Protocol of the Session on March 12, 2008

Darum ging es Ihnen: Sie wollen keinen Termin gleichzeitig mit dem der Bundestagswahl. Es ging Ihnen nicht um die Europawahl. Das Argument ist absolut vorgeschoben, jetzt über eine Wahlbeteiligung bei der Europawahl zu reden. Ginge es Ihnen darum, würden Sie den Weg beschreiten, den ich und andere auch Ihnen beschrieben haben. Sie würden einen verfassungsrechtlich sauberen Weg gehen, um das im Jahr 2014 machen.

Sämtliche Bundesländer, die Sie aufgezählt haben, sind nicht den Weg gegangen, eine Wahlperiode unsauber zu verkürzen und viereinhalb Monate vorher zu wählen und solche Interregnen zuzulassen, wie Sie sie hier zulassen wollen. So etwas hat es in keinem der von Ihnen genannten Bundesländer gegeben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, wegen der Kürze der Zeit: Es ist absolut absurd, dass Sie hier sagen, es sei ein an den Haaren herbeigezogenes Argument, dass in den viereinhalb Monaten etwas passieren könne. Ich will das nur anhand eines einzigen Beispiels kontern: Denjenigen, die – wie in Düsseldorf oder anderen Städten des Landes – beispielsweise blitzschnell mit Ratsbeschlüssen so reagiert haben, dass Bürgerbegehren ausgehebelt worden sind, kann man mit Fug und Recht auch zutrauen, dass sie in viereinhalb Monaten, in denen sie eigentlich nicht mehr im Amt sein dürften, es aber noch sind, noch das tun, wofür sie von der Bevölkerung nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden können.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wenn Ihnen dafür die Phantasie fehlt, uns fehlt sie nicht! Ich behaupte: Das wird passieren, und

wir werden uns wegen Ihres Vorgehens nächstes Jahr leider in der Praxis an diesen Beispielen wieder abarbeiten müssen. Das sind Sie, die Sie das aus parteitaktischen Gründen zugunsten der FDP machen, schuld.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Herr Minister Dr. Wolf, Sie haben noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Blick auf die Bemerkung des fraktionslosen Abgeordneten Sagel lege ich Wert auf die Feststellung, dass ich niemals an seiner Seite sitze.

(Beifall von FDP und CDU)

Darüber hinaus ist es mir wichtig, deutlich zu machen, dass die Koalitionsfraktionen erklärt haben, dass es sich um eine Abwägungsentscheidung handelt. Es bestanden zwei Möglichkeiten. An der Stelle hat man um die beste Möglichkeit gerungen.

(Widerspruch von Ralf Jäger [SPD])

Im Unterschied zu Ihnen haben wir – ab der Entscheidung, die in den nächsten Wochen fallen muss – eine dauerhafte Lösung gesucht. Wir haben vor allen Dingen auch ein anderes Verständnis von Aufmerksamkeitswert für die Kommunalwahl. Das sage ich für diejenigen, die in den Kommunalwahlkämpfen über viele Jahre und Jahrzehnte gearbeitet haben: Es ist nicht schön, wenn andere Themen so überstrahlen, dass das, was man vor Ort geleistet hat und noch leisten will, einfach unter die Räder kommt, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Die aus meiner Sicht sehr mutigen Prognosen der Opposition, für wen welche Vorteile entspringen werden, werden von neutraler wissenschaftlicher Seite – der Kollege Engel hat dazu vorgetragen – überhaupt nicht geteilt. Niemand weiß, wem am Ende welcher Wahltermin „zugute kommt“.

Wir haben doch in den vergangenen Jahrzehnten erlebt, dass Wahlen überraschend kurz vorher in die eine oder die andere Richtung „gekippt“ sind, weil irgendetwas passiert ist, was der einen oder der anderen Partei zum Nachteil oder zum Vorteil gereicht hat. Von daher sind das alles Spekulationen.

Es bleibt, dass sich die kommunale Ebene in weiten Bereichen sehr mit dieser Lösung anfreunden

kann. Die kommunalen Spitzenverbände haben diesbezüglich eher positive Signale ausgesandt. Dass natürlich aus Ihren Reihen auch parteipolitisch Kritisches zu hören ist, das ist normal.

Was nun diese Frage der mehrmonatigen Wartezeit anbetrifft, da bin ich gespannt. Das heißt also, dass Sie die Kommunalverfassungen in den anderen Ländern – vier Monate in MecklenburgVorpommern, sechs Monate in BadenWürttemberg und Bayern und acht Monate in Brandenburg – schlichtweg für verfassungswidrig halten. Das ist also Ihre Einschätzung. Denn sonst könnten Sie ja nicht sagen, dass das, wenn wir das ein einziges Mal um vier Monate und ein paar Tage sozusagen verschieben wollen, urplötzlich verfassungswidrig sein soll.

