkungspakt als unmittelbare Hilfe aufgelegt, die im Übrigen nicht eine bloße Finanzhilfe des Landes darstellt, sondern 70 % des Haushaltsdefizites muss die jeweilige Stärkungspaktkommune durch eigene Sparmaßnahmen erbringen, und nur 30 % werden über einen Landeszuschuss abgedeckt. Oder, um es andersherum zu formulieren: Die meisten Bürgermeister, die Mittel aus dem Stärkungspakt bekommen, würden viel lieber eine Solidaritätsumlage zahlen.
Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Kollege Schemmer hat jetzt seine dritte und damit letzte Nachfrage.
Ich wollte weniger das GFG diskutieren, zumal der Zentralitätsansatz und der Ansatz für großflächige Kommunen nicht einmal zu 100 € Unterschied bei den hier angetroffenen Kommunen führen würde. Deswegen spielt es eigentlich dort keine Rolle.
Deshalb noch einmal die Frage: Warum können Kommunen, denen pro Einwohner nur 1.200 € zur Verfügung stehen, so viel Geld sparen, um einer anderen Kommune, der pro Einwohner 1.970 € zur Verfügung stehen, dieses Geld auch noch zukommen zu lassen?
Der Zentralitätsansatz und die Abwasserbeihilfe waren für mich Beispiele dafür, dass Ihre Darstellung, dass alle Kommunen dieselben Aufgaben haben, nicht zutreffend ist.
Ich habe nur diese beiden Beispiele herangezogen, um deutlich zu machen, dass man Ungleiches nicht gleich behandeln sollte, sondern dass die Aufgabenstellung beispielsweise von Großstädten mit einem großen Umland – was zur Folge hat, dass bestimmte kommunale Infrastrukturen nicht nur für die eigenen Bürger, sondern auch für Bürger anderer, umliegender Städte, die in diese Großstädte hineinpendeln, zur Verfügung gestellt werden müssen – richtiger
weise einen solchen Ansatz erfordert. Also: nicht dieselben Aufgaben. Herr Schemmer, das wollte ich deutlich machen.
Das Zweite ist: Sie haben gerade wortwörtlich gesagt, Herr Abgeordneter Schemmer, dass die eine Gemeinde so viel spart, dass sie mit 1.200 € auskommt – im Gegensatz zum Beispiel zur Stadt Gelsenkirchen, die einen deutlich höheren, einen 1,5-fachen Betrag zur Verfügung hat.
Das ist eine irrige Annahme. Der Zustand des Haushaltes der jeweiligen Kommune ist in der Regel nur bedingt durch eigene Konsolidierungsanstrengungen darstellbar, sondern: Von der Kommune kaum zu beeinflussende äußere Faktoren lösen einen Finanzbedarf aus.
Beispielsweise eine relativ hohe Arbeitslosigkeit – sehr zutreffend auf die Gemeinde Gelsenkirchen – löst weitere Kosten innerhalb des Haushalts der Stadt Gelsenkirchen aus, etwa in der Frage der Kosten der Unterbringung. Das heißt, unabhängig davon, wie viel Einnahmen die Stadt Gelsenkirchen hat, hat sie einen deutlich größeren Finanzbedarf als eine andere Gemeinde, wenn beispielsweise die Arbeitslosigkeit differiert.
Das heißt, eine Kommune, die nur 1.200 € pro Einwohner zur Verfügung hat, hat nicht gespart, sondern hat schlichtweg weniger Aufgaben zu leisten. Das bildet sich sowohl im GFG als auch im Stärkungspakt und in dem von Ihnen zitierten Urteil ab.
Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Kollege Ellerbrock, Sie haben jetzt die Gelegenheit zu einer zweiten Frage.
Herr Minister, diese unterschiedlichen Aufgabenstellungen nehmen in Ihren Worten einen großen Stellenwert ein. Das ist auch nachvollziehbar. Spiegeln sich diese unterschiedlichen Aufgabenstellungen denn auch in den entsprechenden Personalschlüsseln für die einzelnen Kommunen in den einzelnen Aufgabenwahrnehmungsaktivitäten wider?
Herr Ellerbrock, in der Landesverfassung ist der Grundsatz der kommunalen Selbstverantwortung verankert. Das heißt, ob, wie und auf welche Art und Weise eine Kommune eine Aufgabe erledigt, ist im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung in einem gewissen Korridor selbst zu wählen, beispielsweise auch, welche Personalintensität im Rahmen von Jugendhilfemaßnahmen aufgelegt werden muss oder Ähnliches.
Selbstverwaltung relativ rigoros eingeschränkt. 109 Kommunen waren im sogenannten Nothaushalt, das heißt, Entscheidungen des Rates waren dann hinfällig, wenn in dem sehr engen Korsett des Nothaushaltsrechts bestimmte Ausgaben zu tätigen waren. Das heißt, trotz sehr enger Führung durch die Kommunalaufsicht ist es der damaligen Landesregierung nicht gelungen, einen deutlichen Anstieg der Kommunen im sogenannten Nothaushaltsrecht zu verhindern.
