Und eines ist auch klar: In dieser Frage sind Sie inhaltlich, politisch, administrativ alleine zuständig. Sie brauchten die Abstimmung in diesem Landeskabinett überhaupt nicht. Sie brauchten die Abstimmung in dieser Koalition überhaupt nicht. Warum also setzen Sie den Gesundheitsschutz, bei dem die Menschen einen starken Partner brauchen, an dieser Stelle so herab?
Wir fordern Sie auf: Gehen Sie voran! Drücken Sie den Rücken durch! Wir würden in dieser Frage hinter Ihnen stehen.
Ein Teil des Hauses, Herr Papke, bestreitet, dass die Menschen ein Recht auf Gesundheitsschutz haben.
Sie wollen mit Ihrer Auto-Vorrang-Politik dafür sorgen, dass wir der großen Herausforderung der Bekämpfung des Feinstaubs in diesem Land eben keine wirksamen Maßnahmen entgegensetzen.
Wir haben es in diesem Land geschafft, dass der Himmel über der Ruhr wieder blau ist. Wir haben es geschafft, dass in einigen Flüssen wieder Fische leben. Und wir müssen es, meine Damen und Herren, schaffen, dass die Luft im Revier wieder richtig rein wird. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Nach den Ausführungen meiner Vorrednerin und meines Vorredner frage ich mich: Führen wir die Feinstaubdiskussion eigentlich erst seit zwei Jahren? Was hat die Vorgängerregierung die ganzen Jahre über gemacht? Was ist denn da angepackt worden, was ist nicht gemacht worden?
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Luftreinhalteplanung ist – das ist hier mehrfach diskutiert worden – ein Schwerpunkt der Politik in unserem Land. Es ist absolut richtig, dass die Koalitionsfraktionen die zielgerichteten Aktivitäten der Landesregierung sehr konstruktiv begleiten. Herr Remmel, diese Landesregierung entwirft nicht nur Papiere, die handelt!
(Beifall von CDU und FDP – Lachen von SPD und GRÜNEN – Thomas Eiskirch [SPD]: Den Orden wider den tierischen Ernst gibt das! – Weiterer Zuruf von der SPD: Der politische Aschermittwoch ist vorbei!)
Insbesondere unterstützen wir mit unseren Fraktionen – ich sage das auch ganz bewusst – auf der Grundlage des Koalitionsvertrages – ich denke, den haben auch Sie gelesen – aktiv die Initiativen der Landesregierung zur Feinstaubreduzierung. Denn das war Gegenstand auch der Koalitionsvereinbarung.
Während SPD und Grüne einen Antrag stellen, der neben der bekannten Prosa zur überschnellen Ausweisung einer Umweltzone Ruhr sehr wenig Substanz, viele Allgemeinplätze und auch Forderungen enthält, die zum Gutteil schon erfüllt sind,
hat die schwarz-gelbe Landesregierung schon lange die richtigen Instrumente gegen den gesundheitsschädlichen Feinstaub im Ruhrgebiet entwickelt
und die Voraussetzungen dafür geschaffen, im Ballungsraum Ruhrgebiet die Feinstaubbelastung deutlich zu senken.
Aus der Machbarkeitsstudie „Regionale Luftreinhalteplanung“, aus der Sie zitieren, hat die Landesregierung eine Vielzahl von Maßnahmen und Vorschlägen entwickelt, die zu einer Umweltzone Ruhrgebiet führen können. Dieser Maßnahmenkatalog enthält eine Vielzahl intelligenter Vorschläge wie das Schwerlastleitkonzept RUHRPILOT und
(Bodo Wißen [SPD]: Wer hat das denn er- funden? – Sören Link [SPD]: Der Ruhrpilot ist doch gar nicht von Ihnen! – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Plagiat! – Sören Link [SPD]: In der Wirtschaft kommt man dafür ins Gefängnis!)
Aus der Machbarkeitsstudie geht aber auch deutlich hervor, dass Umweltzonen nur im Rahmen von Luftreinhalte- bzw. Aktionsplänen festgelegt werden. Diese Machbarkeitsstudie enthält Vorschläge, ist aber – um das auch deutlich zu sagen – kein Plan. In der von Ihnen, den Antragstellern, zitierten Machbarkeitsstudie des MUNLV wird darauf hingewiesen, dass es keinen Königsweg gebe, sondern dass immer nur eine Kombination von Einzelmaßnahmen greifen könne.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz müssen wir ableiten, dass Umweltzonen nur in Gebieten ausgewiesen werden dürfen, in denen Grenzwerte überschritten werden, sowie in Gebieten, die einen nachweisbaren Beitrag zur Grenzüberschreitung leisten.
Ich könnte in unterschiedlichen Rollen den Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz zitieren – ich habe mir das aus dem Internet gezogen; das sollten Sie sich auch einmal zu Gemüte führen –, der genau diesen Punkt inhaltlich begründet und darstellt.
Meine Damen und Herren, es gibt in der Tat eine ganze Reihe von Gebieten, in denen nach den Gesetzen Umweltzonen eingerichtet werden müs
sen. Daneben gibt es aber auch Flächen, für die eine Ausweisung als Umweltzone nicht zielführend ist.
