Protocol of the Session on December 17, 2015

Herr Kollege Thiel, wenn Sie sagen, das sei jetzt der ungünstigste Moment, um über den Ausstieg in der Kohleverstromung zu reden und, darüber nachzudenken, wie wir Strukturbrüche vermeiden, kann ich Ihnen nur sagen: Dabei haben Sie die Freien Demokraten an Ihrer Seite. Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass, als Sie das gesagt haben, die vorweihnachtliche Stimmung, die auf den Gesichtern der Grünen zu sehen war, komplett verschwunden ist. Das müssten Sie vielleicht innerhalb der Koalition noch einmal neu klären; denn Einigkeit besteht hier nicht.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, das Abkommen tritt erst 2020 in Kraft. Es bleibt somit viel Zeit, neue Ansätze in der Klimapolitik zu entwickeln, und wegen der gerade beschriebenen Ungleichgewichte müssen wir das unserer Meinung nach auch.

Herr Thiel, Sie sprachen gerade mit viel Engagement gern über die Rolle des Verkehrs und der Automobilindustrie. Sicherlich darf man dort nicht die Hände in den Schoß legen. Aber ich gebe Ihnen noch einmal das Rechenbeispiel vom IW Köln mit: 250 € müssen bei den Pkw investiert werden, um 1 t CO2 einzusparen. Für 15 € können Sie durch den Austausch von alten durch neue Heizungen in Privathäusern 1 t CO2 einsparen. Ich möchte keinen Stillstand bei den Pkws, aber wir bräuchten doch eine klare Priorität bei den Zielen, wo wir für das eingesetzte Geld am meisten bekommen. – Herr Thiel, Sie nicken. Warum gibt es denn dann keinerlei Priorisierungen in diesem Klimaschutzplan?

(Beifall von der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Klimaschutz muss endlich die Phase der Moral verlassen und in eine Phase der Sachlichkeit, der Effektivität und der Effizienz eintreten. Aber das ist überhaupt nicht der Fall.

Die Steigerung der Energieeffizienz bei den Gebäuden ist auch schon angesprochen worden. Wir sind seit Jahren große Fans davon. Das steht zwar auch

im Klimaschutzplan, aber wer hat das eigentlich im Bundesrat blockiert?

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Von vorne bis hinten, von früh morgens bis spät abends heißt es von Rot-Grün immer, wenn wir auf die Kosten schauen wollen: Klimaschutz rechnet sich von allein. Das ist ein Innovations- und Wirtschaftsmotor.

Beim Thema „Gebäudesanierung“ haben Sie aus politischem Kalkül im Bundesrat die steuerliche Absetzbarkeit blockiert. Das ist unredlich, dass das immer noch hier drinsteht.

(Beifall von der FDP – Minister Johannes Remmel: Das stimmt doch gar nicht! Guckt nach Bayern, nicht nach Nordrhein- Westfalen! Bayern hat das blockiert! Sie müssen mal in die Protokolle gucken!)

Wie hat Nordrhein-Westfalen denn abgestimmt, Herr Remmel? Sie haben zugestimmt? Haben Sie zugestimmt?

(Minister Johannes Remmel: Sie müssen mal in die Protokolle gucken! Bayern hat das blo- ckiert!)

Hat Nordrhein-Westfalen zugestimmt? Das ist doch die Frage. Sie haben nicht zugestimmt, das ist der Punkt. Darum regen Sie sich doch jetzt auch so auf.

(Beifall von der FDP)

Herr Kollege Höne, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche.

Meine Damen und Herren, der Klimaschutzplan hätte Vorreiter sein können, übrigens auch bei der Frage, wie wir Emissionen bilanzieren. Das haben wir oft genug diskutiert: Produktbilanzierung oder Quellenbilanzierung?

(Wibke Brems [GRÜNE]: Ach!)

Ja, Frau Brems kann es nicht mehr hören, weil sie weiß, wie groß der Fehler an dieser Stelle ist und wie viele Möglichkeiten Sie gehabt hätten, in dieser Hinsicht etwas zu tun.

Fakt ist, Frau Brems: Würden wir von heute auf morgen aufhören, Windräder in Nordrhein-Westfalen zu produzieren, würden wir – schließlich ist die Produktion sehr energieintensiv – einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten.

(Beifall von der FDP)

Das ist doch der Punkt. Würden wir sämtliche Aluminiumhütten dichtmachen, hätten wir für den Klimaschutz etwas Positives erreicht, hätten wir mehr zu den Zielen beigetragen. Das ist doch ein Widerspruch, den der Klimaschutzplan zumindest aufzu

lösen hätte versuchen können. Sie haben es aber nicht getan.

(Beifall von der FDP)

Effektivität und Effizienz sind so wichtig, weil alle Länder mitziehen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir haben, wie ich das eben schon beschrieben habe, ohnehin zwei Geschwindigkeiten innerhalb und außerhalb der EU. Es ist von unserer Seite aus im Prinzip in Ordnung, wenn wir Lokomotive, also Vorreiter, sein wollen. Der Punkt ist bloß: Mit Ihrer Politik koppeln Sie Waggons im hinteren Bereich des Zuges ab und schwächen gleichzeitig unsere Maschine. Trotzdem wollen Sie mit allen ankommen. Wir sagen, das wird so nicht passieren. Der ganze Zug muss im Zielbahnhof ankommen – nicht nur einzelne Akteure, nicht nur einzelne Waggons.

