Wenn wir uns dann noch vor Augen führen, dass hinsichtlich der Zuwächse an Transitströmen im Güterverkehr zwar alle Verkehrsträger zulegen, die Wasserstraßen aber abgeschlagen auf Platz drei liegen, die Bahn auf Platz zwei und die Straße nach wie vor und allen Parteitagsbeschlüssen zum Trotz unangefochten auf Platz eins, und wenn wir daran nicht nur auf Parteitagen, sondern ganz real etwas ändern wollen, dann muss für alle klar sein: Diese Entwicklung benötigt Leitplanken und einen Leitfaden.
Diesen Leitfaden und diese Leitplanken hat die Landesregierung mit dem Wasserstraßen-, Hafen- und Logistikkonzept vorgelegt. Mit diesem Konzept, dessen Erstellung von einem mit Experten besetzten Beirat begleitet wurde und für das zwei umfangreiche Gutachten erstellt worden sind, ist eine verlässliche Basis für die weitere Entwicklung des Logistikstandortes Nordrhein-Westfalen geschaffen worden.
Wir Sozialdemokraten begrüßen dies ausdrücklich und danken der Landesregierung sowie dem Minister dafür sehr. Dies tun wir übrigens nicht alleine, sondern zusammen mit den meisten der über 250 Gäste, die bei der ersten Präsentation des Konzepts in der „Rheinterrasse“ dabei waren, und auch gemeinsam mit vielen der betroffenen Verbände, wie zum Beispiel dem Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt, dem Verband Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen oder der IHK Köln.
In über 30 Handlungsfeldern sind die anstehenden Hausaufgaben identifiziert und erläutert. Sie alle verfolgen im Grunde vier zentrale Ziele:
Erstens. Es gilt vor allem, das System Wasser zu stärken und die Wasserstraßeninfrastruktur zu erhalten und zu verbessern. Das ist natürlich eine Aufgabe des Bundes. Wir freuen uns über die ersten positiven Nachrichten im Bundesverkehrswegeplan. Schön wäre es, wenn es uns noch gelänge, ein Programm zur Anhebung der Brücken im westdeutschen Kanalnetz für den zweilagigen Containerverkehr auf den Weg zu bringen.
Transportleistungen weiter gesenkt werden. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung weiterhin die Forschung mit dem Ziel unterstützt, die Binnenschifffahrt als kostengünstigen, ressourcenschonenden und umweltfreundlichen Verkehrsträger zu stärken.
Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung Nachrüstungsmöglichkeiten durch Pilotprojekte begleiten und Möglichkeiten für ein Förderprogramm, zum Beispiel zur abgastechnischen Nachrüstung von alten Binnenschiffen, prüfen will.
Entschuldigen Sie, Herr Kollege. Würden Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Scharrenbach zulassen?
Wir brauchen drittens ausreichende Flächen für Umschlag und Logistik. Auch wenn potenzielle Logistikflächen für die nächsten Jahre in den meisten Regionen ausreichend vorhanden sind, müssen viele dieser Flächen jedoch bereits kurzfristiger verfügbar gemacht werden, um die erwarteten Güterströme abwickeln zu können. Bis zum Jahr 2030 wird der zusätzliche Flächenbedarf der Häfen auf rund 255 ha geschätzt. Im Landesentwicklungsplan sollen deshalb Standortpotenziale gesichert werden.
Viertens. Schließlich gilt es, eine ausreichende Ausbildung für die Binnenschifffahrt der Zukunft sicherzustellen. Auch da ergreift die Landesregierung entsprechende Initiativen.
Alles in allem ist das Wasserstraßen-, Hafen- und Logistikkonzept der Landesregierung eine gute Grundlage, um den Wachstumsmotor in den Häfen und in der Logistikbranche anzukurbeln, auf dass unser Bundesland Logistikstandort Nummer eins bleibt. Wir werden die Landesregierung bei der Umsetzung unterstützen und begleiten.
