Protocol of the Session on March 17, 2016

Wir haben auch regionale, gleichwohl international ausgerichtete Häfen in unserer Region, wo die Einfuhrumsatzsteuer eine relativ große und wesentlich bedeutendere Rolle als für die Regionalflughäfen spielt, zum Beispiel in Duisburg als dem weltweit größten Binnenhafen. Nicht zu vergessen ist der dort angesiedelte Frachtverkehr, der wiederum relevant ist für die Einfuhrumsatzsteuer, der auf der Straße stattfindet oder weiter geführt wird. Logport ist dafür ein Beispiel. Das sind Standortfaktoren, die von Bedeutung sind.

Demgegenüber steht die Forderung der Piratenfraktion nach einem Schluss mit Subventionen für Regionalflughäfen in Nordrhein-Westfalen. Es ist eine Kernforderung von uns: Alle Regionalflughäfen müssen ohne Subventionen durch die öffentliche Hand betrieben werden. Direkte und indirekte Subventionen müssen ehrlich ermittelt und offengelegt werden. Da nützt es auch nichts, an der Umsatzsteuerdebatte zu schrauben, um das bei den Regionalflughäfen, die ich eben erwähnt habe, eventuell in einen Standortvorteil umzuwandeln. Er wird sich möglicherweise gar nicht auswirken. Denn die Frachtkapazitäten an diesen Flughäfen sind gar nicht gegeben, um das Ergebnis zu erzielen, welches mit dem Antrag sicherlich sinnvollerweise von der Grundintention verfolgt wird.

Es hilft uns also nicht, wenn die Landesregierung wiederholt – auch darauf sei hingewiesen –, dass es keine Subventionen des Landes für die Regionalflughäfen gebe. Eine Subvention wäre es natürlich nicht, wenn die Entbürokratisierung der Einfuhrumsatzsteuer endlich gelingen könnte.

Wir würden es begrüßen, wenn insbesondere solche Fälle wie der Hafen Duisburg mit ins Kalkül und in die Antragsbetrachtung einbezogen werden könnten. Da dürfte das Einfuhrumsatzsteueraufkommen erheblich sein. Wir haben in der Bundesrepublik pro Jahr ungefähr 55 Milliarden € Einfuhrumsatzsteuer, von der ein erheblicher Teil auf Nordrhein-Westfalen entfällt, aber doch eben überwiegend lokalisiert auf Köln/Bonn, teilweise auf Düsseldorf und ganz sicherlich auf den Duisburger Hafen.

Wir sollten nach der Überweisung des Antrags an den Ausschuss, der wir selbstverständlich gern zustimmen, um uns dem Thema sachlich zu widmen, ein besonderes Augenmerk auch auf diese Aspekte werfen. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Schulz. – Jetzt spricht für die Landesregierung der Finanzminister, Herr Dr. Walter-Borjans.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Problematik der Einfuhrumsatzsteuer, wie sie Herr Witzel beschrieben hat, ist zutreffend. Es ist ein Problem des deutschen Föderalismus, weil die Einfuhrumsatzsteuer von der Zollverwaltung erhoben wird, während die Umsatzsteuer – die Einfuhrumsatzsteuer, die dann mit der Umsatzsteuer verrechnet wird – von den Finanzämtern erhoben wird. Das bereitet einige bürokratische Probleme. Sie sind so gut wie möglich zu vermeiden.

Das, was ich hier feststellen kann, ist, dass Herr Witzel mit dem Antrag mit vollem Schwung in eine offene Tür läuft, denn das Problem ist hier schon mehrfach angesprochen worden. Es existiert in der Tat.

(Jochen Ott [SPD]: Das wäre das erste Mal!)

Aber die Lösung ist auch auf dem Weg. Ich habe an den Bundesfinanzminister geschrieben. Die Folge war: Es ist eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet worden. Die nächste Folge wird sein, dass bis zum Ende dieses Jahres Vorschläge auf dem Tisch liegen sollen.

