Protocol of the Session on March 13, 2008

„Die Enquete-Kommission empfiehlt den Ländern, Aufgaben und Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken in Bibliotheksgesetzen zu regeln. Öffentliche Bibliotheken sollen keine freiwillige Aufgabe sein, sondern eine Pflichtaufgabe werden.

Alternativ zu Bibliotheksgesetzen der Länder kann die rechtliche Sicherung von öffentlichen Bibliotheken auch durch einen länderübergreifenden Staatsvertrag angestrebt werden.“

Bibliotheken können einen sehr großen Beitrag zur kulturellen Integration leisten. Bibliotheken eröffnen Welten, vermitteln Werte und Lebensqualität. Sie stehen allen Generationen offen und fördern den Austausch. Sie sind Orte des Lesens, der Lesekultur, der Lese- und Sprachförderung und der Medienpädagogik. Und sie sind vieles mehr, wenn man sieht, dass sich Bibliotheken dem Wandel öffnen, indem sie zum Beispiel die Themen „Computer“, „Kassetten“, „CDs“, „Computerprogramme“, „Filme“ mit in ihre Arbeit integrieren.

Die Bibliotheken sind Lernorte, an denen man unter anderem die auch im Hause zu Recht geforderte Medienkompetenz – wir hatten das eben bei einem anderen Tagesordnungspunkt – erwerben kann, ohne die heute kaum noch ein Jugendlicher auskommt. Sie sind Kultur- und Stadtteilzentren mit öffentlichen Lesungen, kulturellen Diskussionsforen und Ausstellungen von Künstlerinnen und Künstlern.

Die Zeit ist gekommen, die Landesbibliotheken, die kommunalen Büchereien sowie die Büchereien in ehrenamtlicher Trägerschaft nicht mehr länger nur in Sonntagsreden zu loben, sondern sie nachhaltig durch ein Bibliotheksgesetz zu stärken. Es reicht schon, die Empfehlungen der Enquetekommission ernst zu nehmen und auf NordrheinWestfalen hin zu überprüfen.

Wir sind froh, dass auch die CDU/FDP-Koalition einen Antrag vorgelegt hat. Wir sind allerdings der Meinung, dass eine reine Analyse der jetzigen Situation der Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen nicht ausreichen wird und Sie sich auch zu dem bekennen müssen, was die Enquetekommission

für die Bundesrepublik vorgeschlagen hat, aber auch für die Länder.

Ich hoffe, dass wir eine sehr gute Diskussion im Kulturausschuss haben werden und zu parteiübergreifenden Initiativen kommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Nell-Paul. – Für die CDU spricht die Kollegin Brunert-Jetter.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich eingangs sagen: Ich freue mich, dass die SPD-Fraktion endlich erkennt, dass die Bibliotheken in unserem Lande ein wichtiges Element der kulturellen Bildung unserer Gesellschaft sind. Öffentliche Bibliotheken unterstützen lebenslanges Lernen und begleiten und spiegeln die Einführung von Neuerungen, insbesondere im Bereich des Informationswesens, in allen Gesellschaftsschichten.

Dies tun Bibliotheken allerdings nicht erst seit gestern. Deshalb bin ich schon etwas erstaunt, dass teilweise dieselben Gesichter und dieselben Namen in der SPD-Fraktion heute einen Antrag einbringen, der in Teilen inhaltlich mit diversen Anträgen der CDU-Fraktion aus der vergangenen Wahlperiode übereinstimmt. Nur damals wurden unsere Anträge fröhlich abgewunken.

