Protocol of the Session on December 17, 2015

Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Deppe.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Belehrungen und Kommentierungen von Rot und Grün zu unseren Beiträgen sind wir ja schon gewöhnt.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Nur, dass Sie schon vorher wissen, was wir sagen, das ist eine neue Qualität. Sie sollten erst einmal zuhören und dann feststellen, worum es hier wirklich geht.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, 195 Staaten haben am vergangenen Samstag in Paris mit dem globalen Klimaschutzabkommen Geschichte geschrieben.

(Zuruf von den GRÜNEN: Deutschland auch!)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergangen ist. Die Begeisterung aus dem Konferenzzentrum in Le Bourget hat sich selbst über das Fernsehen auf die Zuschauer übertragen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel nennt dieses Abkommen einen historischen Wendepunkt in der globalen Klimapolitik. EU-Kommissionspräsident JeanClaude Juncker hat eine schöne Formulierung gefunden: „Heute hat die Welt eine Rettungsleine bekommen, eine letzte Chance, künftigen Generationen eine stabilere Welt zu hinterlassen …“ Wir finden es richtig, wie er das ausgedrückt hat.

Als Nächstes kommt es darauf an, dass nicht nur die Ziele, wie das Zwei-Grad-Ziel oder das leider nicht verbindliche 1,5-Grad-Ziel, bis zum Ende dieses Jahrhunderts beschrieben werden, sondern dass auch tatsächlich Maßnahmen erfolgen, um diese Ziele zu erreichen.

Für uns ist es wichtig, dass es ein klares und für alle obligatorisches CO2-Minderungsregime mit möglichst wenigen Sonderwegen gibt. Dem Klimaschutz nutzt es nämlich überhaupt nichts, wenn wir in Nordrhein-Westfalen zusätzliche CO2-Minderungen teuer oder gar mit Arbeitsplatzverlusten erkaufen würden. Über das EU-Handelssystem würden dann wiederum die gleichen Mengen an Klimagasen in anderen Bundesländern oder anderen europäischen Staaten in die Luft geblasen. Das bringt keinen weiter.

Die Verschmutzung in andere Länder zu verlagern und die Arbeitsplätze gleich mit – das wäre eine Politik, die den Menschen und den Arbeitsplätzen schadet

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

und dem Klima nicht das Geringste bringt.

(Beifall von der CDU)

Für die CDU, meine Damen und Herren, sind neue Arbeitsplätze und Klimaschutz zwei Seiten derselben Medaille. Die These, Klimaschutz und Wirtschaftswachstum vertrügen sich nicht, ist längst widerlegt und zumindest für unser hoch entwickeltes Industrieland Nordrhein-Westfalen falsch. Im Jahr 2000 haben wir in Nordrhein-Westfalen 339 Millionen t Treibhausgase emittiert. Im Jahr 2013 – das sind die aktuellsten Zahlen, in dieser Woche veröffentlicht – waren es nur noch 310 Millionen t, also eine Minderung von 8,6 % in 13 Jahren. Das Bruttoinlandsprodukt in Nordrhein-Westfalen stieg im gleichen Zeitraum preisbereinigt um 9,2 %. Wachstum und Reduzierung von Treibhausgasemissionen passen also zusammen.

(Beifall von der CDU)

Wir sagen: Erst Wirtschaftswachstum, Innovationen und zeitgemäße Ersatzbeschaffungen schaffen die Spielräume, um den Treibhausgasausstoß wirksam zu begrenzen. Neue Produkte werden heute in der Regel mit erheblich weniger Ressourceneinsatz hergestellt. Sie sind effizienter, sparsamer und klimafreundlicher als ihre Vorläufer.

Stellen Sie sich doch einmal den Ausstoß an Klimagasen vor, wenn die Menschen weiter in ihre alten Fernseher schauten, ihre alten FCKW-Kühlschränke weiterbetrieben oder ihre alten Autos mit hohen Kraftstoffverbräuchen weiterfahren würden. Technischer Fortschritt und die Erforschung marktreifer Innovationen sind die besten Treiber, damit sich klimafreundliche Produkte am Markt durchsetzen können.

