Ich persönlich lehne daher den Antrag an dieser Stelle ab. Abgeordnete, die es wichtig finden, dass der Antrag noch einmal den Sachverhalt als solchen ins Plenum bringt und hier darüber debattiert wird, oder die aus Kommunen mit hohem Leerstand kommen, werden dem sicherlich auch zustimmen können oder eine Enthaltung abgeben.
Wichtig ist: Wir müssen die langfristige Integration vorbereiten. Dazu sind vernünftige Wohnungen nötig, die jetzt endlich auch gebaut werden müssen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren in den Netzwerken! Herr Innenminister Jäger hat gestern hier gesagt, wir hätten die Situation der Versorgung und Unterbringung geflüchteter Menschen derzeit im Griff. Das liegt allerdings nicht daran, dass das alles gerade so reibungslos in unserem Land funktioniert. Das liegt an Witterungsbedingungen, die Flüchtlinge auf der Flucht derzeit aufhalten. Das liegt an den heruntergehenden Schlagbäumen in ganz Europa. Das liegt am Bestechungsgeld, das Europa an die Türkei bezahlt für das Abhalten von Flüchtlingen an deren Grenze.
Tatsächlich hat sich gar nichts geändert. Täglich kommen immer noch Tausende Flüchtlinge auf den griechischen Inseln an. Die Fluchtursachen – der Krieg, die Not – halten ungehindert an. Millionen Flüchtlinge stecken zurzeit in den Nachbarländern oder im Kriegsgebiet selbst fest. Bei besserer Witterung werden die Geflohenen neue Routen finden. Und Schlepperbanden werden ein glänzendes Geschäft machen.
Wir werden auch im laufenden Jahr einen Zustrom vertriebener Menschen erleben, nur dass dann sämtliche Reserven aufgebraucht sind. Die Turnhallen sind voll, alle Zelte und Container sind aufgestellt, selbst Flugzeughangars werden mittlerweile belegt. Es gibt also keinen Grund, jetzt Entwarnung zu geben; vielmehr ist das ein Pfeifen im Dunkeln. Es ist höchste Zeit, sowohl kurzfristige Maßnahmen vorzubereiten, um sie bei Bedarf ziehen zu können, als auch langfristige Maßnahmen einzuleiten.
Als kurzfristige Maßnahme, um tatsächliche Obdachlosigkeit abzuwenden, bietet das Polizeirecht die Möglichkeit, als Ultima Ratio ungenutzten Wohnraum in Anspruch zu nehmen. Doch funktioniert dieses Werkzeug im Notfall in der Praxis, gut und schnell genug?
Da ist Ihnen nicht aufgefallen, wie widersprüchlich Ihre Reden diesbezüglich waren. Frau Philipp sagt: Ja, wir haben alle Instrumente, die wir brauchen. Herr Hausmann sagt: Nein, das ist rechtlich fragwürdig und vor den Verwaltungsgerichten überaus schwierig. Herr Wedel weist sogar auf die Verfassungswidrigkeit einer solchen Maßnahme hin. Also, was gilt denn nun? Ich bin mir keineswegs sicher,
Manche Bundesländer sehen diesen Verbesserungsbedarf in ihrem Polizeirecht. Sie haben entsprechende Gesetzgebungen auf den Weg gebracht.
Mein vorliegender Antrag bezweckt, dies für NRW zu prüfen und bei Bedarf ebenfalls anzupassen. Dazu habe ich das Expertengespräch im Innenausschuss angeregt. Leider haben sich sämtliche Fraktionen über diesen Wunsch hinweggesetzt. Mehr noch: Man nutzte noch nicht einmal die Gelegenheit, die ja wirklich naheliegend ist, anlässlich dieses Antrages über die Unterbringung von Flüchtlingen generell – zum Beispiel in Zelten, Leichtbauhallen und zugigen Hallen – zu sprechen. Der Antrag wurde ohne nähere Debatte im Ausschuss abgelehnt. Das ist traurig.
Außerdem brauchen wir langsam ein langfristiges Konzept. Wir brauchen neuen Wohnraum in unserem Land. Die Flüchtlinge werden so schnell nicht wieder verschwinden. Und es werden in den kommenden Jahren jede Menge neue Flüchtlinge zu uns kommen. Verlorener umgewidmeter Wohnraum muss zurückgewonnen werden. Ein bisschen Förderung von privatem Wohnungsbau hilft da nicht. Denn was entsteht da für ein Wohnungsbau? Das ist ja in der Regel nicht für Flüchtlinge gedacht.
