Ich frage mich, ob die Ministerin nicht weiß, was in ihrem Ministerium vorgeht. Weiß sie nicht, dass drei Tage vorher das eine gesagt wird und dass sie drei Tage später etwas ganz anderes sagt?
Ist es möglicherweise sogar eine bewusste Verunsicherung, um je nach Aussage und je nach Zitat, also entweder bezogen auf den Erlass oder bezogen auf die Ministerin, an den entsprechenden Verhandlungstischen Erfolge zu erzielen, um zum Beispiel Krankenkassen zu suggerieren, dass es dadurch zügig zu einem Verhandlungsabschluss kommen kann?
Ihnen, Frau Kollegin Scharrenbach. Wir können somit im Ausschuss ein wichtiges Thema behandeln. Der Antrag enthält schließlich durchaus einige vernünftige Punkte. Wir werden uns im Einzelnen mit den Forderungen beschäftigen. Da können wir gespannt sein.
Wichtig ist, dass die Ergebnisse, die wir hier erzielen, und die Beschlüsse, die wir hier im Landtag Nordrhein-Westfalen fassen, in der Praxis auch greifen. Ich halte einen Zeitraum von 15 Monaten nach Verabschiedung eines Gesetzes, in dem es immer noch nicht zu einvernehmlichen Lösungen und Absprachen gekommen ist, für deutlich zu lang.
Dieses Zickzackspiel, dieser Zickzackkurs der Landesregierung ist jedenfalls brandgefährlich für den Rettungsdienst und die Notfallversorgung in Nordrhein-Westfalen. Sie sollten sich bemühen, dass schleunigst das entsprechende Einvernehmen hergestellt wird.
Ich möchte meine Rede mit einem weiteren Zitat meines Kollegen Lamla beenden: Er sagte am 28. Januar 2015 auch Folgendes:
„Lassen Sie die Menschen in diesem Beruf nicht hängen und sorgen Sie für Planungssicherheit bei den Kreisen und auch bei den Ausbildungseinrichtungen!“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht kann ich ein bisschen mehr zur Klarheit beisteuern; denn ich habe schon beim Redebeitrag von Frau Scharrenbach das Gefühl gehabt, hier werde ein Thema im Wahlkampfmodus dargestellt, obwohl es dafür eigentlich gar keinen Grund gibt.
Denn auch die Akteure im System melden zurück, dass wir uns auf einem guten Weg befinden. Das wurde beispielsweise auf der bundesweiten Jahrestagung der Leiter der ärztlichen Rettungsdienste geäußert. Viele der Kollegen aus den anderen Bundesländern waren neidisch auf das, was wir in Nordrhein-Westfalen erreicht haben.
Deswegen halte ich eine solche Schwarzmalerei für der Sache überhaupt nicht angemessen. Auch der Umgang mit dem Thema ist nicht angemessen.
Ich kann jetzt noch einmal versuchen, Ihre großen Irritationen bezüglich der Finanzierung von EP 1 zu klären:
Schon in dem ersten Erlass, vor dem es einen großen Prozess mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Kostenträgern gab, in dem die pauschalierten Richtwerte festgelegt wurden, war klar – und das ist auch klar –, dass es keinen Kostenansatz für freiwillige Vorbereitungslehrgänge gibt. Diese freiwilligen Vorbereitungslehrgänge sind weder im Bundesgesetz noch im Erlass vorgegeben. Dementsprechend können auch keine Kosten für diese Vorbereitungslehrgänge geltend gemacht werden. Das war im ersten Erlass nicht anders, das ist auch mit meinem Schreiben zur Umsetzung nicht anders, und das ist auch im zweiten Erlass nicht anders.
