Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Zustimmung zur Überweisung unseres Antrags und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Lux. – Für die zweite antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Herrn Kollegen Abel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Kern geht es uns um die Frage: Wie kann man ein bürokratisches, ineffizientes Verfahren im Sinne aller Beteiligten entschlacken?
Gestatten Sie mir zwei Bemerkungen zu diesem Verfahren – da kann ich bei der Kollegin Lux mit dem hervorragenden Fallbeispiel anschließen –. Die Systematik sieht so aus, dass die Beihilfeberechtigten – wir sprechen in aller Regel von Patienten – sich sozusagen in einer doppelten Bringschuld befinden: Sie sind zum einen Kostenschuldner gegenüber den Leistungserbringern, also Krankenhäusern, Apotheken, Ärzten etc. Wir alle wissen, dass hier, je nach Krankheitsbild, enorme Summen zustande kommen und dass das, je nach Art der Untersuchungen, auch sehr schnell gehen kann.
Zum anderen stehen dieselben Patienten gegenüber den Beihilfestellen und auch den Krankenversicherungen in einer Beweispflicht. Salopp gesagt: Sie müssen sehen, wie sie an ihr Geld kommen. Bei Problemen ist es ganz oft so, dass ihnen nicht rechtzeitig – jedenfalls innerhalb der Fristensetzung – Beratung zukommt und ihnen nicht rechtzeitig geholfen werden kann.
Schließlich sind auch die Leistungserbringer unseres Gesundheitssystems betroffen. Denn im Zweifel sind sie es, die am Ende auf berechtigte Forderungen warten müssen.
Wir sehen also genügend Gründe, sich dieses Beihilfeverfahren einmal genauer anzusehen und womöglich sinnvoll nach vorn zu entwickeln. Es ist also keineswegs so, dass wir hier einen fertigen Antrag präsentieren, sondern es handelt sich um einen Prüfantrag. Ich bitte Sie um Zustimmung.
Wir wollen eine Grundlage schaffen, um die von mir angesprochenen und im Antrag ausgeführten Fragen im Sinne aller Beteiligten, im Sinne von Patientinnen und Patienten, aber auch – wie die Kollegin Lux es sehr schön ausgeführt hat – im Sinne der Angehörigen sachgerecht zu lösen. Deswegen bitte ich um Zustimmung. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Beihilfe als Krankheitskostenfürsorge hat sich grundsätzlich eigentlich bewährt. Sie ist Bestandteil des Alimentationsprinzips und gehört mit zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Grundgesetz.
Ich möchte gleich zu Anfang betonen: Daran darf sich durch den Antrag von SPD und Grünen im Grundsatz nichts ändern, und da darf auch kein Zweifel aufkommen. Allerdings – das haben Sie gemerkt –: Beihilfe für Beamte und Pensionäre und Pensionärinnen ist eine trockene Verwaltungsmate
rie. Jedoch sind die Konsequenzen für die Beihilfeberechtigten sehr weitreichend. Da stimme ich meinen Vorrednern zu. Deshalb muss es so sein, dass das Beihilfesystem mitarbeiterfreundlich, reibungslos, aber auch effizient funktioniert. Da gibt es mit Sicherheit eine Menge Verbesserungsbedarf.
Aber warum muss sich überhaupt der Landtag mit diesem trockenen Verwaltungsthema beschäftigen? Ich schaue einmal in Richtung Minister Walter-Borjans. Ein fürsorglicher Arbeitgeber – hier der zuständige Finanzminister – müsste sich eigentlich eigeninitiativ im Rahmen einer kontinuierlichen Prozessverbesserung mit einem gut funktionierenden Beihilfesystem beschäftigen. Denn kein Arbeitgeber, weder ein privater noch ein öffentlicher, kann es sich erlauben, seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, aktive oder passive, wochen- und monatelang auf Geldbeträge warten zu lassen, die teilweise weit über 1.000 € hinausgehen.
Das hat zur Folge, dass die Beihilfeberechtigten diese zum Teil sehr hohen Beträge privat vorfinanzieren müssen. Sie müssen Zinsen für Dispositionskredite bezahlen; sie müssen Mahngebühren bezahlen, bis hin zu Inkassoverfahren, mit denen sie überzogen werden. Das kann zu erheblichen sozialen und finanziellen Härten führen.
Außerdem werten die aktiven Mitarbeiter, aber auch die Pensionärinnen und Pensionäre, das als Zeichen mangelnder Wertschätzung durch ihren Arbeitgeber, das Land. Gute Arbeitgeber stellt man sich anders vor.
