Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Antragsteller! Herr Eiskirch, ich habe Herrn Dr. Papke bisher nicht so verstanden, dass er gegen sinnvolles Repowering wäre. Sie müssen einmal in die Ausschussprotokolle hineinschauen.
Der Antrag in der vorliegenden Form ist natürlich sehr verwunderlich. Aber was soll es – das ist das Rollenspiel zwischen Regierung und Opposition. Inhaltlich haben Sie nämlich Ihre Positionen, wie schon erwähnt – Herr Lienenkämper hat das auch angedeutet –, aus dem Jahre 2006 wiederholt. Der Fehler ist auch noch darin: Der Anteil des Windstroms am Nettostromverbrauch liegt in Nordrhein-Westfalen nämlich bei 3,23 %. Das sind gut 60 % mehr, als Sie genannt haben. Das können Sie in der Drucksache nachschauen. Das möchte ich aber nicht weiter vertiefen.
Ich freue mich mit Ihnen darüber, dass der aus Windkraft erzeugte Strom seinen Platz im Energiemix gefunden hat. Ich spreche aber ganz deutlich von „Energiemix“. Unsere Haltung zu diesem Energieträger haben wir mit unseren Vorschlägen in den vergangenen Wochen dargelegt. Es wird Sie doch sicherlich positiv stimmen, dass sich unsere Positionen in gewisser Weise aufeinander zu bewegen. Auch vor zwei Jahren hatten wir – das lässt sich den besagten Protokollen entnehmen – eine große Übereinstimmung beim Ziel. Streitig war und ist der Weg dorthin, auf dem wir möglichst viele Mitbürgerinnen und Mitbürger, Betroffene jedweder Art mitnehmen wollen.
Der von Ihnen immer gerne angeführte Winderlass hat doch zum einen die richtige, wichtige und wohltuende Wirkung, dass sich die Menschen heute nicht mehr wehrlos einer zu nah an die Wohnbebauung heranreichenden Anlage ausgeliefert sehen. Dazu hat Herr Dr. Papke ausreichend berichtet. Die früher zulässigen Abstände haben doch gerade die Akzeptanz in der Bevölkerung, die wir ja alle wollen und die Sie ja oft beschworen haben, nicht gefördert, sondern das Gegenteil war der Fall. Selbst der geschätzte Kollege Reiner Priggen hat diese Fehlleistung in den Diskussionen vor zwei Jahren bedauert. Er hat das vorhin in seinem Beitrag wiederholt.
Um nun das von uns allen befürwortete Repowering zu beschleunigen, bedarf es nicht einer Korrektur des Erlasses. Dieser lässt die technische Erneuerung ausdrücklich zu. Mehrere Vorredner haben darauf hingewiesen – der Minister ebenfalls –, dass das nach der Erlasslage möglich ist. Ich will das nicht zitieren. Ich erkenne hier also keine Behinderung.
Auch unser Umweltminister hat mit der Vorlage 14/1055 vom 23. April 2007 deutlich klargestellt, dass dem Austausch veralteter Windräder bei Einhaltung des emissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens nichts entgegensteht.
Frau Thoben hat am 20. September darüber berichtet, dass wir 47 % der Konzentrationszonen ohne Höhenbegrenzung haben.
Wenn wir heute sagen, die Entscheidung liege bei den Kommunen, dann ist das doch nur äußerst sinnvoll. Wir brauchen die Akzeptanz in der Bevölkerung für die sicherlich auch höheren Anlagen. Akzeptanz schaffen wir mit Hilfe der Kommunen am ehesten. Es nutzt doch nichts, Herr Eiskirch, wenn wir uns hier hinstellen und sagen, das Land gibt vor. Das muss vor Ort nachvollziehbar sein. Wir müssen die Menschen mitnehmen.
Ein anderer Aspekt ist noch gar nicht berücksichtigt worden. Warum werden nicht mehr so viele Anlagen wie in der Vergangenheit gebaut? – Sie haben in Ihrem Antrag aufgeführt, dass geeignete Standorte fehlen. Bei diesem Punkt sind wir uns sicherlich einig. Der wichtigste Grund ist heute Morgen aber noch nicht genannt worden: die verschlechterten ökonomischen Bedingungen für die Anlagenbetreiber. Die zwei gravierendsten Verschlechterungen möchte ich Ihnen nennen.