Verbote, Vorschriften und Untergangsszenarien verursachen nur Missmut und schaffen keine Akzeptanz. Hören Sie auf, den Menschen ein schlechtes Gewissen einzureden und ihnen ständig Vorschriften machen zu wollen, wie sie zu leben haben!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir müssen Begeisterung für Innovationen auslösen und nicht ständig den Zeigefinger erheben. Klimaschutz macht Spaß, wenn er den eigenen Geldbeutel entlastet, für bessere Luft sorgt und den Anwender technisch immer auf die Höhe der Zeit bringt.

(Zuruf von Matthi Bolte [GRÜNE])

Gerade im Industrieland Nordrhein-Westfalen liegen die großen Chancen des Klimaschutzes. Wir in Nordrhein-Westfalen stellen die Produkte her, die die Welt und die wir selber brauchen, um effizient, modern, ressourcenschonend und klimafreundlich zu leben und zu wirtschaften.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Rot-Grün ist von Anfang an einen falschen Weg gegangen. Mit dem einerseits strikt und andererseits doch wieder unbestimmt formulierten Klimaschutzgesetz, mit der Vielzahl von Ermächtigungen, die

Sie sich in das Gesetz haben hineinschreiben lassen, haben Sie Befürchtungen, Misstrauen und Ablehnung geradezu provoziert.

(Zuruf von Hans Christian Markert [GRÜNE])

Mit Ihren Drohungen für die Zeit nach der Landtagswahl 2017 geben Sie diesen Befürchtungen weitere Nahrung.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Von uns jedenfalls kommt das klare Bekenntnis zur Industrie in Nordrhein-Westfalen. Wir wollen, dass bei uns auch zukünftig benzinsparende Leichtlaufreifen, Leichtbaukarossen, robuste Schwerlastgetriebe für Windkraftanlagen, Batterien für Elektroautos und moderne Eisenbahnzüge hergestellt werden, und zwar möglichst mehr als bisher. Dazu gehört der Erhalt von nordrhein-westfälischen Wertstoffketten, beispielsweise bei Aluminium, Stahl, Baustoffen und Grundstoffen für die chemische Industrie.

Die nordrhein-westfälische Industrie hat übrigens in den letzten 13 Jahren mit 23 % die höchsten Treibhausgaseinsparungen aller Wirtschaftsbereiche erzielt. Sie hat damit nun wirklich keinen Nachholbedarf.

(Beifall von der CDU)

Investitionen, die hier unterbleiben, nützen weder dem Klima in Nordrhein-Westfalen noch unserem Wirtschaftsstandort. Dies gilt insbesondere dann, wenn die gleichen CO2-Mengen irgendwo anders in der Welt und dann aller Lebenserfahrung nach unter weniger strengen Umweltstandards ausgestoßen werden.

Das Klimaabkommen von Paris, meine Damen und Herren, bietet mittel- und langfristig beste Chancen für unsere Wirtschaft, die wir mutig wahrnehmen müssen und uns nicht ängstlich verbauen dürfen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Martin- Sebastian Abel [GRÜNE]: Mehr Schwar- zenegger, weniger Deppe!)

Vielen Dank, Herr Kollege Deppe. – Für die Fraktion der FDP spricht Herr Kollege Höne.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss ehrlich zugeben: Noch in der letzten Woche – vor 14 Tagen haben wir noch über den Klimagipfel in Paris diskutiert – wäre ich wahrscheinlich keine Wette darauf eingegangen, dass der Gipfel zu einem Erfolg wird. Umso erfreuter war ich, dass es ein Erfolg geworden ist. Mit viel diplomatischem Geschick ist ein neuer Klimavertrag zwischen 195 Staaten auf den Weg gebracht worden.

Allerdings liegt der sicherlich nicht viel einfachere Teil noch vor uns, nämlich die Ratifizierung in den einzelnen Ländern und insbesondere die Umsetzung. Dafür, meine liebe Kolleginnen und Kollegen, muss die Koalition der Ehrgeizigen jetzt zu einer Allianz der Verlässlichen werden. Was braucht es für diese Verlässlichkeit? – Es muss eingehalten werden, was finanziell vonseiten der Industrieländer zum Beispiel für Frühwarnsysteme und Klimarisikoversicherungen gegenüber den Entwicklungs- und Schwellenländern versprochen wurde. Das findet unsere Unterstützung.

