Protocol of the Session on May 12, 2016

Zum Abschluss will ich noch einmal sagen, dass es unser Ziel ist, eine wirklich wirksame Erhöhung des Schutzes der eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zu erreichen. Wir brauchen keine Symbolpolitik, keine Forderungen nach Erhöhung des Strafmaßes oder nach neuen Straftatbeständen, sondern wir brauchen echten Schutz.

(Unruhe – Glocke)

Deshalb werden wir diesen Bodycam-Modellversuch in Nordrhein-Westfalen machen: weil er ein Baustein sein kann, um die zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte einzudämmen

und deren Schutz wirklich wirksam zu erhöhen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die Piraten spricht Herr Kollege Schatz.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir reden heute nicht zum ersten Mal über dieses wichtige Thema. Und ich sage auch nichts Neues, wenn ich noch einmal betone, was ich schon mehrfach betont habe und natürlich immer wieder betonen werde: Gewalt gegen Polizeibeamte ist kein Kavaliersdelikt, denn Gewalt ist niemals ein Kavaliersdelikt, völlig egal, gegen welchen Menschen sie verübt wird oder welchen Beruf er hat.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Als ich den Antrag zum ersten Mal durchgelesen habe, musste ich trotz des ernsten Themas ein wenig schmunzeln ob der Formulierung, die da getroffen wurde: die CDU hätte ja schon aktiv eine Vielzahl von Anträgen eingereicht. – Ich habe mich gefragt: Welche waren das denn?

Genau genommen reden wir über zwei. Sie haben zwar gesagt, es seien vier, aber es waren eigentlich jeweils zwei, die mit einer etwas anderen Verpackung gestellt wurden, und zwar einmal Bodycams und einmal die Erhöhung des Strafrahmens bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Herr Kruse hat es ja gerade noch einmal gesagt.

Das zeigt im Prinzip genau das Problem der CDU: Sie setzen ausschließlich auf verschärfte Repression – in der äußerst fehlerhaften Annahme, dass das etwas ändern würde. Aber das tut es definitiv nicht, und zwar nicht einmal im Ansatz.

(Beifall von Frank Herrmann [PIRATEN])

Der entscheidende Fehler ist: Sie versuchen, die Problemklientel zu verändern, mit dem es die Polizei zu tun hat. Das wird Ihnen aber nicht gelingen. Man kann natürlich versuchen, die Gesellschaft insgesamt zu verändern, sodass die problematischen Menschen dann insgesamt weniger werden. Das kann auch gelingen, das fordern wir auch. Das schaffen Sie aber nicht mit zwei Anträgen und auch nicht in einer Legislaturperiode.

(Beifall von den PIRATEN)

Was Sie aber auf gar keinen Fall schaffen werden – das kann ich Ihnen garantieren –, ist, solche Menschen ganz verschwinden zu lassen. Die gab es schon immer, und die wird es auch immer geben.

Wenn es die nicht mehr gäbe, bräuchten wir auch keine Polizei mehr.

Statt also das Unmögliche möglich machen zu wollen, sollten Sie vielleicht erst einmal andere Ansätze ausprobieren. Schauen wir zunächst mal in die Polizei und gucken uns an, was dort verändert werden könnte, um Gewalt gegen Polizeibeamte einzudämmen. Ich gebe zu: Es ist unschön, von demjenigen, der geschlagen wird, zu verlangen, dass er sein Verhalten ändern soll. Aber man muss auch sagen: In der Regel sollte der Klügere nachgeben.

Und: Diese Landesregierung ist für die Situation, wie sie ist, mitverantwortlich und tut alles dafür, dass es in Zukunft nicht besser wird.

Die Polizeibeamten haben immer mehr Einsätze zu schultern, immer mehr Aufgaben kommen hinzu. Es wird immer mehr im Fußball gemacht. Wir haben die aktuelle Flüchtlingspolitik, die natürlich auch zu mehr Einsätzen führt, allein schon deswegen, weil wir mehr Menschen im Land haben. Dadurch bedingt haben wir immer mehr Rechts-Links-Demonstrationen.

Natürlich führt das per se zu mehr Einsätzen und zu mehr Vorfällen, über die wir hier reden – im Verhältnis. Das Problem ist: Die CDU argumentiert hier mit absoluten Zahlen. Absolut ist die Zahl der Vorfälle gestiegen, das mag sein, aber im Verhältnis dazu ist auch die Einsatzzahl gestiegen. Natürlich geht die dann nach oben.

Es ergibt sich durch die Mehreinsätze aber noch ein weiteres Problem, nämlich immer mehr Belastung für den einzelnen Beamten. Daraus resultieren immer mehr Krankheitsfälle, die von anderen kompensiert werden müssen. Das führt zu noch mehr Arbeit. Das ist ein Teufelskreis. Selbstverständlich geht dann auch die Stressresistenz der Beamten häufig auf null zurück.

Und natürlich kommt es dann vor, dass ein Beamter beispielsweise eine einfache Beleidigung, über die er normalerweise einfach hinwegsehen würde, aktenkundig macht. Und natürlich gehen die Zahlen dann entsprechend nach oben. Oder er pöbelt zurück, was ja auch passieren kann. Wir hatten diese Situation in der Flüchtlingsunterkunft, über die wir mal geredet haben, wo der Beamte plötzlich wirre Worte von sich gegeben hat. Das kann daran liegen, dass die Belastungssituation so hoch ist.

