Protocol of the Session on November 7, 2012

Fakt 3: Unsere Kommunen in NRW sind gegenüber dem Durchschnitt in Deutschland weiter abgehängt worden. Wie sagte der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Dr. Martin Klein, im Rahmen der Sachverständigenanhörung? Er sagte, die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen sei gefährdet. So hat es mich nicht weiter gewundert, dass in der Anhörung zu diesem GFG von den Sachverständigen wichtige Kritikpunkte geäußert wurden. Wenn man alle diese Kritikpunkte subsumiert, dann stellt man fest, dass kaum ein gutes Haar an Ihrem GFG gelassen worden ist.

So bemängelte beispielsweise der Städte- und Gemeindebund,

(Zuruf von Marc Herter [SPD])

dass die interkommunale Verteilungsgerechtigkeit in den letzten Jahren immer weiter zulasten des kreisangehörigen Raums verloren gegangen ist. Das wird deutlich, wenn man sich die Steigerung für den kreisangehörigen Bereich und für den kreisfreien Bereich anguckt.

Aber auch die Bedarfsberechnung ist aus Sicht der Sachverständigen überholungsbedürftig. So, wie Sie es jetzt praktizieren, läuft die Verteilungsgerechtigkeit aus dem Ruder.

Auch im Bereich der Steuerkraftbestimmung sind insbesondere durch die Anwendung der fiktiven Hebesätze im kreisfreien Raum in den letzten Jah

ren Hunderte Millionen Euro an Erlösen unter den Tisch gefallen.

Es gibt weitere Ungerechtigkeiten, die ich auch schon im Ausschuss für Kommunalpolitik angesprochen habe, beispielsweise die Differenzierung beim Schüleransatz nach Halbtags- und Ganztagsschülern mit den Werten 0,7 und 3,3. Das ist nicht nachvollziehbar.

Überhaupt ist nicht nachvollziehbar, dass es eine Ungleichbehandlung von offener Ganztagsschule und Ganztagsgrundschule gibt, dass also die offenen Ganztagsgrundschulen wie Halbtagsschulen behandelt werden.

Meine Damen und Herren, an einer Stelle sind wir uns wohl einig: Bei Ihrer Diagnose der Ursachen haben Sie nicht völlig unrecht, dass die Soziallasten zu einem Großteil die Misere der Kommunen verursacht haben. Aber Sie verkennen in Ihrer Argumentation: Es war die rot-grüne Bundesregierung, die im Zuge der Hartz-Reform 2003 die Unterbringungskosten auf die Kommunen abgewälzt hat. Nach Ihrer eigenen Argumentation ist somit sie die Wurzel des Übels.

(Beifall von der CDU)

Mittlerweile haben wir eine Kostenexplosion, sodass jetzt der Bund mit Schwarz-Gelb diese Belastung zurückführen muss. Der Fehler ist damit korrigiert.

Für mich ist das zentrale Manko Ihres Entwurfs, dass Sie wieder nur die Ihnen opportunen Empfehlungen der ifo-Kommission umsetzen. Ihr Gesetzentwurf genügt nicht im Ansatz dem Gebot der interkommunalen Verteilungsgerechtigkeit.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Bei den Schlüsselzuweisungen ist Ihnen der Einwohner einer kreisangehörigen Kommune 281 €, der einer kreisfreien Stadt 472 € wert. Ist das gerecht?

(Marc Herter [SPD]: Das haben Sie bis heute nicht verstanden!)

Absurd wird es in Ihrem Gesetzentwurf endgültig, wenn es zu den Auswirkungen auf die Stärkungspaktkommunen kommt. Nach dem GFG 2012 sind 20 der 61 Stärkungspaktempfängerkommunen unter den Verlierern.

Dieses GFG – das muss man ganz klar festhalten – ist im Ergebnis die Verteilung des Mangels. Wo bleibt Ihr „Masterplan Kommune 2020“, wo Ihr ganzheitliches Konzept zum Wohl der Kommunen? Diesen Entwurf können wir so nur ablehnen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Körfges.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Rängen! Ich kann dem Kollegen Kuper persönlich kaum einen Vorwurf machen, denn er hat diesem Hohen Haus in der Zeit zwischen 2005 und 2010 noch nicht angehört.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Hör doch auf!)

Aber ganz offensichtlich hatten Sie, sehr verehrter Herr Kollege, seinerzeit auch keine Zeitungen und keinen Kontakt zu Kommunalen, die irgendwo für die kommunale Landschaft verantwortlich waren,

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

sonst würden Sie hier so etwas nicht erzählen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ich will an dieser Stelle nicht darauf herumreiten, dass Sie da ganz offensichtlich die Gnade der späten Geburt haben. Aber, Herr Kollege, derjenige, der jetzt Verteilungsungerechtigkeit anmahnt, muss sich von mir, von der SPD-Landtagsfraktion, von der Koalition anhören, dass in den Jahren von 2005 bis 2010 die damalige Landesregierung unseren Kommunen in die Tasche gegriffen hat und 3 Milliarden € an klebrigen Fingern hängengeblieben sind.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Sie waren zu keiner Zeit Teil der Lösung, Sie waren immer Hauptteil der Probleme unserer Kommunen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

