Protocol of the Session on September 28, 2005

Sie sehen: NRW kommt mit der Koalition der Erneuerung zum Wohle der Bürger und Bürgerinnen unseres Landes wieder.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Doppmeier. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde und somit den Tagesordnungspunkt 1.

Ich rufe auf:

2 Jugendfördergesetz NRW uneingeschränkt umsetzen und mindestens 96 Millionen € im Haushalt 2006 einstellen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/288 - Neudruck

Ich eröffne die Beratung und übergebe das Wort an Frau Altenkamp von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie schon bei der Verabschiedung des Jugendfördergesetzes im vergangenen Jahr geht es uns mit unserem Antrag, der Ihnen heute im Neudruck vorliegt, um Planungssicherheit für die Kinder- und Jugendpolitik in diesem Land.

Dabei ist uns klar, dass mit dem Doppelhaushalt 2004/2005 und den damit verbundenen Kürzungen eine schwere Durststrecke hinter den Verbänden, den Trägern und den Kommunen liegt. Dies haben wir immer eingeräumt. Nicht zuletzt deshalb haben wir die für das Jahr 2005 vorgesehene Absenkung des Landesjugendplans auf 75 Millionen € nicht vollzogen und es bei den 80 Millionen € auch im Jahre 2005 belassen. Das war keine ganz einfache Operation, aber wir waren festen Willens, keine Infrastruktur in NRW wegen fehlender Landesmittel wegbrechen zu lassen. Dies ist, so meinen wir, in weiten Teilen gelungen.

Wir sind damals von Ihnen scharf kritisiert worden. In Ihren Gesetzentwürfen übertrafen Sie sich in Ihrer Großmütigkeit gegenüber den Verbänden. Die CDU sagte immer: 96 Millionen €, und zwar sofort. Die FDP sprach sogar von 100 Millionen € plus X, und die auch sofort. Unser Versprechen war: Ab 2006 werden die Mittel wieder auf den Stand von 2003, also auf 96 Millionen €, angehoben. Dieses Versprechen wollen wir halten. Sind Sie, meine Damen und Herren von der CDU und FDP, dazu auch bereit, oder flüchten Sie sich in Dialektik, nach der bekanntlich das Sein das Bewusstsein bestimmt?

Die CDU/FDP-Opposition textete damals in ihrem Entschließungsantrag - ich zitiere -:

„Um die bewährte Infrastruktur nicht weiter zu zerschlagen, ist ein In-Kraft-Treten eines Jugendfördergesetzes in jeder, auch in finanzieller Hinsicht zum 01.01.2005 unabdingbar.“

Wir rechnen daher fest mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, denn so schnell kann

sich ja Ihre Meinung nicht geändert haben. Verweisen Sie bitte nicht auf das Haushaltsverfahren und flüchten Sie sich nicht in diese Verfahren. Wir müssen doch davon ausgehen, dass Ihre damalige Oppositionsrolle nach dem Verständnis war, dass Sie heute das umsetzen, was Sie damals versprochen haben. Wenn nicht, dann würde ich einen Moment lang innehalten.

Es geht, wie gesagt, um Planungssicherheit, und dazu möchte ich Ihnen ein Praxisbeispiel geben. In einer Stadt, meiner Heimatstadt, wird zurzeit über Leistungsvereinbarungen mit den Jugend- und Wohlfahrtsverbänden verhandelt. Diese Verhandlungen müssen bis zum 31. Dezember abgeschlossen sein. Die Politik soll noch entsprechend beteiligt werden, und je nach Trägerstruktur müssen möglicherweise auch die Mitglieder noch einbezogen werden. Außerdem sind wir dank der „grandiosen“ kommunalen Finanzpolitik unserer schwarz-grünen Mehrheit eine Kommune mit einem nicht genehmigten Haushalt und einem nicht genehmigten Haushaltssicherungskonzept.

