Protocol of the Session on July 7, 2016

Laut einer Studie der „FAZ“ und der Institution CORRECTIV verlangen die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen saftige Dispozinsen von ihren Kunden. So liegt der effektive Dispozins der Kreisspar

kasse Köln bei 10,81 %; 11,31 % verlangt die Sparkasse Düsseldorf, 12,29 % die Sparkasse Duisburg, 12,037 % die Sparkasse Mülheim an der Ruhr, 11,56 % die Sparkasse Essen, 11,359 % die Sparkasse Oberhausen.

Zinsen für die Inanspruchnahme von Dispokrediten stellen eine besondere Belastung von Sparkassenkunden dar, die in Zeiten einer Nullzinspolitik der EZB und einem praktisch gegen null tendierenden Guthabenzins zu einem auffälligen Missverhältnis zwischen Guthabenzinsen und Schuldzinsen geführt haben.

Die horrenden Dispozinsen lassen viele Verbraucherinnen und Verbraucher direkt in die Schuldenfalle tappen und verschärfen das soziale Ungleichgewicht in unserem Land. Allerdings geht dieses Ungleichgewicht auch bundesweit zulasten der Bürgerinnen und Bürger, weshalb von NRW – als dem bevölkerungsreichsten Bundesland – ein deutliches Zeichen ausgehen muss.

(Beifall von den PIRATEN)

Im September des Jahres 2015 hat die Landesregierung – das ist ihr wirklich hoch anzurechnen – von Nordrhein-Westfalen aus einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, der eine Deckelung der Dispozinsen auf maximal 8 % für den gesamten Bankensektor vorsah. Das geschah im Rahmen der Beratungen über die Wohnimmobilienkreditrichtlinie.

Im Bundesrat wurde dieser Gesetzentwurf angenommen. Die Große Koalition unter der Führung der CDU/CSU hat ihn dann im Bundestag abgelehnt.

Sehr schön finde ich den aktuellen Vorstoß der BaFin, die Dispokreditzinsen aller Institute bundesweit unter die Lupe zu nehmen – gerade auch aus den genannten Gründen. Wie ich eben gesagt habe, hat der Bundesrat diesem Gesetzentwurf zugestimmt, während die CDU/CSU ihn abgelehnt hat.

Im Verhältnis zu den Sparkassen liegen die privaten Banken – und das ist das Erstaunliche; man könnte ja glauben, die privaten Banken langten mehr zu – im Schnitt 2 % unter dem Zinsniveau der Sparkassen.

Hierfür gibt es keine Rechtfertigung. Somit besteht dringender Bedarf, der Dispo-Abzocke der Sparkassen einen Riegel vorzuschieben.

Der Rest ist eine Frage des politischen Willens. So begrüßen wir selbstverständlich auch Initiativen, bei denen zum Beispiel von der Deckelung der Gehälter von Sparkassenführungskräften die Rede ist.

Hier wird wahrscheinlich gleich argumentiert, die Sparkassen hätten doch mit einer ungünstigeren Kostenstruktur zu tun. Dann müssen sich die Sparkassen fragen lassen, ob sie sich da nicht vielleicht ein Beispiel an den privaten Banken nehmen; denn dort funktioniert es auch.

Laut Sparkassengesetz unterliegen die Sparkassen und die Sparkassen- und Giroverbände in NordrheinWestfalen der Aufsicht des Landes. Die zuständige Aufsichtsbehörde ist das Finanzministerium. Mit dem Sparkassengesetz NRW regelt der Gesetzgeber den Rahmen für das Sparkassenrecht. Und Sparkassenrecht ist in Deutschland Ländersache.

(Zuruf von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Die Piratenfraktion fordert daher unverzüglich, im Sparkassengesetz festzuschreiben, dass die Dispozinsen gedeckelt werden, und zwar moderat auf 8 % über Basiszins.

Meine Damen und Herren, das ist gelebte Verbraucherpolitik. Dies ist gerecht und moderat. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Blask.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Während meiner langjährigen Tätigkeit bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen habe ich viele Fälle kennenlernen müssen, bei denen Verbraucherinnen und Verbraucher, die ver- oder überschuldet waren, neben ihren vielen finanziellen Problemen zudem noch einen hohen Dispozins auf ihre Überziehungen zahlen mussten. Aber auch Bürgerinnen und Bürger, die den Dispositionsrahmen für eine kurzfristige Finanzierung nutzen, zahlen heute deutlich mehr Zinsen, als dies notwendig wäre.