Der Bundesfinanzminister hat die bis 2005 geltende Steuererleichterung – sprich: Verlustzuweisungen – gestrichen. Warum haben wir denn in vielen schlechten Windkraftgebieten – mit „schlecht“ meine ich Gebiete, in denen zu wenig Wind ist –, wo Mühlen stehen, Abschreibungsmodelle? Die haben doch dazu geführt, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht größer geworden ist, weil gut verdienende Bundesbürger auf dem flachen Land solche Mühlen errichtet haben, die natürlich nicht ökonomisch laufen konnten. Das gibt es nicht mehr. Die Verlustzuweisung liegt inzwischen bei 10 %.
Ebenfalls nicht erwähnt worden ist, dass die Anlagen inzwischen wegen der hohen Stahlpreise teurer geworden sind. Das rechnet sich doch gar nicht mehr. Daraus resultiert in erster Linie der Rückgang der Zahl der Anlagen.
Die wünschenswerte technische Erneuerung hin zu weniger, aber effizienteren Anlagen würde also nicht durch eine Veränderung des Erlasses befördert, sondern durch mögliche Maßnahmen des Finanzministers. Beispiel: Die Wiedereinführung
der degressiven AfA, die hat der Bundesfinanzminister zum 1. Januar 2008 gestrichen. Das ist ein wichtiger Punkt. Wenn wir fördern wollen, sollten wir über diesen Punkt nachdenken.
Dieser Antrag greift in der Form zu kurz. Er berücksichtigt nicht die ökonomische Wirklichkeit und wird daher die erforderliche und vor allem notwendige Effizienzsteigerung nicht hervorbringen.
Danke schön, Herr Kollege Fehring. – Meine Damen und Herren, es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Deshalb kommen wir zum Schluss der Beratung.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages der Fraktion der SPD Drucksache 14/6682 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie – federführend –, den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, den Ausschuss für Bauen und Verkehr sowie den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.
5 Nachteile für das Land NRW durch die Bahnprivatisierung verhindern – Beteiligung des Landes am weiteren Verfahren sicherstellen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man darüber nachdenkt, fragt man sich immer wieder: Wie gut könnte es dem Bahnverkehr gehen, wenn wir ein Bahnprivatisierungsmodell hätten, das sich vernünftig daran orientiert, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, statt sich den Interessen des
Meine Damen und Herren, die Entscheidung über die Bahnprivatisierung nach dem sogenannten Holding-Modell soll jetzt am 30. Mai im Bundestag alleine durch einen Entschließungsantrag von CDU und FDP gefällt werden, übrigens gegen den Widerstand der grünen Fraktion, die eine ordentliche Beratung will, übrigens auch gegen den Widerstand der FDP-Fraktion, die ebenfalls der Meinung ist, dass es einer ordentlichen Beratung im Bundesrat über das bedarf, was dort als Modell vorgestellt wird.
Was werden die Folgen dieser Bahnprivatisierung sein, so wie sie jetzt geplant ist? Diese zentrale Frage, meine Damen und Herren, sollte uns auch hier im Landtag beschäftigen. Denn die Menschen wollen wissen, ob es zukünftig mehr oder zukünftig weniger Bahnangebote im Lande gibt, und sie wollen auch wissen, ob es zukünftig deutlich teurer wird oder ob es zu halbwegs erträglichen Preisen Bahnangebote gibt.
Meine Damen und Herren, bundesweit wurden von 2000 bis 2008 23 Oberzentren vom Fernverkehr bei der Bahn abgekoppelt. In NRW werden die Städte Siegen, Leverkusen, Mönchengladbach und Krefeld vom Fernverkehr bei der Bahn nicht mehr bedient. Nach der aktuellen Studie des KCW-Institutes in Berlin wird prognostiziert, dass die Stadt Mülheim an der Ruhr und die Stadt Paderborn ebenfalls auf der Streichliste stehen.
Nachdem im Jahre 2000 und im Jahr 2001 erfolgten Interregio-Wegfall haben wir es hier erneut mit einem Wegfall zu tun, mit einem schleichenden Tod im Übrigen auch der IC-Linien. Diese ICLinien werden schon seit Jahren ausgedünnt, zum Beispiel bei der Mitte-Deutschland-Verbindung, zum Beispiel aber auch Münster, Bonn, Recklinghausen und Herne.