Es geht also im Kern um Einsparungen und damit um das Überleben einiger Beteiligter. Da kann schon einmal Ungeduld aufkommen, wie Sie sich vielleicht vorstellen können. Dennoch war die Atmosphäre bislang von großer Sachlichkeit geprägt. Nun aber sind die Verhandlungen jäh zum Erliegen gekommen. Warum? - Alle, Stadt und Verbände, müssen wissen, über wie viel Geld und über welche Leistungen sie sprechen. Dazu ist es wichtig zu wissen, in welcher Höhe die Landesförderung zukünftig sein wird. Auch ist es wichtig zu wissen, welche Aufgabenfelder definiert und wie diese ausgestattet sein werden.

Da werden Sie, meine Damen und Herren, sehr bald Antworten finden müssen. Deshalb reicht es nicht aus, auf die Haushaltsberatungen 2006 zu verweisen, schon gar nicht, wenn der Haushaltsentwurf erst im nächsten Jahr vorgelegt werden soll. Was soll denn die Jugendpolitik in Essen bis dahin machen? Wie gestalten sich dann die Verträge, wie beteiligt sich das Land, inwieweit hat der ausgehandelte kommunale Landesjugendförderplan die Chance, realisiert zu werden, und welche Relevanz hat der Essener Jugendfreizeitstättenplan? Das sind die Fragen, die viele Menschen in meiner Stadt und in NRW bewegen. Sie haben heute die Gelegenheit, den Menschen eine Antwort zu geben. Es muss Klarheit herrschen.

(Beifall von der SPD)

Wenn es bei den 80 Millionen € aus 2005 bleibt, was ich nicht hoffe, aber das wäre ja immerhin eine Antwort, dann müssen die Verbände und die

Kommunen das jetzt wissen, weil sie dann und gerade noch rechtzeitig die notwendigen personalwirtschaftlichen Maßnahmen vornehmen können, ohne sich entweder finanziell zu ruinieren oder arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Es wird also höchste Zeit, dass Klarheit geschaffen wird, sonst kommt es zu Entlassungen und Schließungen von Einrichtungen in Essen und anderswo im Land. Das wissen Sie sehr genau.

Uns als SPD-Fraktion, aber nicht nur uns, hat irritiert, dass Sie, Herr Minister Laschet, bei Ihren Erkundungsreisen durch das Land kleinere und größere Geschenke in Form von Förderzusagen und Versprechungen machen. Bei den Gesprächen mit dem Landesjugendring und anderen jugendpolitischen Vertretern sahen Sie sich aber nicht in der Lage, eine Zusage in Richtung Fördervolumen des Landesjugendplans zu machen. Sie sprachen bezüglich der 96 Millionen €, die wir heute in unserem Antrag fordern, von einer gleichsam magischen Zahl. Herr Minister, hören Sie auf, herumzuschwurbeln, und sagen Sie, was Sache ist.

(Beifall von der SPD)

Das Jugendfördergesetz bietet Ihnen ausreichende gesetzliche Verpflichtungen, die 96 Millionen € für das Haushalt 2006 anzumelden und gegenüber der Finanzpolitik durchzusetzen. Heute haben Sie die Gelegenheit, Herr Minister, klares kinder- und jugendpolitisches Profil zu zeigen. Zeigen Sie, welche Priorität die Förderung der Kinder- und Jugendpolitik durch das Land für Sie hat. Darum geht es. Nicht nur wir als SPD, sondern auch die Kinder und Jugendlichen in NRW erwarten eine klare Positionierung von Ihnen.

Meine Damen und Herren, es kann Sie nicht verwundern, dass es im Land seltsam aufstößt, dass die Empfehlungen zur Umsetzung des Jugendfördergesetzes, obschon sie zwischen allen Beteiligten verhandelt waren, von Ihnen, Herr Minister, angehalten wurden. Das gibt Anlass zu zweifeln, ob Sie an einer Umsetzung des Jugendfördergesetzes überhaupt Interesse haben.

