Protocol of the Session on March 13, 2008

Nach meiner Meinung sollte man also diese beiden Anträge übereinanderschieben, womöglich erst die Analyse der Situation betreiben und dann am Ende auf der Basis eines entwickelten Bibliotheksförderprogramms ein Bibliotheksgesetz NRW organisieren und gemeinsam beschließen.

Es wäre ein tolles Signal, wenn wir das sogar mit vier Fraktionen aus dem Landtag heraus hinbekämen. Da die Situation in der Kultur insgesamt immer sehr kooperativ ist, mache ich mir Hoffnung, dass uns dies gelingt. – Damit bin ich am Ende meiner Rede. Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Keymis. – Herr Minister Laschet spricht nun für die Landesregierung.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass gleich drei Fraktionen zeitgleich Anträge zur Bibliothekspolitik stellen, ist so vermutlich auch noch nicht vorgekommen.

Symptome für ein gemeinsames Interesse an der Bibliothekspolitik, die ich heute für den zurzeit beim Arzt befindlichen Kollegen Krautscheid vertreten darf, gibt es auch an anderer Stelle.

Die Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages hat sich dezidiert mit der Situation der Bibliotheken befasst.

Der Bundespräsident hat im vergangenen Jahr zur Wiedereröffnung der Anna-Amalia Bibliothek in Weimar eine bemerkenswerte Rede zum Bibliothekswesen in Deutschland gehalten.

Als der Bundespräsident Ende Februar dieses Jahres das Sauerland besucht hat, wollte er partout nach Brilon, um sich von der viel gelobten dortigen Stadtbibliothek einen eigenen Eindruck zu verschaffen.

Herr Minister, es gibt eine Zwischenfrage von Frau Nell-Paul. Wollen Sie sie zulassen?

Bitte.

Bitte, Frau Nell-Paul.

Wo ist Brilon?

(Heiterkeit von der CDU)

Herr Minister, vielen Dank dafür, dass ich Sie unterbrechen darf. – Ich war etwas irritiert. Ist uns entgangen, dass Herr Minister Krautscheid jetzt Kulturminister ist? Haben Sie eine Neuorganisation der Landesregierung vorgenommen, die die Oppositionsfraktionen noch nicht kennen?

Kollege Krautscheid spricht – wie auch sein Vorgänger Kollege Breuer – hier im Plenum, wenn Dinge berührt sind, die die Staatskanzlei und den Ministerpräsidenten betreffen. Insofern darf ich ihn in dieser Funktion vertreten, denke ich.

(Minister Armin Laschet dreht sich zu den Mitarbeitern der Landesregierung um.)

Stimmt das? – Ja, es stimmt.

Ist das damit geklärt? – Gut.

(Beifall von der SPD)

Der Beifall war bei Ihnen gerade etwas schwach ausgeprägt. Geklärt ist diese Frage aber.

Gerade von den öffentlichen Bibliotheken wird viel erwartet. Sie sollen die schulische Bildung unterstützen. Sie sollen – das ist ein sicherlich noch

unterentwickeltes Thema – Angebote zur Sprachförderung für die ganz Kleinen und ebenso für Zuwanderer machen. Sie sollen den Zugang zu Informationen gewährleisten. Ein Treffpunkt mit attraktiven und niederschwelligen Kulturangeboten sollen sie natürlich auch sein.

Gleichzeitig sind gerade die öffentlichen Bibliotheken seit Jahren von den Sparzwängen der Kommunen besonders betroffen. Dass sie trotzdem leistungsfähig bleiben – und der Besuch in Brilon hat das sicher noch einmal unterstrichen –, beweist, wie sie mit ihren Leistungen wahrgenommen werden und welches große Engagement und welchen Idealismus viele Bibliotheksbeschäftigte dort einbringen. Das ist nicht immer alles in den normalen Dienstzeiten des öffentlichen Dienstes zu leisten. Bibliotheksangestellte identifizieren sich in besonderem Maße mit ihrer Arbeit. Dafür spreche ich ihnen an dieser Stelle auch einmal unseren ausdrücklichen Dank und unsere Anerkennung aus.

Die Landesregierung schätzt die Arbeit der öffentlichen Bibliotheken sehr. Wir sind froh, dass die Fördermittel für die kommunalen Bibliotheken zu einem erheblichen Anteil wieder aufgestockt werden konnten. In der letzten Legislaturperiode waren sie bis auf beschämende 500.000 € im Jahr 2005 heruntergefahren worden. Erfreulicherweise sind es im Jahr 2008 1,92 Millionen €. Damit können nun endlich wieder Projekte finanziert werden, die die Kommunen nicht aus eigener Kraft schultern können.

Auch bei der Finanzierung der Landesbibliotheksaufgaben, die den Landtag schon seit vielen Jahren immer wieder beschäftigt, sind wir endlich einen Schritt weitergekommen. Insofern ist der Verweis auf das Pflichtexemplargesetz im SPDAntrag unserer Meinung nach etwas scheinheilig. Nicht das Hochschulfreiheitsgesetz ist für die Schwierigkeiten der Landesbibliothek verantwortlich, sondern deren jahrelange Unterfinanzierung durch die frühere Landesregierung. Kollege Keymis hat versucht, einige Gründe dafür zu nennen. Aber den Fakt der Unterfinanzierung kann niemand bestreiten.

