Protocol of the Session on May 12, 2016

Danke für die Zwischenfrage. Das war ja mal eine nette Zwischenfrage.

(Michael Hübner [SPD]: Ihr Vortrag passt jetzt nicht dazu!)

Deshalb, liebe Frau Kollegin Müller-Witt, ist es notwendig, das jetzt endlich frühzeitig anzugehen, auch wenn das komplex und schwierig für Sie erscheint. Lassen Sie uns das angehen und versuchen umzusetzen! Denn wir brauchen diese Investitionen, um endlich aus dem Dilemma herauszukommen.

(Zuruf von Nadja Lüders [SPD])

Meine Damen und Herren, deshalb lassen Sie mich zum Abschluss noch eines sagen. Wir finden den Antrag der CDU-Kollegen gut und unterstützen ihn.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Aber in der Ergänzung steht auch in dem JunckerInvestitionspaket, dass bestehende Investitionshindernisse abgebaut werden müssen. Auch darüber haben wir gestern schon wieder eine Debatte geführt. Herr Kollege Abel, da war es unser Antrag zum Landesentwicklungsplan, der dringend überarbeitet werden muss,

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Ich dachte, zum Wolf!)

der nur Investitionshemmnisse enthält.

(Michael Hübner [SPD]: Haben Sie den denn gelesen?)

Auf 34 Seiten haben die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern Ihnen deutlich gemacht, dass der zweite Entwurf schlecht für dieses Land ist, dass er Investitionen verhindert. Deshalb müssen solche Hemmnisse auch endlich abgebaut werden. Dafür werden wir weiter kämpfen und weitere Anträge einbringen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Brockes. – Nun spricht für die Piratenfraktion Herr Dr. Paul.

Vielen Dank. – Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kolle

gen! Liebe Zuschauer! Europa insgesamt ist wirtschaftlich in der Tat in einer ernsten Lage. Die wirtschaftliche Entwicklung in der EU driftet immer weiter auseinander. Das Spardiktat für den Süden Europas, dessen verheerende Wirkung mittlerweile von nahezu allen demokratischen Parteien im Europaparlament eingestanden wird, hat den Keil noch tiefer in den Riss quer durch die EU geschlagen.

Vor diesem Hintergrund hat die damals neue Juncker-Kommission den Europäischen Fonds für strategische Investitionen mit einem Gesamtvolumen von 315 Milliarden € ins Leben gerufen. Ziel ist es, Investitionen in die Zukunft europäisch zu koordinieren und somit zum Abbau der vielerorts in der Tat eklatanten Investitionslücken beizutragen.

Kommen wir zum vorliegenden Antrag der Unionsfraktion! Herr Wüst, Ihre Fraktion hat völlig recht, wenn sie davon spricht, dass NRW in Sachen Investitionsquote schlecht dasteht. Es gibt hohe Bedarfe, innovative und zukunftsorientierte Investitionen in unserem Land zu tätigen.

Zukunftsorientiert, das heißt für uns Piraten auch: mit dem Blick auf die jungen Menschen, die bei uns leben, die Schülerinnen und Schüler, Auszubildenden, Studierenden, Kreativen und Startup-Gründer.

Doch – das sage ich insbesondere an die Adresse Ihrer Fraktion, Herr Wüst – der Juncker-Fonds ist kein investitionsbeflügelndes Allheilmittel. Erstens erreicht die Kommission das 315-Milliarden-Finanzvolumen nur mit – ich sage mal – überaus kreativen Rechenkünsten, die durchaus in das Feld der Esoterik fallen können, denn der Großteil des EU-Geldes sind Umbuchungen und Garantien, die durch private Investitionen mit 1:15 gehebelt werden sollen. Es war ja gerade schon die Rede von den 21 Milliarden. Lediglich 5 Milliarden werden über die Europäische Investitionsband als neues Fördermittel zur Verfügung gestellt.

Zweitens: Deutschland – das muss einmal gesagt werden – wird seiner eigenen Verantwortung als wirtschaftlich stärkstes EU-Land kaum gerecht.

Deutschland beteiligt sich nicht aktiv am JunckerFonds, sondern schießt lediglich Projektfördergeld indirekt über die KfW zu. Das ist keine Förderung für die innereuropäischen Wirtschaftsverknüpfungen.

