Allerdings ist völlig unstreitig – das haben wir immer wieder betont –, dass es für Windenergie bessere Standorte gibt als Nordrhein-Westfalen. Bei Offshore vor der Küste oder auf natürlichen Erhöhungen sind die Effizienz der Windenergie besser und die Einwirkungen auf die Anwohnerinnen und Anwohner geringer. Die Verspargelung der nordrhein-westfälischen Landschaft ist und bleibt nicht die Lösung des Problems, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion zu erhöhen.
Gleichwohl ist die Windenergie in NordrheinWestfalen bereits heute an vielen Standorten präsent und spielt ihre Rolle im Rahmen der regenerativen Energien. Diese Rolle wird auch noch ausgebaut werden. Deshalb trifft es zu, dass das sogenannte Repowering in der Verantwortung der Kommunen dazu führen kann, an Standorten viele relativ niedrige Windräder durch deutlich weniger Räder, die etwas höher sind, zu ersetzen. Aber ich betone noch einmal: Das liegt in der freien Entscheidung der Kommunen, die sich darüber klar werden müssen, ob sie eine solche Ersetzung in Abwägung der Anwohnerinteressen, der energiepolitischen Interessen und der Gegebenheiten vor Ort haben wollen.
Deshalb haben wir nach unserem Wahlsieg mit dem Windenergieerlass der Landesregierung vom 21. Oktober 2005 die notwendigen Rahmenbedingungen für Windenergie in NordrheinWestfalen geschaffen. Dadurch werden vor allen Dingen die Anwohnerinteressen geregelt. Es ist völlig klar, dass zuallererst die Kommunen die
Zur Erweiterung der Kenntnis zitiere ich mit Erlaubnis der Präsidentin aus dem Windkraftanlagenerlass. Dort steht unter Ziffer 4.4:
„Repowering ist innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen möglich. Insbesondere in rechtsverbindlichen Konzentrationszonen können bei gleichzeitiger Steigerung der Effizienz und des Auslastungsgrades die Anzahl der Windkraftanlagen und damit die Immissionen reduziert werden. Ein sinnvolles Repowering trägt somit auch dem Schutz der Anwohner Rechnung.“
Dies ist ein Zitat aus dem geltenden Windkrafterlass der Landesregierung, der konkretisiert worden ist, wie Sie wissen. Wo liegt darin bitte eine Behinderung des sinnvollen Repowerings? Ich sehe sie nirgendwo.
Im Windenergieerlass ist des Weiteren ausführlich geregelt, wie es sich mit der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit der Anlagen verhält – das wird übrigens auch beim Repowering so sein –:
„Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Errichtung einer Windkraftanlage sind die immissionsschutzrechtlichen Vorschriften des Bundes und des Landes zu beachten. Bei Windkraftanlagen handelt es sich um Anlagen im Sinne von § 3 Abs. 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG).“
Deswegen müssen die wechselseitigen Auswirkungen von solchen Anlagen auf Anwohner, auf die naturräumliche Situation, und auf alles andere, was im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu untersuchen ist, geprüft werden. Das gilt für das Repowering genauso wie für die Erstanlagen. Deshalb können wir da überhaupt keine Behinderung feststellen.
Auch die Lärmimmissionen sind im Erlass der Landesregierung ausführlich geregelt. Es steht ausdrücklich geschrieben:
„Im Rahmen der Prüfung, ob erhebliche Belästigungen durch Geräuschimmissionen zu befürchten sind, ist die … TA Lärm … zu berücksichtigen.“
Um das politisch zusammenzufassen: Wir in Nordrhein-Westfalen haben uns – sinnvollerweise – immer dort für das Repowering ausgesprochen, wo die Kommunen es in eigener Verantwortung wollen, wo es dem Schutz der Anwohner entspricht
bzw. wo es unter Beachtung des Schutzes der Anwohner möglich ist. Wir sehen im Repowering eine Möglichkeit, die Effizienz der Windenergie und den Anteil der regenerativen Energien insgesamt an der Stromerzeugung zu verbessern. Wir glauben auch, dass die Kommunen und die Entscheidungsträger vor Ort klug genug sind, die richtigen Rahmenbedingungen dafür zu setzen.
In dem Sinne haben wir seit unserem Regierungsantritt das sinnvolle Repowering schon immer unterstützt und nicht behindert. Auf diesem Weg fahren wir selbstverständlich fort.
Ich habe in der einen oder anderen Publikation gelesen, in unserer Politik zur Windenergie sei ein Paradigmenwechsel eingetreten. Das ist gemeinschaftlich überhaupt nicht der Fall. Es war deswegen kein Paradigmenwechsel nötig, weil diese Koalition von Anfang an politisch handwerklich sauber gearbeitet hat. Der Windenergieerlass ist richtig, er bleibt unverändert, und wir werden an ihm festhalten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Lienenkämper. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Dr. Papke für die Fraktion der FDP das Wort.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte heute knüpft an eine breite Diskussion in unserem Land Nordrhein-Westfalen an, die wir bis kurz nach der Landtagswahl über Jahre hinweg erlebt haben und die teilweise regelrecht Ausmaße einer Protestbewegung in Nordrhein-Westfalen angenommen hatte.