Leider enthält der Antrag von SPD und Grünen keine Informationen zu den aktuellen Wartezeiten oder zu den Bearbeitungszeiten. Deshalb gehe ich davon aus, dass der Finanzminister gleich mindestens folgende Fragen inhaltlich beantworten wird:
Wie sehen die aktuellen Zahlen der Beihilfe aus? Wie sind die Bearbeitungszeiten? Wie sind das eingesetzte Personal und die daraus resultierenden Kosten zu bewerten? Gibt es Beihilfemissbrauch bzw. Beihilfebetrug in signifikanter Höhe? – Das soll nach Insiderinformationen tatsächlich so sein. – Wie ist der Sachstand der schon in 2013 auf CDU-Anfragen hin angekündigten Reformen? Wie ist der Sachstand der IT-Initiative und der Entwicklung von Zukunftsperspektiven für das Landesamt für Besoldung und Versorgung?
Letztendlich aber die Kernfrage: Wird von SPD und Grünen trotz anscheinend besser gewordener Zahlen ein Systemwechsel weg von der bewährten Beihilfe hin zu einer Art Bürgerversicherung auch für Be
amte angestrebt? Diese Befürchtung äußern Berufsverbände nach dem Lesen des Antrags von SPD und Grünen.
Der Herr Minister hat bereits im Juli 2013 auf unsere CDU-Anfrage hin ausgeführt, dass er jährlich mit 25.000 zusätzlichen Anträgen rechnet. Frau Kollegin Lux hat gerade gesagt, es seien mittlerweile sogar 50.000 Anträge jährlich. Darüber hinaus seien mindestens sieben bis acht zusätzliche Mitarbeiter pro Jahr erforderlich.
In dem Zusammenhang, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist allerdings bemerkenswert, dass die rotgrüne Landesregierung im Jahr 2011 erst einmal 13 Stellen gestrichen hat. Im Jahr 2012 hat die Landesregierung dann noch einmal 20 Ausbildungsplätze wegfallen lassen. Nach dem öffentlichen Druck, der dann aufkam, nachdem wissenschaftliche Hilfskräfte an den Universitäten kein Geld bekommen haben, hat man die Zahl der Stellen dann im Jahr 2012/2013 wieder ausgeweitet.
Ich kann Ihnen ehrlich sagen, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Ein klares und schlüssiges Regierungshandeln sieht anders aus. Diesen Eindruck haben anscheinend auch SPD und Grüne gewonnen; denn anders ist nicht zu erklären, dass Sie einen Antrag formulieren, der eine Reihe detaillierter Fragen beinhaltet, die man zwar teilweise durchaus stellen kann, die aber eigentlich komplett in den Zuständigkeitsbereich und das Aufgabengebiet des Ministers gehören.
Herr Minister, Sie müssen diesen Antrag Ihrer regierungstragenden Fraktionen als Misstrauensantrag, als Dokument des Misstrauens Ihnen gegenüber, werten; denn eigentlich sind Sie derjenige, der die Hausaufgaben hätte machen müssen, sie aber nicht gemacht hat.
Dann wird dem Ganzen auch in Bezug auf Misstrauen noch die Spitze aufgesetzt: SPD und Grüne möchten nicht gerne, dass das Ministerium oder das Fachamt, das Landesamt für Besoldung und Versorgung, Lösungen erarbeitet. Man möchte vielmehr externe Gutachter beauftragen. Ich frage mich: Warum trauen Sie der Fachkompetenz, die sowohl im Ministerium als auch beim LBV zweifelsfrei vorhanden ist, nicht zu, zu Lösungen zu kommen? Das kann doch nur damit etwas zu tun haben, dass Sie der eigenen Regierung nicht über den Weg trauen und die Untätigkeit kritisieren.
Daher gibt es zwar interessante Diskussionen, allerdings wird der Vorschlag, sofern er umgesetzt werden sollte, teuer für den
Steuerzahler. Deshalb werden wir uns darüber hart und intensiv mit Ihnen im Fachausschuss auseinandersetzen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist es berechtigt und auch sinnvoll, sich viele Fragestellungen anzuschauen, die in diesem Antrag zur Reform des Beihilfesystems angesprochen werden.
Die Beihilfe ist bei der Kostenerstattung im Krankheitsfalle natürlich kompliziert. Die Höhe des Erstattungssatzes hängt von ganz unterschiedlichen persönlichen Merkmalen ab. Beihilfeberechtigte im aktiven Dienst ohne oder mit nur einem Kind erhalten 50 %, bei zwei oder mehr Kindern sind es 70 %, entpflichtete Hochschullehrer bekommen 50 %, beihilfeberechtigte Versorgungsempfänger wiederum 70 %. Den berücksichtigungsfähigen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern kommen 70 % zugute, und bei Kindern und beihilfeberechtigten Waisen sind es 80 %.
