Protocol of the Session on August 27, 2008

Jedenfalls ist es nicht die richtige Ausgangslage, die Wirtschaft zum alleinigen Akteur in dem Spiel zu machen, bei dem es ganz massiv auch um die Fragestellung geht: Gibt es eigene Interessen gegenüber anderen Flughäfen vonseiten Kölns und des Umlands? Gibt es eigene Interessen der Bevölkerung gegenüber den dort tätigen Betrieben? Ich sage in beiden Fällen Ja. Ich will Ihnen das in aller Kürze erklären:

Wer den Flughafen privatisieren oder fifty-fifty, also mit einem hohen Anteil, in private Hände geben will, muss wissen, Interessenten für eine solche Privatisierung oder Teilprivatisierung sind Fraport, Hochtief und inzwischen wohl auch UPS – alle mit eigenen Interessen. Die Interessen von Fraport sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass man in Frankfurt – Stichwort: vierte Start- und Landebahn – den Nachtflug stoppen oder reduzieren will. Hochtief will Verspätungsregelungen, die man in Düsseldorf nicht einhält, in Köln lösen. UPS hat ganz eigene Interessen. Und selbst der Flughafen kann nicht daran interessiert sein, dass einer der dort Tätigen auch gleichzeitig Eigentümer ist.

Die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf Lärm sind auch klar. Vor dem Hintergrund einer Betriebsgenehmigung, wie Sie sie ausgesprochen haben, wäre die nach einem Verkauf nur dann noch mal zu ändern, wenn die öffentliche Hand Teile des Kaufpreises zurückzahlt, weil

eine Änderungsklausel selbstverständlich mit einer Rückzahlungsklausel verbunden wäre, kann auch die Bevölkerung keine Privatisierung wollen.

Das ist auch der Grund dafür, dass sowohl Politikerinnen und Politiker der CDU, der SPD und der Grünen rund um den Flughafen, in den Gebietskörperschaften, im Land und auch in der Stadt Köln gemeinschaftlich dafür sind, dass die kommunale Seite weiter die Mehrheit stellt. Da mag es Unterschiede in Kleinigkeiten geben, dass die Stadt Köln gerne allein die Mehrheit hätte und andere das vielleicht nicht wollen. Aber wir sind uns in der Region alle zusammen einig: Eines wollen wir nicht, dass die kommunale Seite nicht die Mehrheit hat, wenn sich der Bund oder das Land von ihren Anteilen trennen. Keiner von uns will, dass sich der Bund oder das Land von seinem Anteil trennt. Aber wenn das eintritt, muss die kommunale Seite die Mehrheit haben.

Deswegen haben wir für heute den Antrag gestellt, weil wir in den Kommunen den Ausgleich der Interessen allemal besser sicherstellen als alle anderen Konstellationen mit einem hohen Anteil von Privaten: eine Mehrheit oder 50 % Private. Das ist der Grund, und ich bitte Sie, das auch hier im Haus nachzuvollziehen,.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Becker. – Für die CDU-Fraktion erhält Frau Kollegin Brüning das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal habe ich mit großem Interesse, aber auch mit ebenso großer Verwunderung festgestellt, die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen hier im Landtag entdecken plötzlich den Flughafen Köln/Bonn als einen herausgehobenen Flughafen mit großer infrastruktureller Bedeutung aufgrund seiner Nachtflug-/Frachtflugsituation – eine Tatsache, die sie sonst aus ihrem Blickwinkel immer eher als nachteilig dargestellt haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Bislang ging es hier bei unseren Diskussionen über den Flughafen Köln/Bonn fast ausschließlich um umweltrelevante Aspekte. Nunmehr erkennen Sie in Ihrem Antrag ausdrücklich seine wichtige Funktion für den internationalen Wirtschaftsstandort unseres Landes an. Dafür danke ich Ihnen heute Abend und sage ganz deutlich: Da stimmen wir mit Ihnen 100-prozentig überein. Köln/Bonn mit seinen 12.500 direkten Arbeitsplätzen und weiteren 24.000, die in der Region von diesem

Airport abhängig sind, ist das, was wir einen Jobmotor nennen. Genau diesen hohen wirtschaftlichen Stellenwert geben wir von der CDU-Fraktion dem Flughafen. Der Flughafen Köln/Bonn hat für uns sowohl aus wirtschaftspolitischer als auch aus verkehrspolitischer Sicht landespolitisch hohe Priorität.

(Horst Becker [GRÜNE]: Kommen Sie doch zur Sache!)

Deshalb braucht – dabei befinden wir uns nicht im Widerspruch zu Ihrem Antrag, Herr Becker – der Flughafen mit allen davon abhängigen Wirtschaftszweigen und Arbeitsplätzen Planungssicherheit.

Dass genau das unser Ziel ist, haben wir in den vergangenen Jahren genügend bewiesen. Mit den verschiedenen Genehmigungsverfahren haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder unsere landespolitische Aufgabe wahrgenommen.