Frau Freimuth, ja, jede Fraktion hat das Recht, ihren Weg und ihre Maßnahmen zu treffen, wie man ein solches Problem thematisiert. Neben dem Recht ist es aber eine Frage des Stils. Man könnte zum Beispiel auch einmal sagen: Liebe Landesregierung, schön, dass ihr das Thema aufgegriffen habt. Wir unterstützen euch dabei. Dann finden wir bestimmt eine Lösung.

(Beifall von der SPD)

Und dann muss man nicht so tun, als hätte man es jetzt erst erfunden. – Das machen wir dann, wenn wir im Ausschuss darüber beraten. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Walter-Borjans. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/11422 an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend –, an den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt dem zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist beides nicht der Fall. Damit ist die Überweisung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu:

11 Die Landesregierung muss den willkürlichen

Ausschluss mittelständischer Busunternehmen vom Wettbewerb beenden und den Tarifvertrag des NWO als repräsentativ einstufen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/11429

Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion erteile ich Herrn Rehbaum das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der frühere Bundespräsident Horst Köhler hat einmal gesagt: „Ein Zuviel an Normen und Bürokratie nagt an den Kräften jeder Volkswirtschaft.“

Das kann man in Nordrhein-Westfalen eindrucksvoll beobachten. Um Bürokratie abzubauen und der Wirtschaft neue Impulse für Wachstum und Arbeitsplätze zu geben, muss das Tariftreue- und Vergabegesetz wieder abgeschafft werden.

(Beifall von der CDU – Michael Hübner [SPD]: Das Naturschutzgesetz haben Sie verges- sen!)

Die rot-grüne Landesregierung lässt zurzeit jedoch keinen politischen Willen erkennen, dies zu tun.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Daher sieht sich die CDU-Landtagsfraktion gezwungen, Anträge zur Schadensbegrenzung vorzulegen.

In Nordrhein-Westfalen gibt es ca. 130 kommunale Verkehrsunternehmen und ca. 450 im NWO-Verband organisierte mittelständische Busunternehmen mit über 10.000 Busfahrern. Es gibt eine traditionell gute Zusammenarbeit zwischen kommunalen und privaten Verkehrsunternehmen. Als Auftragsunternehmer im öffentlichen Linienverkehr bieten private Verkehrsunternehmen hochwertige Verkehrsleistungen für die Fahrgäste, die sich nicht von der Qualität kommunaler Verkehrsunternehmen unterscheiden.

Durch die privaten Auftragsunternehmer entsteht die Mischung aus vielen dezentralen, kommunalen und mittelständischen Betriebshöfen. Dadurch werden unwirtschaftliche und klimaschädliche Leerkilometer eingespart, und bei Störungen im Betriebsablauf ist schneller ein Reservefahrzeug zur Stelle. So ergibt sich eine Win-win-win-Situation. Der Steuerzahler profitiert von günstigen Produktionsstrukturen, der Fahrgast profitiert von stabileren Fahrplänen, und für mittelständische Unternehmen ist es Wirtschaftsförderung. Und das ist gut so.

Traditionell haben private Busunternehmen einen eigenen Tarifvertrag. Das ist sinnvoll, weil diese Betriebe in aller Regel neben den Auftragnehmerleistungen für Kommunen auch im Schülerspezialverkehr, im Reise- und Gelegenheitsverkehr sowie im Fernlinienbusverkehr aktiv sind. Dies erfolgt im Mischbetrieb mit ein und derselben Belegschaft. Deswegen muss ein eigener Tarifvertrag diese betrieblichen Besonderheiten abbilden.

Seit 2012 dürfen Private aufgrund einer Entscheidung des damaligen Arbeitsministers Schneider nicht mehr an öffentlichen Vergaben für Verkehrsleistungen teilnehmen. Seine Weigerung, den NWOTarifvertrag als repräsentativ zu erklären – der von 450 Unternehmen angewendet wird und mit einem

Einstiegslohn von über 11 € weit über dem Mindestlohn liegt –, hatte eine verheerende Wirkung. Die Unternehmen können ihren Tarifvertrag nicht einfach wie ein altes Paar Schuhe wechseln. Der von Minister Schneider einzig zugelassene Tarif ist für die Erfordernisse der 450 privaten Mischunternehmen völlig ungeeignet.

