Ich will das den staunenden Besuchern einmal erzählen: Sie hatten sechs Wochen Zeit, ein 15Punkte-Programm – das man sehr deutlich beziffern kann, wenn man das will – in Ihrem Kabinett zu beraten, nachdem die Ministerpräsidentin dies hier verkündet hat. Und dann schaffen Sie es nicht, eine gedruckte Fassung vorzulegen, sondern machen noch in der Kabinettssitzung handschriftlich Zahlendreher. Da steht dann noch nicht einmal eine Paraphe dran, um zu erkennen, wer es gemacht hat. Das ist Handwerk, so wie wir es von Ihnen kennen.
Und dann erklärt der Finanzminister zusammen mit dem Justizminister der staunenden Öffentlichkeit, 47 Millionen € seien das größte Paket für innere Sicherheit in Deutschland. Herr Minister, wenn Sie das selbst glauben, dann mag das für Sie ja so sein, aber es ist eigentlich der größte Witz der Weltgeschichte, wenn Sie hier erklären, 47 Millionen € seien das größte Sicherheitspaket in Deutschland.
Sie machen weiter Stückwerk. Irgendwann müssen Sie sich auch mal entscheiden, ob Sie der Meinung sind, dass die Ereignisse in Köln alleine mit dem abgesetzten Polizeipräsidenten zu tun haben, oder ob es strukturelle Probleme bei der inneren Sicherheit in Nordrhein-Westfalen gibt. Das eine oder das andere ist richtig, nicht beides. Wenn der eine schuld war, dann brauchen Sie keinen 15-Punkte-Plan, und wenn der nicht alleine schuld war, dann sagen Sie das auch einmal öffentlich. Der Innenminister verkauft es jedenfalls immer noch anders.
Die innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen ist nur ein Thema. Das andere Thema ist die Tatsache, dass Sie die 350 Millionen €, die nach dem von Ihnen eingebrachten Flüchtlingsaufnahmegesetz etatreif sind, weil sie durch das Kabinett sind, nicht in diesen Nachtragshaushalt hineinbringen. Sie haben nämlich keine Gegenfinanzierung, weil Ihre fallende Linie der Neuverschuldung schon jetzt kaputt wäre – zwei Monate, nachdem der Haushalt verabschiedet worden ist. Herr Minister, Sie leben von der Hand in den Mund, und das wissen Sie ganz genau.
Rot-Grün wählt mal wieder den einfachen Weg, Herr Zimkeit eben auch: Wir schimpfen auf den Bund. Wir schimpfen wahlweise auch auf andere – mal ist Sachsen schuld, mal ein anderer. Jedenfalls ist immer irgendein anderer schuld. Immer sind äußere Ereignisse schuld. Nie liegt es an Ihnen. Man hat immer das Gefühl: Eigentlich regiert diese Regierung gar nicht, sie kommuniziert nur und findet immer einen Schuldigen. Das ist eine ganz tolle Regierung. Die ist unglaublich handlungsfähig. – Das war Ironie.
Vielleicht beantworten Sie nachher noch die Frage, wie viele Nachtragshaushalte Sie denn dieses Jahr vorhaben. Wollen Sie das Parlament, das hier eigentlich einen jährlichen Haushalt aufstellen soll, viermal im Jahr mit einem Haushalt belämmern? Machen Sie doch eine vorausschauende Haushaltsplanung! Wenn Sie jetzt im Aufstellungsverfahren für 2017 sind, dann versuchen Sie doch einmal, wenigstens den Haushalt so aufzustellen, dass er vielleicht ein Jahr hält. Vielleicht hält er auch nur ein halbes Jahr nach dem Regierungswechsel. Aber immerhin, Sie sollten es versuchen.
Diese Landesregierung – das ist das Fazit – präsentiert mit diesem ersten Nachtragshaushalt 2016 erneut haushaltspolitischen Fastfood: Der kostet viel, hält nicht lange vor und enthält wenig Vitamine. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Optendrenk. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Kollege Abel.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als wir vor knapp sechs Wochen hier im Landtag über die Ereignisse der Kölner Silvesternacht debattierten, standen wir noch unter dem Eindruck der Bilder und Berichte, die uns ein in Deutschland nicht gekanntes Ausmaß der Taten offenbarten. Sie waren erschreckend. Sie haben das Sicherheitsgefühl vieler Menschen erschüttert, und man muss ehrlich sagen, dass die Verunsicherung bei vielen andauert.
Meine Damen und Herren, Verunsicherung darf nicht zu einer Vertrauenskrise führen. Wir können für die absolute Sicherheit nicht garantieren, aber wir wollen und wir haben einen starken Rechtsstaat, der Stärke zeigen muss, wo es notwendig ist, denn nur so können die Schwächsten unserer Gesellschaft geschützt werden.
