Protocol of the Session on June 9, 2016

(Dr. Marcus Optendrenk [CDU]: Ja!)

Herr Optendrenk, Sie sind wirklich der allerletzte Waggon in diesem Zug an dieser Stelle.

(Heiterkeit von der SPD – Dr. Marcus Opten- drenk [CDU]: Der ahnungsloseste Abgeord- nete in diesem Parlament redet da! – Gegen- ruf von der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie schlagen uns als nächsten Punkt vor, eine Strategie zu entwickeln. Auch das hat mich wirklich vom Sessel gehauen. Kennt die CDU die ressortabgestimmte 150-seitige Open.NRW-Strategie etwa nicht? Sie ist übrigens nicht mit der Regierungserklärung im Januar letzten Jahres begonnen worden, sondern wurde bereits am 12. September 2012 von der Ministerpräsidentin angestoßen. Seitdem hat es über 20 Projektgruppensitzungen, Klausurtagungen und mehrtägige Workshops gegeben sowie im Mai 2013 – das weiß ich noch gut, Matthi Bolte mit Sicherheit auch – das große Zukunftsforum „Digitale Bürgerbeteiligung“.

(Matthi Bolte [GRÜNE]: Ja!)

Ist das alles an Ihnen vorbeigegangen?

(Michael Hübner [SPD]: Die Antwort ist: Ja!)

Dann fordern Sie, eine Plattform zu schaffen. Ich glaube, seit ziemlich genau einem Jahr ist das Ding online. Herr Stein, Sie sagen immer, Sie seien ein netzaffiner Mensch. Haben Sie das nicht mitbekommen?

Besonders amüsant: Die CDU sagt, man könne die Kommunen mit einbinden. Haben Sie die Anhörung zum E-Government-Gesetz am 14. April 2016 überhaupt nicht mitbekommen? Haben Sie nicht gehört, wie sich dort die Beteiligten geäußert haben – gerade auch die kommunalen Spitzenverbände?

Der Gesetzentwurf schaffe den Rahmen für ein – ich zitiere – „modernes innovatives Handeln staatlicher Organisationen und Behörden untereinander und im Umgang mit den Unternehmen und den Bürgerinnen und Bürgern“, so Volker Staupe von der Stadt Witten in seiner schriftlichen Stellungnahme. Die Möglichkeit, Verwaltungsleistungen auch elektronisch zu bezahlen, sei – Zitat – „konsequent und systemkonform“.

Dann: Der Entwurf sei ein – Zitat – „entscheidender gesetzgeberischer Schritt zu einem E-Government in Nordrhein-Westfalen“, so Wirtschaftsrechtler Prof. Dr. Alexander Roßnagel von der Universität Kassel.

(Robert Stein [CDU]: Wenn man so selektiv auswählt!)

Er habe – hören Sie zu, Herr Stein –

(Robert Stein [CDU]: Ich höre doch zu!)

Vorbildfunktion für weitere E-Government-Gesetze in anderen Bundesländern.

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände äußert sich zustimmend. Der Gesetzentwurf schaffe – Zitat – „wichtige Rahmenbedingungen für den Einsatz moderner Technik, die kommunalen Verwaltungen in Verbindung mit der Optimierung von Geschäftsprozessen ermöglicht, Verwaltungsverfahren zu beschleunigen, Verfahrenskosten zu senken und das Dienstleistungsangebot für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft nachhaltig zu verbessern.“

IHK NRW betont, dass die Evaluationen des EGovernment-Angebotes auch dafür genutzt werden könnten – Zitat – „den Weg zur weiteren Verwaltungsvereinfachungen in Nordrhein-Westfalen offensiv zu beschreiten.“ So werde auch ein – Zitat – „deutliches Signal“ gesetzt, den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen im globalen Wettbewerb zu stärken.

Und jetzt kommen Sie, Herr Stein. Im Januar 2015 erklärte Herr Laschet auf die Digitalisierungsregierungserklärung, das sei alles Ablenkung und Frau Kraft solle lieber weniger Schulden machen. Das war seine Reaktion.

Jetzt, ein Jahr vor der Wahl oder nach einer EstlandReise, erkennen Sie, dass man zu dem Thema offenbar doch irgendetwas sagen muss. Das Problem ist nur: Es ist schon alles gesagt. Ganz viel wurde schon angestoßen.

Dann legen Sie hier auch noch einen Antrag vor – ich schaue mir insbesondere den Beschlussteil an –, in dem steht, alles solle gestoppt werden; alles solle erst einmal auf null gehen. Alle vorliegenden Fachbeiträge ignorieren Sie. Selbst liefert die CDU nur Allgemeinplätze und keine einzige neue Idee. – Wie armselig! Wie peinlich! Wie offensichtlich haben Sie bei diesem Thema eigentlich geschlafen?

Mein Fazit: Für die CDU im Bund mag bekanntermaßen das Internet Neuland gewesen sein. Für die CDU in Nordrhein-Westfalen ist es ganz definitiv die Digitalisierung. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege van den Berg. – Nun spricht Kollege Bolte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Jahr nach meiner Fraktion

war auch eine Gruppe aus der CDU-Fraktion in Estland. Sie haben sich von der dortigen digitalen Gesellschaft faszinieren lassen.

