Protocol of the Session on May 12, 2016

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Menschen am Stream und auf der Tribüne! Es ist zu begrüßen, dass Sie, liebe Landesregierung, die jährliche Steigerung der Kindpauschale nun für drei Jahre erhöhen wollen, abgesehen davon, dass dies seit Jahren längst überfällig ist und Sie jetzt endlich etwas umsetzen, was wir seit Anfang der Legislaturperiode immer wieder gefordert haben. Ich meine natürlich die Erhöhung, nicht die Befristung auf drei Jahre.

Nun, kurz vor dem Einläuten des Wahlkampfes, heben Sie die Kindpauschale für drei Jahre von 1,5 % auf 3 % an, jetzt, wo in unserem Land die freien Träger, Kirchen und Elterninitiativen wahrlich Sturm laufen für bessere Finanzierungsbedingungen, um weitere Kitaschließungen zu verhindern.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Dabei wissen Sie, dass für viele Kitas die jährliche Erhöhung der Kindpauschale einfach zu spät kommt, da sie schon geschlossen wurden. Dann ist die Erhöhung auch nur bis zum Kindergartenjahr

2018/2019 befristet. Was ist denn nach den drei Jahren, liebe Landesregierung? Eine verschobene Aufgabe ist keine gelöste Aufgabe.

Nun soll zum kommenden Kindergartenjahr

2016/2017 die Erhöhung, die wir begrüßen, in Kraft treten. Aber reicht dafür die Zeit denn noch? Sehr wahrscheinlich doch nur, wenn die Abgeordneten auf einen Teil ihrer parlamentarischen Rechte verzich

ten. Eine schöne Methode, Anträge möglichst kurzfristig einzureichen, um dadurch ausführliche Diskussionen und Debatten abzuwürgen.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Dass Sie, liebe Landesregierung, im Gegensatz dazu viel Zeit ungenutzt verstreichen lassen können, das haben wir ja in den letzten Jahren festgestellt. So folgern die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP zu Recht in ihrem Antrag, dass sich die Erhöhung der Kindpauschale auf das Kindergartenjahr 2016/2017 kaum noch positiv auswirken kann, da die Kommunen und Träger ihre Planungen für das Jahr 2016/2017 bereits im März abgeschlossen haben.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Und warum, liebe Landesregierung, hat die Evaluation zur Auskömmlichkeit der Kindpauschalen nie stattgefunden, obwohl sie im Ursprungs-KiBiz, welches Sie so hart kritisiert haben, festgeschrieben war? Keine Zeit gehabt? – So hätte doch schon längst der offensichtliche Handlungsbedarf belegt werden können. Reichen die jährlichen 3 %? Stellt die jährliche Erhöhung der Kindpauschale um 3 % die Auskömmlichkeit wirklich sicher? Ohne eine Evaluation können wir diese Fragen nicht sicher beantworten, meine Damen und Herren.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir Piraten haben schon mehrfach gefordert, dass, wenn schon keine Evaluation stattfindet, die Erhöhung der Kindpauschalen an die Lohnentwicklung zu koppeln ist.

(Beifall von der CDU)

Wie dem auch sei, die Erhöhung der jährlichen Kindpauschale kommt für viele Kitas zu spät. Das ist allen Beteiligten klar, und ich hoffe auch Ihnen. Und dass die Befristung der Pauschale auf drei Jahre die Aufgabe einer gesicherten Finanzierung der Kitas nur verschiebt, ist auch klar. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN -Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Wegner. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Wir haben zwei Abstimmungen vorzunehmen, und zwar einmal über die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/11844. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. Alle fünf Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, den Gesetzentwurf an diesen Ausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik zu

überweisen. Wer stimmt dem so zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? Das war auch nicht zu erwarten. Es wurde einstimmig überwiesen.

Zweitens stimmen wir ab über die Überweisung des Antrages Drucksache 16/11896. Hier empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. Und auch hier haben sich alle fünf Fraktionen zwischenzeitlich darauf verständigt, auch den Ausschuss für Kommunalpolitik mit in die Arbeit einzubeziehen. Federführend bleibt der Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. Die abschließende Aussprache und Abstimmung soll nach Vorlage der Beschlussempfehlung im federführenden Ausschuss erfolgen. Wer stimmt diesem so vereinbarten Vorgehen zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist beides nicht der Fall. Damit ist auch hier einstimmig so beschlossen.

Wir rufen auf:

3 Investitionen aus dem Europäischen Investiti

onsplan für Nordrhein-Westfalen erschließen – Landesregierung muss endlich handeln!

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/11899

Das fordert für die CDU-Fraktion zunächst Herr Kollege Wüst.

Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag von uns gibt Anlass, über das sogenannte Juncker-Programm zu sprechen. Nach dem EU-Kommissionspräsidenten benannt, soll mit diesem Programm ein Investitionsschub in der Europäischen Union in Höhe von 315 Milliarden ausgelöst werden, und zwar dadurch, dass man rund 21 Milliarden € in die Hand nimmt und damit Kreditrisiken abdeckt, Kreditrisiken für Investitionen, um Investitionslücken nach der Staatsfinanzkrise in Europa zu schließen.

Jetzt stellt sich die Frage: Was machen wir mit dieser Chance? Was machen wir hier in Nordrhein-Westfalen aus diesem Programm?

Die Landesregierung ist hoch eingestiegen. Die Ministerpräsidentin hat am 29. Januar 2015 an diesem Rednerpult gestanden und in der legendären MegaRede ausgeführt –

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

ich darf zitieren –:

Darüber hinaus hat Nordrhein-Westfalen auch für das sogenannte Juncker-Investitionspaket von ca. 315 Milliarden € für EU-Investitionsvorhaben

IKT-Projekte mit dem Schwerpunkt Breitband von 3,7 Milliarden € gemeldet.