Herr Tüttenberg, ich war vorhin dabei, als die Mitarbeiter ihre 10.000 Unterschriften übergeben haben. Bei der Gelegenheit ist nicht nur das, was Sie eben angeschnitten haben, zur Sprache gekommen. Es war übrigens eine ganz sachliche, ruhige Diskussion. Aber bei der Gelegenheit haben sie sich auch ausdrücklich bei der Landesregierung für die Unterstützung in den vergangenen Jahren bedankt.

(Beifall von der CDU)

Das haben Sie eben verschwiegen, das wollen Sie natürlich nicht hören. In guter oder vielmehr in unguter Erinnerung sind mir in diesem Zusammenhang die endlosen Diskussionen, die wir darüber, insbesondere mit Ihnen, meine verehrten Kolleginnen von Bündnis 90/Die Grünen, führen mussten.

Nunmehr stehen wir vor der Situation, dass der Bund der Flughafengesellschaft das 1.000 ha große Gelände für 100 Millionen € verkaufen will. Das ist sicherlich für die Flughafengesellschaft mit dem Vorteil verknüpft, dass dann der seit Jahren schwelende Streit um Erbpachtforderungen beendet wäre. Allerdings knüpft der Bund dieses Geschäft an die Bedingung, seine Anteile am Flughafen frei zu veräußern. Zu welchen Konditionen und in welche Richtung dieses nun geht, ist abhängig von laufenden und zukünftigen Verhandlungen. Es gilt – das fordere ich heute ganz ausdrücklich –, diese nicht zu stören. Das hat kürzlich auch der Oberbürgermeister von Köln, Herr Schramma, im Interesse der Kommunalen und der Gesellschafter auf Kreisebene gefordert. So war es in der Zeitung zu lesen.

Dass die Zielrichtung dieser Verhandlungen aus der Sicht der Landesregierung ganz eindeutig ist, dazu hat sich vor kurzer Zeit auch der Verkehrsminister schon eindeutig geäußert. Er will für den Flughafen eine gesicherte Zukunft. Er werde darauf achten, dass weder Private noch Kommunale eine Mehrheit am Flughafen bekommen, so der Minister.

Das Land wird einer Veräußerung der Bundesanteile nur zustimmen, wenn dies im Interesse der Zukunft des Flughafens liegt. Unser Interesse kann es doch nur sein, neben der Planungssicherheit für den Flughafen auch dafür Sorge zu tragen, dass der Standort Nordrhein-Westfalen in seiner wirtschaftlichen Kraft gestärkt wird.

Wie sich Herr Becker laut Bericht im „Kölner Stadt-Anzeiger“ äußerte, könnte er sich durchaus vorstellen, dass sich auch private Investoren am Flughafen Köln/Bonn beteiligen. Gleichlautend äußerten sich bei der Zeitung viele der befragten Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen.

Dabei, meine Damen und Herren, darf aber der Blick für das Wesentliche nicht verloren gehen. Unser Ziel muss es doch sein, den Flughafen auf sichere Füße zu stellen und somit seine Wettbewerbschancen für die Zukunft zu stärken. Zu berücksichtigen sind die Interessen der Region genauso wie die Interessen des Flughafens und natürlich auch die des Landes. Solange privates Geld zusätzlich für die wichtigen Infrastrukturaufgaben zur Verfügung steht, so lange kann das natürlich auch von Vorteil sein. Dabei darf es allerdings nicht passieren, dass die Anteilsveräußerung des Bundes dazu führen, dass ein privater Gesellschafter die Mehrheit erhält.

Frau Kollegin Brüning, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Becker?

Nein, jetzt nicht. Herr Becker hat gleich noch Gelegenheit genug.

Denn interessant ist der Flughafen sicherlich für private Investoren – das zeigen viele andere Beispiele –, unter anderem wegen seiner Nachtflugerlaubnis, über die nur wenige deutsche Flughäfen verfügen. Unser Interesse kann es doch nur sein, eine solche Vereinbarung über die künftigen Eigentumsverhältnisse zu unterstützen, die die Interessen der Region, der Anwohner des Flughafens und des Landes insgesamt wahren.

In diesem Sinne müssen die Gespräche zwischen den wesentlichen Eigentümern, Bund, Land und Stadt Köln, sachlich und ohne schädliches Gezer

re in der Öffentlichkeit geführt werden. Nur so kann es zu einem möglichen einvernehmlichen Ergebnis führen.

(Beifall von der CDU)

Für uns ist und bleibt als wichtigste Voraussetzung, dass auch zukünftig die verkehrs- und infrastrukturpolitischen Interessen des Landes gewährleistet bleiben. Denn wir haben landespolitische Interessen zu vertreten. Vor diesem Hintergrund muss eine einvernehmliche Lösung der Verteilung der Gesellschafteranteile erzielt werden. Genau diese Verhandlungen laufen zurzeit. Deshalb sollten wir diese Verhandlungen durch eine öffentliche Diskussion weder stören noch beeinträchtigen.