109 Kommunen waren es in der Spitze, jetzt im Jahre 2016 sind noch neun Kommunen im Nothaushaltsrecht. Daran können Sie ermessen, dass unser Konzept und unser Ziel aufgegangen ist, den Kommunen auf der einen Seite deutlich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, weil es auch notwendig ist, und auf der anderen Seite zusätzliche Landeshilfen insbesondere den Stärkungspaktkommunen zur Verfügung zu stellen – bei gleichzeitigen deutlichen Konsolidierungsmaßnahmen innerhalb der Kommunen. Dass auch dieses Konzept aufgegangen ist, mögen Sie daran erkennen, dass nur noch neun Kommunen im Nothaushaltsrecht sind.
Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Fragewünsche liegen nicht vor. Damit ist dann auch die Mündliche Anfrage 84 beantwortet, und ich danke Ihnen noch einmal ganz herzlich. Die Fragestunde ist damit insgesamt geschlossen.
Trauerspiel um die JVA Münster beenden: Überfälligen Neubau endlich realisieren, denkmalgeschützten Altbau erhalten!
Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, den Gesetzentwurf heute nicht zu beraten, und Herr Minister Kutschaty hat mitgeteilt, dass er seine Einbringungsrede zu Protokoll gibt. (Siehe Anlage 1)
Deshalb kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes Drucksache 16/12434 an den Rechtsausschuss. Jemand dagegen? – Enthaltungen? – Beides nicht der Fall.
Wir kommen zweitens zur Überweisung des Antrages der Fraktion der CDU Drucksache 16/12832. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages an den Rechtsausschuss – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr. Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass die abschließende Aussprache und Abstimmung erst nach Vorlage der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses hier im Plenum erfolgen sollen. Stimmt jemand dagegen – oder möchte sich enthalten? – Beides nicht der Fall. Dann haben wir insgesamt so überwiesen.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 16/12829 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft und Forschung. Die abschließende Aussprache und Abstimmung werden nach vorliegender Beschlussempfehlung hier im Plenum erfolgen. Jemand dagegen? – Enthaltungen? – Beides nicht der Fall. Dann haben wir uns auch bei Tagesordnungspunkt 14 so entschieden.
Hier führen wir eine Debatte. Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat für die FDP-Fraktion, die antragstellende Fraktion, Frau Kollegin Schmitz das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich im Mai 2012 mein Amt hier im Hohen Hause antrat, tat ich es unter dem Motto: „Bildung in Freiheit, Wissenschaft in Raum und Zeit, Kultur ist der Rahmen, Zukunft das Ziel“. Und um die Freiheit in Bildung und Wissenschaft geht es heute in unserem Antrag.
Forschungsfreiheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein zentraler Pfeiler freier, demokratisch verfasster Gesellschaften. Wissenschaft und Forschung können und sollen Fortschritt und Diskussionen befördern. Umso fragwürdiger ist es dann, wenn in dem gesellschaftspolitisch wichtigen, staatlich verantworteten Schulbereich die Exekutive Forschung gezielt erschwert oder gar verhindert. Intransparenz schürt Misstrauen. Exekutive Intransparenz ist besonders fragwürdig, wenn es sich um aus Steuergeldern erhobene Daten handelt.
Es hat in den vergangenen Jahren immer wieder Meldungen zu gezielten Blockaden durch die Kultusbürokratie gegeben. Das reicht von der Kultusministerkonferenz als Ganzes bis direkt nach NordrheinWestfalen hinein.
Wissenschaftlern wird der Zugang zum Beispiel zu Rohdaten verweigert. Wissenschaftliche Vergleiche zwischen Bundesländern oder Untersuchungen einzelner politischer Prestigeprojekte werden gezielt blockiert. Teilweise wird laut Wissenschaftlern sogar mit Geld- oder Gefängnisstrafen gedroht, wenn sie unerwünschte Vergleiche anstellen.
Bisweilen wird der natürlich generell wichtige Datenschutz offenkundig nur vorgeschoben. Eine Landesregierung hat Blockaden von Daten tatsächlich damit erklärt, dass sie aus ihrer Sicht keinen Erkenntnisgewinn liefern würden. Was ist das für ein Verständnis von Forschung, wenn die Exekutive schon vorab erklärt, ob ein Erkenntnisgewinn entstehen könnte!
Wie ist dieses Vorgehen eigentlich mit dem im Grundgesetz verankerten Auftrag zur Förderung und Pflege der Wissenschaft und der Forschungsfreiheit zu vereinbaren? Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums ist im Gutachten „Mehr Transparenz in der Bildungspolitik“ sogar zu dem folgenden Schluss gekommen – und ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:
„Allerdings behindern die Kultusbehörden seit vielen Jahren die systematische Erforschung von bundeslandspezifischen Bildungsinitiativen und die Bereitstellung von Vergleichsgrößen, indem sie den Zugang zu relevanten Informationen verweigern: Vorhandene Information wird nicht bekannt gemacht und die Erhebung neuer Daten