Ich habe eben dem Kollegen Hovenjürgen gesagt: Kein Mensch würde verstehen, warum zum Beispiel die Halterner Heide im Kreis Recklinghausen, diese zum Ruhrgebiet zählende Fläche, als Umweltzone ausgewiesen werden sollte. Meine Damen und Herren, man muss sich in der Tat jede Freifläche ansehen.
Innovative Lösungen, die sich auf alle Verursachergruppen beziehen, sind in einem so heterogen strukturierten Gebiet wie dem Ruhrgebiet mit einer Fläche von 1.500 km2 – Köln, das immer zum Vergleich herangezogen wird, hat 14 km2 – dringend erforderlich. Dabei sind natürlich auch Verlagerungseffekte zu beachten.
wenn durch verkehrslenkende Maßnahmen die Belastungsverteilung sogar vergrößert und die Gesamtbelastung erhöht wird.
Neben der Feinstaubproblematik müssen wir bei der Luftreinhaltung auch die Emissionsgrenzwerte für Schwefeldioxid, Blei, Benzol und Kohlendioxid innerhalb bestimmter, von der EU vorgegebener Fristen einhalten.
Es macht auch keinen Sinn, wenn durch lokale Maßnahmen die Feinstaubbelastung reduziert und durch die gleichen Maßnahmen der NOXAusstoß erhöht wird. Auch diese Korrelation wird in der Machbarkeitsstudie am Beispiel der Düsseldorfer Corneliusstraße dargestellt. Ein LKWDurchfahrtverbot und die Nachrüstung der Rheinbahn-Busse haben dazu geführt, dass PM10Tagesdurchschnittswertüberschreitungen signifikant seltener auftraten – von 77 in 2002 auf 47 in 2006 –, aber gleichzeitig die Zahl der NO2-Überschreitungen von 59 in 2002 auf 71 in 2006 bei gleicher Hintergrundbelastung angestiegen ist. Das heißt: Durch die katalytische Verbrennung wird Feinstaub reduziert, aber der StickoxidAusstoß erhöht.
Die Umweltzone Köln wurde übrigens wegen der NOX-Überschreitungen auf den Weg gebracht und nicht wegen einer Feinstaubbelastung, Frau Schulze. Darum ist es wichtig, dass wir uns die Machbarkeitsstudie genauer ansehen und wie bei
jedem guten Arzneimittel auch die Nebenwirkungen beachten und den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun.
Ein unverhältnismäßiges Vorgehen müssen wir vermeiden, ohne dass wir – das sage ich ganz deutlich – unser gemeinsames Ziel aus den Augen verlieren. Wünschenswert wäre es, wenn wir aus ganz Deutschland und aus ganz Europa eine Umweltzone machen könnten. Aber dazu – das wissen Sie doch auch – muss man viele Schritte gehen, muss vieles angepackt werden, müssen viele Konzepte entwickelt werden.
Dazu gehört nun mal eine differenzierte Ursachenanalyse, die eine einseitige und populistische Betrachtung vermeidet. Darum ist es richtig, dass wir nicht in einem einzigen kurzen Schritt das gesamte Ruhrgebiet als Umweltzone ausweisen. Das wäre nämlich Etikettenschwindel.
Ziel muss es sein, die verschiedenen Verursacher von Feinstaub gemessen an ihren Anteilen differenziert darzustellen und zu bewerten. Genau das haben wir, die Koalitionsfraktionen, mit dem Antrag „Feinstaubprobleme effizient lösen – NRW als Modellregion für Umweltkompetenz entwickeln“ gefordert, und wir haben Mittel in unserem Haushalt für Feldstudien etatisiert.
Feinstaub muss vorrangig an der Entstehungsquelle aufgefangen oder verhindert werden. Darum müssen wir uns die Staubfraktionen genauer ansehen – auch im Hinblick auf die Größenverteilung der Partikel. Nicht die Masse der Partikel macht es, sondern die chemische und physikalische Beschaffenheit der Teilchen. Bei der Größenverteilung gilt: je kleiner die Partikel, umso gemeiner ihre Wirksamkeit. Darauf ist in der Vergangenheit ausreichend hingewiesen worden.
Darum hat auch das Europäische Parlament im letzten Herbst eine neue Feinstaubrichtlinie auf den Weg gebracht, neue Eckwerte verabschiedet, die wir jetzt bei allen Diskussionen berücksichtigen müssen. In vielen Sitzungen, Arbeitskreisen, Fachausschusssitzungen, insbesondere aber im Landesbeirat für Emissionsfragen haben wir diese komplexen Zusammenhänge diskutiert und weiträumige, dauerhafte Strategien zur Reduzierung der Feinstaub- und NOx-Belastungen wie zum Beispiel den RVR-Masterplan „Saubere Luft im Ruhrgebiet“ begrüßt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion plädiert für eine sehr besonnene Umweltzonendiskussion.
Bei allen Schritten müssen wir im Ballungsraum Ruhrgebiet die betroffenen Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Ich habe selbst an Podiumsdiskussionen in Dortmund und Herne teilgenommen. Ich weiß, wie sensibel der gesamte Bereich ist. Wir müssen die Bürger mitnehmen, alles plausibel begründen können und machen, was zu tun ist.