Ich bin davon überzeugt, dass am Ende sachlicher Gespräche zwischen Bund, Land und dem Kreise der Anteilseigner ein tragfähiger Lösungsvorschlag stehen wird. Nur, ich sage auch: Wir brauchen zügig eine Lösung, damit der Flughafen und die Kunden des Flughafens, die Airlines und vor allem die Beschäftigten am Flughafen Planungssicherheit bekommen. Das ist unsere wichtigste Aufgabe. Ihren Antrag werden wir allerdings ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brüning. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Tüttenberg, Herr Becker, Sie haben eben einen Antrag vorgestellt, der in seinen Aussagen falsch ist und der im Widerspruch zur Luftverkehrspolitik von SPD und Grünen der vergangenen Jahre steht. Ich will Ihnen das gleich erklären.

(Dieter Hilser [SPD]: Da sind wir aber ge- spannt!)

Kein Problem, lieber Herr Hilser.

Natürlich – das wissen wir alle – stehen wir vor Eigentumsveränderungen beim Flughafen Köln/Bonn. Die Verhandlungen laufen seit langem und sie sind – auch das ist uns allen klar – nicht ganz einfach. Völlig falsch sind Ihre Behauptungen, dass die Landesregierung diese Verhandlungen blockiert, und falsch ist auch Ihre Forderung, dass die Landesregierung diese Verhandlungen wieder aufnehmen muss; denn die Verhandlungen laufen weiter und sind niemals unterbrochen worden.

(Martin Börschel [SPD]: Sie wissen ganz ge- nau, dass das anders ist!)

Und deshalb, weil Ihre Aussagen im Antrag völlig falsch sind, können wir dem auch nicht zustimmen.

Die FDP kann mit einem Modell sehr gut leben, in dem es keine kommunale Mehrheit gibt und in dem es keine private Mehrheit gibt. Wir haben das Beispiel Düsseldorf, bei dem es sich hervorragend bewährt hat. Warum sollen Mehrheitsverhältnisse, die in Düsseldorf tragen, nicht auch in Köln/Bonn tragen? – Das Ergebnis könne genau das gleiche sein. Da gibt es überhaupt keinen Widerspruch.

Widerspruch gibt es aber sowohl bei den Grünen als auch bei der SPD. Die Grünen – darauf komme ich zuerst – beschreiben im Beschlussteil dieses Antrages – ich zitiere –:

Aufgrund der herausgehobenen infrastrukturellen Bedeutung des Flughafens Köln/Bonn für Nordrhein-Westfalen mit seiner FrachtflugNachtflug-Situation …

Die Grünen bekennen sich also ganz klar für den Nachtfrachtflug in Köln/Bonn. Das ist ihr Reden hier im Landtag. Und wie immer bei den Grünen ist ihr Reden vor Ort und in der Region Köln/Bonn ein völlig anderes.

Ich habe hier das Landtagswahlprogramm 2005 der Grünen. Auf Seite 94 steht – Zitat –:

Für Köln/Bonn, den Flughafen mit den meisten Nachtflügen in Europa, halten wir am Ziel eines generellen Nachtflugverbotes bis 2015 fest.

Das ist das falsche Reden der Grünen vor Ort. Dort wird den Bürgern weisgemacht: Wir sind gegen sämtlichen Nachtflug, auch gegen Frachtflug in Köln/Bonn. – Und bei gemeinsamen Anträgen mit der SPD-Fraktion hier, macht man eine zu 100 % andere Politik in Bezug auf den Nachtfrachtflug in Köln/Bonn. Das ist ein sehr deutlicher Widerspruch. Das sollten die Bürgerinnen und Bürger in Köln/Bonn auch erfahren, meine Damen und Herren.

(Beifall von FDP und CDU)

Aber auch bei der SPD gibt es ein widersprüchliches Handeln. Am 18. November 1997 wurden 50 % des Flughafens Düsseldorf, also der Anteil des Landes, an die private Hand verkauft. 1997 regierte die SPD gemeinsam mit den Grünen in Nordrhein-Westfalen. Damals sprach in der SPD niemand von einem Teufelswerk, wenn 50 % an die private Hand verkauft werden. Nein, Sie haben von keinem Teufelswerk gesprochen. Sie ha

ben es sogar gemacht. Sie haben 50 % an die private Hand verkauft. Das Erfolgsmodell Düsseldorf, meine Damen und Herren von der SPD, gibt Ihnen sogar Recht. Es war doch genau die richtige Entscheidung, so zu verfahren. Düsseldorf hat sich gut entwickelt. Die beiden Eigentümer haben sich immer auf eine vernünftige Lösung geeinigt.

Jetzt nehmen Sie aus rein populistischen Gründen Abschied von Ihrer früheren Haltung, die, wie gesagt, ein Erfolgsmodell war, und wollen auf keinen Fall mehr 50 % an die private Hand verkaufen. Warum dieser Widerspruch, meine Damen und Herren von der SPD?

(Bodo Wißen [SPD]: Der Minister will es doch auch nicht!)