Das ist alles recht kompliziert. Das Verfahren ist beschrieben worden: Der erkrankte Beamte geht zum Arzt, bekommt die Rechnung, muss im Regelfall selber in Vorleistung treten und reicht diese Rechnung nachher gleich zweimal ein, nämlich sowohl bei der Beihilfestelle als auch bei seiner PKV, bei der er sich für den Rest der Krankheitskosten versichern muss, die bei den eingangs dargestellten Prozentsätzen nicht von der Beihilfe übernommen werden.
Das sind Doppelvorgänge, die nicht gerade effizient sind, zumal dabei auch nicht immer dieselben Feststellungen getroffen werden. Da sich die Erstattungsgrundlagen von PKV und Beihilferecht teilweise in dem einen oder anderen Detail unterscheiden, gibt es durchaus nicht wenige Situationen, in denen bei der Kostenübernahme von Heilbehandlungskosten eine Entscheidung bei der Beihilfe anders ausfällt als bei der PKV.
Insofern: Doppelte Arbeit mit teilweise abweichenden Ergebnissen – das spricht nicht für administrative Effizienz. Vor diesem Hintergrund kann man berechtigterweise über Alternativen nachdenken.
Es gibt zum Beispiel diese Möglichkeit – ich will das hier nicht fordern, aber als Prüffrage im Rahmen dieser Diskussion in den Raum stellen –: Wenn die Bewertung dieses Krankheitssachverhaltes durch die PKV stattfindet, die sich ja auch um die Frage der Erstattung kümmern muss, kann dieser Befund dann
nicht eine wichtige Orientierung für den Anteil sein, den das Land auch zu den Heilbehandlungskosten dazugibt? Dann bräuchten wir keine große Beihilfebürokratie auf Landesseite, bei der viele Dinge doppelt geprüft werden, wodurch es zu Verzögerungen und damit auch zu den eingangs von Kollegen beschriebenen Situationen der Vorfinanzierung durch die betroffenen erkrankten Landesbeamten kommen kann.
Diese Diskussion sollten wir ganz ergebnisoffen und sachorientiert führen. Wenn ich jedoch Ihren Vorschlagskatalog für Prüffragen – das ist es ja – lese, muss ich Ihnen sagen, dass man schon aufmerksam sein und nachdenklich werden muss, denn der Teufel steckt natürlich im Detail. Bei dieser sehr allgemeinen Formulierung, alle möglichen Alternativmodelle zu prüfen, beschleicht auch mich der Eindruck, dass Modelle, die ansonsten stark von Ihnen favorisiert werden, wie zum Beispiel die allgemeine Bürgerversicherung, auch hier für Sie in Betracht kommen könnten.
Das wollen wir auf gar keinen Fall. Wir sind froh, dass Landesbeamte in der privaten Krankenversicherung sind. Unser politisches Ziel ist es, möglichst vielen Menschen die Perspektive zu geben, von der hochwertigen Absicherung einer privaten Krankenversicherung zu profitieren. Deshalb wollen wir es mehr Menschen ermöglichen und das heutige System der PKV für Landesbeamte nicht noch infrage stellen, wie es hier auch verstanden werden könnte. Das heißt, wir brauchen mehr PKV und nicht weniger.
Sie haben zudem aufgeführt, Sie könnten sich vorstellen, dass eine einzige private Krankenversicherung die wichtigen Ermittlungen zu den Krankheitskosten vornimmt. Auch da läuten bei uns die Alarmglocken. Wir sind der Meinung, dass es an dieser Stelle sicherlich einer wettbewerblichen Lösung bedarf, und hätten Bedenken, wenn man sich auf eine einzige Krankenkasse fokussiert, um diese feststellenden Arbeiten vornehmen zu lassen. Schließlich gibt es auch große Unterschiede in der Datenbereitstellung zwischen den einzelnen Institutionen.
Insofern gibt es viele Fragen im Detail, die zu diskutieren sind, und sicherlich können wir auch hinter einzelne Punkte Ihres Prüfkatalogs Fragezeichen setzen oder dazu Bedenken äußern.
Die Debatte über die Systemreform brauchen wir aber sicherlich. Und wenn wir ein System finden, das zu mehr Effizienz führt und von dem wir alle profitieren können, ist das richtig und wichtig. Dieser Diskussion wollen wir uns im Ausschuss nicht versperren. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim! Ja, Kollege Lohn hat es eigentlich auf den Punkt gebracht: Der Antrag von SPD und Grünen ist praktisch eine Misstrauensvotum gegen den eigenen Finanzminister, insbesondere aber auch gegen das eigene Landesamt für Besoldung und Versorgung, das sich Tag für Tag mit mehreren Hundert Leuten um genau diese Beihilfefragen und insbesondere um die Antragstellungen und deren Abwicklung kümmern muss.