Protocol of the Session on July 6, 2016

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Ott. – Für die FDP spricht Herr Kollege Rasche.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister, beim Wasserstraßen-, Hafen- und Logistikkonzept des Landes Nordrhein-Westfalen ist nicht alles richtig rundgelaufen. Wir haben am 22. Februar dieses Jahres den Kabinettsbeschluss erlebt. Zwei Monate später wurde das ganze Projekt dann in der „Rheinterrasse“ vorgestellt. Heute, am 6. Juli 2016, also glatte fünf Monate nach dem Kabinettsbeschluss, erfolgt hier in diesem Hohen Hause die Unterrichtung.

Es ist kein Wunder, dass der eine oder andere – ich will jetzt keine Namen nennen – etwas gelangweilt dreingeschaut hat, als hier über diese Sachen diskutiert worden ist, die im Grunde schon fünf Monate alt sind. Ich glaube, dass die Unterrichtung wesentlich zu spät erfolgt. Allein der Zeitablauf macht deutlich, dass es hier eben nicht rundgelaufen ist.

An dieser Stelle möchte ich auf vier Punkte eingehen, nämlich auf das Verfahren, auf den Umgang mit den Beteiligten, auf die Folgen der viel zu späten Vorlage und auf das Ergebnis. In allen vier Teilbereichen ist nicht alles rundgelaufen.

Erster Punkt: Verfahren. Das alte Wasserstraßenverkehrs- und Hafenkonzept stammt aus dem Jahre 2004. Es wurde 2008 letztmalig fortgeschrieben. Angesichts der strukturellen Entwicklungen, veränderten Rahmenbedingungen und aktuellen Herausforderungen war die Fortschreibung dieses Konzeptes längst überfällig.

Das belegen übrigens auch die Koalitionsverträge von SPD und Grünen aus den Jahren 2010 und 2012, in denen Sie ganz konkrete Aussagen zu der Fortschreibung getroffen, sich entsprechende Ziele gesetzt und angekündigt haben, dass eine schnelle Fortschreibung erfolgt. Dann tat sich aber nichts. Aufgrund Ihrer Aussagen entstand natürlich ein Druck in der Branche, weil man darauf wartete, dass diese Regierung endlich ihre Hausaufgaben erledigt.

Im Februar 2013 kündigte dann Verkehrsminister Groschek an, dass noch im gleichen Jahr, im Jahre 2013, ein Konzept vorgelegt würde. Und was passierte dann? Wieder nichts! Jahrelang passierte nichts.

Die Verantwortung liegt auf keinen Fall bei den Mitarbeitern, mit denen wir ja gute Gespräche geführt haben – vielen Dank für die Einladung; es gibt also

immer auch konstruktive Ansätze –, sondern bei der Hausspitze. Wenn über sechs Jahre nichts erfolgt, ist das eben auch ein Ergebnis der Hausspitze, in diesem Fall des Ministers.

Wir reden immer wieder, in jeder Plenarwoche, über das Thema „null Wirtschaftswachstum“. Dieser kleine Baustein trägt natürlich mit dazu bei, dass es zu null Wirtschaftswachstum in Nordrhein-Westfalen gekommen ist, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Zweiter Punkt: Umgang mit der Branche. Der Umgang mit den IHKs, dem LogistikCluster NRW und den verschiedenen Verbänden war respektlos. In der Anfangsphase wurde der Projektbeirat, der gegründet worden ist, eingebunden. Aber schon auf der Hälfte des Weges und damit in der entscheidenden Phase war er völlig außen vor.

Nach über einem Jahr des Stillstands wurde dieser Projektbeirat dann nach Berlin eingeladen. Das war schon eine Provokation; denn es gab nichts Neues. Insofern wurden die Beschwerden nicht nur deutlich, sondern auch laut geäußert.

Anschließend wurde weiter mit Experten verhandelt – aber nur mit den Experten innerhalb der Koalition und nicht mit den Experten des Projektbeirates.

Zum Schluss – das war dann eine kleine Krönung – wurden drei richtige Experten namens Kösters, Schäfer und Staake gebeten, das Papier auf der „Rheinterrasse“ im April dieses Jahres vorzustellen. Sie mussten allerdings die Bedingung stellen, dass ihnen dieses Papier zunächst einmal bekannt gemacht wird, damit sie überhaupt wissen, welche Inhalte sie vorstellen sollen. Nicht einmal dafür hatte das Ministerium im Vorfeld gesorgt.