Nach meiner Kenntnis handelt es sich bei diesen Empfehlungen um wichtige und wertvolle Handreichungen für die kommunale Ebene, um zu einem kommunalen Jugendförderplan zu gelangen.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

- Herr Lindner, kommunale Jugendförderpläne sind ausverhandelt worden, und zwar mit den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände ganz genauso wie mit Verbandsvertretern. Also ruhig

Blut! Kommunale Jugendförderpläne waren bisher, zumindest in der letzten Legislaturperiode, auch das Ziel der FDP.

Mit der CDU haben wir über die Verbindlichkeit solcher Pläne gestritten. Sie von der CDU wollten sie möglichst unverbindlich halten - angeblich im Sinne der Kommunen. Das war auch unsere Kritik an Ihrem Gesetzentwurf. Wir wollen, dass diese Empfehlungen unverzüglich umgesetzt werden. Nur so erreichen wir es, dass im Land und in den Kommunen nach den Gegebenheiten und Notwendigkeiten vor Ort ein Jugendförderplan erarbeitet wird.

Mit den Empfehlungen erreichen wir richtige Ansätze, beispielsweise bei der Kooperation der Jugendarbeit mit Schule, die eben nicht zulasten der Jugendarbeit erfolgen darf. Genau das haben Sie aber immer sehr stark befürchtet und als Menetekel ins Land gestellt.

Mit den Empfehlungen erreichen wir auch, dass geschlechtsspezifische Arbeit für Mädchen und Jungen ein Schwerpunkt der Jugendarbeit wird.

Wir erreichen ferner, dass vor Ort der Stellenwert der offenen Arbeit und ihr Wert für die informelle Bildung sowie ihr Anteil am sozialen Lernen endlich auch finanziell und inhaltlich entsprechend gewürdigt werden.

Kommunale Jugendförderpläne sind nach unserem Verständnis nicht die Fortschreibung dessen, was schon immer gelaufen ist, sondern eröffnen die Möglichkeit der Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendarbeit in all ihren Facetten. Deshalb darf dieser Prozess nicht länger gebremst werden. Im Gegenteil: Er müsste vonseiten des Landes eigentlich mit Vollgas unterstützt und flankiert werden - wobei wir uns in der letzten Legislaturperiode über die zentralen inhaltlichen Punkte des 3. Ausführungsgesetzes zum KJHG ja weitgehend einig waren.

Meine Damen und Herren von der Regierung, es kann doch auch nicht in Ihrem Sinne sein, wenn dieser Schwebezustand sich noch lange fortsetzt. Es geht dabei nicht nur um das Volumen des Landesjugendförderplans, sondern um die inhaltlichen Schwerpunkte des Jugendfördergesetzes, die in den kommunalen Jugendförderplänen ihre Fortsetzung finden sollen und müssen.

Diese beiden Aspekte unseres Antrags schaffen Klarheit und Sicherheit für die Kinder- und Jugendarbeit in unserem Land. Sie, meine Damen und Herren, haben es in der Hand, heute klare Signale zu setzen. - In Erwartung Ihrer begeister

ten Zustimmung bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Altenkamp. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Frau Kastner.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vor gut einer Woche erhielt ich den Antrag der SPD. Ich habe mir ein wenig - das muss ich gestehen - die Augen gerieben. Ausgerechnet Sie bringen einen Antrag ein, der die Finanzierung des Jugendfördergesetzes in Nordrhein-Westfalen sichern soll. - Haben Sie vorher eigentlich einmal Ihr Gedächtnis bemüht?

Sie waren es doch, die sich mit Händen und Füßen gegen gute Vereinbarungen gewehrt haben. Sie haben in der vergangenen Legislaturperiode die Mittel von 104,5 Millionen im Jahr 2001 systematisch auf 75 Millionen im Jahr 2005 zurückgekürzt. Sie haben mit Ihrer Politik einen großen Aufschrei bei den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe ausgelöst. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich als Abgeordnete anlässlich der Haushaltsberatungen immer wieder Gespräche mit den Trägern geführt habe.