Da dies heute von den meisten Seiten ähnlich positiv gesehen wird, brauchen wir, Herr Rasche, im nächsten Jahr auch keinen Politikwechsel, sondern im Gegenteil eine Verstetigung dessen, was die Landesregierung und der Minister auf den Weg gebracht haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Becker, bitte bleiben Sie noch einen Moment hier. Es liegt eine Kurzintervention der Frau Kollegin Scharrenbach vor. – Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Kollege Becker, Sie haben gerade auf die Investition des Metro-Konzerns in Marl abgehoben und das in großen Tönen gelobt.
Gleichzeitig geht der Metro-Konzern her und schließt drei kleinere Standorte, wo 770 Arbeitsplätze wegfallen, davon zwei Standorte, die im Kreis Unna liegen, nämlich in Kamen und in Unna. Dort handelt es sich um einen Kreis, der strukturell immer noch wirtschaftlich benachteiligt ist und dem es sehr schwer fällt, auf die Füße zu kommen.
Wie bewerten Sie diese Situation? Warum lassen Sie denn die Tatsache weg, dass an anderer Stelle 770 Arbeitsplätze wegfallen, und zwar in einer Region, in der wir dringend Arbeitsplätze brauchen, Herr Kollege?
Danke. – Ich lasse das nicht weg. Ich habe Bezug genommen auf die Äußerung von Herrn Rasche, der ein Zerrbild dargestellt hat, wonach hier in Nordrhein-Westfalen niemand investieren will, die Logistikbranche ausweicht usw. usf.
Im Gegenteil: Ich habe UPS angesprochen. Ich habe die Metro angesprochen. Das sind zwei Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit, die genau diesem Zerrbild widersprechen.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die Fraktion der Grünen spricht noch einmal der Kollege Klocke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich ergreife noch einmal das Wort zu zwei Punkten aus der Debatte, die mir wichtig sind.
Das betrifft einmal die angesprochene Frage, ob man eine Kategorisierung im Landesentwicklungsplan mit landesbedeutsamen Häfen und anderen schafft. Ich würde noch einmal dafür werben, das entsprechend zu machen – er ist ja heute vorgestellt worden –; denn wenn wir alle 124 Hafenstandorte, jedenfalls die, die gemeldet sind, seitens des Landes, der Behörden und der Kommunen gleich behandeln würden, würden wir insbesondere die Kommunalverwal
tungen doch vielfältig unter erheblichen Planungsstress setzen, was auch gar nicht vorhandene Entwicklungsperspektiven angeht.
Es macht Sinn – da ist auch noch einmal nachjustiert worden, jedenfalls was die Frage von Emmerich angeht; das ist eben angesprochen worden –, zwei Kategorien zu haben, nämlich einmal die landesbedeutsamen Hafenstandorte und die einmal die anderen. – Das ist Punkt eins.
Bei Punkt zwei komme ich noch einmal zur Frage der Flächen. Selbstverständlich braucht wirtschaftliche Entwicklung auch ausreichend Flächen. Das ist völlig unbestritten. Aber der Aspekt von Nachhaltigkeit, also von Grünflächen, von Retentionsräumen am Rhein, ist ein relevanter. Ich möchte noch einmal dafür werben, Umweltpolitik nicht immer nur in Sonntagsreden zu betreiben.
Eben ist der Chef der Duisburger Häfen, Herr Staake, angesprochen worden. Er hat mit Sicherheit seine Leistungen und Verdienste, was den Hafen und die Entwicklung des Hafens angeht. Ich erinnere mich aber an die Vorstellung unseres Konzeptes in der „Rheinterrasse“. Da hat er auf der Bühne an einem Talk teilgenommen. In jedem dritten Satz meinte er, Nachhaltigkeitsaspekten, Klimaschutzaspekten und überhaupt dem Einfluss der Grünen in der Landesregierung einen Seitenhieb verpassen zu müssen. Das ist vielleicht kein Wunder, wenn man Duzfreund von Gerd Schröder ist und sozusagen in der Tradition steht.
Meines Erachtens ist es aber nur dann zukunftsfähig, und zwar über den Tag hinaus und nicht nur als eine kurzfristige Entwicklung, wenn man Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte mit wirtschaftlicher Entwicklung und wirtschaftlicher Perspektive verbindet. Das gelingt in diesem Konzept. Deswegen werben wir auch dafür, das entsprechend umzusetzen.
