Protocol of the Session on June 19, 2008

Ich will mich an dieser Stelle kurz fassen: Wenn ein besseres System auf der Basis anderer Indikatoren denkbar ist, dann sollten wir dies intensiv mit der Wohnungswirtschaft und den kommunalen Spitzenverbänden diskutieren, prüfen und gegebenenfalls umsetzen. Wir sind an dieser Stelle offen für eine Umsteuerung, wenn sich das als sinnvoll erweist. Ich denke, das müssen wir dann auch gemeinsam über vier Fraktionen hinweg offen in den Fachausschüssen diskutieren.

Tatsache ist und bleibt: Wir brauchen ein Ministerium, das nicht nur ankündigt, dass es im August, September eigene Vorstellungen vorlegt, wie die Opposition das jetzt mit zwei Vorschlägen gemacht hat, sondern das jetzt – nach dem, was auf das Land an Zuständigkeit übergegangen ist – diese Gelegenheit nutzt und mit uns eine aktive Wohnraumförderungspolitik auf den Weg bringt.

In diesem Zusammenhang lassen Sie mich noch – auch wenn Sie es vielleicht nicht hören mögen – zwei, drei Sätze zur Gesamtsituation sagen: Wer auf der einen Seite die LEG privatisiert, wer auf der anderen Seite die Wohnraumförderung in den letzten Jahren um über 100 Millionen € geschwächt hat, der muss jetzt aktive Schritte für eine ordentlich ausgerichtete Förderpolitik auf den Weg bringen und darf sich nicht hinter dem PestelGutachten verstecken. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Wittke das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die SPD-Fraktion hat für die heutige Beratung einen Antrag vorgelegt, der sich auf die Empfehlungen der Enquetekommission „Zukunft der Städte in Nordrhein-Westfalen“ beruft und in der Konsequenz auf eine stärkere Regionalisierung der Wohnraumförderpolitik zielt.

Wenn ich richtig informiert bin, haben Sozialdemokraten und die damalige Regierungskoalition seinerzeit – in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung in diesem Hohen Haus – nichts unternommen, um die Empfehlungen dieser Enquetekommission umzusetzen. Das heißt ja nicht, dass man sich darum nicht kümmern muss. Ich will das nur der Vollständigkeit halber an dieser Stelle festhalten, damit nicht so getan wird, als gäbe es einen Bedarf erst seit dem Regierungswechsel.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir werden im Ausschuss für Bauen und Verkehr noch ausreichend Gelegenheit haben, eingehend über die Fragen geeigneter Indikatoren für die regionale Staffelung von Förderkonditionen und für die Verteilung von Förderkontingenten sowie über die Folgerungen aus den unterschiedlichen örtlichen Wohnungsmarktsituationen und Perspektiven zu diskutieren.

Gegenwärtig sind bei der Förderung von Mietwohnraum die Förderkonditionen nach der Zuordnung der Baugemeinden zu den Mietstufen nach § 8 Wohngeldgesetz gestaffelt. Die Zuordnung der Gemeinden zu den Mietstufen richtet sich nach statistisch erfassten Mieten der Wohngeldempfänger. Die regionale Staffelung der Förderkonditionen zielt darauf, den unterschiedlichen Investitionsbedingungen, Kostenstrukturen und Mietniveaus Rechnung zu tragen und dort Investitionsimpulse zu setzen, wo preiswerter Mietwohnraum benötigt wird. Dabei sind die Förderkonditionen so zu bemessen, dass sie aus Sicht des Investors die wirtschaftliche Belastung aus den mit der Förderung verbundenen Mietpreis- und Belegungsbindungen kompensieren.

In den Gemeinden, bei denen die Spanne zwischen der örtlichen Marktmiete und der Bewilligungsmiete der sozialen Wohnraumförderung vergleichsweise groß ist, bedarf es zur Kompensation einer höheren Förderung als in den Gemeinden, die ein niedrigeres Mietniveau und eine

geringe Differenz zwischen der Bewilligungsmiete und der sozialen Wohnraumförderung und der örtlichen Marktmiete aufweisen. Allerdings gibt es auch Grenzen für die Aussagefähigkeit der Mietstufen als Indikator für die Bemessung der Förderkonditionen:

Erstens. Grundlage der Mietenstufen sind Mieten der Wohngeldempfänger. Insofern beruhen sie auf einer abnehmenden statistischen Basis.

