Dann können wir versuchen herauszufinden, ob das Hochschulfreiheitsgesetz etwas verschlimmert oder verbessert hat. Es lohnt sich, der Frage stärker nachzugehen.
Konkret zu Siegen: Ich kenne mich nicht so gut in der Vorgeschichte aus, aber ich habe die große Hoffnung, dass die vorangegangenen Besetzungen der Hochschulleitungen, die es an dieser Universität und anderswo gab, möglichst querelenfrei abgelaufen sind. Denn das würde das Argument verstärken, dass man die Menschen mitnehmen sollte. Das ist mir sehr ernst.
Natürlich lernen wir aus diesem Vorgang, dass es ist immer tunlichst geboten ist, entsprechend die Menschen, die Institutionen oder Gremien mitzunehmen. Aber fordern Sie denn konkret, dass man das wieder im offiziellen Status machen soll? Wir sehen ja gerade dadurch, dass der letzte Hebel der Konfliktfallregelung nicht genutzt worden ist, dass das Mitnehmen eine wichtige Tatsache ist.
Das werden nicht nur die Siegener lernen, sondern das ist eine allgemeine Feststellung. Von daher habe ich größtes Vertrauen darin, dass wir nicht die Sorge haben müssen, dass wir ein strukturelles Problem haben. Deswegen wiederhole ich unsere Aussage: kein Änderungsbedarf am HFG.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Offensichtlich ist bei den Oppositionsfraktionen immer noch nicht verstanden worden, welchen Charakter der Hochschulrat hat.
Der Hochschulrat ist mitnichten ein hochschulfremdes Gremium, sondern es ist vielmehr ein neues Leitungsgremium, dessen Bestellung sich mit zurückführen lässt auf den Senat und dadurch
Sie wissen, dass nur auf der Basis einer gemeinsamen Findungskommission der Minister die Mitglieder des Hochschulrates bestellt.
Es ist ein demokratisch legitimiertes Gremium, an dessen Bildung auch der Senat mitwirkt. Deshalb läuft Ihr Vorwurf ins Leere, der Hochschulrat sei nicht hinreichend demokratisch legitimiert. Er ist es! Er ist ein Gremium der Hochschule. Er ist demokratisch legitimiert.
Jetzt hat man in Siegen gesehen, dass es auch in der Praxis Fälle geben kann, wo es zu Machtauseinandersetzungen oder zu Richtungsauseinandersetzungen in einer Hochschule kommen kann.
Ich will Sie fragen: Ist das denn jetzt plötzlich ein Umstand, der mit dem Hochschulfreiheitsgesetz verbunden ist? Das müsste ja bedeuten, dass es früher nie Diskussionen, nie harte Auseinandersetzungen, nie Ringen um Personalien an Hochschulen gegeben hat.
Dabei wissen doch gerade Sie, Herr Remmel – Sie kommen doch aus Siegen –, dass es gerade in Siegen auch unter dem Regime des alten Hochschulrechtes regelmäßig Auseinandersetzungen um die Leitung der Hochschule gegeben hat.
Das, was in Siegen etwa mit den neuen Gremienstrukturen zusammenhängt, ist doch nicht ganz neu. Nein, das sind Lebenssachverhalte, die nun einmal in jeder Hochschule – unabhängig vom Rechtsrahmen – gelöst werden müssen.
Hier glauben wir, dass wir mit dem Hochschulfreiheitsgesetz Mechanismen entwickelt haben, die geeignet sind, solche Konflikte zu bewältigen.
Selbst die Ultima Ratio, die es noch gegeben hätte, ist hier gar nicht eingesetzt worden, weil ein Hochschulrat, der seine Legitimität auch mittelbar auf den Senat zurückführen kann, festgestellt hat, dass er ebenfalls eine einvernehmliche Bestellung wünscht und deshalb auch den Schulterschluss mit diesem Gremium sucht.
Im Übrigen ist es falsch, dass Sie hier den Eindruck erwecken, der Hochschulrat habe quasi gegen den ganzen Senat eine Entscheidung durchdrücken wollen. Sie unterschlagen, dass das Abstimmungsergebnis im Senat bei den einschlägigen Entscheidungen 14:9 war. Man kann also nicht davon reden, dass hier der Senat geschlossen gegen einen Hochschulrat votiert hätte.