„Hat gemeldet“ ist das korrekte Zitat. Nicht will, nicht wird, nicht erarbeitet, nicht plant, sondern hat gemeldet. Ich war baff erstaunt und schwer beeindruckt und der guten Zuversicht, dass es einen enormen Schub für die Breitbandinvestitionen gibt, die in Nordrhein-Westfalen so bitter nötig sind.

Laut Europäischer Investitionsbank, Stichtag 12. April 2016, sind bisher Ausgaben aus dem gesamten Juncker-Programm von 315 Milliarden € genehmigt in Höhe von 11,2 Milliarden, unterzeichnet 5,8 Milliarden, und für Deutschland in Summe genehmigt 900 Millionen €.

Da hat es uns schon etwas verwundert, dass der Chef der NRW.BANK im Haushaltsausschuss ausgeführt hat, dass es bisher keine tragfähigen Projekte gebe. – Vielleicht hat er etwas anderes gemeint, dann können Sie das gerne gleich aufklären. Sie haben zu Beginn des Jahres 2015 3,7 Milliarden € angekündigt, und jetzt, Mitte des Jahres 2016, gibt es bisher kein Projekt. Da kann man nur konstatieren: Das wirft Fragen auf.

Die erste Frage ist: Was ist aus den Ankündigungen von Investitionen in Breitband in Höhe von 3,7 Milliarden geworden, die die Ministerpräsidentin hier gemacht hat? Welche Projekte waren das? Wie ist der Stand? Warum gibt es bisher nichts zu vermelden durch den Chef der NRW.BANK? Wer hat was getan oder wer hat eben was nicht getan?

Es wäre interessant, auch einmal die Anmeldung, von der Frau Ministerpräsidentin gesprochen hat, dass sie erfolgt sei, zu bekommen und sie hier einmal zu diskutieren. Ich fordere Sie auf, uns diese zur Verfügung zu stellen, dem Parlament diese Anmeldung von Projekten zuzuleiten.

Die nächste Frage bezieht sich auf Ihre rote Null, die wir hier schon in anderen Zusammenhängen diskutiert haben. Das RWI konstatiert als einen der Gründe dafür, dass Nordrhein-Westfalen ein NullWirtschaftswachstum im letzten Jahr hatte, obwohl im Bundesdurchschnitt ein 1,7%iges Wachstum zu verzeichnen war, eine schleichende Deindustriealisierung durch Desinvestitionen. Also die Abschreibungen überschreiten die Investitionen bei Weitem. Die Investitionsquote im verarbeitenden Gewerbe ist in Nordrhein-Westfalen bei 14,7 %. Schlechter sind nur Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Das wären Investitionen in die Realwirtschaft. Wir haben überall zu wenig Geld für Verkehrsinfrastruktur, Investitionen für Forschung und Entwicklung. Wir könnten uns alle tolle Sachen vorstellen, wenn dieses Land nur mehr Geld hätte.

In Summe ist es genau das: Investitionen in Realwirtschaft, Investitionen in Forschung und Entwicklung,

Investitionen in Verkehrsinfrastruktur. Das Ziel des Juncker-Pakets ist es, dass solche Investitionen gehebelt werden. Solche Investitionen, die wir hier brauchen, sollen ermöglicht werden. Bei mir zuhause würde man sagen: Das passt wie Deckel auf Pott.

Dann stellt sich die Frage: Woran hapert es? Warum kommen wir da nicht weiter? – Die FDP vermutet, es gebe keine Ideen. Das will ich gar nicht glauben. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es bei so vielen Ministern und bei so vielen tollen Menschen in der Ministerialverwaltung keine Ideen für Investitionen gibt. Ich will das auch gar nicht glauben; denn in anderen Ländern funktioniert es ja auch.

Gucken wir uns einmal die 900 Millionen €, die das Juncker-Paket bisher an deutschen Investitionen ermöglicht hat, genauer an:

250 Millionen € für ein PPP-Projekt bei der Auto

bahn A6 in Baden-Württemberg. Als ich das gesehen habe, habe ich gedacht: Mensch, vielleicht liegt es daran, dass die Art und Weise dieses Programms Ihnen nicht in den Kram passt, wenn als erstes, als größtes Projekt in Deutschland ein PPP-Projekt steht, was Sie ja augenscheinlich – auch nach Aussagen von Herrn Verkehrsminister Groschek – nicht wollen. PPP ist Ihnen suspekt, weil Unternehmen an der Finanzierung Geld verdienen. Bei Ihren Landesschulden verdienen die Banken, was nicht viel besser ist. Aber vielleicht liegt es auch an der Systematik. Dann können Sie dazu gleich etwas sagen.

150 Millionen € für vier Projekte der Landesbank

Saar. Bei der Landesbank Saar ist man bestimmt auch fleißig und sehr kreativ. Aber wenn die es schaffen, 150 Millionen € aus dem Juncker-Paket zu unterstützen, dann muss uns doch bitte auch etwas einfallen.

105 Millionen € für die Stadtwerke Kiel. Stadt

werke haben wir hier auch, große und kleine. Warum gibt es das bei uns nicht?

Die Ministerpräsidentin hat mit der Wirkung der großen Zahl gespielt. Das musste in dieser Regierungserklärung sein, um den Eindruck zu erwecken, dass man bei der Industrialisierung jetzt vorankommt. 3,7 Milliarden € waren eine große Zahl. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass das ein Bluff war, eine Täuschung, vielleicht sogar eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit. Ich konnte mir das nicht vorstellen – bis zum Beweis des Gegenteils, der durch den Wirtschaftsminister angetreten wurde.