Es gibt ein gewisses Ermessen des Gesetzgebers an dieser Stelle. Dieses Ermessen wird auch nicht überzogen. Wir haben einen guten rechtfertigenden Grund dafür. Die Zusammenlegung von Europawahl und Kommunalwahl wird insgesamt die Beteiligung erhöhen. Von daher erachte ich diese Zusammenlegung nach wie vor als richtig. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Wir sind damit am Ende der Debatte und kommen zur Abstimmung. Wir stimmen jetzt über drei Anträge ab. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt.

Erstens stimmen wir ab über den Inhalt des Antrags der Fraktion der SPD Drucksache 14/6315. Wer ist für diesen Antrag? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der fraktionslose Abgeordnete Sagel. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/6336. Wer ist für diesen Antrag? – Die Grünen, die SPD und der fraktionslose Abgeordnete Sagel sind für diesen Antrag.

(Dietmar Brockes [FDP]: Der Linksblock!)

Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist auch dieser Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur dritten Abstimmung, und zwar über den Entschließungsantrag von CDU und FDP Drucksache 14/6398 -Neudruck.

Dazu habe ich zunächst einen Hinweis zu geben. Der Grund für den Neudruck ist, dass in dem Ih

nen verteilten Ausdruck ein Satz fehlt. Diesen Satz lese ich Ihnen jetzt vor. Er ist damit auch Gegenstand unserer Abstimmung. Der Satz im dritten Absatz der Begründung lautet:

„Eine Verbindung der Bundestagswahl mit der Kommunalwahl beschränkt die Möglichkeit, die örtlichen Themen und Anliegen vor Ort mit den Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren.“

(Lachen von SPD und GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Dieser Satz sagt aus, dass die Menschen verarscht werden!)

Dieser Satz ist in den Neudruck aufgenommen.

Inklusive dieses Satzes stimmen wir jetzt ab über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/6398 – Neudruck. Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der fraktionslose Kollege Sagel. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist der Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.

Wir kommen zu:

4 Für Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sorgen – 1. Nachtragshaushalt für 2008 vorlegen

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6293

Für die antragstellende Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Groth das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste im Hause! „Für Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sorgen – den 1. Nachtragshaushalt für 2008 vorlegen“, so lautet der Tagesordnungspunkt, über den wir heute reden. Das haben wir als Grüne beantragt. Den Erfolg dieses Antrags können Sie schon daran ablesen, dass wir beim nächsten Tagesordnungspunkt, nämlich beim Tagesordnungspunkt 5, endlich auch über den zweiten Nachtrag für das Jahr 2007 beschließen.

(Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

Ja, dass Sie das nicht gerne hören, Herr Finanzminister, das habe ich mir schon gedacht. Erst durch unseren Antrag haben Sie so viel Speed gekriegt, dass Sie sich überhaupt darum gekümmert haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, schon vor Weihnachten hatten die Koalitionsfraktionen den zweiten Nachtragshaushalt 2007 eingebracht. Der hätte auch schon vor drei Wochen endgültig beschlossen sein können, aber das haben Sie nicht hingekriegt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Warum denn nicht, meine Damen und Herren? Warum haben Sie das denn nicht geschafft? – Allein die Verknüpfung der Rückzahlung der Überzahlung der Gewerbesteuerumlage mit der Lösung der WestLB-Krise war der Grund dafür, dass Sie das nicht geschafft haben. Deshalb haben Sie sich aus den Beratungen zurückgezogen, obwohl das Parlament bereit gewesen ist, Herr Ministerpräsident, in dieser Frage ein beschleunigtes Verfahren zu wählen. Aber Sie waren nicht in der Lage, überhaupt zu beraten, weil Sie in dieser Frage in der Koalition auch nicht entschieden sind. Deshalb können wir jetzt wenigstens froh sein, dass zumindest die Rückzahlung an die Kommunen jetzt endlich vonstatten gehen kann. Das kommt vier Wochen zu spät, meine Damen und Herren, aber immerhin haben wir es mit diesem Antrag geschafft, dass Sie sich beim nächsten Tagesordnungspunkt dazu verhalten müssen.

Was wollen wir mit diesem ersten Nachtragshaushalt? Es geht ja nicht nur um den zweiten Nachtragshaushalt 2007, sondern es geht uns auch darum, dass Sie auch in diesem Haushaltsjahr schon wieder einige Baustellen haben, auf denen Sie dringend handeln müssen.

Die erste Baustelle: Wir brauchen auf jeden Fall für das nächste Haushaltsjahr eine verbindliche und verlässliche Berechnung der Einheitslasten, damit auch klar wird, was die Kommunen tatsächlich bekommen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Womit können sie denn tatsächlich für die Jahre 2006, 2007 und dann auch für das Jahr 2008 rechnen? Sie müssen dafür auch eine ausreichende Finanzierung sicherstellen, Herr Finanzminister.