Von Verbraucherschützern wird daher bereits seit Jahren gefordert, dass Banken die Dispokreditzinsen, die häufig im zweistelligen Bereich liegen, senken bzw. dass ein Zinsdeckel eingeführt werden soll – gerade jetzt, wo wir eine absolute Tiefphase der Zinsen haben und der Zins sich eher bei null orientiert. Dies zeigt sich eben auch aktuell.

Wie die von den Piraten im vorliegenden Antrag aufgeführte Studie von „FAZ“ und „CORRECTIV“ aus dem März dieses Jahres zeigt, geben insbesondere die Sparkassen den durch die derzeitige Niedrigzinsphase entstehenden Zinsvorteil beim Dispokredit nicht an die Kunden weiter. So liegt der durchschnittliche Dispokreditzins der Sparkassen mit 10,75 % um 1,9 % über dem der Privatbanken.

Dabei zeigt die Studie, dass bei den Sparkassen eine breite Spannbreite zwischen der Höhe der Dispozinsen besteht und dass ein Vergleich der Höhe der Dispozinsen zwischen den verschiedenen Instituten den Kunden sehr schwerfällt.

Wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen stehen für einen Dispo- Deckel für alle Banken – zumal, wie Sie ebenfalls im Antrag ausführen, die rot-grüne

Landesregierung im vergangenen Jahr bereits einen Gesetzentwurf mit dem Ziel einer Deckelung der Dispozinsen für Sparkassen und Privatbanken in den Bundesrat eingebracht hat.

Da sich die Große Koalition im Bundestag bereits im Koalitionsvertrag nicht auf eine Deckelung der Dispokreditzinsen einigen konnte, scheiterte der Gesetzentwurf nach Zustimmung des Bundesrates dann leider im Bundestag, da insbesondere die CDU eine Deckelung ablehnte. Das ist schade; denn dies hätte für die Verbraucherinnen und Verbraucher eine deutliche Verbesserung bedeutet.

Um die Deckelung der Dispokreditzinsen zumindest für die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen zu erreichen, fordern Sie mit Ihrem Antrag nun die Landesregierung auf, eine Obergrenze für die Dispozinsen der Sparkassen über das Sparkassengesetz NRW einzuführen.

Wenn es eine Deckelung geben sollte, dann eine für alle Banken – und dies kann nur der Bundesgesetzgeber auf den Weg bringen. Wir haben da keine Gesetzgebungskompetenz. Daher können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren, dieses Thema ist aber natürlich ein verbraucherpolitisch sehr wichtiges. Lassen Sie mich zum Schluss daher sagen: Ich fordere die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen auf, ihre Zinspolitik zu überdenken und sich im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher in NordrheinWestfalen dem allgemeinen Zinsniveau anzupassen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Blask. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Scharrenbach das Wort.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Behauptung der Piratenfraktion, die Gesetzgebungskompetenz für einen Dispo-Deckel läge beim nordrhein-westfälischen Landtag, ist schlichtweg falsch – Frau Kollegin Blask hat das gerade auch schon gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen der Piraten –; denn wir unterscheiden im Sparkassenrecht zwischen dem formellen Sparkassenrecht, nämlich dem Sparkassenverfassungsrecht und dem Sparkassenorganisationsrecht, und dem materiellen Sparkassenrecht, nämlich der Wirtschafts- und Geschäftsführung.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Das habe ich mir gedacht!)

Herr Kollege Schulz, das haben wir nun oft genug im Haushalts- und Finanzausschuss in Bezug auf andere Fragestellungen der Sparkassenorganisationen miteinander diskutiert.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Ja, natürlich!)

Die Ausgestaltung des formellen Sparkassenrechts obliegt dem nordrhein-westfälischen Landtag, die Ausgestaltung des materiellen Rechts hingegen dem Bund.