Es war nämlich immer klar, dass schnellstmöglich ein Einvernehmen bezüglich der Finanzierung hergestellt werden soll – aber nicht bezüglich der EP 1. Dafür gibt es keinen Kostenansatz, weil es ein freiwilliges Angebot ist. Denn wie Sie wissen, können diejenigen, die schon mehr als fünf Jahre tätig sind, die Prüfung absolvieren, ohne einen Vorbereitungslehrgang zu machen. Diese Möglichkeit nehmen auch einige in Anspruch. Daher ist dies kein kostenerstattungsfähiger Bereich.
Die CDU fordert in ihrem Antrag eine Reihe weiterer Punkte. Vielleicht kann ich Ihnen auch bezüglich dieser Forderungen Klarheit verschaffen.
Sie fordern, dass die Bezirksregierung das fehlende Einvernehmen anstandslos ersetzen soll. „Anstandslos ersetzen“ geht natürlich nicht. Das fehlende Einvernehmen kann nicht mal eben so hergestellt werden, sondern dafür muss zunächst einmal klar sein, dass ein fehlendes Einvernehmen festgestellt worden ist.
Dann kann die Bezirksregierung auch nichts durchwinken, sondern sie muss jeden Einzelfall prüfen und bezüglich der Qualität und der Wirtschaftlichkeit zu einem Ergebnis kommen, um beiden Seiten und allen Anforderungen gerecht zu werden. Dann kann das fehlende Einvernehmen in diesem Fall hergestellt werden – aber, wie gesagt, nicht anstandslos.
Bezüglich der Gebührenanpassung geht das natürlich gar nicht. Dafür hat die Bezirksregierung keine Möglichkeit. Da funktioniert es anders. Die Gemeinderäte können vor Ort entscheiden, und zwar abschließend und notfalls ohne Einvernehmen mit den Krankenkassen. Anschließend können sie die Gebührenbescheide herausgeben. Diese sind kassenseitig zu bedienen.
Die Bezirksregierung bzw. die Kommunalaufsicht kann nur dann einschreiten, wenn dieses Vorgehen im Verfahren eines Gebührenbescheides nicht rechtmäßig ist.
Gleichermaßen, Frau Ministerin. – Mit dieser Haltung verlagern Sie natürlich das Problem vollständig in die Städte und Gemeinden, weil Sie wissen, dass die Krankenkassen Wert darauf legen, dass die Rettungsdienstbedarfspläne nach Möglichkeit einen Appendix zur Notfallsanitäterausbildung bekommen, damit das Ganze auch justiziabel wird.
Deshalb die Frage an Sie: Kann man davon ausgehen, dass mit dem ersten aus Ihrem Hause veröffentlichten Erlass vom Mai 2015, den Sie ja benannt haben – der Kollege Ünal hat die Frage halb beantwortet –, Einvernehmen über die Strukturen und auch Kosten mit den Krankenkassen erzielt wurde, oder haben Sie diesen Erlass ohne das Einvernehmen veröffentlicht?
Dieser Erlass ist schon weitgehend gemeinsam beschlossen worden. Deswegen gibt es die Zustimmung der Krankenkassen. Wir haben die pauschalen Richtwerte gemeinsam erarbeitet. Sie wissen, was für ein langer Prozess das gewesen ist. Also: Ja.
Dass sich die Krankenkassen bei der Finanzierung an vielen Stellen wehren, hat etwas damit zu tun, dass wir ein Bundesgesetz umsetzen sollten, in dem die Finanzierungsfragen vonseiten des Bundes nicht klar geregelt worden sind. Daher hatten wir von Anfang an den Streit zwischen Kommunen und Krankenkassen – im Übrigen nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern in fast allen Bundesländern in vergleichbarer Form. Die Kommunen wollen perspektivisch nichts zahlen, und die Krankenkassen wehren sich dagegen, bestimmte Kosten zu übernehmen. Wie gesagt, gab es von Anfang an die Einigung darüber, dass die Vorbereitungslehrgänge für die EP 1 nicht gemeinsam finanziert werden.
Noch einmal: Ich verlagere hier nichts in die Kommunen, sondern das ist eine ganz klare Regelung, wer an welcher Stelle wofür zuständig ist. Und für die Festlegung von kommunalen Gebühren kann das Land nicht zuständig sein.