Wir haben im Januar-Plenum auf die Ereignisse mit einem 15-Punkte-Plan reagiert, der nun mit dem Nachtrag fiskalisch hinterlegt wird. Sechs Wochen nach Einbringung und detaillierter Arbeit wollen wir über 700, fast 800 neue Stellen und zusätzliche Sachmittel investieren.
Als Erstes möchte ich den Schutz und die Unterstützung von Opfern sexueller Gewalt nennen. Diese Maßnahmen werden wir jetzt weiter verstärken. Für die Opfer der Übergriffe in Köln wurde eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet, damit sie dort die dringend notwendige Betreuung erhalten können.
Uns geht es darum, den Opfern bestmöglich zu helfen, Opferschutz zu stärken, das Netz an Beratung auszubauen. Das tun wir nicht erst seit Köln, was auch auf viele andere Maßnahmen zutrifft, aber jetzt noch einmal mit zusätzlichem Geld und zusätzlichen Stellen.
Herr Kollege Dr. Optendrenk, Sie haben eben ausgeführt, dass die Haltbarkeit der Haushalte des Finanzministers, der Landesregierung kürzer sei als die eines Fruchtjogurts. Herr Kollege, wenn Sie sich einmal darüber klar werden, was die Konsequenz Ihrer Aussage ist: Hätten wir denn in den vergangenen Monaten bei den steigenden Flüchtlingszahlen, bei neuen Einigungen auf Bundesebene nicht nachsteuern sollen? Hätten wir nicht zusätzliche Stellen bei der Polizei schaffen sollen? Hätten wir nicht über 5.000 Lehrerinnen- und Lehrerstellen schaffen sollen?
Das sind alles Leistungen, die wir mit einem Nachtrag nachgesteuert haben. Es ist absurd, wenn man Ihre Kritik zu Ende denkt.
Meine Damen und Herren, die Täter sollen schnell bestraft werden. Die Strafe muss der Tat auf dem Fuße folgen. Deswegen wird es personelle Verstärkungen innerhalb der Staatsanwaltschaften geben – 200 zusätzliche Stellen, Staatsanwältinnen und Richter. Das ist ein Kraftakt für den Haushalt, ja. Es ist aber vor allem ein starkes Bekenntnis zum Rechtsstaat – so hat der Richterbund seine Presseerklärung zu diesem Nachtrag überschrieben. Ich finde, das ist die richtige Bewertung dieser zusätzlichen Stellen.
Dazu komme ich gleich noch, Herr Kollege, immer Geduld. Ich habe ja dank des Finanzministers noch ein paar Minuten.
Wir werden die Präsenz der Polizei auf der Straße verstärken. Dafür wollen wir möglichst schnell 500 Polizistinnen und Polizisten zusätzlich an den Kriminalitätsbrennpunkten einsetzen. Wir haben hier, meine Damen und Herren von der Opposition, in den letzten Jahren 8.000 zusätzliche Stellen bei der Polizei geschaffen.
8.000 zusätzliche Stellen, Herr Kollege Sieveke. Sie sollten das als Vorsitzender des Innenausschusses eigentlich wissen: 8.000 zusätzliche Stellen – das sind exakt doppelt so viel wie in der ganzen Zeit 2005 bis 2010, exakt doppelt so viele Einstellungen bei der Polizei. Wir haben jetzt mit 1.920 Anwärterinnen und Anwärtern die höchste Zahl in der Geschichte dieses Landes, meine Damen und Herren. Auch hier verschließen wir uns nicht.
Wie viele in Pension gegangen sind? Sie geben mir gute Stichworte, Herr Kollege Schmitz. Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür. – Wir sind in der Tat das einzige Bundesland, das seit 2011 mehr Beamte einstellt, als in den Ruhestand gehen. Wir sind das einzige Bundesland.
Wenn wir uns dann die Bundeszahlen, die bei der Bundespolizei, angucken, dann sieht die Bilanz gerade der Unions-Innenminister, die traditionell dieses Ressort in der Großen Koalition in den letzten Jahren besetzen, negativ aus. 15 andere Bundesländer und der Bund haben gekürzt. Seit 2011 sind wir konstant das einzige Land mit einem positiven Saldo. Wir verschließen uns aber auch in diesem Bereich nicht und wollen zusätzliche Beamtinnen und Beamte auf die Straße bringen.
Zu Ihrem Stichwort, Herr Kollege Schmitz, zur Videobeobachtung: Ja, wir verschließen uns auch diesem nicht. Das ist eine bisher im Polizeigesetz vorgesehene Regelung. Ich habe Altweiber den Polizeieinsatz in Düsseldorf begleitet. Ich habe mir dort auch die Videobeobachtung am Bolker Stern angeguckt. Wir haben hier die Situation, dass wir unter einer Minute – auch bei dichtem Gedränge – Reaktionszeit haben, in der Beamtinnen und Beamte sofort Verstärkung hinschicken können, sodass sofort interveniert werden kann. An Kriminalitätsschwerpunkten, die geprüft werden müssen, wo es klare Voraussetzungen gibt, werden wir uns auch an dieser Stelle nicht verschließen, Herr Kollege.