Wir müssen über sozialen Wohnungsbau nachdenken, also über Neubau von bezahlbarem, menschenwürdigem Wohnraum, der allen zur Verfügung steht, die ihn benötigen – auch den geflohenen Menschen, die bei uns ihre Zukunft suchen. Langfristig brauchen wir nämlich die Zuwanderung. Und, Herr Hausmann, was das Thema Zuwanderung angeht: Ich bin das Bohren dicker Bretter gewohnt. Davor habe ich keine Angst.
Meine Damen und Herren, das Asylrecht ist ein Menschenrecht. Es ist keine generöse Geste, die wir nach Belieben austeilen und widerrufen dürfen, sondern es ist ein Recht, auf das sich Geflüchtete berufen können. Es gibt die Genfer Flüchtlingskonvention. Die kennt keine Obergrenzen. Das ist auch zu gewähren, wenn es lästig, schwierig, unbequem oder teuer ist. Die Zeit des Auf-Sicht-Fahrens, der Verwaltung des Mangels ist vorbei. Wir sind verpflichtet, entsprechende Anstrengungen zu unternehmen und für die geflüchteten Menschen eine Zukunft zu schaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Präsidentin! Auch wenn man sich gelegentlich wiederholt: Was Kommunen und das Land seit September letzten Jahres geleistet haben, Obdachlosigkeit zu verhindern, war großartig. Das ist uns gelungen, weil wir mit kreativen Ideen und auch mit unkonventionellen Maßnahmen jedem Flüchtling ein Dach über dem Kopf haben organisieren können.
Solche Anträge wie die von Herrn Schwerd sind, glaube ich, in einer solchen Situation eher ein Signal nach draußen, dass Menschen um ihr Eigentum und ihren Wohnraum fürchten müssen. Sie sind auf diesem Weg eher kontraproduktiv.
Was die rechtliche Seite angeht, ein klares Ja: Es gibt die Möglichkeit des Ordnungsbehördenrechtes, in einem Ultima-Ratio-Fall auf eine solche Maßnahme zurückzugreifen. Dieser Antrag stellt aber keinen Vorschlag dafür dar, wie man gemeinsam mit den Kommunen diese Situation tatsächlich bewältigen kann. Deshalb ist es richtig – so haben auch die Ausschüsse gevotet –, Ihren Antrag abzulehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Innenausschuss empfiehlt in Drucksache 16/10821, den Antrag Drucksache 16/10290 abzulehnen. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag selbst. Wer ihm zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und die Piraten. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Antrag des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd Drucksache 16/10290 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.
men und Herren an den Netzwerken! Die Kosten im Gesundheitswesen steigen Jahr für Jahr. Der stärkste Faktor dabei sind die Ausgaben für Arzneimittel. 2014 gab es einen Zuwachs von mehr als 10 %. Im Zeitraum von Januar bis September 2015 betrug der Ausgabenanstieg allein in diesem Bereich 1,3 Milliarden €.
Diese Kostensteigerungen sind es, die die Beiträge zu Krankenversicherungen immer weiter ansteigen lassen. Allerdings treffen sie nur eine Gruppe, nämlich die abhängig Beschäftigten, während die Kostenerhöhungen auf Arbeitgeberseite eingefroren sind. Die Arbeitnehmerseite wird einseitig mit allen zukünftigen Steigerungen belastet.
Eine solche Regelung ist „nicht gerecht“.“ Die Arbeitnehmer dürfen mit den Kostensteigerungen im Gesundheitswesen nicht alleingelassen werden“. „Es kann nicht sein, dass Arbeitnehmer alle künftigen Kostensteigerungen allein tragen“ müssen. –
Diese drei zutreffenden Aussagen sind nicht von mir. Es sind allesamt Zitate. Sie stammen von Gesundheitsexperten aus den Reihen der SPD und der CDU, zum Beispiel von Karl Lauterbach oder von Christian Bäumler, Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft.
Doch was für Konsequenzen werden jetzt aus diesem Wissen gezogen? Keine! Die Versicherten zahlen seit Jahresbeginn allein die Zeche in Form von steigenden Beiträgen. Es reicht nicht aus, immer nur die Lippen zu spitzen; man muss irgendwann auch mal pfeifen. Deswegen habe ich diesen Antrag eingebracht.