Es macht aber aus unserer Sicht keinen Sinn, immer Krokodilstränen zu weinen, wenn wir Starkregenereignisse haben und uns die Bäche und Flüsse weggespült werden oder wenn man sich andere Aspekte im Bereich unserer Umwelt anguckt. Immer dann, wenn es konkret wird und darum geht, den Ausgleich zwischen den berechtigten wirtschaftlichen Interessen und dem Rückhalt von Grünflächen in der Flächenpolitik zu schaffen, sagt man: Für die wirtschaftliche Entwicklung muss alles abgeräumt werden, nur damit die wirtschaftlichen Perspektiven gut sind.
Gute wirtschaftliche Perspektiven gibt es nur in der Kombination aus Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie florierender Wirtschaft und Handel. Das gewährleistet das Konzept. Wir würden an dieser Stelle auch noch einmal dafür werben, das entsprechend zu berücksichtigen.
Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Ein eigenes Konzept rechtzeitig vorzulegen, um den Bund zu beeinflussen – das hat auch Herr Rasche eben verlangt –, wäre natürlich gut gewesen. Ich sage jetzt auch, warum. Herr Rasche hat ausgeführt, man hätte noch einmal gucken können, dass im Bundesverkehrswegeplan die Rheinvertiefung bis Bonn, Brückenanhebungen und so etwas drinstehen.
Hier sind wir meines Erachtens aber bei einer Sache, die nicht mehr Konzept im eigentlichen Sinne ist. Vielmehr wollen wir möglichst viel aus dem herausholen, was der Bund möglicherweise zu geben bereit ist.
Nun muss man natürlich wissen: Das Ziel der Rheinvertiefung wäre, größere Schiffe auf den Rhein zu bekommen. Wir haben aber gar nicht so viele größere Schiffe auf dem Rhein. Deutsche Schiffe auf den Wasserstraßen sind meistens kleinere und mittelgroße Schiffe. Das Ziel muss doch sein, nicht einige wenige große Schiffe, sondern viele kleinere Schiffe auf dem Rhein zu haben, um auch viele Güter zu transportieren.
Die Flaschenhälse, die es gibt, liegen ganz woanders. Sie liegen bei mehr Liegeplätzen, Übernachtungshäfen am Rhein, dringend zu sanierenden Schleusen und der Nachwuchsförderung.
Die Nachwuchsförderung für die Binnenschiffer dürfen wir an dieser Stelle nicht vergessen. Wir müssen auch überlegen: Nachwuchsförderung kann nicht nur eine Werbung oder Marketing nach dem Motto „Kommt doch mal zur Binnenschifffahrt“ sein, sondern das muss auch heißen, den Job attraktiv zu machen. Gleiches betrifft natürlich auch andere Jobs in der Logistik.
Es gilt, diesen Job attraktiv zu machen, und zwar auf allen Ebenen – nicht nur beim Arbeitsplatz, sondern auch beim Leben. Wir können uns wohl alle vorstellen: Einen Job bei einem Logistiker nimmt man noch mal eben an. Aber Binnenschiffer wird man nicht so leicht. Das ist eine Lebensentscheidung. Da muss es auch möglich sein, sich weiterzubilden, während man partikuliert, und andere Dinge zu machen, die man sonst in seinem Leben tut. Internet und Mobilfunk gehören natürlich auch dazu; aber okay.
Mir ist klar, dass das dann nicht mehr nur allein ein Hafenkonzept ist, das aus dem Verkehrsministerium kommt, sondern dass dafür sehr viel mehr notwendig ist.
An dieser Stelle braucht man halt auch eine Landesplanung und eine konsequente Umsetzung in allen Ressorts und auf allen Ebenen.
Natürlich muss man, wenn man eine große Planung macht, ein großes Konzept vorlegt und auch eine Landesplanung hat, auch differenzieren. Ohne Differenzierung – das betrifft jetzt die landesbedeutsamen Häfen – gibt es natürlich keinen Plan. Dann ist alles eine Sauce und alles gleich unwichtig. Das ist am Ende eben kein Konzept. Das ist Handeln nach dem Motto: Ja, wir machen alles wie immer, aber möglichst viel, und wir versuchen, möglichst viele von irgendwelchen Projekten zu überzeugen. – Am Ende passt aber nichts mehr zusammen.