Für uns bleibt ein zentraler Punkt, die Integration zu stärken. Als erstes und bisher einziges Bundesland
investieren wir in Nordrhein-Westfalen erhebliche Mittel, um 3.600 zusätzliche Plätze in Basissprachkursen zu schaffen. Und die von uns in den letzten Jahren aufgebauten kommunalen Integrationszentren werden die Aufgabe der Wertevermittlung wahrnehmen und koordinieren. Auch funktionierender gesellschaftlicher Zusammenhalt ist Prävention. Auch das gehört zu einem starken Rechtsstaat.
Meine Damen und Herren, es ist ohne Zweifel so: Viele Menschen hat die Silvesternacht aufgeschreckt, viele fühlen sich verunsichert. Dies zu leugnen, grenzt an Realitätsverlust. Wenn wir aber davon reden, dass das Sicherheitsgefühl von Menschen gestört ist, dann dürfen wir die Angst derer nicht vergessen, die mit den Taten der Kölner Silvesternacht nichts zu tun hatten und die sich nun unter Generalverdacht gestellt sehen.
Wir haben als Demokratinnen und Demokraten die Verantwortung, dass Menschen nicht aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Haarfarbe oder aufgrund anderer Merkmale stigmatisiert, diskriminiert werden, dass Gruppen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Meine Damen und Herren, ich finde es daher unerträglich, dass ein Mitglied der CDU-Bundestagsfraktion genau das versucht, genau versucht, Menschen gegeneinander auszuspielen, mit einem Tweet zu hetzen, mit einer Bildsprache, wie wir sie sonst nur von AfD, Pegida und Co. kennen. Ich fand es, meine Damen und Herren von der Union, bemerkenswert, wie sich Armin Laschet nach Clausnitz positioniert hat. Sie müssen nun deutlich machen, dass in der Fraktion einer großen Volkspartei in diesem Lande rassistische Stimmungsmache keinen Platz hat, egal in welcher Form. Sie haben ein U-Boot von Pegida in Ihren Reihen.
Stärken Sie die demokratische Kultur. Sagen Sie Herrn Laschet, dass er sein Gewicht dafür einsetzen soll, dass Erika Steinbach Konsequenzen spürt,
Wir dürfen nicht zulassen, dass es als normal gilt, dass auf diese rassistische Hetze keine Konsequenzen folgen. Es kann nicht sein, dass es in diesem Land ohne Konsequenzen bleiben soll, wenn die menschenrechtspolitische Sprecherin in der Art und Weise hetzt, wie sie es getan hat. Reden Sie mit Herrn Laschet, er hat hier Verantwortung.
Sie sind der größte Landesverband. Sie haben die größte Landesgruppe im Bundestag. Sorgen Sie dafür, dass es Konsequenzen hat im Sinne der demokratischen Kultur und damit auch im Sinne von uns allen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der erste Nachtragshaushalt für das Jahr 2016 liegt vor. Dies sind wir mittlerweile gewohnt. Letztes Jahr waren es ja bekanntlich vier Nachträge. Aber die Silvesternacht war eine Zäsur, und die Stärkung von Polizei, Justiz, Opferschutz und Integration ist auch richtig und wichtig. Sie war aber schon überfällig und wurde von uns bereits gefordert, als das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen war.
Zunächst zum Haushalterischen. Wer einen Blick in die Haushaltsübersicht wirft, wird sich wundern: Gesamtausgaben und -einnahmen bleiben unverändert. Der Nachtragshaushalt täuscht schlicht über die finanzielle Realität in Nordrhein-Westfalen hinweg. Die knapp 50 Millionen € sind gerade nicht durch strukturelle Einsparungen gegenfinanziert. Diese Ausgaben werden durch die Erhöhung der globalen Minderausgaben einmalig erbracht. Hauptsächlich strukturellen Mehrausgaben stehen einmalige Minderausgaben gegenüber. Es erfolgt kein Herunterbrechen auf die einzelnen Kapitel und Titel.
Dabei würde allein schon eine große Position – der Finanzminister hat darüber im Haushalts- und Finanzausschuss berichtet: nämlich zum Beispiel die Auslagen in Rechtssachen, bei denen im letzten Jahr 32 Millionen € mehr veranschlagt waren, als letztlich ausgegeben wurden – ausreichen, um dort mehr als die Hälfte dessen herauszubrechen, was Sie hier an der Stelle in den Nachtragshaushalt hineingeschrieben haben.
Meine Damen und Herren, mehr Richter und Staatsanwälte: Da haben Sie die FDP voll an Ihrer Seite. Das hatten wir ja schon für den Haushalt 2016 gefordert, insbesondere zur Verfahrensbeschleunigung. Damals wurde es von Ihnen abgelehnt, jetzt haben Sie umgeschwenkt, ohne allerdings die Amtsanwälte als die mit Abstand höchst belastete Laufbahn der Justiz zu bedenken.