Ich darf daran erinnern, dass sich zum Schluss über 200 Bürgerinitiativen alleine in NordrheinWestfalen dagegen zur Wehr gesetzt haben, dass ihre Heimat durch immer höhere Windindustrieanlagen massiv beeinträchtigt und verschandelt wird, dass Anlagen mit einer Höhe von damals schon bis zu 140 m ohne Mindestabstände direkt an die Wohnbebauung herangesetzt werden konnten – mit wirklich schlimmen Auswirkungen für die betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Ich habe mir in vielen Häusern persönlich berichten lassen, was es bedeutet, wenn Leute nicht
Frau Kollegin Beer, Herr Kollege Priggen, es zeigt wieder einmal – ich muss das in dieser Klarheit sagen –, wie wenig Sie sich um die Menschen in diesem Land kümmern,
wenn Sie das, was ich hier darlege, juxend und feixend begleiten. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen ins Münsterland, an den Niederrhein und nach Ostwestfalen-Lippe zu fahren, wo Hunderte Bürgerinnen und Bürger diese Probleme immer noch haben; denn da sind Windindustrieanlagen, die noch aus der rot-grünen Ära resultieren.
Wir als FDP haben diese Sorgen aufgenommen, weil wir gesagt haben: Es kann nicht angehen, dass Menschen in ihrem persönlichen Lebensumfeld unmittelbar derart beeinträchtigt werden. Wir haben bei näherem Hinsehen und aufgrund harter Fakten zu der Einschätzung kommen müssen, dass die Nutzung von Windindustrieanlagen im Binnenland nach wie vor eher den Charakter einer großen ökologischen Mogelpackung hat, als dass diese Anlagen einen wirklich nennenswerten Beitrag zu einer sicheren Energieversorgung
oder gar zu einer CO2 -Minderungsstrategie leisten könnten. Ich empfehle sehr, dass wir uns auch in diesem Segment der energiepolitischen Debatte an den Fakten orientieren.
und schauen jenseits der Metaebene, auf der Sie in der Energiepolitik so gerne herumturnen, welche Potenziale die Windindustrie in NordrheinWestfalen liefert, auch mit Blick auf bestimmte technologische Weiterentwicklungen der letzten Jahre. Da stellen wir fest – ich zitiere aus der Energie- und Klimaschutzstrategie der Landesregierung, Anhang 10.4., Bruttostromerzeugung
2005 –, dass der Anteil der Windenergie an der gesamten erzeugten Bruttostrommenge von 180,6 TWh in Nordrhein-Westfalen nach den aktuellen Daten bei 3,07 TWh liegt. Nach Adam Riese heißt das, dass die 2.602 Windindustrieanlagen, die wir bis Ende letzten Jahres hatten, den „gewaltigen“ Beitrag von 1,7 % zu unserer Bruttostromerzeugung liefern.
Die Ursache dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine ganz simple: Der Wind fehlt! Wir sind doch alle für den Einsatz erneuerbarer Energien,
und wir würden uns doch alle wünschen, dass wir eine wirkliche Perspektive hätten, auch durch den Einsatz von Windkraftanlagen in NordrheinWestfalen einen nennenswerten Beitrag zu einer sicheren Energieversorgung und zu einer CO2 Minderungsstrategie zu leisten. Wenn wir aber feststellen müssen – das ist Bestandteil dieser Mogelpackung, die Sie, Herr Kollege Priggen, immer wieder auftischen –, dass Windindustrieanlagen selbst an den günstigsten Standorten in NordrheinWestfalen – so neu und so hoch sie auch immer sein mögen – höchstens 15 % ihres tatsächlichen Leistungspotenzials abrufen können – eben weil der Wind fehlt –, dann müssen wir eine solche Strategie, wie Sie sie damals unter Frau Höhn mit brachialer Gewalt durchgezogen haben und uns jetzt wieder auftischen wollen, hinterfragen. Der Wind fehlt, Herr Kollege Priggen! Das ist das Problem!
(Beifall von der FDP – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Lächerlich! – Thomas Eiskirch [SPD]: Nachts gibt es Schattenwurf!)
Zu dieser Mogelpackung gehört auch, dass den Bürgern mit immer höheren Nennleistungen suggeriert wird, welche gewaltigen Effizienzreserven des Landes harrten. Wir sind jetzt bei 3 MW. Das sind die theoretisch abrufbaren Leistungspotenziale. Das hat mit dem Strom, der dort erzeugt wird, überhaupt nichts zu tun.
Jetzt gehe ich noch weiter. 1,7 % beträgt also Beitrag der Windenergieanlagen zu unserer Stromerzeugung. Wir wissen, dass bei der Stromerzeugung etwa ein Drittel der CO2-Emissionen produziert wird. Das heißt, wir wären bei einem CO2Minderungseffekt von – ich runde großzügig auf – 0,6 %. Selbst der ist noch theoretischer Natur. Denn wenn, wie etwa über Pfingsten, die Windflaute im Binnenland so ausgeprägt ist oder der
Wind so stark ist, dass keine einzige Kilowattstunde Strom erzeugt werden kann, werden konventionelle Reservekraftwerke, die vorgehalten werden müssen, hochgefahren, damit die Stromversorgung nicht zusammenbricht und bei Ihnen zu Hause, Herr Kollege Priggen, nicht plötzlich das Licht ausgeht. Das ist die nüchterne Realität.
Wir würden uns wünschen, es gäbe eine sinnvolle Einsatzperspektive für Windindustrieanlagen in Nordrhein-Westfalen. Die gibt es auch mit Blick auf die aktuellsten und technisch neuesten Anlagen nicht. Nein. Das, was Sie jetzt wieder durchsetzen wollen, würde bedeuten, dass in Nordrhein-Westfalen noch höhere Anlagen installiert werden. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat vor zwei Jahren verhindert, dass dort 180 m hohe Anlagen installiert werden. Die höchsten Anlagen, die es derzeit bundesweit gibt, stehen in Brandenburg und sind 205 m hoch.