Noch im Jahr 2004 haben wir uns hier im Plenum auf Antrag meiner Fraktion zum Beispiel mit dem Pflichtexemplarrecht oder mit den Förderstrukturen über die Bezirksregierungen beschäftigt. Immer wieder haben wir auf die mangelnde finanzielle Ausstattung der Bibliotheken hingewiesen. Der ehemalige SPD-Kollege Manfred Böcker kommentierte unsere Anträge einmal spöttisch, die CDU scheine wohl ein besonderes Herz für die Bibliotheken entdeckt zu haben. Es ist wohl keine Überraschung, wenn ich Ihnen jetzt noch sage, wie mit diesen CDU-Anträgen umgegangen wurde: allesamt mit der Mehrheit von Rot-Grün abgelehnt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will jetzt nicht den Kommentar des Herrn Böcker an die SPD-Fraktion zurückgeben, aber Tatsache ist, dass die Verantwortlichen in der vergangenen Wahlperiode die Bibliotheken in unserem Land in einen Tod auf Raten geschickt haben, indem Sie ihnen die Mittel Jahr für Jahr weiter gekürzt haben.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle, nicht nur als Abgeordnete, sondern auch als Präsidentin des Verbandes der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen einen besonderen Dank an die vielen Bibliothekarinnen und Bibliothekare zu richten, die ihren Dienst hauptamtlich und teilweise auch ehrenamtlich in den Bibliotheken unseres Landes hochkreativ versehen.

(Beifall von Angela Freimuth [FDP] und von Oliver Keymis [GRÜNE])

Deshalb war es auch für CDU und FDP das vorrangigste Ziel, schnell und umgehend die Bibliotheken wieder mit mehr Finanzmitteln auszustatten. Seit 2005 haben wir die Haushaltsansätze gegenüber den entsprechenden Haushaltsansätzen der Vorgängerregierung nahezu verdoppelt und damit einen Turnaround in der Finanzierung hinbekommen.

Wir wissen: Damit allein sind noch nicht alle Zukunftsfragen des Bibliothekswesens in NordrheinWestfalen beantwortet. Vor diesem Hintergrund wollen wir eine Bestandserhebung erstellen lassen, die eine Übersicht über die Bibliothekslandschaft in Nordrhein-Westfalen gibt und gleichzeitig die bisherige Förderpraxis reflektiert. Dazu gehört auch, die derzeitigen Infrastrukturen zu überprüfen, einschließlich der Frage nach finanzieller und personeller Ausstattung.

Beispielgebend ist hier sicherlich ein Bericht zum Stand des Bibliothekswesens im Regierungsbezirk Düsseldorf, der seit einigen Tagen vorliegt. Er zeigt auf, wie die Entwicklung von leistungsfähigen öffentlichen Bibliotheken und Bibliothekssystemen optimiert werden kann und dabei die guten und erprobten Ansätze weiter ausgebaut werden können.

Dies alles wollen wir in enger Abstimmung mit dem vbnw, dem Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen, erarbeiten und diskutieren, damit die Aktiven vor Ort auch mit in unser politisches Handeln eingebunden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Fraktion stimmt der Überweisung der vorliegenden Anträge an den Fachausschuss selbstverständlich zu, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dort gemeinsame Wege finden, unsere Bibliotheken zukunftsorientiert zu gestalten. – Danke fürs Zuhören.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Brunert-Jetter. – Für die Fraktion der FDP spricht nun die Kollegin Freimuth.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Bibliotheken leisten wertvolle Arbeit beim Archivieren und beim Bewahren des kulturellen Erbes. Das ist unbestreitbar. Bibliotheken sind darüber hinaus Orte des freien Zugangs zu Wissen, Lernen und Forschen.

Insbesondere die örtlichen Bibliotheken in den Städten und Gemeinden nahe bei den Bürgerinnen und Bürgern sind unersetzliche Bildungseinrichtungen. Sie bieten ein breit gefächertes Angebot auch für bildungsfernere Schichten. Die Bibliotheken sind gerade für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene und Migranten eine unverzichtbare Bildungsinstitution.

Des Weiteren bieten Bibliotheken oftmals den einzigen freien bzw. kostengünstigen Zugang zu verschiedenen Medien – „neuen“ und „alten“ Medien –, und gerade die Möglichkeit des Gebrauchs von digitalen Ressourcen wirkt der digitalen Spaltung unserer Gesellschaft, von der man oft in diesem Zusammenhang spricht, massiv entgegen.