Der EU-Investitionsfonds soll Investitionsrisiken mindern und so die Investitionsdynamik wieder ankurbeln. Er darf privaten Investoren aber keine risikolosen Gewinne zuschanzen, wie das in Deutschland bei teuren und gescheiterten ÖPP-Projekten der Fall war und ist. Vielmehr müssen privaten Gewinnen auch entsprechende private Risiken gegenüberstehen und Mitnameeffekte ausgeschlossen werden.

Daher drittens: Der Investitionsfonds darf nicht dazu missbraucht werden, privaten Investoren risikolose

Gewinne zuzuspielen. Wir haben in Deutschland einen long train of nonsense, eine lange Liste gescheiterter ÖPP-Projekte, die letztlich den Steuerzahlern teuer zu stehen gekommen ist! Bei den übernommenen Investitionsrisiken brauchen wir eine angemessene Verzinsung bzw. Gewinnbeteiligung für das Gemeinwesen und kein verstecktes Outsourcing von hoheitlichen Staatsaufgaben.

Der Juncker-Plan ist also nicht die eine Wunderwaffe gegen Investitionsstau, sondern ein Förderinstrument, bei dem es auf die Qualität und die Ausgestaltung der Investitionen ankommt. Aber man kann tatsächlich etwas daraus machen.

Schauen wir einmal nach Frankreich. In Nord-Pas de Calais wird mithilfe des Europäischen Investitionsfonds eine halbe Million Haushalte mit superschnellem Glasfaseranschluss ausgestattet, übrigens nach dem besten denkbaren Modell: Die Kommunen bauen die Infrastruktur und vermieten sie an Telekommunikationsfirmen. Das finden wir Piraten klasse.

(Beifall von den PIRATEN)

Gibt es vergleichbare Projekte aus dem Investitionsfonds in NRW? – Fehlanzeige! Gleichwohl kann ich eine gewisse Skepsis verstehen. Herr Wirtschaftsminister Duin hat nun nach vier Jahren Regierungszeit am Dienstag ein Debattenpapier vorgelegt. Die Betonung liegt hier auf „Debatte“, denn das Papier bietet vor allem Lyrik. Die Chance, dass sich daraus ein spürbarer Impuls für die Menschen im Land ergibt, ist gleich null.

Und die Erfolglosigkeit der Landesregierung beim Einwerben von Investitionsmitteln wird immer deutlicher. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass Nordrhein-Westfalen die rote Laterne im Bundesländervergleich der Investitionsquoten trägt.

Das letzte Beispiel ist ja nur wenige Wochen alt. Da wurde die erste Förderbescheidung des Bundesförderprogramms Breitbandausbau an die Kommunen übergeben. Auch hier gehört unser Bundesland leider zu den Verlierern, und zwar dann, wenn man die Zahlen auf die Einwohnerzahl umrechnet. Gerade einmal 2 % der Haushalte werden davon profitieren. Dabei müssten wir zweistellige Ausbauzahlen erreichen, um bis 2018 alle Haushalte an ein 50-MBitNetz anzuschließen. Das sind nur noch eineinhalb Jahre. Und man braucht auch keine prophetische Gabe, um zu sagen: Mit dem bisherigen Engagement wird man das Breitbandausbauziel bis 2018 nicht halten können.

Aber es geht nicht immer nur um öffentliche Investitionen. Wir sagen: Auch mit einer besseren Netzpolitik ließen sich Unternehmensinvestitionen steigern. Nach Angaben einer Studie des BDI gehen nur 4,3 % der Unternehmensinvestitionen in die Digitalisierung.

Hier ist also noch ein enormes Ausbaupotenzial vorhanden. Aber dazu müsste die Landesregierung erst einmal den Kompetenzwirrwarr ordnen. Ich sage es noch einmal, denn eine gewisse Redundanz erhöht ja die Verständlichkeit: Sinn und Zweck einer unserer führenden Anträge war ja einmal die Forderung nach einem koordinierenden digitalen Innovationszukunftsinternetministerium.