Zweitens. Bevölkerungs- und Wohnungsmarktentwicklungen in der Zukunft werden hierdurch zu wenig abgebildet. Denn neuere Studien über die Bevölkerungs- und Wohnungsmarktentwicklung in unserem Land zeigen, dass die regionalen Märkte immer weiter auseinanderdriften und die Disparitäten auf den Wohnungsmärkten rapide zunehmen.

Aus diesem Grund haben wir ein Gutachten in Auftrag gegeben, das alternative regionale Abgrenzungskriterien aufzeigen soll:

Dabei sollen erstens aktuelle Erkenntnisse über die Wohnungsmarktlage in Nordrhein-Westfalen und die Perspektiven der Wohnungsmarktentwicklung einbezogen werden, damit die Förderung besser als bisher auch die zukünftige Marktentwicklung berücksichtigt.

Zweitens. Es sollen Vorschläge für regionale Abgrenzungskriterien sowohl für die Förderung von Mietwohnungen als auch für die Eigentumsförderung entwickelt werden, die möglichst auf landesweit verfügbaren statistischen Angaben fußen.

Drittens. Wohnungsmarktabgrenzungen sollen vorgenommen werden, die sich auch zur administrativen Steuerung für alle Landesteile eignen.

Die Ergebnisse dieses Gutachten sollen in die Förderrichtlinien einfließen und künftig bei der Aufstellung und Umsetzung des Wohnraumförderprogramms berücksichtig werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPDFraktion, was bedeutet das für Ihren Antrag? Die Antwort ist aus meiner Sicht relativ einfach. Dieser Antrag ist überflüssig, weil wir bereits einen großen Schritt weiter nach vorne getan haben.

Im Übrigen unterstützt das Land die Kommunen bei der Entwicklung kommunalpolitisch abgestimmter örtlicher Handlungskonzepte im Rahmen des Wohnraumförderungsprogramms. Die Kommunen erhalten die Möglichkeit, in Abstimmung mit dem Ministerium für Bauen und Verkehr von den Förderrichtlinien abzuweichen, wenn dies aus dem Zusammenhang eines solchen Handlungskonzepts abzuleiten ist.

Das Land hält bei der Förderung Mittel für Kommunen mit wohnungspolitischen Handlungskonzepten vor, um deren Umsetzung und damit die Lösung der örtlichen und regionalen Wohnungsmarktprobleme zu unterstützen, und bietet zudem Finanzierungssicherheit für entsprechende Vorhaben – auch über mehrere Programmjahre.

Die Festlegung der Förderkonditionen ist und bleibt jedoch eine Landesangelegenheit, da es sich bei den Förderdarlehen um Landesmittel handelt und aus Gründen der Gleichbehandlung eine einheitliche Festlegung der Konditionen erforderlich ist. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/6954 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr. Die abschließende Beratung und Abstimmung wird in diesem Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.

Wir kommen zu:

3 Jugend braucht sichere Perspektiven – Pakt mit der Jugend gibt der Jugendpolitik neue Impulse und fördert soziale Verantwortung junger Menschen

Antrag

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/6968

Ich eröffne die Beratung.

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Tenhumberg das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die 15. ShellJugendstudie aus dem Jahr 2006, in der 2.500 Jugendliche im Alter von zwölf bis 25 zu ihrer Lebenssituation, ihren Glaubens- und Wertevorstellungen und ihrer Vorstellung von Politik befragt wurden, zeichnet das Bild einer pragmatischen jungen Generation. Für junge Leute gibt es heute eine Vielzahl beruflicher Möglichkeiten, und im Bereich der Freizeit können Jugendliche aus ei

nem reichhaltigen Angebot verschiedener Optionen schöpfen. Junge Menschen suchen sich unter diesen verschiedenen Optionen ihren eigenen individuellen Weg aus.

Die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen setzen seit der Regierungsübernahme einen zentralen politischen Schwerpunkt im Bereich Bildung, Kinder, Jugend und Familie. Nur wenn wir frühzeitig die richtigen Weichen gestellt haben, können Kinder ihr gesamtes Entwicklungspotenzial freisetzen und ihre Lebenswünsche realisieren. Insbesondere die Kinder, die zu Hause, in ihren Familien nicht die notwendige Zuwendung und Förderung erhalten – aus welchen Gründen auch immer –, wollen wir durch geeignete Maßnahmen und individuelle Förderung erreichen.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

An dieser Stelle darf man aber auch nicht vergessen, dass viele Familien in Nordrhein-Westfalen ihren Erziehungsauftrag sehr ernst nehmen und ihre Kinder sorgsam beim Übergang in das Erwachsenenleben begleiten. Dabei ist die Erziehung von Kindern keine einfache Aufgabe und läuft auch nicht immer spannungsfrei ab.