Aufgrund der hohen Bedeutung, die wir Liberale gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, der CDU, den Bibliotheken beimessen, haben wir den finanziellen Aufwand für die Bibliotheksförderung in der Tat seit Übernahme der Regierungsverantwortung fast verdoppelt, nachdem es in der Vergangenheit so gewesen ist – das muss man an der Stelle einfach feststellen –, dass unter RotGrün eine systematische Kürzung der Bibliothekenförderung in diesem Land stattgefunden hat, die für viele Bibliotheken zu einer existenziellen Bedrohung geführt hat.

Meine Damen und Herren, es reicht aber dennoch nicht aus, einfach nur mehr Geld zu geben. Wenn wir uns mit dem Schlussbericht der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages intensiv auseinandersetzen – das werden wir in den nächsten Wochen Monaten auch im Hinblick auf die anderen Aspekte tun –, dann stellen wir fest, dass man sich dort mit dem Thema Bibliothekslandschaft in Deutschland und in den Bundesländern auseinandergesetzt hat und dass zahlreiche Handlungsempfehlungen für eine Situationsverbesserung ausgesprochen wurden.

Mit diesen Handlungsempfehlungen werden wir uns intensiv auseinandersetzen; das steht außer Frage. Aber, meine Damen und Herren, eine seriöse und ernst gemeinte Auseinandersetzung kann nur erfolgen, wenn wesentliche Eckdaten der nordrhein-westfälischen Bibliothekenlandschaft auch in Nordrhein-Westfalen bekannt sind. Hierzu

bedarf es also im Vorfeld einer Situationsanalyse bzw. einer Bestandsaufnahme der Bibliothekenlandschaft in Nordrhein-Westfalen.

Wir beraten heute in der Tat über zwei Anträge zu einem Thema. Insofern möchte ich an dieser Stelle auf den Antrag der Koalitionsfraktionen eingehen. Ziel unseres Antrages ist die Aufwertung der Bibliotheken. Wir wollen die Bibliotheken durch ein Bibliotheksförderprogramm – wir sagen bereits heute, dass wir dieses ausdrücklich befürworten – in die Lage versetzen, ein modernes und zukunftsorientiertes bibliothekarisches Dienstleistungsangebot vorzuhalten.

Wir wollen allerdings sehr gründlich vorgehen. Es nützt eben nichts – so ist es in der Vergangenheit oftmals geschehen –, dass man irgendein Progrämmchen aufstellt, obwohl man nicht über die fundierten Kenntnisse darüber verfügt, wie die Bibliothekenlandschaft aussieht. Meine Damen und Herren, deswegen haben wir gesagt: der Reihe nach, Analyse gründlich und dann auch Förderung richtig.

Der SPD-Antrag lässt erkennen, dass sich die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der SPD ebenfalls mit dem Enquetebericht auseinandersetzen. Das ist eigentlich normal, weil wir es alle gemeinsam im Kulturausschuss machen. Allerdings ist auch in den anderen Ausschüssen eine Auseinandersetzung mit der einen oder anderen Empfehlung ratsam. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meiner Meinung nach reicht es nicht aus, einfach die Empfehlungen der Enquetekommission unreflektiert in einem Antrag abzuarbeiten.

Lassen Sie mich die Frage aufgreifen, ob man die jetzt freiwillige kommunale Aufgabe Kultur in eine Pflichtaufgabe umwandelt. Das ist aus meiner Sicht viel zu kurz gegriffen, weil es an dem eigentlichen Problem, dass unsere Kommunen leere Kassen haben, leider nichts verändert. Die Kommunen haben Finanznot und müssen daher teilweise auch schon bei Pflichtaufgaben Prioritäten setzen.