Deutlich will ich an dieser Stelle aber auch sagen: Dass die Industrieländer eine besondere Verantwortung haben – und die gibt es ohne Zweifel –, bedeutet nicht, dass sich Schwellen- und Entwicklungsländer ganz aus der Verantwortung ziehen oder keine Verantwortung haben. Jeder muss seinen Beitrag leisten, und zwar so, wie er es kann.

Nach der berechtigten Freude, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf aber niemand die Hände in den Schoß legen. Es gab und gibt schließlich auch kritische Stimmen. In der „FAZ“ vom 13. Dezember sagte Herr Prof. Ockenfels zum Beispiel:

„Im Vergleich zu den Ergebnissen vorheriger Klimakonferenzen ist Paris ein Erfolgt. Gemessen an den Herausforderungen des Klimawandels ein Debakel.“

Herr Prof. Sinn sprach mit Blick auf den Vertrag von moralischen Appellen und Lippenbekenntnissen, und er sagte:

„Der Durchbruch zu einem weltweiten Emissionshandelssystem, das die einzige Lösung für das Klimaproblem sei, liege in weiter Ferne.“

Ich weiß nicht, ob ein weltweites Emissionshandelssystem die wirklich einzige Lösung ist, aber es ist auf jeden Fall ein ganz wesentlicher Bestandteil. Vor zwei Wochen habe ich das in der Unterrichtung zur Klimakonferenz auch schon erläutert.

Da wir gerade vom Emissionshandelssystem sprechen, möchte ich noch darauf hinweisen, dass es im Entschließungsantrag der regierungstragenden Fraktionen heißt, dass der Emissionshandel weiterentwickelt werden solle. Spannend wäre vor dem Hintergrund, jetzt einmal zu wissen, wie Sie diesen eigentlich weiterentwickeln wollen. Bislang haben wir von Ihnen nämlich immer nur gehört, er funktioniere nicht und wir bräuchten vor allem höhere Preise. Damit haben Sie insbesondere bewiesen, dass Sie die marktwirtschaftliche Systematik, die dahinter steckt, überhaupt nicht verstanden haben,

(Beifall von der FDP)

zumal die Mechanismen hinter dem Zertifikatehandelssystem auch vom Klimaschutzplan immerhin konsequent ausgeblendet werden.

Kritisch zu betrachten sind unterschiedliche Maßstäbe im Vertrag. Rechtlich bindende Treibhausgasreduzierungen gibt es im Abkommen so nicht. Wir meinen aber, dass wir diese ganz dringend bräuchten.

Auch hier beschreibt das Klimaschutzgesetz einen anderen Weg – mal wieder ein Sonderweg in Nordrhein-Westfalen. Darum, Herr Kollege Thiel, passen die Regelungen aus Paris und Nordrhein-Westfalen eigentlich gar nicht zusammen. Das Problem dabei ist: Für die Bürger und die Wirtschaft innerhalb der EU, also auch innerhalb Nordrhein-Westfalens, sind die Einsparungen verpflichtend, für Großemittenten wie China gilt hingegen eine freiwillige Selbstverpflichtung. Dadurch drohen große Ungleichgewichte in der wirtschaftlichen Entwicklung.

Herr Kollege Thiel, wenn Sie sagen, das sei jetzt der ungünstigste Moment, um über den Ausstieg in der Kohleverstromung zu reden und, darüber nachzudenken, wie wir Strukturbrüche vermeiden, kann ich Ihnen nur sagen: Dabei haben Sie die Freien Demokraten an Ihrer Seite. Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass, als Sie das gesagt haben, die vorweihnachtliche Stimmung, die auf den Gesichtern der Grünen zu sehen war, komplett verschwunden ist. Das müssten Sie vielleicht innerhalb der Koalition noch einmal neu klären; denn Einigkeit besteht hier nicht.