Als dritten Punkt sprechen Sie in Ihrem Änderungsantrag die Frage der wirtschaftlichen Betätigung an. Ich habe den Eindruck, dass die wirtschaftliche Betätigung unter Kreativwirtschaftsaspekten keine so erhebliche Rolle spielt und auch nicht spielen sollte. Die Produkte, Verkäufe oder Auftritte der Professorinnen und Professoren an den Kunsthochschulen sind ohnehin anders geregelt, und die Studierenden sollten nicht in einen solchen ökonomistischen Bezirk kommen.
Das heißt allerdings nicht, dass die Studierenden während des Studiums nicht sehr viel stärker mit ihren künftigen Berufsfeldern in Kontakt kommen sollten. Dies – das besagt auch § 50 des Gesetzes – sollte sehr intensiv passieren. Hier liegen einige Dinge, die an unseren Kunsthochschulen auch künftig zu verändern sein werden. Ein Großteil der Absolventen unserer Kunst- und Musikhochschulen arbeitet nämlich nachher in pädagogischen Berufen. Die pädagogischen Themen – in Form einer pädagogischen Qualifikation von der Aufnahmeprüfung über das Studium bis hin zum Examen – bedürfen daher einer besonderen Wahrnehmung an den Kunsthochschulen. Das schränkt die Entwicklung zu freien Künstlerpersönlichkeiten und den Vorrang einer wirklich hochrangigen Kunst überhaupt nicht ein. Ich glaube, dass diese Fragen in den Kunsthochschulen ganz, ganz wichtig werden.
Lassen Sie mich noch eines sagen, meine Damen und Herren: Der hier vorliegende Gesetzentwurf entspricht dem, was bereits im Jahr 2004 von der
CDU-Fraktion – nicht von mir persönlich; ich war damals noch nicht hier im Parlament – beantragt worden ist. Damals haben meine Vorgänger den Antrag gestellt, ein eigenständiges Kunsthochschulgesetz zu schaffen, mit dem man diese Hochschulen nicht in das übrige Hochschulsystem integriert und das Klassenprinzip und anderes beibehält.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu einem Gesetzentwurf, der in der Fachwelt eine geradezu außerordentliche Zustimmung gefunden hat.
Lassen Sie mich mit einem Zitat aus der Anhörung schließen. Gernot Wojnarowicz, der Intendant der Philharmonie Südwestfalen, hat dort gesagt:
„Nach der Lektüre dieses Gesetzentwurfs kann ich nicht erkennen, worin ein Nachteil bestehen könnte – ganz im Gegenteil: Ich glaube, dass starke und gute Kunsthochschulen auch uns, die später mit ihren Absolventinnen und Absolventen zusammenarbeiten, außerordentlich nützen.“
Aus der Praxis war das ein hohes Lob für einen Gesetzentwurf, den ich der Zustimmung empfehle. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon bei der ersten Lesung deutlich gemacht, dass die SPD-Fraktion eine neue und eigene gesetzliche Grundlage für die nordrhein-westfälischen Kunst- und Musikhochschulen begrüßt und unterstützt. Dass es hier eine besondere Ausrichtung der Lehre und der wissenschaftlichen Arbeit gibt, ist selbstverständlich. Nicht zuletzt – das darf man nicht vergessen – machen aber auch die Auswirkungen des Hochschulfreiheitsgesetzes diese Lösung zwingend erforderlich. Wir brauchen diesen eigenen Rahmen, damit die Kunst- und Musikhochschulen überhaupt eine nachhaltige Chance haben, ihre erfolgreiche und international anerkannte Arbeit fortzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Expertenanhörung hat – da darf ich Herrn Kollegen Sternberg durchaus bestätigen – große Übereinstimmung in vielen inhaltlichen Themen gezeigt. Sie hat aber auch berechtigte Anliegen der Beteiligten verdeut
licht und verschiedene Erfordernisse für Verbesserungen aufgezeigt. Diese Erfordernisse haben Ausdruck in den Änderungsanträgen von CDU und FDP sowie meiner Fraktion gefunden.
Wir bedauern außerordentlich, dass es trotz sehr großer Schnittmengen nicht möglich war, eine gemeinsame Linie zu finden. Während fast alle inhaltlichen Vorschläge der Regierungskoalition im Ausschuss eine konstruktive Diskussion erfuhren und letztendlich auch die Unterstützung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erhielten, kündigte zumindest die CDU kategorisch an, unseren Änderungsantrag abzulehnen. Schade, dass es wieder einmal keine Bereitschaft zur ernsten fachlichen Diskussion gegeben hat
und dass bis heute ein ernsthafter Wille fehlt, in dieser Angelegenheit einen parlamentarischen Konsens zu erreichen.
Gestatten Sie mir deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch mal deutlich darauf hinzuweisen, dass Sie hier und jetzt abschließend die Möglichkeit haben, an weiteren Verbesserungen des Gesetzentwurfes mitzuwirken, indem Sie unseren Änderungsantrag unterstützen.
