Protocol of the Session on April 16, 2008

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Lesen bildet!)

Es geht darum, dass die Medien ausschließlich von bundespolitischen Themen voll sind, dass die Plakatierung bundespolitisch ist und dass es erhebliche Probleme bereitet, dagegen kommunale Themen ins Feld zu führen. Eigentlich sollten Sie berücksichtigen, dass eine Kommunalwahl aus drei oder vier Wahlen besteht. Sie haben den Hauptverwaltungsbeamten,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist bei einer Europawahl nicht so?)

den Landrat, den Kreistag und die örtliche Vertretung zu wählen. Diese unterschiedlichen Themenstellungen gehen bei einer Bundestagswahl unter.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Und bei der Eu- ropawahl nicht? – Ralf Jäger [SPD]: Jetzt ei- ern Sie herum!)

Die zweite Möglichkeit besteht darin, die Wahlen im Abstand von 14 Tagen oder drei Wochen durchzuführen. Ich glaube, das möchte niemand, das möchte jeder verhindern.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das hatten doch Ihre Generalsekretäre vorgeschlagen!)

Darüber brauchen wir nicht weiter zu sprechen.

Wir sprechen daher über die dritte Möglichkeit, die es gibt, nämlich die Zusammenlegung von beiden Wahlterminen. Wenn ich mir Ihre Kritik, die Sie im Vorfeld geäußert haben, vor Augen führe, dann stelle ich fest, dass Sie meinen, sogar mit verfassungsrechtlichen Gründen, dass diese vorgezogenen Wahlen vor Ablauf der Wahlperiode höchst bedenklich sind. Hierzu muss ich Ihnen sagen: Prinzipiell finden Wahlen immer vor Ablauf einer Wahlperiode statt.

(Zuruf von der SPD: Zeitnah! – Weiterer Zu- ruf von Ralf Jäger [SPD])

Sie kommen doch gleich noch dran, Herr Jäger. Das hoffe ich zumindest.

(Ralf Jäger [SPD]: Garantiert!)

Es gibt in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt unterschiedliche Überlappungszeiten. In Deutschland – das haben wir hier vor kurzem diskutiert – gehen diese Überlappungszeiten bis zu vier Monaten. In Nordrhein-Westfalen wäre es im Jahre 2009 einmalig eine Zeit von vier Monaten, die noch durch ungefähr zwei Monate Sommerferien unterbrochen wird.

(Zuruf von der SPD: Wollen Sie diese ver- längern?)

Nein, aber Sie wissen doch am besten, dass Sommerferien sechseinhalb Wochen dauern und dass es ungefähr acht Wochen dauert, bis das Geschäft wieder läuft. Das ist einfach so. Von daher muss man abwägen, welche Vorteile bei welcher Regelung überwiegen.

Wir haben diese Regelungen abgewogen und sind zu dem Ergebnis gekommen,

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Mithilfe der FDP!)

dass die Vorteile einer Zusammenlegung von Europawahl und Kommunalwahl auch schon im Jahre 2009 die angeblichen Nachteile, die Sie aufzeigen, weit überwiegen. Ich sage ganz deutlich. Wir sehen nicht gewährleistet, dass die Bedeutung, die einer Kommunalwahl zukommt, bei einer Zu

sammenlegung mit der Bundestagswahl gegeben wäre. Deswegen empfinden wir die Zusammenlegung der Kommunalwahl mit der Europawahl 2009 aus kommunalen Interessen heraus als die bessere Möglichkeit.

Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Mit dem Gesetzentwurf, den wir eingebracht haben, geht es darum, zukünftig immer die Kommunalwahlen am Tag der Europawahl stattfinden zu lassen. Das sollten Sie bei allen Ihren Beiträgen stets berücksichtigen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Lux. – Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Engel.

(Horst Becker [GRÜNE]: Jetzt kommt der wahre Initiator! – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ihnen sieht man die Freude an! – Horst Be- cker [GRÜNE]: Geradezu diebische Freude!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich genauso wie der Kollege Lux, Ihnen heute den gemeinsamen Gesetzentwurf von FDP und CDU über die Zusammenlegung von Europa- und Kommunalwahlen vorstellen zu können.

