Heute Vormittag hatten wir im Zusammenhang mit der Flughafendebatte bereits eine ähnliche Diskussion: Ich halte es für wichtig, dass in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich wird, welche Ebene für welche Fragen verantwortlich ist. Für die Flächenfrage sind nun mal die Kommunen verantwortlich und für das Personal in den Bauämtern ebenso.
Da müssen sich auch wieder alle, die hier sitzen, an die Nase packen, weil ihre Untergliederungen vor Ort anscheinend nicht genügend Kraft haben, das nötige Personal in den Bauämtern zur Verfügung zu stellen, mit dem man die Bebauung vorantreiben kann: indem man innovatives Bauen ermöglicht und so zu einer befriedigenden Situation im Wohnungsbau kommt.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass es im Wirtschaftsausschuss dieses Landtags vor wenigen Wochen einen Bericht über die Siedlungsreserven gegeben hat und darüber, welche Möglichkeiten es für Flächen vor Ort gibt. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum die CDU und die FDP hier immer noch erzählen, der LEP sei das große Problem; auch der Minister hat gerade noch einmal darauf hingewiesen.
Darin ist genau aufgezeigt, welche Flächenreserven es gibt. Die spannende Frage ist nur: Sind diese Flächenreserven auch zu mobilisieren? Ist es überhaupt möglich, sie tatsächlich zu bebauen, oder sind es im Grunde Karteileichen, ja oder nein?
Deshalb finden Regionalkonferenzen statt und die Versuche, mit den Baubehörden des Landes, mit den Baudezernenten zu gemeinsamen Überlegungen zu kommen, zu klaren Hinweisen. Deshalb ist das Ganze so wichtig.
Ein letzter Punkt. Ich verrate Ihnen mal ein Geheimnis, Herr Ellerbrock: In der Regel sind die Widerstände gegen Bauprojekte und im Wohnungsbau nicht da am größten, wo die Wahlbeteiligung besonders niedrig und der Wähleranteil für SPD und Linke noch verhältnismäßig hoch ist, sondern es ist in der Regel genau andersherum.
Genau in den Quartieren nämlich, wo andere Fraktionen, die ebenfalls hier sitzen, verhältnismäßig starke Stimmenanteile haben, gibt es jede Menge
Bürgerinitiativen, die bei jeder Bebauung im innerstädtischen Bereich sagen: Ja, wir sind für Wohnungsbau – aber bitte nicht bei uns.
Sicher hat jetzt nicht jeder die Position von Konrad Adenauer, dem Enkel des Altkanzlers, und erklärt öffentlich: Für die Menschen, die nicht so viel Geld haben, wie zum Beispiel Lehrer, ist es eigentlich nicht zu verantworten, dass sie in Villenvierteln wohnen, weil deren Reihenhaus nicht in eine solche Wohnumgebung hineinpasst. – Diese Position vertritt nicht jeder in der CDU, das weiß ich, lieber Wilhelm Hausmann. Aber immerhin ist es eine Position, die der Haus- und Grundbesitzerverein in Köln tatsächlich öffentlich vertritt. Das steht für die Tatsache, dass überall dort, wo gebaut wird, sofort Auseinandersetzungen stattfinden.
Zur Ehrlichkeit – ähnlich wie beim Luftverkehr – gehört auch: Wir brauchen einen Konsens darüber, ob der Wohnungsbau wirklich Priorität hat. Ich bin sehr froh über die Feststellungen, die in diesem Antrag gemacht worden sind, weil die regierungstragenden Fraktionen nämlich sagen, dass da, wo der Druck besonders hoch ist, neben der Innenverdichtung auch andere Flächen in den Blick genommen werden müssen. Wir brauchen mehr Fläche für den Wohnungsbau, sonst wird es in den nächsten Jahren an vielen Stellen eng.
Eines möchte ich in Nordrhein-Westfalen nicht – und das möchte auch die Mehrheit der Bevölkerung nicht, da bin ich mir sehr sicher –: Wenn eine Mehrheit der Menschen sich das Wohnen in den Städten nicht mehr leisten kann, weil die Mietpreise so hoch sind, dann ist das eine Vorstellung von Stadt, die ich jedenfalls nicht umsetzen möchte.
Man ist weit davon entfernt, jetzt andere Erdteile zu bemühen, aber wenn der Kollege Ellerbrock schon Usedom anspricht: Lieber Kollege Wilhelm Hausmann, lieber Herr Ellerbrock, ich halte es in der Tat für zentral, dass sich Abgeordnete eines Landtags in Fortbildungen – sei es mit der Wohnungswirtschaft oder Architektenkammern – auch zusammen Expertise einholen.