„Ifo-Gutachten“ – ein wirklich gutes Stichwort. Wir hatten – das gilt sowohl für Minister Jäger als auch für andere Mitglieder meiner Fraktion, unter anderem auch für mich – das Vergnügen, in der ifoKommission vertreten sein zu dürfen. Für die Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht so lange dabei sind, verrate ich mal, wer die Kommission einberufen hat – diese hat im Jahre 2008 ihre Arbeit aufgenommen –: Das war der damalige Innenminister, der Gott sei Dank noch nicht den Titel „Kommunalminister“ geführt hat – das wäre nämlich Etikettenschwindel gewesen –, Herr Wolf. Im Juni 2010 haben wir Empfehlungen der ifo-Kommission auf den Weg gebracht, und zwar ohne irgendwelche Kritik der jetzigen Opposition. Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum haben Sie sich damals denn nicht gemeldet, wenn Ihnen der Abschlussbericht nicht gefallen hat?

(Beifall von der SPD)

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Sie ereilen jetzt die Fehler …

(Bernhard Schemmer [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Der Kollege Schemmer hat sich, weil er die Regressionsanalyse nicht verstanden hat, immer wieder zu Wort gemeldet. Er macht das auch jetzt. Aber an dieser Stelle können wir auf Einzelschicksale keine Rücksicht nehmen.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Ich möchte im Zusammenhang fortfahren. Ich will nämlich darauf hinweisen, dass die ehemalige Landesregierung es grob fahrlässig unterlassen hat, in der Zeit von 2005 bis 2010 die notwendige Grunddatenüberprüfung durchzuführen. Wir haben das nachgeholt und dabei feststellen müssen, dass das zu Verwerfungen geführt hat. Wenn Sie sich den Entwurf des GFG – es waren ja viele Monate Zeit – gut durchgelesen hätten, hätten Sie auch erkennen können, dass wir für Abmilderung gesorgt haben.

Eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man hier nicht stehenlassen: Das GFG ist ein Finanzausgleichsinstrument zwischen den Kommunen. Der eine gibt und der andere nimmt. Nun eine künstliche Spaltung zwischen den einzelnen Kommunen herstellen zu wollen, das wird unserem Anspruch, allen Kommunen gegenüber gleichermaßen gerecht zu sein, nicht gerecht. Sie haben sich auch im Ton vergriffen – und nicht nur im Ton.

Eine der großen Leistungen dieser Landesregierung ist der Stärkungspakt Stadtfinanzen. Wir können und werden niemandem versprechen, dass wir die kommunale Finanzmisere alleine mit dem Stärkungspakt gelöst bekommen. Meine Damen und Herren insbesondere von der CDU, Sie schütteln jetzt zum Teil so lange mit dem Kopf, bis Sie beim Stärkungspakt ein Haar in der Suppe finden. Ich frage Sie: Was haben Sie denn in Ihrer Zeit gemacht, um den Kommunen zu helfen? – Gar nichts! Sie haben denen nur in die Tasche gegriffen.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Körfges, entschuldigen Sie, dass ich Sie jetzt doch unterbreche. Es gibt einen zweiten Wunsch nach einer Zwischenfrage – das konnten Sie nicht erkennen und deshalb auch in Ihrer Rede nicht sagen, ob Sie sie zulassen wollen oder nicht – des Kollegen Schemmer. Möchten Sie diese Zwischenfrage zulassen?

Ja, lasse ich zu.

Herr Kollege Körfges. Sie hatten ja vorhin festgestellt, dass jemand die Regressionsanalyse nicht verstanden hat. Sind Sie denn bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass, wenn Kommunen 1 Million € für irgendwelchen Unsinn ausgeben, die Regressionsanalyse anschließend im Ergebnis bestätigt, dass der Bedarf für diesen Unsinn auch da ist?

(Marc Herter [SPD]: Das ist der Beweis!)

Herr Schemmer, ich darf Ihnen attestieren, dass Sie die Vorhaltungen, die ich Ihnen eben gemacht habe, gerade eindrucksvoll bestätigt haben.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Sie haben es immer noch nicht verstanden. Aber bitte ersparen Sie mir, dass ich jetzt mit Ihnen ein Rigorosum in der Frage durchführe. Ich will nämlich noch auf zwei wichtige Punkte zu sprechen kommen.

Konnexität: Meine Damen und Herren, die Fehler der Vorgängerregierung verfolgen uns bis auf den heutigen Tag. Nicht nur, dass wir bei dem Thema „Konnexität“ jetzt auf Augenhöhe mit unseren Kommunen verhandeln, nein, der jetzige Haushalt muss auch dafür herhalten, dass die Fehler, die Sie bei der Kommunalisierung von Versorgungsverwaltung und Umweltverwaltung, die Sie bei den Einheitslasten und bei der Abrechnung der Einheitslasten sowie beim KiföG gemacht haben, zugunsten unserer Kommunen ausgeglichen werden. Da hält die gegenwärtige Landesregierung Wort, meine Damen und Herren. Das geht zulasten des Haushalts. Das haben Sie sich auf Ihre Negativseite zu schreiben.

(Beifall von der SPD)

Darüber hinaus will ich bei den Kolleginnen und Kollegen der Piraten eine Sache anerkennen: Wir wären gerne bereit, noch mehr für die Kommunen zu tun.

Die Redezeit, Herr Kollege.