Kernpunkt unseres Gesetzentwurfs ist die Durchführung der Europa- und Kommunalwahl an einem Tag, und zwar schon ab dem Jahr 2009. Bereits in der letzten Plenarwoche Mitte März haben wir uns über das Pro und Contra einer dauerhaften Wahlterminzusammenlegung von Europa- und Kommunalwahl ausgetauscht.

Die Argumente für die Einbringung dieses Gesetzentwurfs sind bekannt. Die Medien haben ausführlich berichtet. Daher möchte ich mich nur auf ganz wenige Einzelaspekte konzentrieren: Wir wahren das Demokratieprinzip. Wir wahren die Wahlrechtsgrundsätze. Wir wahren das Recht auf freie Wahlen, und wir wahren die Chancengleichheit von Kandidaten und Parteien.

Darüber hinaus gehen wir – das wurde schon sehr ausführlich dargestellt – davon aus, dass die Zusammenlegung von Europa- und Kommunalwahl dazu führen wird, dass sich die Wahlbeteiligung deutlich erhöht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD: Schauen Sie einfach einmal in die Zeitschrift für Parlamentsfragen hinein. Dort schrieb 2007 Michael Sitsen in einem Aufsatz zur Bündelung von Wahlterminen, dass – Zitat – bei einer gerin

geren Wahlbeteiligung – ich hatte eben dargelegt, dass wir durch die Zusammenlegung eine deutlich erhöhte Wahlbeteiligung erreichen – kleinere Parteien überproportional viele Stimmen erzielen. – Das ist doch Ihre andauernde Unterstellung.

Ja, das ist wohl wahr: Bei einer geringeren Wahlbeteiligung haben kleinere Parteien – weil sie über eine engagiertere Anhängerschaft verfügen – möglicherweise einen Vorteil. Also, Herr Jäger, wird sich dies bei einer erhöhten Wahlbeteiligung, die wir im Falle einer Zusammenlegung von Europa- und Kommunalwahl erwarten, für Sie als Vertreter einer Volkspartei eher günstig auswirken. Den Anhängern kleinerer Parteien rufe ich von dieser Stelle aus zu: Sie müssen sich deshalb ganz besonders engagieren!

Die andere Variante, nämlich ein gemeinsamer Wahltermin für Bundestags- und Kommunalwahl kommt alleine deshalb schon nicht in Betracht, weil dies nur einmalig, nämlich im Jahr 2009, möglich wäre. Der Bundestag wird bekanntlich alle vier Jahre gewählt, die kommunalen Parlamente alle fünf Jahre. Nachhaltig ließen sich mit dieser Variante keine Synergieeffekte erzielen. Anders verhält es sich bei einem gemeinsamen Wahltag für Europa- und Kommunalwahl. Dazu will ich mich nicht wiederholen. Sie ergänzen sich sogar, denn zu beiden Wahlen sind unsere EUBürger wahlberechtigt.

Darüber hinaus besteht – das hat der Kollege Lux eben und das haben wir im März schon dargestellt – nicht die Gefahr, dass es zu einer Themenüberlagerung für die vermeintlich wichtigere Wahl kommen wird, wie das bei einer Zusammenlegung von Bundestags- und Kommunalwahl der Fall wäre.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Übergangsphase ist notwendig. Dazu gibt es zwei Varianten: Entweder wird eine neue Wahlperiode verkürzt oder eine laufende Wahlperiode vorzeitig beendet. Wir haben uns für die erste Variante einer Verkürzung der kommenden Kommunalwahlperiode verständigt. Die laufende Kommunalwahlperiode endet planmäßig am 20. Oktober 2009. Für die gewählten Mandatsträger ändert sich also nichts.

Ebenso bleibt auch die Amtszeit der bis zum Inkrafttreten der neuen Gemeindeordnung – ich erinnere an das Datum 17. Oktober 2006 – nachgewählten Bürgermeister und Landräte unangetastet. Sie bleiben bis zum Jahr 2014 im Amt. Bürgermeister und Landräte, die nach dem 1. September 2008 neu zu wählen sind, sollen dann am gemeinsamen Wahltermin für Europa-

und Kommunalwahl gewählt werden können. Ausgenommen sind die Fälle, für die das Innenministerium bereits andere Festlegungen getroffen hat oder noch treffen wird. – Das als kurzer Hinweis auf die entsprechenden Übergangsregelungen.