Sie haben auch dafür gesorgt, dass es zum ersten Mal in Nordrhein-Westfalen eine Volksinitiative gegeben hat. Unter dem Motto „Jugend braucht Zukunft“ haben sich Tausende von jungen Menschen auf den Weg gemacht, Unterschriften gesammelt und damit bewirkt, dass das Thema Landesjugendplan wieder im Landtag aufgegriffen werden musste.

Man ist also hin und her gerissen, wenn man Ihren Antrag sieht und darüber urteilen soll. Entweder muss man sagen, dass Sie keinerlei Recht haben, einen solchen Antrag zu stellen, oder aber man muss sagen: Gott sei Dank; Sie bekennen sich endlich zum Wert der Jugendarbeit in unserem Land. - Lassen Sie mich jedoch noch einige Dinge zur Sache und damit zum weiteren Vorgehen sagen.

Erstens. CDU und FDP haben sich immer dazu bekannt, dass Kinder- und Jugendarbeit ein eigenständiges Sozialisationsfeld ist und daher gestärkt und gestützt werden muss - ist doch die Kinder- und Jugendarbeit gekennzeichnet durch Freiwilligkeit der Teilnahme, Mitwirkungsmöglichkeiten und unter anderem Verzicht auf Leistungskontrollen im Gegensatz zur Schule. Jugendverbände, offene Kinder- und Jugendarbeit, kulturelle

Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit ermöglichen Jungen und Mädchen von schulischem Lernen abweichende Erfahrungen.

Zweitens. Kinder- und Jugendarbeit ist kein Selbstzweck. Sie leistet einen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung und fördert das soziale Miteinander der Gesellschaft. Hier erfahren junge Menschen beispielhaft, dass es sich lohnt, sich für die Gesellschaft zu engagieren. Sie lernen in diesen Gruppen auch, wie man das macht.

Drittens. Kinder- und Jugendarbeit leistet Prävention und Integration - gerade vor dem Hintergrund, dass jedes vierte Kind hier in Nordrhein-Westfalen einen Migrationshintergrund hat.

Viertens. Kinder- und Jugendarbeit ergänzt die Schule und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zu der schulischen Entwicklung der Jungen und Mädchen.

Aufgrund dieser Erkenntnisse werden wir, CDU und FDP, gemeinsam den Landesjugendplan weiterentwickeln. Stichworte wie weniger Bürokratie, Zielvereinbarungen, Verlässlichkeit, Passgenauigkeit, Förderung von innovativen Schwerpunkten, mehr Integration und vor allem der Dialog mit den Trägern werden dabei eine wesentliche Rolle spielen. Übrigens: Den Dialog werden wir in der Fraktion genauso pflegen, wie es sicherlich auch die Landesregierung tun wird.

Meine Damen und Herren, zu diesen Stichpunkten werden wir uns in den nächsten Wochen und Monaten ebenso äußern wie zur Finanzierung des Landesjugendplanes. Die Zeit ist dann reif - das sage ich ausdrücklich -, wenn der neue Landeshaushalt vorgelegt wird. Hätten wir es jetzt in den Landesjugendplan getan, dann müssten wir uns ja überlegen, ob es den Klagen, die Sie angeblich einreichen wollen, standhält.

Wir werden ein tragfähiges, durchgerechnetes Konzept für den Bereich der Kinder- und Jugendarbeit vorlegen. Darauf legen wir viel Wert. Wir wollen ein zuverlässiger Partner für Kinder und Jugendliche sowie für die Träger sein. Diese Zuverlässigkeit gilt selbstverständlich auch für die Kommunen.

Meine Damen und Herren von der SPD, Sie können sicher sein - im Übrigen ist das in der letzten Sitzung des Fachausschusses auch genau so gesagt und besprochen worden -: Wir kennen das Gesetz. Wir haben immer dazu gestanden. Wir werden alles dafür tun, dass die Kinder- und Jugendarbeit im Land Nordrhein-Westfalen verlässlich und auskömmlich gestaltet werden kann. - Ich danke Ihnen.