Die Redezeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu Beginn des Klimaschutzplans gab es große Ankündigungen, große Ziele wurden geäußert. Es war ein riesiger Prozess, mit dem Sie sich hoffnungslos übernommen haben; das zeigt auch Ihre mehrfach über den Haufen geworfene Zeitplanung. Trotzdem gibt es im Ergebnis nur Selbstverständlichkeiten, es gibt Verweise auf andere Ebenen, viel Beratung. Manches ist sicherlich richtig, vieles davon wird aber unterm Strich nichts bringen. Fest steht vor allem: Nichts davon hätte den Klimaschutzplan gebraucht – vor allem nicht mit diesem riesen Prozess drum herum.

Dieser Klimaschutzplan, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine Roadmap zu einer erfolgreichen …

Die Redezeit.

… Vorreiterrolle im Klimaschutz. Dieser Klimaschutzplatz ist eine Loseblattsammlung mit Selbstverständlichkeiten und „Wünsch dir was“.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Herr Minister Remmel, da Sie ja sehr lange Abgeordneter waren, können Sie sich bestimmt gut daran erinnern, dass Zwischenrufe von der Regierungsbank zumindest grenzwertig sind, ein Wortwechsel aber gar nicht geht.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Für die Piraten spricht Herr Kollege Rohwedder.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und hoffentlich zu Hause am Stream! In der Begründung für die Aktuelle Stunde steht, dass Nordrhein-Westfalen ein Drittel der deutschen Treibhausgase emittiert, dass deshalb das neue Pariser Klimaschutzabkommen auch Auswirkungen auf NRW haben wird und dass sich der Landtag daher zeitnah damit befassen muss, welche Bedeutung das für Nordrhein-Westfalen hat.

Das will ich Ihnen gerne sagen: Dass die Regierung sich hier traute, einen Klimaschutzplan ohne Rechtsverbindlichkeit und ohne Einbindung in den Landesentwicklungsplan vorzulegen und ansonsten nur eine Aktuelle Stunde mit wortkarger Begründung anzubieten hatte, zeigt, wie sehr Sie bisher geschlafen haben.

Dann stießen Sie aber auf unseren Eilantrag

(Lachen von der CDU und den GRÜNEN)

und die Ergebnisse aus Paris und sahen sich bemüßigt, einen langatmigen Entschließungsantrag nachzuschieben. Da versuchen Sie vergeblich, das Hohe Lied vom Eigenlob in Sachen Klimaschutz zu singen. Das kommt aber erbärmlich leise krächzend rüber wie eine zerkratzte Schallplatte, die mit 45 rpm aufgenommen, aber mit 33 rpm abgespielt wird. Alles im Klimaschutzplan ist nur angebotsorientiert statt rechtsverbindlich. Ansonsten schieben Sie den „Schwarzen-Kohle-Peter“ weiter an den angeblich zuständigen Bund.

Unsere relevante Kritik am Klimaschutzplan, nämlich die fehlende Verbindlichkeit und die mangelnde Einbindung in den LEP, können Sie auch mit dieser eingedickten Buchstabensuppe nicht übertünchen.

(Beifall von den PIRATEN)

Braun- und Steinkohlekraftwerke spielen beim Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen gar keine Rolle. Halleluja! Jedenfalls werden sie im Entschließungsantrag nicht erwähnt, und der Hambacher Forst – Stichwort: Biodiversität – auch nicht. Was Konflikte birgt, gibt es nicht. Ganz fest die Augen zu! Dann wird es im Kopf so schön dunkel wie in einem aufgelassenen PCB-verseuchten Steinkohlestollen,

und der Klimaschutz hat gewonnen.

Dieser Entschließungsantrag ist so überflüssig wie die fossile Energieproduktion. Da steht nichts Neues drin – noch nicht mal, dass die SPD sowohl im Bund wie im Land mitregiert und so längst allerlei auf den Weg hätte bringen können und sogar gebracht hat, zum Beispiel Klimaschutz durch Hartz IV für längst abgeschriebene uralte Braunkohlekraftwerke.

Dazu passt auch, dass die grüne Kultusministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin keinen

blassen Schimmer von der systematischen Indoktrination von Kindern durch RWE in Schulen hatte.

(Zurufe von den GRÜNEN)

So viel zu Ihrem Entschließungsantrag, dieser textgewordenen Peinlichkeit, und weiter zum Pariser Abkommen.

Wir haben nach Paris eine andere Situation. Ab 2020 soll ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag in Kraft treten, dessen Ziel die Begrenzung der Erwärmung auf 2 bzw. sogar nur 1,5° C ist. Das bedeutet für Nordrhein-Westfalen, der Ausstieg aus der Braunkohle muss terminiert werden, allerspätestens bis 2030 und am besten durch ein Gesetz, so wie wir es seit 2013 fordern.

(Beifall von den PIRATEN)