Ab der nächsten Kommunalwahlperiode im Jahr 2014 wird die Kommunalwahlperiode am 1. Juli beginnen. Das ist in der Regel ein Zeitpunkt innerhalb der Sommerferien. Die Gremiumsmitglieder für die Landschaftsversammlungen, die Verbandsversammlung des RVR, die Regionalräte und die Mitglieder des Braunkohleausschusses, die von den Rats- bzw. Kreistagsmitgliedern gewählt werden, sollen deshalb innerhalb von zehn Wochen gewählt werden. Auch die Ausländerbeiräte sollen bis spätestens zehn Wochen nach Beginn der Wahlperiode des Rates gewählt werden. Für die Einberufung der Bezirksvertreter des Rates und des Kreistages haben wir einen einheitlichen Zeithorizont von drei Wochen vorgesehen und aufeinander abgestimmt.

Lassen Sie mich abschließend noch auf einen Aspekt eingehen, der für die Beratung des Gesetzentwurfs von Gewicht ist. Das haben wir im März bereits ausführlich erläutert, aber trotzdem ist es wirklich wichtig, das hier noch einmal zu benennen: Nordrhein-Westfalen vollzieht mit diesem Gesetzentwurf einen Schritt, den sieben andere Bundesländer längst getan haben. Ich nehme als Beispiel Mecklenburg-Vorpommern, das von der SPD mitregiert wird. Dort dauert der Übergangs- bzw. Überlappungszeitraum zur Durchführung der Kommunalwahl vier Monate. Bayern und BadenWürttemberg sehen sogar sechs Monate und Brandenburg gar acht Monate vor.

Zum Schluss: Der Landkreistag hat sich in seiner Präsidiumssitzung am 15. April 2008 – das war gestern –, an der ich teilgenommen habe, einstimmig für die Zusammenlegung von Europa- und Kommunalwahl ausgesprochen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Kollege Engel. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Körfges.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Rednern der antragstellenden Fraktionen ist es in beispielhafter Art und Weise gelungen, um ihre eigentlichen Motive herumzudribbeln.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Und das mit schlechter Ballführung!)

Da kann ich Ihnen einen gewissen Respekt nicht aberkennen, liebe Kollegen. Aber wenn man Ihre Glaubwürdigkeit wie in Kindermärchen an der Nasenlänge messen würde, dann müsste zumindest beim Kollegen Lux die Nase bei seinen Ausführungen um mehr als einen Meter gewachsen sein.

(Ralf Jäger [SPD]: Spitzname: Pinocchio!)

Meine Damen und Herren, das, was Sie hier vorhaben, ist – mit aller Vorsicht ausgedrückt – eine Zumutung.

Herr Kollege Engel hat hier seine Freude zum Ausdruck gebracht. Da kann ich nur sagen: Das ist diebische Freude über eine maßlose Trickserei im Umgang mit Wahlterminen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Kollege Engel, Sie haben auf Wahlgrundsätze und die formale Wahrung von Wahlgrundsätzen abgehoben. Ich kann Ihnen dazu nur eines sagen: Es wäre Ihnen zu empfehlen, in dieser Frage politischen Anstand zu wahren.

Hier wird allen Ernstes zur Begründung – sowohl schriftlich als auch mündlich – auf die sinkende Wahlbeteiligung und den Versuch, durch Ihre Operation die Wahlbeteiligung zu steigern, hingewiesen. Das glatte Gegenteil dessen, was Sie hier ausführen, haben Sie tatsächlich vor.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie scheuen das, was sich für das Jahr 2009 anbieten würde. Ausschließlich das Jahr 2009 haben Sie im Auge, Herr Kollege Lux; das ergibt sich aus der Vorgeschichte, die ich gleich noch einmal erwähnen werde. Das, was sich für 2009 anbietet und was wir im Übrigen schon gehabt haben, zum Beispiel 1994, nämlich die Zusammenlegung von Bundestags- und Kommunalwahlen, scheuen Sie – und zwar aus ganz egoistischen Gründen, die mit dem, was Sie hier ausgeführt haben, nun überhaupt nichts zu tun haben.