Meine Damen und Herren, unter dem Druck des privaten Kapitals und unter dem Druck der Renditeerwartung wird sich diese Entwicklung absehbar massiv beschleunigen und auch deswegen von den Gutachtern vorhergesagt. In NRW hat das konkret für folgende Strecken nach Ansicht des Gutachters Folgen.
Erstens: für die Intercity-Linie 35 von Luxemburg nach Norddeich mit den Haltepunkten unter anderem in Bonn, Köln, Düsseldorf, Duisburg, Ober
Zweitens: Streichung der IC-Linie 45 von Stuttgart bis Köln. Früher ging sie sogar bis ins Ruhrgebiet.
Drittens: Streichung der Pendlerfernzüge bei dem IC-Express 49 unter anderem mit dem Haltepunkt in Siegburg.
Viertens: Streichung der Intercity-Linie 51, der Mitte-Deutschland-Verbindung und dem Wegfall der Haltepunkte, auch hier Düsseldorf, Duisburg, Essen, Dortmund, Hamm, Soest, Lippstadt, Paderborn, Altenbeken und Warburg.
Fünftens – damit nicht genug –: Streichung der IC-Linie 55 von Dortmund nach Leipzig mit den Haltepunkten unter anderem in Hamm, Bielefeld und Minden.
Meine Damen und Herren, ich sage es hier ganz deutlich, weil man wissen müssen muss, dass diese Kürzungsorgie weitergeht, und weil man wissen muss, dass die Bahn darauf spekuliert, dass selbstverständlich in der Not, die dann bei den Ländern und bei den Fahrgästen entsteht, die Länder hinterher das wieder als Nahverkehr bestellen. Es ist klar, dass damit der Verteilungskampf um die jährlich zurückgehenden und erst in wenigen Jahren wieder leicht ansteigenden Regionalisierungsmittel weiter verschärft wird. Der Nahverkehr wird so von zwei Seiten in die Zange genommen.
Vor diesem Hintergrund – ich sage es noch einmal – müsste das Land ein deutliches Interesse haben. Man wundert sich, dass nach den Äußerungen in den letzten drei, vier Wochen seit der Verkehrsministerkonferenz am 19. April Schweigen herrscht – Schweigen bei einem Verkehrsminister, der ansonsten bei jeder Gelegenheit, wenn es kein Geld kostet und er nichts bei Herrn Linssen durchsetzen muss, mit großer Klappe vorne weg ist.
Meine Damen und Herren, die Erklärung ist einfach. Sie hat damit zu tun, dass keine zweite Baustelle bei der Rentendebatte eröffnet werden soll, dass keine zweite Front gegenüber der Bundesregierung und Kanzlerin Merkel eröffnet werden sollte. Wir als Land Nordrhein-Westfalen verabschieden uns also aus der Solidarität ein Stück weit, die andere Länder aufrechterhalten. Einen Antrag von Sachsen-Anhalt, einen Vorstoß von Hessen und Bayern, diesen Antrag im Bundesrat direkt entscheiden zu lassen und ihn nicht in einen Ausschuss zu verweisen mit der Folge, dass
Es ist kein Selbstzweck, dies zu unterstützen, meine Damen und Herren. Denn wir müssen einen detaillierten Zustandsbericht und Infrastrukturbericht des Netzes fordern, damit klar ist, wie der Status des Netzes in Nordrhein-Westfalen aussah, als mit der Privatisierung angefangen wurde. Wir brauchen eine klare Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, mit der dargelegt und festgeschrieben wird, welche Leistungen die Bahn erbringen muss.
Verkehrsminister Wittke hat in diesem Zusammenhang gesagt, dass er auf die Zusagen von Bundesverkehrsminister Tiefensee vertraue. Eben haben wir noch gehört, wie er auf Tiefensee bei einer Frage geschimpft hat, bei der man wenig schimpfen konnte. Hier vertraut er blind. Das macht er deswegen, weil er nicht mehr gegen die Bahnprivatisierung schimpfen darf.
Meine Damen und Herren, wir brauchen sodann eine Zusage, dass die Erlöse aus der Bahnprivatisierung ins Netz gehen und dass sie nicht, auch nicht zu einem Drittel, in den Bundeshaushalt gehen. Wer mehr Verkehr, auch in der Passage, bei den Menschen, die als Fahrgäste die Bahn jeden Tag erleben, auf die Schiene bringen will, der muss investieren, und zwar in die Infrastruktur, in die Bahnhöfe und in alles, was dazu gehört. Das gehört zu einer vernünftigen Bahnprivatisierung.