Um das zu verhindern, hilft aber keine verschärfte Repression. Um das zu verhindern, müssen die Beamten entlastet werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Auch müssen wir uns anschauen, ob der Anstieg der Zahlen tatsächlich ausschließlich durch mehr Fälle begründet ist oder ob es auch andere Gründe geben kann, die den Anstieg erklären.

Ich möchte das mal klarstellen: Niemand bestreitet hier, dass es Gewalt gegen Polizeibeamte gibt. Das ist so. Die gab es schon immer, und die wird es auch immer geben. Aber in dem Antrag geht es ja hauptsächlich um den angeblich starken Anstieg der Gewalt; den ziehen Sie als Begründung heran.

Sie vergessen, dass es erst 2011 eine Änderung bei den Erfassungsmodalitäten in der PKS gab, nämlich im Bereich des Widerstandes. Da gab es von 2010 auf 2011 plötzlich einen sprunghaften Anstieg der Fallzahlen und dadurch bedingt natürlich auch einen ebenso starken Anstieg der öffentlichen Diskussion über dieses Thema.

Natürlich resultiert daraus, dass die Beamten heutzutage deutlich sensibilisierter diesem Thema gegenüber sind, als es früher der Fall war, und solche Fälle natürlich auch deutlich häufiger aktenkundig machen, als es früher der Fall war. Ich bitte, das nicht falsch zu verstehen. Ich kritisiere nicht, dass das geschieht. Es ist nicht schlecht, dass die Beamten das machen. Aber wir müssen uns einfach bewusst sein, dass das die Zahlen noch zusätzlich verzerrt und wir nicht ausschließlich von einem tatsächlichen Anstieg, sondern auch von einem geänderten Anzeigeverhalten ausgehen müssen.

Selbstverständlich wird dieses Verhalten auch durch die Diskussion, die wir jetzt führen – die auch absolut richtig ist und die wir weiter führen müssen –, weiter beeinflusst. Das müssen wir einfach im Hinterkopf behalten. Es handelt sich nicht nur um einen Anstieg der Fallzahlen.

Ich könnte noch zahlreiche weitere Dinge nennen. Aber dafür würde die Zeit in dieser Aktuellen Stunde nicht reichen. Wir haben diese Diskussion ja auch schon öfter mal im Ausschuss geführt.

Insgesamt müssen wir festhalten, dass der Innenminister noch einiges zu tun hat, insbesondere was die Entlastung der Polizeibeamten angeht. Da geht es eben nicht nur darum, mehr Beamte einzustellen. Das ist sicherlich ein wichtiger Teilaspekt, reicht aber bei Weitem nicht aus – gerade in der Situation, in der wir sind. Wir müssen auch die Aufgaben entzerren. Wir müssen den Beamten weniger Aufgaben geben.

Ich kann Ihnen garantieren – liebe CDU, das geht an Sie –: Wir müssen einiges tun. Aber mehr Repression wird definitiv zu keinem positiven Ergebnis führen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schatz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Saal! Versetzen Sie sich bitte einmal in die Situation der Zuschauer auf der Tribüne oder derjenigen Polizeibeamtinnen und -beamten, die diese Debatte zurzeit verfolgen,

(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

und fragen Sie sich, ob diese Debattenkultur und dieser Debattenstil diesem ernsten Thema wirklich gerecht werden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Leb- hafte Zurufe von der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, wir sollten uns darauf besinnen, dass wir zumindest eine Position gemeinsam haben.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Sie sind abgeho- ben! Sie wissen ja gar nicht mehr, was los ist!)

Diese Position lautet, dass diejenigen, die unser Recht schützen, diejenigen, die unsere Verfassung schützen, und diejenigen, die unsere Demokratie schützen, es verdient haben, auch von der Politik in Schutz genommen zu werden.

(Beifall von der SPD – Armin Laschet [CDU]: Peinlich! Schönreden, schönreden, schönre- den!)

Man muss dies klar benennen. Es geht nicht um Kleinreden, es geht nicht um Schönfärben, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Armin Laschet [CDU]: Arrogant schönreden! Für nichts zuständig! Schuld auf Polizeibe- amte schieben!)

sondern darum, klar zu benennen, dass unsere Einsatzkräfte bespuckt, bedroht, beleidigt und attackiert werden. Es muss klar sein, dass diejenigen, die so etwas tun, in diesem Land mit harten Konsequenzen rechnen müssen.

(Gregor Golland [CDU]: So ist es aber nicht! – Weitere Zurufe von der CDU: Oh!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist ein Phänomen, von dem nicht nur unsere Polizeieinsatzkräfte betroffen sind, sondern genauso Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rettungsdienste, Beamtinnen und Beamte des öffentlichen Dienstes, gerade beispielsweise in Jobcentern. Wir müssen feststellen, dass insgesamt in unserer Gesellschaft ein Klima der Verrohung und der Respektlosigkeit um sich gegriffen hat und hiervon auch Polizeibeamtinnen und -beamte betroffen sind.

Herr Kruse, Sie haben zwei wesentliche Punkte genannt, was wir aus Ihrer Sicht denn tun sollten. Ich glaube, es ist viel mehr zu tun.

(Armin Laschet [CDU]: Ja, dann macht doch!)

Herr Laschet, vielleicht hören Sie erst einmal zu.

(Armin Laschet [CDU]: Sie sind seit sechs Jahren Minister! Das muss Ihnen doch nicht jetzt einfallen! – Weitere Zurufe von der CDU)