(Heiterkeit von den GRÜNEN)

Ich habe versucht, mir das genaue Reiseprogramm von der Website Ihres Fraktionsvorsitzenden zu laden. Da kam folgende Meldung:

Website offline. Armin Laschet ist Landesvorsitzender der CDU in Nordrhein-Westfalen und Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Aachen II. Seine Website wird derzeit überarbeitet … Kontakt: Armin Laschet MdL, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf

So viel zur digitalen Verfasstheit der CDU!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie wollen von Digitalisierung reden, und Ihr Chef ist – wir haben das nachgeschaut – schon über zwei Jahre offline.

(Heiterkeit von den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese CDU will uns von digitalem Wandel erzählen. Sie wollen uns von digitaler Vorreiterschaft erzählen. Sie sind offline. Sie sind da mit Sicherheit nicht die richtigen Ansprechpartner.

Estland ist in der Tat – davon haben wir uns überzeugen dürfen – ein faszinierendes Beispiel für die Gestaltung des digitalen Wandels, wenngleich man sich immer bewusst sein sollte, dass man nicht alles eins zu eins übertragen kann. Ein paar Sachen sollten wir auch anders machen.

Gerade ist das Beispiel Steuererklärung in Estland wieder genannt worden. Das geht nicht so schnell, weil man sie elektronisch einreicht – das ist in Deutschland auch Standard –,

(Marcel Hafke [FDP]: Die muss man noch aus- drucken!)

sondern weil Estland ein Flattaxsystem hat. Ein einheitlicher Steuersatz für alle Bürger ist ungerecht. Darum ist es gut, dass wir uns an dieser Stelle unterscheiden.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Ein weiteres Beispiel ist das Internetgrundrecht. Estland hat das nur als abstrakt definiertes Ziel in seiner Verfassung stehen. Finnland hat den Zugang zum Internet zwar als Grundrecht, aber zumindest bis zum letzten Jahr wurde das mit „1 MBit/s“ übersetzt. Das ist uns zu wenig. Darum geben wir eine halbe Milliarde Euro aus, damit in Nordrhein-Westfalen alle Haushalte bis 2018 Zugang zum schnellen Internet haben.

Nun zum dritten Beispiel: Sie fordern – da wird es wirklich spannend – in Ihrem Antrag eine Digitalisierungsstrategie. Wir haben auf unserer Reise den estnischen CIO getroffen. Ich habe ihn genau danach gefragt …

(Robert Stein [CDU]: Wo sind denn die 3,7 Mil- liarden € gemeldet?)

Herr Stein, es ist egal, wenn Sie das nicht hören wollen. Das ist halt so. Ich erzähle Ihnen, was wir da erlebt haben.

(Robert Stein [CDU]: Ich hatte nur gefragt, wo die 3,7 Milliarden € gemeldet sind! – Gegenruf von Michael Hübner [SPD]: Sie wissen doch ganz genau, dass Sie dazu keine Anträge stel- len können! – Gegenruf von der CDU: Das geht so nicht!)

Wir haben auf unserer Reise den estnischen CIO getroffen. Ich habe ihn genau danach gefragt, ob er vor dem Hintergrund der estnischen Erfahrungen empfiehlt, eine solche Strategie zu schreiben. Er hat das verneint und empfohlen, dass man Digitalisierung in den unterschiedlichen Ressorts wachsen lässt und das dann zusammenführt. So machen wir es bei uns auch: bei Garrelt Duin die Förderung der digitalen Wirtschaft, bei Ralf Jäger Open.NRW, bei Sylvia Löhrmann die diversen Auszeichnungen für die Medienkompetenzprojekte aus Nordrhein-Westfalen.

Diese Landesregierung muss sich da nicht verstecken, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Meine Damen und Herren von der CDU, die Einzelpunkte Ihres Antrags bestehen im Wesentlichen aus Substanzlosem und aus Selbstverständlichkeiten.

Dass Datenschutz und Datensicherheit beachtet werden sollten, Herr Stein, sollten Sie einmal Ihren Kollegen im Innenausschuss sagen. Da hören wir regelmäßig anderes. Da werden Sie nur verwunderte Blicke ernten.

Auch der Satz, man solle Digitalisierung nicht als Bedrohung, sondern als strategische Chance begreifen – ich habe mich ja gefreut, so etwas einmal in einem CDU-Papier zu lesen –, ist doch nur Gerede von Ihnen. Sie, Herr Stein, haben hier vor Wochen noch eine vollständige Überwachung der Inhalte des Internets gefordert. Technisch völlig irre! Grundrechtlich völlig unvertretbar! Das haben Sie hier gefordert. Gestern noch hat der Kollege Sternberg hier die Schuld für das Erstarken des Rechtsextremismus allein beim Internet abgeladen. Die Digitalisierung ist Ihnen zutiefst suspekt, während wir sie schon lange gestalten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Entwurf für ein E-Government-Gesetz – der Kollege van den Berg hat eben schon einige Stellungnahmen aus der Anhörung hier referiert – hat breite Zustimmung gefunden. Prof. Roßnagel hat ihn als

vorbildlich für alle anderen Länder bezeichnet. Das war übrigens ein Sachverständiger, den weder die SPD benannt hat noch wir benannt haben. Er hat ihn als vorbildlich für die anderen Länder bezeichnet.