Die Bedarfsplanung ist auch keine nordrhein-westfälische Erfindung, sondern klar ist, dass die Kassen als Grundlage für eine Finanzierung, die sie übernehmen, immer Bedarfspläne brauchen. Das ist beim Krankenhausplan und allen anderen Dingen genauso. Insofern haben wir uns das nicht ausgedacht, sondern es entspricht einem ganz normalen rechtlichen und gesetzlichen Weg.
Frau Ministerin, ich muss jetzt einmal dazwischengehen. Der Kollege Haardt, der auf dem Platz von Herrn Deppe sitzt, hat sich zu einer Zwischenfrage gemeldet.
Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, es sei weitgehend Einvernehmen mit den Krankenkassen erzielt worden. Können Sie mir die rechtliche Verbindlichkeit von „weitgehend Einvernehmen“ erläutern?
Die Richtwerte sind gemeinsam festgelegt worden. Dazu gibt es einen Konsens. Die Krankenkassen müssen dies umsetzen. Ich habe es gerade schon einmal vorgetragen: Wenn der Gemeinderat abschließend entscheidet – auch ohne Einvernehmen mit den Krankenkassen –, sind die Gebührenbescheide kassenseitig zu bedienen. Das ist ganz klar.
Ich weiß nicht, welche weitere Antwort Sie auf diese Frage gerne hören möchten. Das ist rechtlich völlig klar und liegt auf der Hand. Dementsprechend liegt auch die Ausgestaltung eigentlich klar auf der Hand.
Die interkommunale Zusammenarbeit zur Abnahme von Prüfungen ist ein weiterer Punkt, den Sie in Ihrem Antrag fordern. Auch da ist klar: Dafür brauchen wir keine neue Regelung, sondern auf der Grundlage des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit des Landes Nordrhein-Westfalen können die Kommunen auch im Hinblick auf die Notfallsanitäterausbildung kooperieren und die gemeinsame Ausbildung völlig unproblematisch durchführen. Auch da gibt es keine Notwendigkeit, zu handeln.
Der letzte Punkt, auf den ich eingehen möchte, den Sie fordern, ist die Verlängerung der Übergangsfristen. Mit dem Stand zum 1. März 2016 haben wir in Nordrhein-Westfalen schon 1.200 Rettungsassistenten weiterqualifiziert, und die Tendenz ist steigend.
Wenn wir jetzt über eine Fristverlängerung diskutieren, dann würde die Umsetzungsbereitschaft der Beteiligten dadurch nicht gerade beschleunigt. Deswegen halten wir es für erforderlich, an der Frist festzuhalten, aber den Verlauf der Ausbildung natürlich weiter kontinuierlich zu begleiten.
Noch ein letzter Satz dazu: Wie eben ausgeführt, war ich auf der Frühjahrstagung des Bundesverbands der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Deutschland. Im Nachhinein bekam ich noch einmal schriftlich die Botschaft der Ärzte übermittelt, die sagen: In Nordrhein-Westfalen sind wir sowohl mit unserem novellierten Rettungsgesetz als auch mit den Regelungen zur Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes sehr gut aufgestellt. – Sie führen dann noch aus, was andere Bundesländer jetzt von Nordrhein-Westfalen übernehmen wollen. Schlechtreden funktioniert also nicht.
Wir sind auf einem guten Weg. Wenn die Kommunen mit den Kassen jetzt auch noch die offenen Probleme lösen, dann wird es hier überhaupt keine Probleme mehr geben. Dann wird Nordrhein-Westfalen bei der Umsetzung des Bundesgesetzes ganz weit vorne sein. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Die Landesregierung hat ihre Redezeit um 56 Sekunden überzogen. Möchte jemand noch das Wort haben? – Das ist offensichtlich nicht der Fall.
Damit sind wir am Schluss der Aussprache und kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/11699 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.