Deshalb ist das, was Sie hier am Beispiel Siegen, aber insgesamt die neuen Leitungsstrukturen meinend, veranstalten, schädlich. Die Argumentation, die hier aufgebaut wird, es bestünde eine Abhängigkeit von Unternehmen, ist schädlich.
Es passt auch nicht zu der Linie, die Sie an anderen Stellen vertreten. Da stellt sich die SPD breitbeinig hin und sagt: Wir müssen auch mehr tun für die Verwertung von Patenten, mehr tun für den Transfer von Wissen aus Hochschulen in Unternehmen.
Und wenn Unternehmensvertreter Mitverantwortung für eine Hochschule übernehmen und dort im Detail mitarbeiten, dann werden sie hier diskreditiert als Vertreter von Shareholder-Value-Interessen, die nur ihre eigenen Pfründe in Hochschulen sichern wollen.
So haben Sie doch argumentiert. So haben Sie doch mit ganz konkretem Blick auf das Beispiel Siegen argumentiert und auch reputierte, mittelständische Unternehmer diskreditieren wollen.
Da machen wir nicht mit. Wir betrachten es als einen Gewinn, dass Persönlichkeiten aus Kultur, aus Wissenschaft und aus der Wirtschaft jetzt Mitverantwortung für unsere Hochschulen übernehmen und in den Hochschulen auch den Kurs der Standorte mitprägen, am Profil mitarbeiten. Das ist ein Gewinn für unsere Hochschullandschaft und keine Gefahr. Sie können, verliebt in das Gestern wie Sie sind, das weiter kritisieren. Wir denken, dass der Kurs richtig ist, und wir fühlen uns jetzt durch die ersten Ergebnisse auch in diesem Kurs bestätigt. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Anträge geben mir erneut Gelegenheit, dem Hohen Haus an einem konkreten Fall zeigen zu dürfen, wie sich wieder einmal die Schreckensszenarien der Opposition komplett auflösen, sich sogar in ihr Gegenteil verkehren, sobald man sich näher mit ihnen auseinandersetzt.
Anlass der Anträge sind die jüngsten Geschehnisse an der Universität Siegen. Der Siegener Hochschulrat hat eine Persönlichkeit zum Rektor gewählt, dem dann im weiteren Verfahren die Bestätigung durch den Rat versagt geblieben ist. Darauf hin hat der Hochschulrat das laufende Verfahren zur Wahl des Rektors beendet und ein neues Verfahren eingeleitet. Er will die Position des Rektors im Januar 2009 neu ausschreiben und die Zeit bis dahin nutzen, konstruktive Gespräche zwischen allen Beteiligten zu führen.
Der Hochschulrat hat dabei klar und deutlich unterstrichen, dass er den Senat von Beginn an in das Wahlverfahren einbeziehen will. Ganz anders als es die antragstellenden Fraktionen jetzt gerne darstellen möchten, kommentierte beispielsweise die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 19. August dieses Jahres die Vorgänge. Dort heißt es – ich darf mit Genehmigung der Präsidentin zitieren –:
Das Schreckgespenst der Entdemokratisierung wurde durch eine vorbildliche Konsensbildung innerhalb der Hochschule gebannt. Der Fall Siegen wird so vor allem zu einem starken Plädoyer für die Tradition der akademischen Kommunikation.
Ich ergänze: Wer den Fall exemplarisch nehmen möchte, dem zeigt er, dass die neue Hochschulverfassung funktioniert.
Auch wenn man über Siegen hinausschaut, gibt es keinen Anlass zur Sorge, ganz im Gegenteil. Insgesamt hat es seit der neuen Hochschulverfassung bisher in den nordrhein-westfälischen Hochschulen zwölf Wahlen von Präsidiumsmitgliedern gegeben, die – das unterstreiche ich und darf das mit Freude dem Hohen Haus berichten – alle einvernehmlich zwischen dem jeweiligen Hochschulrat und dem jeweiligen Senat verliefen. Ich darf wiederholen: Alle bisherigen Wahlen nach
neuem Hochschulrecht zur Hochschulleitung in zwölf Fällen – zehn Rektoren oder Präsidenten, zwei Kanzler – sind einvernehmlich erfolgt. Das ist ein großer Erfolg und verdient auch die Anerkennung des Hohen Hauses für die dort handelnden Persönlichkeiten an unseren Hochschulen.
Herr Minister, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Remmel?