„Der europäische Sozialstaat und die Zivilisiertheit unserer Städte sind Errungenschaften – so unwahrscheinlich und so kostbar wie Kant, Beethoven, Pascal und Mozart.“ – Das erklärte einmal der französische Soziologe und Mitbegründer von Attac, Pierre Bordieu. Wir sind heute dabei, dieses kostbare Erbe zu verspielen. Damit es nicht so weit kommt, haben wir gestern gegen die bedrohte Zivilisiertheit unserer Städte – das betrifft beispielsweise Köln – einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Was aus ihm für Handlungsempfehlungen erwachsen, werden wir sehen.
Was aber gegen die schon viel länger anhaltende Erosion unseres Sozialstaates gemacht werden muss, ist auch der CDU und der SPD im Grunde schon lange bekannt. Ohne eine Rückkehr zum System der paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen wird die Erosion des Sozialstaates weiter voranschreiten. Darin sind sich alle Experten, gleich welcher Couleur, einig.
Von diesem seit Jahrzehnten erfolgreichen Modell ist ohne jede Not abgewichen worden. Diesen Fehler müssen wir korrigieren.
Deswegen rufe ich alle Verantwortlichen hier auf: Lassen Sie Ihrer Einsicht endlich Taten folgen. Noch ist es dafür nicht zu spät. Wir können gemeinsam die dafür notwendigen Schritte einleiten. Dafür werden wir viele Verbündete finden. – Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Kollege Schwerd! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schwerd, Sie greifen mit Ihrem Antrag eine Diskussion auf, die auch wir Sozialdemokraten als wichtig empfinden. Ich habe in mein Redekonzept eine Reihe von Punkten aufgenommen, die in eine ähnliche Richtung gehen wie die, die Sie gerade genannt haben.
Auch ich habe argumentiert, dass wir mit der Einführung der gesetzlichen Sozialversicherung in den 50er-Jahren und mit der paritätischen Finanzierung einen wichtigen Meilenstein gesetzt haben und dass uns viele Länder dieser Erde um dieses Modell beneiden, weil sie es einfach nicht schaffen – siehe USA –, ein ähnlich gutes System hinzubekommen.
Ich habe mir aufgeschrieben, dass es verschiedene Gesetzgebungen gegeben hat – 2005 und 2007; ich will sie nicht näher benennen –, die zu einer langsamen, aber sicheren Aufweichung des Systems der paritätischen Finanzierung geführt haben. Aber 2015 haben wir mit dem Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz bereits eine erste Korrektur vorgenommen, indem nämlich das System des einkommensunabhängig zu erhebenden Zusatzbeitrags ebenso wie der feste Sonderbeitrag für die Arbeitnehmer in Höhe von 0,9 % durch einen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag ersetzt werden konnten.
Aber das macht nicht die Abkehr von der völligen paritätischen Finanzierung rückgängig – auch das sagen Sie richtigerweise –; denn die Zusatzkosten werden ausschließlich durch die steigenden Beiträge der Arbeitnehmerschaft, auch aufgrund der demografischen Entwicklung, getragen, während der Arbeitgeberanteil bei 7,3 % eingefroren ist. Ich könnte jetzt hier eine ganze Reihe von Zahlen nennen, aber mit Blick auf die Uhr möchte ich das nicht weiter ausführen.
Sie fordern in Ihrem Antrag – das zitiere ich jetzt –, dass wir eine Bundesratsinitiative starten bzw. unterstützen, „nach der der einkommensabhängige Zusatzbeitrag in Zukunft nicht mehr alleine vom Arbeitnehmer getragen werden soll“. Vor wenigen Minuten haben Sie noch gesagt, dass endlich auch CDU, Grüne und SPD die entsprechenden Konsequenzen daraus ziehen müssen.
Nun muss ich Ihnen sagen, dass morgen im Bundesrat auf Initiative der Landesregierung NRW gemeinsam mit den Regierungen von Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Thüringen ein Entschließungsantrag im Bundesrat vorgelegt werden wird, wonach zukünftig eben eine solche paritätische Finanzierung der Krankenversicherungsbeiträge erfolgen soll. Ich hoffe sehr, dass dieser Entschließungsantrag morgen Zustimmung finden wird.
Das ist auch der Grund, weswegen wir Ihrem Antrag hier nicht zustimmen können: Er hat damit für uns seine Grundlage verloren. – Vielen Dank.