Meine Damen und Herren, so geht man nicht mit der Branche um. So geht man nicht mit den Experten um, die einem eigentlich wertvolle Zuarbeit leisten sollen. Da sollte Respekt – das Wort „Respekt“ schiebt diese Landesregierung ja immer wieder nach vorn – doch eine große Rolle spielen. Die Enttäuschung über die Zusammenarbeit mit dieser Landesregierung war in der Branche insofern sehr groß.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Dritter Punkt: Meine Damen und Herren, wir haben uns schon darüber unterhalten, was der Grund für die rechtzeitige Vorlage eines Konzeptes ist. Da waren wir uns in diesem Hause nicht immer einig. Die Position der FDP hat sich ziemlich von der Position der Koalition unterschieden.

Tatsache ist, dass das Nationale Hafenkonzept für ganz Deutschland am 20. Januar 2016 vorgelegt wurde. Da lag unser Konzept aus Nordrhein-Westfalen noch nicht vor. Damit haben wir in NRW die

Chance verpasst, uns zu positionieren und Einfluss auf das Nationale Hafenkonzept zu nehmen.

Eine Folge war zum Beispiel, dass der Ahrensburger Liste von Projekten der norddeutschen Bundesländer ein weit höherer Stellenwert eingeräumt wurde als den Projekten der Düsseldorfer Liste, also den Projekten bei uns in Nordrhein-Westfalen. Man hätte vorher offensiv agieren müssen, damit beide Listen gleichrangig bewertet werden.

Auch die berechtigte Kritik der nordrhein-westfälischen Logistikwirtschaft sowie der Häfen Antwerpen und Rotterdam an der Seeverkehrsprognose 2030 hat seitens der Landesregierung nicht die erhoffte und notwendige Unterstützung erfahren. In diesem Bundespapier wurden nordrhein-westfälische Interessen heruntergerechnet und Interessen der Küstenländer hochgerechnet. Damit hat die Bundesregierung, also die Große Koalition, den Küstenländern einen erheblichen Vorteil beim Wettbewerb um begrenzte Mittel für Großprojekte in Deutschland verschafft.

Seit Jahren und Jahrzehnten erfahren wir doch schon, dass wir bei diesem Wettbewerb um Großprojekte gerade auf der Schiene immer wieder verlieren, entweder gegen Bayern und Baden-Württemberg oder gegen die Küstenländer. Deswegen hätte man hier verantwortlicherweise viel früher mit einem eigenen Konzept reagieren müssen.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Bezogen auf den Bundesverkehrswegeplan führte dieses Herunterrechnen nordrhein-westfälischer Interessen seitens des Bundes dazu, dass Großbauprojekte im Bundesverkehrswegeplan schlecht abgeschnitten haben. Einige Beispiele: Brückenanhebungen im westdeutschen Kanalnetz, Rheinvertiefung bis Bonn, Eiserner Rhein, Münster–Lünen, Aachen–Düren–Köln, Duisburg–Düsseldorf.

Das sind nur einige Beispiele. Sie haben aber eine enorme Bedeutung für Nordrhein-Westfalen. In diesem Fall bin ich einmal beim Kollegen Arndt Klocke, der natürlich zu Recht kritisiert hat, dass diese Projekte bei der Vorlage des Bundesverkehrswegeplans so gut wie gar nicht stattgefunden haben.

Der Vergleich zwischen Staake und Marco Polo hinkt ein bisschen. Zumindest war das Reisen damals beschwerlicher. Staake reist ziemlich komfortabel. Minister Groschek hat uns eben erzählt, wie in China, in der Türkei und in anderen Ländern für Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte in Schienen und in Häfen investiert wird. In Nordrhein-Westfalen passiert genau das Gegenteil: Hier passiert nichts.

Wir werden seitens des Bundes benachteiligt. Nordrhein-Westfalen versagte die erhoffte Unterstützung des LogistikClusters NRW und unserer eigentlichen Partner, der Häfen in Rotterdam und in Antwerpen.

Da muss mehr passieren. So bedeutet die Politik Stillstand in Nordrhein-Westfalen – Stau – und eben nicht die notwendige Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Logistik.

(Beifall von der FDP)

Ich komme zum Fazit, meine Damen und Herren, und damit zu den Ergebnissen. Die sieben Kernaussagen des Konzeptes sind absolut zu begrüßen. Sie wurden hier auch von allen Fraktionen bisher begrüßt und werden das bestimmt auch gleich. Das passt. Allerdings waren diese Aussagen auch schon in den Vorgängerpapieren, also in den Konzepten davor, vorhanden. Darüber hinaus gab es natürlich Kritik aus der Branche. Herr Kollege Ott hat gerade behauptet, es habe nur Lob gegeben. Das ist eben bei Weitem nicht der Fall. Die Papiere liegen uns doch allen vor.