Allzu oft haben wir uns in der Vergangenheit dann vor öffentlichem Druck gebeugt und gesagt, man braucht das nicht. Aber auf diese Fortbildungen und das gemeinsame Ringen um Zukunftsvisionen hat die Bevölkerung auch einen Anspruch, darauf, dass die Abgeordneten das gemeinsam tun, sich nicht nur im Parlament gegenseitig etwas auf die Glocke geben, sondern auch gemeinsam versuchen, Lösungen zu finden. Ich halte zwar nichts davon, jetzt überparteilich so zu tun, als ob es keine parteipolitischen Vorstellungen mehr gäbe; aber dass man bei vernünftigen Vorschlägen auch gemeinsam geht, halte ich für zentral.
In Usedom ist ja unter anderem auch deutlich geworden, wie das Bild der südamerikanischen Stadt aussieht, nämlich Reichtumsinseln in einem Meer von Armut. Dort gibt es bestimmte Bereiche, die dann zwar beschützt werden, aber andere Bereiche, in die sich die meisten Leute nicht mehr hineintrauen. Das ist übrigens auch der Grund dafür, warum wir hier nicht immer von diesen No-Go-Areas herumfaseln sollten; denn das mit Südamerika oder Südafrika zu vergleichen ist wirklich hanebüchen.
Umso wichtiger ist es, dass wir bei unserer Wohnungspolitik in den Quartieren dafür sorgen, dass es weiter zu einer Mischung kommen kann. Zu dieser Mischung gehört eben, dass man nicht flächenweise Einfamilienhaussiedlungen irgendwo hinsetzt, ohne von vornherein an diese vernünftige Mischung zu denken.
Ich glaube, es würde uns sehr helfen, wenn insbesondere die Vertreter von CDU und FDP da, wo sie kommunal Verantwortung haben, in den Speckgürteln der großen Städte, dafür sorgen würden, dass dieses absurde Gerede aufhört von „Wir wachsen nicht“ nach dem Motto: Was der Markt macht, interessiert uns nicht. Wir verweigern einfach die Marktentwicklung und sagen, damit haben wir nichts zu tun. Wir bauen einfach nicht. – Das muss aufhören.
Deshalb hoffe ich sehr auf die Regionalkonferenzen, die der Minister ja eingeladen hat, um gemeinsam daran zu arbeiten, mit den Oberzentren und den Kommunen drum herum, wie eine vernünftige Wohnungspolitik, eine gemeinsame Entwicklung aussehen kann.
Ich finde, wir haben gemeinsam in Wien gesehen – lieber Wilhelm, nicht nur morgens, sondern auch im Laufe des Tages –, dass höher zu bauen nicht zwangsläufig heißt, die Fehler der 70er-Jahre zu wiederholen. Wir haben gesehen, dass das sehr wohl in gemischten Verhältnissen innenstadtnah in einer hohen Qualität erfolgen kann. Wir haben interessante Dinge festgestellt, wie die Österreicher an der Stelle den geförderten Wohnungsbau vorantreiben.
Ich finde, das gemeinsam anzugehen, ist unsere große Herausforderung. Deshalb hat dieser Antrag aus meiner Sicht eine ganz wichtige Funktion: um bei all den Themen hier in jedem Plenum – teilweise wird ja aus irgendeiner Pressemeldung eine Aktuelle Stunde oder sonst irgendetwas gemacht – in diesem Jahr zu dokumentieren, dass sich dieses Plenum immer wieder, nicht nur dieses Mal und beim letzten Mal, sondern ich hoffe, auch beim nächsten und übernächsten Mal wieder, um das Thema „Wohnen“ kümmern wird. Es ist auch nach außen ein wichtiges Symbol, damit die Menschen sich sicher sein können: Wir nehmen das ernst, wir kümmern uns darum.
Ich plädiere dafür, dass wir alle, wenn die Verantwortlichen vor Ort predigen, sie möchten preiswerten Wohnraum verwirklichen, aber dann auf einmal,
wenn es ernst wird und die Bürgerinitiativen kommen, sagen: „Ja ja, ich bin zwar für den Bagger, aber nicht bei mir vor der Haustür“, gemeinsam, geschlossen da sind und sagen: Ja, wir brauchen eine grüne Stadt. Wir brauchen eine Stadt mit Orten, an denen man sich aufhalten kann. Wir brauchen eine Heimat vor der Haustür, in der wir uns wohlfühlen können. Aber das führt auch dazu, dass an bestimmten Stellen verdichtet wird. – Wenn wir das gemeinsam angehen, dann, glaube ich, gehen wir in die richtige Richtung.
Urbanisierungsprozesse – lieber Herr Ellerbrock, das haben wir ja in der letzten Woche auch gelernt – sind weltweite Phänomene. Man sollte nicht glauben, man kann die so mir nichts dir nichts in NordrheinWestfalen aufheben. Das ist ebenso.