Meine sehr verehren Damen und Herren, Frau Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat in ihrer Regierungserklärung im letzten Jahr 3,7 Milliarden € Investitionen aus dem Juncker-Fonds für NRW versprochen. Warum, wenn man da skeptisch ist? Wir halten diese Größenordnung für eine Luftbuchung. Aber die Suppe hat die Landesregierung selbst auszulöffeln.

Eines ist aber auch klar: Dieser CDU-Antrag darf kein Einfallstor für zwielichtige ÖPP-Projekte werden. Daher können wir diesem Antrag bei aller grundsätzlichen Sympathie für mehr Investitionen nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Duin das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ein sehr ernst gemeinter Dank an Herrn Wüst, diese Debatte nicht auf dem Rücken des Vorstandsvorsitzenden der NRW.BANK zu führen, wie es ursprünglich den Anschein hatte, sondern sich im parlamentarischen und damit politischen Raum zu bewegen. Anders als Herr Brockes, der nur seine Standard-PM von letzter Woche vorgelesen hat, hat Herr Wüst auch tatsächlich zu dem Antrag Stellung genommen und sich die einzelnen Dinge durchgelesen.

(Zuruf von Hendrik Wüst [CDU])

Von Herrn Brockes haben wir ein überzeugtes „Ja“ gehört, aber bei Herrn Wüst hatte man den Eindruck, er weiß tatsächlich, um welche Themen es hier geht.

(Beifall von der SPD – Dietmar Brockes [FDP]: Sehr schwach und langweilig! – Dann gehen Sie doch! Sie vermisst hier niemand. Wenn Sie gehen, vermisst Sie hier niemand. (Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Wenn Ihnen bei politischen Debatten langweilig ist, es hält Sie niemand auf.

(Zurufe von der FDP)

Wichtigste Feststellung in dieser Debatte, von den meisten Rednern auch noch einmal herausgearbeitet, für die Bürgerinnen und Bürger, die uns zuhören, für die Presse: Es gibt kein 315-Milliarden-Förderprogramm, wo man irgendetwas abholen kann.

(Beifall von der SPD und Dr. Joachim Paul [PIRATEN])

Es gibt noch nicht einmal im Haushalt, aber insgesamt geplant 21 Milliarden €, die eine 15-fache Hebelwirkung entfalten sollen. Es ist schon kommentiert worden, wie man so etwas finden kann, aber trotzdem.

Gedacht ist das Ganze als Belebung der wirtschaftlichen Situation in ganz Europa, aber natürlich – Frau Müller-Witt hat bereits darauf hingewiesen – nicht in den am weitesten entwickelten Ländern, sondern insbesondere in den südeuropäischen Ländern oder auch in Gegenden beispielsweise von Großbritannien und anderen Regionen Europas, in denen das Wirtschaftsgeschehen in den letzten Jahren zu dramatischen Verwerfungen – Stichwort: Jugendarbeitslosigkeit 25 % und mehr – geführt hat. Dafür ist dieses Programm, der sogenannte Juncker-Plan, gedacht.

Was ist der Unterschied zwischen vielen Ländern in der Europäischen Union und uns? – Fahren Sie beispielsweise mal nach Griechenland und schauen Sie sich dortigen Strukturen an! Dort gibt es keine Institution, die mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar wäre. Es gibt auch keine Institution, die mit dem vergleichbar wäre, was wir als NRW.BANK haben. Also, es gibt dort überhaupt niemanden, der auch mit öffentlicher Unterstützung entweder zinsverbilligte Darlehen geben oder Haftungsfreistellungen organisieren kann. Eine Institution wie die NRW-Bürgschaftsbank ist natürlich in den meisten dieser südeuropäischen Länder gänzlich unbekannt.

Das heißt, hier wird vonseiten der Europäischen Union ein Instrument geschaffen, das es in Deutschland und speziell in Nordrhein-Westfalen schon seit vielen Jahrzehnten sehr erfolgreich gibt. Auch das muss man noch einmal in Erinnerung rufen.

Ich will das an einem Beispiel noch einmal deutlich machen, damit alle auch wissen, wo da der Unterschied ist.

Herr Minister, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Wüst zulassen?

Vielleicht später. Ich will das erst einmal im Zusammenhang erläutern.