Ich komme zum Schluss. Wir werden im Kulturausschuss die Frage der Bibliotheken gemeinsam verantwortlich gestalten und klären. Wir werden miteinander die Weichen für eine gute Zukunft des Bibliothekswesens in Nordrhein-Westfalen stellen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Frau Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Keymis.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich natürlich auch gefreut, als ich den Gesetzvorschlag der SPD gelesen habe. Als ich auch noch den Vorschlag der CDU und der FDP gelesen habe, habe ich mich noch einmal gefreut. Dann habe ich wirklich einen Moment überlegt: Jetzt müssten wir Grünen eigentlich auch noch etwas schreiben, damit dann alle etwas dazu gesagt haben.

Vor dem Hintergrund, dass wir in der Diskussion im Ausschuss möglicherweise noch übereinanderkommen, habe ich mir das aber gespart. Ich habe festgestellt, dass unsere Positionen nicht so weit voneinander entfernt sind. Das erkennt man daran, dass CDU und FDP in ihrem Antrag dafür eintreten, die Rahmenbedingungen eines Bibliotheksförderprogramms zu entwickeln. Aus einem Bibliotheksförderprogramm könnte man am Ende möglicherweise sogar ein Bibliotheksgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen machen. Es gibt noch andere Beispiele.

Frau Kollegin Nell-Paul hat zu Recht darauf hingewiesen, dass dies auch schon eine Empfehlung – und zwar eine der vielen dringlichen Empfehlungen – der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages an die Länder ist. Insofern ist es nur konsequent, das noch einmal zu fordern.

Weil alle ein bisschen in Erinnerungen geschwelgt haben, will ich das auch tun. Der arme Manfred Böcker hat von der Kollegen Brunert-Jetter eben so viel drübergekriegt. Von daher müssen wir uns noch einmal kurz überlegen, wie das damals war. Ich erinnere mich doch daran, dass wir in den damaligen Koalitionsfraktionen in dieser Zeit sehr intensiv die Frage eines Bibliotheksgesetzes diskutiert haben. Ehrlich gesagt, waren wir aber in zweierlei Hinsicht gehemmt.

Zum einen waren wir gehemmt, weil es eine desolate finanzielle Situation und vor allen Dingen auch eine desolate konjunkturelle Situation gab, in der wir von 2000 bis 2005 zu regieren hatten. Insofern haben wir diese Überlegungen immer wieder zurückgestellt.

Dann gab die entsprechenden Forderungen der Grünen an die SPD. Die SPD hat aber gesagt: Nein, das machen wir vorläufig nicht – aus verschiedenen Gründen, die zum Teil auch durchaus nachvollziehbar waren. Diese Diskussion ist immer wieder aufgekommen.

Die gerade geschilderten Hemmnisse sind auch der Grund, warum solche Anträge abgelehnt wurden, wenn sie von der anderen Seite sehr konkret gestellt wurden – zu Recht gestellt; denn die Bibliotheken und deren Bedeutung werden von allen

hier und natürlich auch von mir als das eingeschätzt, was sie sind: die kulturellen Treff- und Lernorte und die Lebensorte schlechthin, wenn es um Bücher und um moderne Medien geht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Insofern sind wir uns an diesem Punkt einig. Wir haben diese Anträge damals abgelehnt, weil wir wussten, dass wir das unter den finanziellen Voraussetzungen, unter denen wir damals regiert haben, politisch nicht umsetzen konnten.

Die Basis ist heute ein bisschen anders. Erstens ist die Konjunktur Gott sei Dank auf unser aller Seite. Zweitens kann man über diese Fragen jetzt besser diskutieren, weil die neue Landesregierung sich im Gegensatz zur alten Landesregierung vorgenommen hat, über fünf Jahre den Kulturförderhaushalt zu verdoppeln.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Ich freue mich immer, wenn sich die Kollegen mitfreuen, die das beschlossen haben. Wir sind auch froh darüber. Das haben wir schon verschiedentlich im Ausschuss und auch an dieser Stelle gesagt. Das ist für die Kultur im Land gut.

Nach meiner Meinung sollte man also diese beiden Anträge übereinanderschieben, womöglich erst die Analyse der Situation betreiben und dann am Ende auf der Basis eines entwickelten Bibliotheksförderprogramms ein Bibliotheksgesetz NRW organisieren und gemeinsam beschließen.