Die SPD-Fraktion wird sich trotz der von der Regierungskoalition aufrechterhaltenen Rituale nicht verweigern. Wir werden den Teilen des Gesetzes, die inhaltlich voll unsere Unterstützung finden, zustimmen. Wir möchten durch unser weiteres Abstimmungsverhalten aber auch deutlich machen, wo wir der Meinung sind, dass es weiteren Handlungs- und Verbesserungsbedarf gibt. Insofern beantragen wir, die Artikel dieses Gesetzes einzeln abzustimmen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kunst- und Musikhochschulen in Nordrhein-Westfalen bekommen eine eigene Rechtsgrundlage. Sie bekommen ein eigenes Gesetz, weil sie sich in ihrem Charakter von anderen Universitäten und Fachhochschulen unterscheiden.
Kunst ist eine akademische Disziplin, Musik ist eine akademische Disziplin. Aber sie sind doch eben so spezifisch anders – auch in ihrer Organisation –, dass wir für sie eine eigene Rechtsgrund
Lange hat es gedauert, bis Kunst- und Musikhochschulen ein eigenes Gesetz bekommen. Jetzt ist es so weit! Dieses Gesetz hat eine sehr positive Resonanz in der Fachöffentlichkeit gefunden, weil es den Belangen dieses speziellen Feldes gerecht wird, weil es Bürokratie abbaut und neue Chancen für die Binnenorganisation der Einrichtungen eröffnet. Es ist ein gutes Gesetz, dem – dazu haben wir schon in der ersten Lesung eingeladen – auch die Oppositionsfraktionen zustimmen könnten.
Nun haben Sie für die Zustimmung durch Ihren Änderungsantrag noch Bedingungen formuliert. Wir haben diese Änderungsvorschläge als Koalitionsfraktionen im Gespräch mit der Landesregierung in der Sache geprüft. Bei uns gab es durchaus den Willen, Ihnen, wenn möglich, entgegenzukommen. Aber: Das, was Sie vorgeschlagen haben, ist für uns in der Sache nicht zustimmungsfähig. Ich will das begründen.
Zum einen wollen Sie die Hochschulentwicklungsplanung gern aufwerten, verbinden zudem mit einer Beratung im Senat. Wir dagegen sind der Auffassung, dass Kunst nicht planbar ist. Wir sind der Meinung, dass die Berichtspflichten, dass die Entwicklungsplanung der Universitäten und Fachhochschulen einen ganz anderen Charakter haben als die Selbstvergewisserung der Kunst als offener Prozess. Deshalb wollen wir dieses Instrument nicht aufwerten, wie Sie es vorgeschlagen haben.
Zum Zweiten wollten Sie die wirtschaftliche Betätigung der Kunst- und Musikhochschulen anders regeln. Sie wollten sie so regeln wie im Landeshochschulgesetz, sprich: im Hochschulfreiheitsgesetz. Zwar begrüßen wir, dass Sie endlich die neuen Freiheiten, die dieses Gesetz für die Hochschulen gebracht hat, anerkennen und sie auch den Kunst- und Musikhochschulen übertragen wollen. Aber Sie schießen leider über das Ziel hinaus, weil das juristisch nicht möglich ist. Denn anders als die Universitäten und Fachhochschulen sind die Kunst- und Musikhochschulen eben immer noch im Landeshaushalt; sie sind keine verselbstständigten Körperschaften des öffentlichen Rechts. Aufgrund dieses anderen rechtlichen Status können wir ihnen die Freiheiten der Universitäten und Fachhochschulen nicht übertragen. Das ist technisch nicht möglich.
Zum Dritten wollen Sie gern bestimmte Fragen der Weiterbildung im Gesetz geregelt wissen. Das ist ein Misstrauensantrag gegen die Arbeit der
Kunst- und Musikhochschulen. Wir glauben nicht, dass es erforderlich ist, ein solches Programmziel oder vielleicht sogar noch einen materiellen Bestandteil des Gesetzes, den Bereich der Weiterbildung, aufzuwerten; das machen die Kunst- und Musikhochschulen in eigener Verantwortung schon ganz gut. Das ist entbehrlich. Das haben wir an anderer Stelle nicht geregelt. Wir wollen Ihnen auch in dem Punkt nicht folgen.
Sie müssen nun bewerten, ob diese drei Änderungsvorschläge, denen wir nicht folgen können, für Sie tatsächlich so gewichtig sind, dass Sie diesem guten Gesetz in der Sache insgesamt nicht zustimmen können. Ich würde es sehr bedauern. Ich halte diese drei Änderungsvorschläge, von denen insbesondere einer aus rechtstechnischen Gründen nicht einmal umsetzbar ist, für nicht so gewichtig, dass Sie deswegen diesem guten Gesetz, das von der Fachwelt sehr begrüßt wird, Ihre Zustimmung verweigern. Deswegen will ich Sie noch mal sehr herzlich einladen, Ihre Haltung zur überdenken. Es wäre im Sinne der Sache ein gutes Signal, wenn dieser Landtag geschlossen die Neuregelung des Kunst- und Musikhochschulrechts unterstützen könnte.