Schwarmstädte ziehen, das ist die große Frage. Das liegt sicherlich daran, wie die Mobilität in diesem Land organisiert wird, um vielleicht an der einen oder anderen Stelle Verbindungen besser hinzukriegen. Aber daran, dass es einen grundsätzlichen Trend in diese Zentren gibt, besteht kein Zweifel. Insofern hoffe ich sehr, dass Sie neben dem Geklapper heute uns trotzdem inhaltlich bei diesem Weg unterstützen und wir dann gemeinsam Nordrhein-Westfalen vernünftig nach vorne bringen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Ott. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Deppe. Herr Kollege Deppe weiß, dass er entgegen der elektronischen Anzeige noch rund sechseinhalb Minuten Redezeit hat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ott, Ihren Ankündigungen müssen dann nur irgendwann mal Taten folgen.
Diese Appelle sind ja wunderbar. Aber weder beim Landesentwicklungsplan kommen wir voran noch bei der Mobilität noch bei der Landesbauordnung, um die es hier heute geht.
Ich kam mir vor, als ich den Antrag sah, als ob wir mal wieder so ein typisches Déjà-vu-Erlebnis haben. Am 10. September 2014 – ich habe noch einmal nachgesehen – haben wir hier im Plenum über den Antrag der CDU zum Thema „Erleichterung beim Bauen mit Holz“ gesprochen.
Der Minister hat in seiner markanten Art damals gesagt – ich möchte das zitieren –: Den Minister freut, dass sich alle Fraktionen gemeinsam auf den Holzweg begeben haben. Da wird er nicht zur Seite stehen, sondern mitmarschieren. – Wunderbar! Immer
noch Zitat: Ich versichere Ihnen, bis zur nächsten Sitzung unseres Ausschusses dezidiert darzulegen, ob wir dabei bleiben, dieses Problem im Rahmen der Novelle der Landesbauordnung anzugehen oder ob wir vorab novellieren.
Beides ist nicht passiert. Auf die Frage meines Kollegen Hausmann haben Sie ja immer noch keine Antwort gegeben, sondern gesagt, irgendwann bis 2017 werden wir es wohl haben.
Zwei Jahre, Herr Groschek, ist wirklich nichts passiert. Entweder haben Sie sich auf diesem Holzweg verirrt oder bei Ihnen ist der Holzwurm drin.
Bis heute wird der wertvolle Baustoff Holz in Nordrhein-Westfalen beim Geschosswohnungsbau de facto unterbunden. Dabei liegen die Vorteile des Holzbaus doch auf der Hand. Nur ein paar Beispiele: Da sind das gesunde Raumklima, der Wohnkomfort, die kürzeren Bauzeiten, die eingesparten Trocknungszeiten, die Möglichkeiten zur Eigenleistung für die Bewohner und die ausgezeichneten Dämmeigenschaften.
Nach wie vor ist Nordrhein-Westfalen Schlusslicht beim Bauen mit Holz. Aber das kennen Sie ja: Nicht nur auf diesem Gebiet ist Nordrhein-Westfalen mit der Regierung Kraft Schlusslicht, sondern leider noch auf vielen anderen.
Das Schlimme ist nur, dass Sie daran nichts geändert haben. Nach wie vor stehen wir mit minus 45 Punkten in dem Index, den das Thünen-Institut aufgestellt hat, auf dem letzten Platz und Baden-Württemberg mit einem Wert von plus zwei auf Platz 1.
Ihr Entwurf hätte ja den schönen Worten irgendwelche Taten folgen lassen können. Aber auch da sind Sie die Taten bisher schuldig geblieben. Der Deutsche Holzwirtschaftsrat hat ja deshalb den Entwurf der Landesbauordnung heftig kritisiert. Ich zitiere hier nur einen Satz:
„Aktuell ist Holz auch im vorliegenden Entwurf der BauO NRW insbesondere hinsichtlich der brandschutztechnischen Anforderungen gegenüber anderen Bauweisen benachteiligt.“
Orientieren Sie sich doch bitte an der Landesbauordnung von Baden-Württemberg. Darin wurden die neuesten brandschutztechnischen Erkenntnisse berücksichtigt. Damit kämen wir hier wesentlich weiter.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Im Jahr 2013 wurden in Nordrhein-Westfalen 9,2 % der Gebäude mit Holz als überwiegendem Baustoff genehmigt. Im Bundesdurchschnitt waren es 15 % und in Baden-Württemberg 24,8 %. Man sieht also: Es geht.
gibt, einmal auf die Ein- und Zweifamilienhäuser konzentriert. 20.000 Ein- und Zweifamilienhäuser wurden im Jahr 2013 in Nordrhein-Westfalen genehmigt.
Herr Kollege Deppe, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Klocke würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.
Also: 20.000 Ein- und Zweifamilienhäuser wurden hier genehmigt. Da ist es schon ein Unterschied, ob 1.800 oder 5.000 Häuser in Holzbauweise entstehen. Allein ein Haus bindet 80 t CO2 in den Baustoff Holz. Würden wir in Nordrhein-Westfalen anteilig genauso viele Häuser in Holzbauweise errichten wie BadenWürttemberg, könnten 256.000 t CO2 eingespart werden.
Das entspricht immerhin 52 % der CO2-Emissionen des Flugverkehrs in Nordrhein-Westfalen. Das ist schon eine Hausnummer.