Die Branche erwartet vom Land Nordrhein-Westfalen, dass es in diesem wichtigen Logistikbereich eben nicht nur die Moderatorenrolle übernimmt, sondern aktiv in das Geschäft eingreift und das Konzept mit Leben erfüllt. Was helfen die schönen Worte und ein tolles Konzept, wenn es hinterher nicht aktiv mit Leben gefüllt wird? Es ist eine wichtige – auch psychologische – Aufgabe des Ministers, dort aktiv einzugreifen, übrigens im Schulterschluss mit allen Vertretern der Logistikwirtschaft.

Wir haben über die Flächenproblematik gesprochen. Ich teile nicht die Auffassung von Minister Groschek, dass wir das alles zufriedenstellend im LEP geregelt haben. Wir müssen die Fragen bei DeltaPort und Emmerich beantworten. Sie sind bis heute nicht beantwortet. Beides sind wichtige Häfen für den Standort Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP)

Die Logistikwirtschaft hat mehrfach betont, dass sie sehr gut mit den Kollegen im Ministerium gearbeitet hat, es dort aber vielleicht noch mehr Manpower oder auch Frauenpower bedarf, damit schneller, effektiver und gemeinsam gearbeitet werden kann. Auch in Ihrem Ministerium, Herr Groschek, müssen wir vielleicht ein bisschen mehr an Masse aufbauen, wie es zum Beispiel im Umweltministerium geschieht. Da ist das für mich jetzt völlig ausreichend. Jetzt ist einmal Bauen und Verkehr dran, damit dort eine angemessene Personalausstattung vorhanden ist.

Hinzu kommt die ganze Diskussion um landesbedeutsame und regional bedeutsame Häfen. Der Unterschied ist dabei ziemlich eng, und zwar nicht zwischen den ganz großen und den ganz kleinen, sondern an der Schnittstelle. Viele Häfen verstehen nicht, warum sie nicht landesbedeutsam, sondern nur regional bedeutsam sind. Die gleiche Diskussion haben wir auch bei der Luftverkehrskonzeption.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Ich habe die vier Punkte abgehandelt. Das

nächste Konzept wird in den nächsten Jahren erstellt werden müssen, weil sich die Rahmenbedingungen unglaublich schnell verändern. Es muss zügig erarbeitet werden. Herr Voussem hat eben gesagt: Wir haben das damals in drei Jahren geschafft – unter der Führung der CDU, wie er betont hat. Dies war aber mit einem sehr konstruktiven Koalitionspartner der Fall, lieber Herr Voussem. Wir müssen dieses Konzept jetzt angemessen schnell und respektvoll mit allen Beteiligten erarbeiten.

Noch einmal zum Stichwort „null Wirtschaftswachstum“: Ich bin dabei, lieber Kollege Ott. Gerade bei diesen Großprojekten müssen wir eine Sprache sprechen und gemeinsam dafür kämpfen. Das hat Nordrhein-Westfalen bisher nicht geschafft.

Deshalb benötigen wir in Nordrhein-Westfalen dringend einen Politikwechsel in der Wirtschafts-, Infrastruktur- und Logistikpolitik. Ich habe große Zweifel, lieber Herr Minister, dass das mit dieser Regierung möglich ist. Wir haben aber ein Datum, das Hoffnung macht. Das ist der 14. Mai nächsten Jahres.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Klocke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Lieber Christof Rasche, ich glaube, ich habe den Kollegen Ellerbrock in der letzten Verkehrsausschusssitzung gleich drei Mal gelobt. Das führte zu absoluter Verunsicherung.

(Christof Rasche [FDP]: Da war ich nicht da- bei!)

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist ja zuerst einmal erfreulich, festzustellen, dass dieses Konzept von den beiden großen Oppositionsfraktionen mitgetragen wird. Das war eben die Botschaft der Rede des Kollegen Voussem und auch von Christof Rasche.

Was die Frage angeht, ob man das alles ein bisschen schneller hätte hinbekommen können: Das mag sein. Gut Ding will Weile haben. Es gibt auch andere zentrale Rahmenpläne wie den Bundesverkehrswegeplan, der seitens der Bundesregierung und des Bundesverkehrsministers ebenfalls deutlich hinter der Zeit vorgelegt worden ist. Da haben wir auch darauf gewartet, dass es schneller geht.

Die Arbeit geht ja trotzdem weiter. Es ist doch nicht so, als ob in der Zwischenzeit in den entsprechenden

Dienststellen, in den Behörden, in den verschiedenen Beratungscentern etc., nicht gearbeitet worden wäre.