Danke schön, Herr Lindner. – Frau Dr. Seidl von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir freuen uns, dass die Kunsthochschulen heute mit so viel fraktionsübergreifender Unterstützung – so habe ich auch die SPD-Fraktion verstanden – ein eigenes Gesetz bekommen.
Es geht um das Kunsthochschulgesetz in seiner Grundstruktur, also um ein Gesetz, das in angenehmer Weise von der Privat-vor-Staat-Ideologie dieser Landesregierung abweicht. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir ausdrücklich, dass die Kunsthochschulen von einer Vereinnahmung durch das sogenannte Hochschulfreiheitsgesetz verschont geblieben sind.
Man muss hinzufügen: Das geschah auf ausdrücklichen Wunsch der Rektoren und Kanzler dieser Hochschulen – allen voran übrigens Herrn
Prof. Lüpertz von der Kunstakademie, der die Freiheit der Kunst bekanntermaßen wie ein Löwe verteidigt. Das sogenannte Hochschulfreiheitsgesetz aber lehnt er kategorisch ab, übrigens genauso wie die – wenn ich das erwähnen darf – von Schwarz-Gelb eingeführten Studiengebühren. Ein Zitat hierzu will ich Ihnen nicht ersparen. Er sagt im aktuellen Magazin der Kunstsammlung NRW:
„Wir haben als großen demokratischen Erfolg gefeiert, dass das Studium frei ist. Unter dieser Prämisse bin ich Professor und dann Rektor geworden. Ich akzeptiere nicht, dass der Staat, wenn er Engpässe hat, das beliebig auf die Studenten umlegt.“
Ich finde, das klingt sehr selbstbewusst. Deshalb sage ich noch einmal: Es ist schade, dass die Erkenntnis von Minister Pinkwart, die Kunst- und Musikhochschulen in staatlicher Verantwortung zu belassen, für die Universitäten und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen so spät kommt. Denn hier hätte man dasselbe machen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Nordrhein-Westfalen hat eine ausdifferenzierte und international renommierte Kunsthochschullandschaft. Deshalb ist es nur richtig, wenn die Kunsthochschulen ein eigenes auf die spezifischen Belange von Kunst und Kultur zugeschnittenes Gesetz erhalten. Kunst und Kunstausübung und damit auch die künstlerische Lehre unterscheiden sich in der Tat ganz wesentlich von wissenschaftlicher Forschung und Lehre.
Aber eines darf dabei nicht vergessen werden: Mit Blick auf die von der Landesregierung so viel beschworene Kreativwirtschaft und auch mit Blick auf die Berufsperspektiven von Studierenden müssen sich die Kunsthochschulen neuen Entwicklungen öffnen. So sind zum Beispiel die Berufsbilder für angehende Musikpädagogen vielfältiger geworden. Hinzu kommt, dass immer mehr Kinder und Jugendliche ohne musikalische oder künstlerische Grundausbildung aufwachsen.
Die Hochschulen sind also gefordert, ihre Studienstrukturen und -inhalte auch daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie auf bildungs-, gesellschafts- und arbeitsmarktpolitische Bedürfnisse neue Antworten geben können. Wenn wir uns unseren eigenen musikalischen Nachwuchs in Nordrhein-Westfalen nicht abschneiden wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir zum Bei
spiel eine musikpädagogische Offensive an unseren Schulen. Wenn wir möglichst vielen Kunst- und Musikhochschulstudierenden eine realistische Berufschance einräumen wollen, dann brauchen wir auch die Verzahnung von künstlerischen und berufsbezogenen Komponenten zumindest in einer Reihe von Studiengängen.
Die Berufsbefähigung ist, glaube ich, kein Teufelswerk, liebe Kolleginnen und Kollegen, und muss die künstlerische Freiheit keineswegs einengen. Im Gegenteil werden sich auf diese Weise möglicherweise neue Berufsfelder entwickeln, die sowohl das gesellschaftliche als auch das kreative Klima auf unserem Arbeitsmarkt bereichern können. Ich bin mir sicher: Die bereits eingeführte Bachelor- und Masterstruktur eignet sich hervorragend für eine entsprechende Studienreform.
Vor diesem Hintergrund stimmen wir dem vorliegenden Kunsthochschulgesetz im engeren Sinne zu und unterstützen den Vorschlag der SPDFraktion, über das Gesetz artikelscharf abzustimmen. Einigen der zusätzlichen Artikel des Gesetzentwurfes, die nichts mit dem Kunsthochschulgesetz selbst zu tun haben, können wir allerdings nicht zustimmen. Daher werden wir uns bei der Schlussabstimmung enthalten. – Herzlichen Dank.