Schlüssel zum Erfolg ist die Bildung, wobei die gute schulische Bildung eine wichtige Voraussetzung für den weiteren Lebensweg darstellt. Aber auch der non-formalen Bildung, die insbesondere über die Jugendarbeit praktiziert und vermittelt wird, kommt in diesem Zusammenhang eine sehr große Bedeutung zu.

Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen will die Landesregierung dazu beitragen, dass junge Menschen ihre Chancen nutzen, ihre individuellen Stärken erkennen und ihren eigenen Weg erfolgreich gehen können. Im Mittelpunkt steht dabei eine bessere Förderung der Bildungschancen, der kulturellen und sozialen Kompetenz sowie der Teilhabemöglichkeiten junger Menschen. Bei den Bildungsangeboten setzen wir mit unterschiedlichen Aktivitäten auf eine Verbesserung des Angebots gerade für benachteiligte Kinder und Jugendliche.

Ich will an dieser Stelle nicht alle Maßnahmen aufzählen; Sie können das unserem gut ausformulierten Antrag entnehmen.

Alle Maßnahmen haben das gemeinsame Ziel, die Startchancen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Zahlreiche Gutachten bestätigen unsere Auffassung, dass wir in diesem Bereich verstärkt tätig werden müssen. Wir haben seit Beginn der Regierungsübernahme eine Politik für Kinder,

Jugend und Familien auf den Weg gebracht und damit für einen politischen Kurswechsel gesorgt.

(Beifall von der CDU)

Noch nie hat eine Landesregierung in NordrheinWestfalen so viel Geld in die Hand genommen, um die Chancen von Kindern und Jugendlichen zu erhöhen.

Auch der erst kürzlich abgeschlossene Pakt mit der Jugend steht für diesen Kurswechsel. Dieser Pakt mit der Jugend wird von den führenden Jugendverbänden mit mehr als 270 Einzelverbänden in Nordrhein-Westfalen sowie unserer Landesregierung getragen. Minister Armin Laschet und unser Ministerpräsident Jürgen Rüttgers haben ihn persönlich unterzeichnet. Das zeigt die Wertschätzung.

Mit diesem Pakt werden wir mehr als ein Drittel der Kinder und Jugendlichen in NordrheinWestfalen direkt erreichen. Das ist ein toller Erfolg und wird für alle Beteiligten eine schöne und interessante Herausforderung sein. Der Wert der informellen und non-formalen Bildung wird dadurch nochmals verdeutlicht. Der Pakt soll trotz der begrenzten Ressourcen zu einem Klima des Miteinanders führen, die Bildungsaktivitäten fördern, eine bessere Integration von Migrationskindern über interkulturelle Arbeit gewährleisten und unterstützen sowie den Zusammenhalt der Generationen fördern.

Mit verlässlicher und gebündelter Kraft kann die Jugendarbeit den schwieriger werdenden Herausforderungen gerecht werden. Deshalb begrüßen wir die Zusage der Landesregierung, bis zum Jahr 2010 mindestens 80 Millionen € jährlich zur Verfügung zu stellen. Das gibt Planungssicherheit und ist verlässlich.

Ich habe Verständnis dafür, wenn für den Landesjugendplan weitere finanzielle Mittel eingefordert werden. Auch ich wünsche mir das nach wie vor. Wir müssen dabei trotzdem die Gegebenheiten akzeptieren und feststellen, dass aufgrund der unverantwortlichen Verschuldungspolitik der vergangenen Jahrzehnte die Konsolidierung des Haushalts nicht nachrangig betrachtet werden kann. Man darf nicht vergessen, dass wir mit diesem Konsolidierungskurs gerade für junge Menschen in unserem Land neue Chancen für eine gute Zukunft schaffen.

(Beifall von der CDU)

Wir wollen den zukünftigen Generationen wieder Handlungsspielräume geben.

Der Pakt mit der Jugend erkennt darüber hinaus die herausragende Bedeutung der Jugendarbeit ausdrücklich an. Jugendarbeit ist ein eigenständiger Bereich der Bildungsarbeit. Schule kann Jugendarbeit nicht ersetzen.