Umso erfreulicher ist es, dass die Mittel für die Landesbibliotheken in diesem Jahr auch dank der Initiative der Koalitionsfraktionen deutlich erhöht worden sind. Wir arbeiten daran, dauerhaft zu einer befriedigenden Lösung zu kommen.

Dennoch ist es gut, dass innerhalb des ganzen Hauses eine gewisse Sensibilität für dieses Thema erwacht zu sein scheint, auch bei der SPDFraktion. Solche späte Einsicht nimmt die Landes

regierung durchaus zur Kenntnis. Ob allerdings ein Bibliotheksgesetz geeignet ist, die Lage der öffentlichen Bibliotheken deutlich zu verbessern, bezweifeln wir zum jetzigen Zeitpunkt sehr – zumal offensichtlich niemand genau sagen kann, was in einem solchen Gesetz denn geregelt werden soll.

In jedem Fall halte ich die von den Fraktionen von CDU und FDP geforderte Bestandserhebung für den richtigen Einstieg in das Thema. Dabei müssen wir sicher auch die vielen ehrenamtlich geführten Büchereien einbeziehen, die vor allem in den ländlichen Regionen oft die einzigen Bibliotheken sind. Erst wenn wir die aktuelle Situation seriös beurteilen können, lässt sich entscheiden, ob ein Gesetz überhaupt hilfreich ist oder ob vielleicht ganz andere Maßnahmen erforderlich sind.

In jedem Fall freut es mich, meine Damen und Herren, dass die öffentlichen Bibliotheken ebenso wie die Landesbibliotheken in diesem Haus so große Beachtung finden. Ich hoffe, dass die Beratungen über die beiden Anträge dazu beitragen, die Situation der Bibliotheken und ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister Laschet. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zum Ende der Debatte.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung beider Anträge in den Drucksachen 14/6316 und 14/6319 an den Kulturausschuss – federführend –, den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Empfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist er dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

6 Alle Kinder essen mit – auch im Kindergarten

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6334

Ich eröffne die Beratung und gebe Frau Asch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Warnzeichen aus der Wissenschaft sind deutlich und eindringlich: Immer mehr Kinder in unserem Land wachsen in armen Verhältnissen auf. Darum wachsen auch immer mehr Kinder ungesund auf, denn es gilt: Wer arm ist, bei dem ist das Risiko, ungesund zu leben, viel größer.

Im letzten Jahr hat das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund centgenau nachgerechnet, dass die Regelsätze des Arbeitslosengeldes II nicht ausreichen, um Kinder ausreichend und gesund zu ernähren. Je älter sie werden, desto mehr klafft die Schere zwischen dem, was notwendig wäre, und dem, was real über die Regelsätze bezahlt werden kann, auseinander.

Es ist und bleibt ein Skandal, den die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen zur Seite schieben. Sie verschleppen Ansätze, um dieses Problem zu lösen. Sie leugnen sogar, dass es das Problem überhaupt gibt. Ich finde es beschämend, meine Damen und Herren, dass diese Gesellschaft den Kindern nicht das Brot zum Leben gibt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat im letzten Jahr ein gesundes Schulessen gefordert. Die Landesregierung hatte sich durch unseren Vorstoß auch tatsächlich zum Handeln gezwungen gesehen. Der Fonds „Kein Kind ohne Mahlzeit“ wurde eingerichtet, aber wir wissen alle, dass dieser Fonds keine nachhaltige und überzeugende Lösung bietet.

(Beifall von den GRÜNEN)

Er bildet keine verlässliche gesetzliche Basis und ist zudem – auch das wissen wir – völlig unzureichend ausgestattet. Aber immerhin war es ein erster Schritt.

Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass diese Situation, dass Kinder kein warmes Mittagessen bekommen, natürlich auch für die Kleinkinder gilt, dass Eltern ihre Kinder von der Kindertageseinrichtung, vom Ganztag abmelden, weil sie zwar von den Elternbeiträgen, aber nicht vom Essensbeitrag befreit sind und die Kosten der Verpflegung schlicht nicht aufbringen können.

Im Kern sind wir uns über alle Fraktionen hinweg einig: Der Besuch der Kindertagesstätte ist von essenzieller Bedeutung für die frühe Förderung von Kindern. Hier wird die Grundlage für den späteren Bildungsweg gelegt. Die BertelsmannStudie, die wir ganz frisch auf dem Tisch haben, macht noch einmal sehr klar und sehr deutlich:

Kinder, die von früh auf einen Krippenplatz in der Kindertagesstätte haben, haben später in der Schule bessere Noten und einen besseren Bildungserfolg. Dieser Zusammenhang ist immer wieder nachgewiesen worden.

Dazu gehören natürlich auch die Ernährungserziehung und das gemeinsame Essen im Kindergarten. Das ist ein sozialer Prozess, damit Kinder gesund essen und fürs Leben lernen, wie sie sich gesund ernähren können. Diesen Zusammenhang hat die Anhörung zum Schulessen noch einmal eindrücklich gezeigt. Die Experten waren sich einig: Gerade bei den Kleinsten wird mit der Ernährung das Fundament für die spätere Gesundheit gelegt.