Die von Ihnen in Ihrem Antrag vorgeschlagene Regelung zielt einzig und allein auf das materielle Sparkassenrecht ab, für das der Bund zuständig ist – und nicht der Landtag Nordrhein-Westfalen.

Um es kurz zu machen: Abgesehen von diesen formellen Zuständigkeiten im Föderalismus möchten wir Ihnen natürlich auch eine politische Bewertung zukommen lassen. Wir halten es für falsch, den Dispo-Deckel ausschließlich auf die Anstalten des öffentlichen Rechts, also die Sparkassen, anzuwenden. Sie wissen doch, in welchem Markt sich derzeit die Institute insgesamt befinden. Sie wissen auch, in welcher Situation sich im Besonderen die Sparkassen – nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern bundesweit – befinden.

Vor diesem Hintergrund würde Ihr Vorschlag dazu führen, dass Sie einseitig in einen Markt eingreifen und hier wettbewerbsverzerrend tätig werden. Das ist mit der CDU-Landtagsfraktion nicht zu machen.

(Beifall von der CDU)

Nächster Punkt: Ja, die Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite wirken sehr hoch und unterscheiden sich dann auch noch einmal zwischen Disposition und Überziehung.

Aber – und das wissen Sie doch, Herr Schulz – die Höhe der Zinsen hängt doch nur bedingt mit der Refinanzierung der Banken zusammen. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle: die individuelle Risikoeinschätzung, die Eigenkapitalsituation des Kreditnehmers, die Betriebskosten, die Bearbeitungskosten, das Bankenmodell, ob ich ein großes oder kleines Filialnetz habe, die Verfügbarkeit von Geldautomaten, die Beratungsbedarfe usw. usf.

Insofern kann man gar nicht alle Sparkassen, ob in Westfalen-Lippe oder im Rheinland, über einen Kamm scheren.

Schlussendlich: Dispositions- und Überziehungskreditzinsen vermeidet man natürlich insbesondere dann, wenn man sein Konto nicht überzieht und nicht in den Dispo geht.

Vor diesem Hintergrund fehlender Zuständigkeit dieses Landtags und eines Eingriffs in den Markt, den wir für unverhältnismäßig halten, kommen wir dazu, Ihren Antrag abzulehnen. – Jetzt freue ich mich auf Ihre Kurzintervention.

Herr Kollege Schulz, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin Scharrenbach, ich habe natürlich damit gerechnet, dass Sie besonders betonen, es gebe einen Unterschied zwischen formellem und materiellem Sparkassenrecht. Das weiß ich natürlich. Ich hatte aber nicht umsonst in meiner Rede auch betont, dass alles in der Politik eine Frage des politischen Willens bzw. der politischen Willensbildung ist. Ich habe auch hier in diesem Landtag schon Gesetzesänderungen erlebt, die dafür Sorge tragen sollten, einen bestehenden Zustand zu ändern.

An dieser Stelle bin ich natürlich besonders dankbar für den Appell von Frau Kollegin Blask. Gleichzeitig möchte ich Ihnen aber noch eines entgegenhalten. Sie sprachen von einem Eingriff in den Markt. Ja, es wäre in der Tat ein Eingriff in den Markt, ein Eingriff in die Wettbewerbsfähigkeit, und zwar zugunsten der Sparkassen, wenn sie denn mit ihren Zinsen wenigstens auf das Niveau heruntergingen, das die Banken derzeit nun einmal praktizieren.

Denn nicht umsonst musste ja auch erwähnt werden, dass die Sparkassen grundsätzlich im Durchschnitt bundesweit 2 Prozentpunkte über den privaten Banken liegen. Man muss hier doch einmal die Frage stellen, wieso das so ist. Es kann sich doch nur um irgendwelche strukturellen Fehlentwicklungen bei den Sparkassen handeln, die es auf ein Normalmaß zurückzuführen gilt, sodass die Sparkassen ebenfalls wenigstens mit dem Zinsniveau der Banken auskämen.

Hier jetzt ohne Weiteres den Eingriff zu monieren, halte ich also doch für einigermaßen überzogen.

Die Zeit.

Noch einmal: Politischer Wille ist maßgeblich. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, Frau Kollegin Scharrenbach.

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Jetzt hat Frau Kollegin Scharrenbach Gelegenheit, zu antworten.