(Beifall von der CDU)

Der willkürliche Ausschluss des Tarifvertrags der Privaten vom Wettbewerb riecht nach politischer Einflussnahme in die Tarifautonomie. Wir können hier auch nicht von prekären Löhnen oder Dumping sprechen, liegt der Einstiegslohn für private Busfahrer doch rund 30 % über dem gesetzlichen Mindestlohn. Prekäre Verhältnisse haben wir allerdings häufig im Schülerspezialverkehr, im Reise- und Gelegenheitsverkehr und im Fernbusbereich. Doch genau in diesen Bereichen lässt das rot-grüne Tariftreue- und Vergabegesetz das Fahrpersonal und aufrichtige Unternehmen im Regen stehen.

(Beifall von der CDU – Michael Hübner [SPD]: Das Naturschutzgesetz!)

Warum – so fragt man sich – mischt sich der Arbeitsminister in das Tarifgefüge ein,

(Michael Hübner [SPD]: Landesentwicklungs- plan!)

und warum nimmt er den faktischen Ausschluss der privaten Busunternehmen vom Wettbewerb hin? Die Gerichte haben dem Minister seine Entscheidung förmlich um die Ohren gehauen. Sie liegt mittlerweile zur Entscheidung beim Landesverfassungsgerichtshof in Münster.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2016 wurde ein neuer privater Tarifvertrag mit ver.di abgeschlossen. Das war eine große Chance für Arbeitsminister Schmeltzer, die Fehler seines Amtsvorgängers Guntram Schneider zu korrigieren. Doch weit gefehlt. Bis heute, fast drei Monate nach Inkrafttreten des neuen Tarifvertrags, hat sich nichts getan. Die Mittelständler warten noch immer auf eine Freigabe des für sie gültigen Tarifvertrags für den Wettbewerb um öffentliche Verkehrsleistungen. Gute Wirtschaftsförderung, meine Damen und Herren, sieht anders aus.

(Beifall von der CDU)

Warum zögert der Minister so lange, den neuen Tarifvertrag der 450 Busunternehmen in NordrheinWestfalen als repräsentativ zu erklären? Der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaft ver.di wollen das ausdrücklich.

Beenden Sie endlich den Ausschluss der privaten Verkehrsunternehmen vom Wettbewerb und erkennen Sie den Tarifvertrag der mittelständischen Busunternehmen als repräsentativ an! Damit hätten Sie in gutes Werk getan.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Rehbaum. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Bischoff.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon hochinteressant, um nicht zu sagen entlarvend, Herr Rehbaum, wie die CDU an ein Tarifvertragswerk herangeht. Sie haben es nur aus Arbeitgebersicht geschildert.

Ich bin Gewerkschafter und Sozialdemokrat. Das wissen Sie, glaube ich. Sie haben überhaupt nicht dargestellt, dass ein Tarifvertrag irgendetwas mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu tun hat und wie das aus Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu bewerten ist. Sonst wären Sie schnell darauf gekommen, dass der private Vertrag für die Arbeitnehmer deutlich schlechter ist als der mit den öffentlichen Arbeitgebern.

Sie wirken auf mich ein bisschen wie ein Lobbyist der privaten Omnibusunternehmen. Sie hätten vielleicht einmal darauf kommen können, das miteinander abzuwägen und in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Aber das tun Sie gar nicht. Das nehme ich Ihnen als Person nicht einmal übel.

Aber wenn man dann den ganzen Antrag der CDU liest – die ja den Anspruch hat, eine Volkspartei und damit auch eine Partei für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu sein –, ist das schon bemerkenswert; das muss ich sagen. Wenn man das liest, es verströmt einfach nur den Geruch: Die Arbeitgeber suchen den Vorteil eines Tarifvertrags, mit dem sie woanders an öffentliche Aufträge kommen.

Sie interessiert nichts von dem, was sonst im Tarifvertrag steht. Das ist bemerkenswert. Das merken wir uns; das werden wir auch weitererzählen. Das verspreche ich Ihnen. Ich kenne viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in der CDU sind oder sich Ihrer Partei nahe fühlen. Ich werde denen mal erzählen, wie Ihre Sichtweise so ist. Das finde ich hochspannend und interessant.

(André Kuper [CDU] schüttelt den Kopf.)